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Kiyoshi Furumiyas Haus

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Fortsetzung von => Shoten Ookami

"Wo wohnst du eigentlich? Was machst du so? Bist du eigentlich echt ein Mönch oder siehst du nur so aus?" Kiyoshi war der jungen, pinkhaarigen Dame ja dankbar, dass sie sich dazu bereit erklärte, ihm ein wenig seiner Last abzunehmen, doch das Wort "nervig" traf auf sie vielleicht ein wenig mehr zu, als er es geschätzt hätte. "Immer mit der Ruhe, junge Dame", antwortete er daher mit einem milden, nachsichtigen Lächeln, während er langsam voran ging. "Wir haben genug Zeit, all diese Fragen zu erläutern. Ich wohne auf Plattform 2, wie Sie gleich sehen werden, beschäftige mich mit verschiedenen Dingen und ja, ich bin tatsächlich ein Mönch. Ich hoffe, später ein Priester werden zu können, doch bis es so weit ist, werde ich meine Reife noch sehr oft auf die Probe stellen müssen." In seiner Stimme lag keine Ablehnung, keine Unhöflichkeit und auch keine Bitte, mit den ganzen Fragen aufzuhören. Jedenfalls hoffte er das. Er wollte wirklich nicht unhöflich erscheinen.

Dafür, dass Kiyoshis Haus zum ersten Mal Damenbesuch sah (es sei denn, man zählte die regelmäßigen Kontrollbesuche seiner Vermieterin), war es fast schon unheimlich aufgeräumt und sauber. Es handelte sich um eine kleine, von Außen etwas schäbig wirkende Dreizimmerwohnung, die ein wenig verloren zwischen zwei deutlich größere Häuser gequetscht wirkte. Das Innere allerdings hatte einen mehr als nur rustikalen Charme, überall hingen entweder Schriftrollen mit Zeichen wie "Ruhe", "Frieden" oder "Gelassenheit" von den Wänden oder standen Bücherregale, deren Inhalt sorgfältig gepflegt und zerlesen zugleich wirkte. In zahlreichen der Bücher, die allesamt hochkomplizierte Titel trugen, steckten Lesezeichen, manchmal mehr als eines, und selbst die Küchenspüle des jungen Mannes war sauber poliert als hätte er extra noch einmal aufgeräumt, bevor er Yumi nach Hause brachte. Nicht dass er ernsthaft mit Besuch gerechnet hätte. Er war in einem Tempel aufgewachsen und hatte schon früh solche Dinge wie Putzen, Spülen und so weiter übernommen, sodass es ihm eher merkwürdig vorgekommen wäre, damit auf einmal zu brechen. "Entschuldigt bitte die Unordnung, junge Dame. Ich wollte meine neuen Bücher unbedingt sofort abholen, weshalb mein Wohnzimmer ein wenig chaotisch aussieht." "Chaotisch" traf es wohl nicht ganz. Auf dem Kotatsu, dessen Decke geschmackvoll zwischen hell- und dunkelgrau variierte, lagen zwei aufgeschlagene Bücher und eine halb getrunkene Tasse Tee. Auf dem Fenstersims standen zwei Bonsaibäume und man konnte sehen, dass ein gut gepflegter, wenn auch etwas kleiner Steingarten auf der Terasse stand. Das war alles. "Wenn Sie die Bücher einfach auf den Tisch legen könnten? Ich sortiere sie dann später ein. Darf ich Ihnen vielleicht einen Tee anbieten?", fragte Kiyoshi beflissen, während er die beiden Bücher die auf dem Tisch gelegen hatten ("Animistische Religionen der Neuzeit" sowie "Philosophie des modernen Glaubens") und die Teetasse wegräumte. "Setzt Euch einfach, ich kümmere mich schon um alles."
 

Ookami Yumi

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Ja, inzwischen durfte man Yumi wohl ohne schlechtes Gewissen als nervig betiteln, aber die Art und Weise, auf die sie es war, kam dennoch einer Verbesserung gleich. Früher war sie nämlich auch nervig gewesen, allerdings nicht, weil sich die Fragen aus ihrem Munde überschlagen hatten, sondern weil sie spätestens nach der Hälfte der Zeit in Tränen ausgebrochen wäre. Die kleine Ookami hatte früher einem mehr als fragilen Staudamm geglichen, war nicht nahe am, sondern direkt im Wasser gebaut gewesen und sie auf Dauer auszuhalten, war nur wenigen vergönnt gewesen, die sie vom Weinen hatten abhalten können. Entsprechend Wenige hatten sich gerne mit ihr abgegeben, was ihr mangelndes Selbstwertgefühl nur noch mehr unterminiert hatte und sie noch tiefer in die Teufelsspirale gezogen hatte. Inzwischen war sie daraus entflohen und hatte eine beinahe krasse Gegenposition bezogen, was ihre Offenheit anging, also durfte man sich nicht beschweren, dass sie sich zu sehr aufdrängte. Sie meinte das ja in keinem Fall böse, sondern hatte einfach nur wirklich Interesse an ihrem Gegenüber, das doch mehr als seltsam war. Eigentlich waren kleine Jungen eher an Waffen oder Dingen interessiert, deren Kraft man vielleicht mit denen von Pferden vergleichen könnte, aber in den seltensten Fällen lasen sie Bücher über Religionstheorie und gebärdeten sich wie Männer mit Bandscheibenproblemen und kaputten Knien. Vielleicht... vielleicht litt er ja unter präseniler Vergreisung oder wie man diese Krankheit auch immer nannte! Sie hatte irgendwann mal gehört, dass ein seltener Gendefekt dazu führen konnte, dass der Körper bereits im Kindesalter damit begann, zehnmal schneller als normal zu altern. Leute, die davon betroffen waren, wurden vielleicht 15 Jahre alt, bevor sie an einem Herzinfarkt oder ähnlichem starben, allerdings sahen sie auch original aus wie Wechselbälger. Dafür sah Kiyoshi eigentlich noch ganz normal aus, also war er wohl gesund und munter, welch eine Erleichterung! Scheinbar war es nur ein seltsames Hobby, was er da betrieb und das war sein gutes Recht, auch wenn es wirklich sehr untypisch war.
Ebenso seltsam kam ihr die Wohnung vor, in der er wohnte. Sie war recht klein, wenn man sie mit der alten Villa verglich, in welcher Yumi mit ein paar jungen Herren hauste, aber wirkte so unglaublich gepflegt, als hätte der junge Mönch einen Hausyuto, der für ihn sauber machte. Sie war sich beinahe sicher, dass sie mit der Lupe hätte nach Staub suchen können und dennoch keinen gefunden hätte. Umso merkwürdiger kam da die Entschuldigung des Grauhaarigen, der verkündete, dass es hier unordentlich sei, gefolgt von einem mehr als ungläubigen Blick des Mädchens, das seine Bücher dort abstellte, wo er es gerne hätte. "Das...", sie drehte sich einmal um die eigene Achse und blickte ihn danach kritisch, aber sehr ernst an, "...ist die sauberste und ordentlichste Wohnung, die ich je gesehen habe. Und ich wohne mit einem Putzfanatiker zusammen." Sie verzichtete darauf, ihn auf die schiere Absurdität seiner Behauptung über diese Feststellung hinaus hinzuweisen. Mit einem weiteren, beeindruckten Blick, setzte sie sich und bewunderte den Wandbehang neben ihr. Die Anzeichen dafür, dass er nicht gelogen hatte und tatsächlich in einer Art religiöser Gemeinde untergekommen war, mehrten sich mit jeder Sekunde, die sie mit ihm verbrachte... wie überaus skurril das doch war! "Aber sag einmal, wenn du ein Mönch bist, warum wohnst du dann hier in Soragakure?" Die Stadt über den Wolken war nicht gerade für ihre Tradition, sondern eher für Fortschritt und Neues bekannt. Ein Tempel würde eher in eines der großen Reiche passen, wenn nicht gleich in alle. Viele der Bewohner der schwebenden Stadt waren hier nicht geboren, sondern von anderen Städten oder Dörfern zugewandert, sodass die Wahrscheinlichkeit, dass das auch auf Kiyoshi zutraf, recht hoch war. Sie selbst kam ja auch aus Kirigakure, obwohl sie weit entfernt davon war, eine blutrünstige Bestie des Nebels zu sein.
 
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Als derartig sauber hätte Kiyoshi seine eigene Wohnung niemals eingeschätzt. Sicher, sie versank nicht gerade im Dreck wie die Bleiben einiger Altersgenossen, aber wenn er an einige Ecken hinter der Spüle oder unter seinen Bücherregalen dachte... Dort war bestimmt noch das ein oder andere Staubkorn, das seinen brillenglasverstärkten Augen entgangen war. Der Flucht der Kurzsichtigkeit.
Während er den versprochenen Tee aufsetzte, hörte Kiyoshi seinem Gast weiterhin zu, antwortete allerdings nicht sofort auf ihre Frage. Wie viele alte Menschen ließ er sich für eine Antwort immer ein wenig Zeit, wie um sicher zu gehen, dass er auch ja nichts falsches erzählte.
"Das ist in der Tat eine gute Frage, junge Dame", begann er schließlich, während er mit fast schon künstlerischer Anmut den Tee eingoß. Ein dezenter Duft nach Jasminblüten verbreitete sich in dem kleinen Raum. "Ich muss gestehen, dass ich vorhin nicht ganz exakt war. Der Beruf des Mönches ist für mich lediglich sekundär. In erster Linie bin ich, auch wenn ich nicht so aussehen mag, ein Shinobi. Kein besonders Erfahrener", bemühte er sich schnell klar zu stellen, wobei er mit routinierter Geste den Tee ein wenig anblies, damit die ersten Hitzewölkchen verflogen, "Ich habe erst vor kurzem meine Prüfung bestanden. Doch für diese musste ich Kirigakure, meine Heimatstadt, verlassen. Ich bin im dortigen Tempel aufgewachsen, als Waisenkind, daher ist mir der Glaube näher, als es bei vielen meiner Altersgenossen der Fall sein mag. Und auch wenn ich gewiss in einem Waisenhaus ähnlich liebevolle Pflege erfahren hätte, so fühle ich mich dem Glauben dennoch verpflichtet. Und er verschafft mir Geborgenheit. Daher kann ich ihn, denke ich, überall leben, egal ob nun in einem Tempel oder... hier." Langsam, mit der gemessenen Würde die einer Teezeremonie angemessen war, nahm Kiyoshi den ersten Schluck. Warm und gleichzeitig erfrischend. So musste guter Tee sein. Er blickte in das Gesicht seines Gastes, in dem er Mitleid zu lesen glaubte. Bevor sie also dazu kam, es auszusprechen, fuhr er in seiner ruhigen, fast schon monotonen Sprechweise fort: "Bitte, Sie müssen mich nicht bemitleiden, junge Dame. Es gibt weitaus unglücklichere Kinder, die solche Gefühle nötiger hätten als ich. Gewiss, ich kenne meine Eltern nicht, doch ich wurde von meinem Ziehvater so liebevoll erzogen, wie es überhaupt möglich war und es hat mir nie an etwas gemangelt." Das war zwar so nicht ganz richtig, aber das hatte Kiyoshi trotz seiner Frühreife und seiner zweifellos vorhandenen Intelligenz nie ganz begriffen. "Aber genug von mir. Warum erzählt Ihr mir nicht etwas über Euch?"
 

Ookami Yumi

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Natürlich wäre es naheliegend, wenn Yumi den kleinen Mann nun dafür bemitleiden würde, dass er seine Eltern nicht kannte und dass man das von ihr erwarten würde, konnte sie ebenso einschätzen. Doch Yumi hatte eine dermaßen schlechte Beziehung zu ihren Eltern, dass sie sich nicht ganz sicher war, ob das die richtige Reaktion gewesen wäre. Sie selbst wähnte sich zwar insofern glücklich, dass sie ihre Eltern durchaus kannte, aber vielleicht wäre es besser gewesen, wenn sie als Waise aufgewachsen war. Klar, sie hatte gehört, dass die meisten Einwohner der Waisenhäuser auch ernsthafte Persönlichkeitsstörungen entwickelten, weil sie nie so viel Aufmerksamkeit bekamen, wie gut gewesen wäre, aber noch weniger positive Aufmerksamkeit als sie selbst hätte man wohl nicht bekommen können. Was wäre, wenn Kiyoshi eigentlich aus einer ganz schlimmen Familie stammte, so einer, die ihre Kinder schlug, sie misshandelte und ihnen einredete, dass sie wertlos seien? War es unter diesen Bedingungen nicht sogar besser, dass er seine Eltern nicht kannte? Er behauptete, dass es ihm an nichts gefehlt habe, war das nicht schon mehr, als Yumi von sich behaupten konnte, obwohl sie bisher nicht einen einzigen Todesfall in der Familie gehabt hatte? Das war ein verstörender Gedanke, weil Kiyoshi natürlich an sich recht hatte: Man sollte Mitleid mit Kindern ohne Eltern haben! Das war richtig und alles andere war herzlos... "Ehrlich gesagt... ich weiß nicht. Wenn du nicht weißt, wie deine Eltern waren, kann es ja auch sein, dass du so mehr Glück hattest!", formulierte sie ihre Bedenken schließlich, auch wenn sie sich ein wenig schlecht dabei fühlte. Ehrlichkeit währte jedoch am längsten und im Zweifelsfall war es besser, wenn sie die Wahrheit sagte.
Ebenso interessant war aber seine Behauptung, dass er nur sekundär Priester sei und dafür vor allem ein Shinobi aus Kirigakure - da hatten sie ja sogar einmal eine Gemeinsamkeit gefunden, man mochte es kaum glauben. Auch wenn Yumi ihren Beruf nicht mochte, so bedeutete das nicht, dass sie sich nicht irgendwie wenigstens ein klein wenig mit ihm identifizieren konnte. Es war außerdem immer schön, wenn man Gemeinsamkeiten entdeckte, selbst wenn es minimale waren. "Oh wow. Dann haben wir ja mehr gemein, als ich dachte! Ich bin auch ein Genin aus Kirigakure!" Sie lächelte und nahm einen Schluck Tee, wobei sie ungesehen freudig mit den Zehen wackelte. "Ich bin sogar schon etwas länger im Geschäft, aber ich fürchte, dass ich nicht so besonders gut bin." Das stimmte zumindest teilweise, weil sie weit entfernt von Professionalität war. Lustigerweise war sie von ihren Fähigkeiten wahrscheinlich schon weit über dem Durchschnitt für einen Genin, aber ihr Körper konnte eben ihren Geist nicht umschiffen und sollte das auch nicht. Kaltherzige Shinobi gab es genug, da tat die ein oder andere Pseudoheilige vielleicht ganz gut. "Du machst ganz schön guten Tee.", fügte sie hinzu und nahm einen weiteren Schluck, ehe sie den Blick wieder neugierig auf Kiyoshi richtete. "Hast du schon irgendeine Art Spezialgebiet?" Das waren normalerweise die Fragen, die man zu Anfang einer Mission gestellt bekam, aber bei ihm interessierten sie Yumi wirklich. Beispielsweise erwartete sie kein Taijutsu, dafür war er einfach zu zierlich... aber sie hätte auch nie von einem so kleinen Jungen erwartet, dass er sich wie in fortgeschrittener Vergreisung benahm.
 
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"Ja, da könnten Sie recht haben", bejahte Kiyoshi den Kommentar der rosahaarigen Kunoichi, dass er womöglich mit seinem Schicksal noch gut dran war. "Oh wow. Dann haben wir ja mehr gemein, als ich dachte! Ich bin auch ein Genin aus Kirigakure!" lächelte sie danach breit und schien sogar ein wenig zu wippen, als ob die Tatsache dass sie mit Kiyoshi etwas gemeinsam hatte mit einiger Freude erfüllen würde. Der junge Mönch lächelte darüber nur nachsichtig. Obwohl sie älter war als er konnte er doch nicht umhin, Yumi-san irgendwie niedlich zu finden. Nicht auf eine romantische oder irgendeine Art, die sich gewiss in diesen Büchern wiederfinden würde die er dank ihr gekauft hatte, sondern eher so, wie man ein Kind niedlich fand. Ein kleines, etwas frühreifes, aber dennoch putziges Kind, so wirkte Yumi-san irgendwie auf ihn. Kein Eindruck, den er mit ihr geteilt hätte. Oder sonst irgendwem.
"Vielen Dank, ich gebe mein Bestes", lächelte er auf ihre Bemerkung zu seinem Tee. "Noch ist es keine selbstgezüchtete Pflanze, aber ich arbeite daran. Bis dahin... hier." Mit ruhigen Händen reichte er ihr eine kleine versiegelte Tüte aus pflaumenfarbenem Papier, auf der (sogar noch von Hand!) "Jasminblütentee" stand. "Eine kleine Aufmerksamkeit von mir, gewissermaßen."

Auf die nächste Frage zu antworten, dafür ließ Kiyoshi sich Zeit. In aller Ruhe trank er seinen Jasminblütentee zu Ende und überlegte, ehe er schließlich antwortete. "Ich versuche, mich auf Genjutsu zu spezialisieren, doch wenn ich ehrlich bin, stehe ich noch ganz am Anfang meiner Reise." Er musterte Yumi durch seine Brillengläser hindurch, die im Licht der einfallenden Sonne sanft glitzerten. "Und wenn ich Euch einen Rat geben darf, junge Dame.. es ist nicht gut, sich hinter einem Mantel aus Bescheidenheit zu verstecken. Auch der Größenwahn ist kein Freund des Shinobi, doch zu große Bescheidenheit nimmt uns unser Selbstvertrauen und unseren Blick für das, was wir wirklich sind." Kurz hielt er inne, um seine Brille zurecht zu rücken, was er mit eine sehr charakteristischen Geste tat, indem er den Steg mit Mittel- und Ringfinger der rechten Hand nach oben schob. "Insofern denke ich doch, dass ich mit Fug und Recht sagen kann, dass ich ein Talent für Genjutsu besitze.. insbesondere weil ich auf die Schriften meines Tempels zugreifen kann und darf. Darunter befinden sich zahlreiche mächtige Genjutsu die mir und meinen Missionspartnern sehr nützlich sein dürften. Und Ihr?" Er lächelte, wenn auch sehr förmlich, und beugte sich vor, um Interesse zu signalisieren.
 

Ookami Yumi

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Genjutsu waren... gruselig. Zumindest, wenn man Yumi fragte, was zum einen daher kam, dass sie eine angreifbare Psyche besaß und zum anderen absolut kein Talent für Illusionen. Schon in der Akademie war sie immer sehr schlecht darin gewesen, zu erkennen, wenn die Lehrer sie in Illusionen gehüllt hatten und die Charakterstärke, diese durch Anstrengung abzuschütteln, war weit außerhalb des Denkbaren gewesen. Ihre Mutter hatte ihr schließlich ein Genjutsu eingeprügelt, das einzige, das sie bis heute beherrschte und dieses basierte nur darauf, die Stimme des Anwenders zu verzerren, bis sie derjenigen einer bekannten Person ähnelte. Yumi könnte auf diese Art und Weise zum Beispiel die Stimme ihrer Mutter nachmachen und da Kiyoshi diese nicht kannte, würde ihm auch nicht auffallen, dass sie gar nicht neu entstanden war. So oder so, im Kampf war dieses Jutsu absolut unnütz, ebenso wie Yumi charakterlich auch nicht zur Spionage taugte. Sie wäre dabei so aufgeregt, dass sie sich im Nullkommanix verplappern würde, ob nun mit echter oder falscher Stimme machte da keinen Unterschied. Die Ookami gehörte allerdings auch nicht zu denen, die Genjutsu und diejenigen, die mit ihnen kämpften, von Anfang an deswegen nicht ausstehen konnten und in Kiyoshis Fall fand sie es irgendwie lustig, dass er sich ausgerechnet damit befasste. Immerhin war er ein kleiner Junge, der die Illusion verbreitete, er sei viel älter - und das ganze schon vollkommen ohne chakrafressende Täuschungen! Offenbar war er sogar nicht nur ein Genjutsuka, er war sogar einer, der ganz besondere Jutsu aus dem Tempel nutzen durfte, in dem er aufgewachsen war... das war sicherlich auch interessant, selbst wenn sie nicht besonders viel damit anzufangen wusste.
Was ihr allerdings nicht so ganz gefiel, war die selbstverständliche Frage, die danach folgte. Sie hatte damit gerechnet, aber das machte die Beantwortung derselben nicht gerade einfacher... an sich konnte Yumi schlecht lügen. Sie hatte es noch nie gut gekonnt und das fand sie auch vollkommen in Ordnung, weil sie Lügen sowieso als unter ihrer Würde befand. Nur in einer Hinsicht hatte sie ihr ganzes Leben lang die Unwahrheit gesagt, weswegen die Routine ihr fehlendes Talent mehr als ausglich: Wann immer die Frage nach dem Können der Teilnehmer einer Mission gestellt wurde, log Yumi, obwohl sie sich damit schlechter machte, als sie eigentlich war... aber das war notwendig und weil es nicht anders ging, verzieh sie sich selbst jedes Mal dafür. "Öhm... ich bin leider nicht besonders talentiert in irgendwas, aber ich bin nicht schlecht in Taijutsu.", erklärte sie mit einem verlegenen Lächeln und legte die Fingerspitzen aneinander. Eigentlich konnte sie Menschen in Kristallgefängnisse sperren und sie absaufen lassen und dadurch, dass sie sich daneben auch noch mit Taijutsu beschäftigt hatte, beherrschte sie auch eine Technik, mit der sie ihre Schlagkraft kurzzeitig vervielfachen konnte. Letztes würde sie sogar einsetzen, wenn es nötig wäre, erstes wurde wie immer verschwiegen und diente nur dem Training. Sie hatte gesagt bekommen, dass man Kekkei Genkais dieser Art trainieren musste, sonst würden sie sich irgendwann selbstständig machen und einfach herausbrechen - und das wäre dann auch unschön. "Genjutsu kann ich leider ebenso schlecht wie Ninjutsu... das einzige, was ich in der Hinsicht kann, ist, meine Stimme zu verstellen. A-Aber ich habe ein Schwert!" Wie sich das anhören musste... zumal besagte Waffe Stacheln hatte, richtig martialisch aussah und sie sie mehr hasste als sie beschreiben konnte. Um sie loszuwerden, war das Schwert allerdings ein zu gutes Alibi, also behielt sie es. Höchste Zeit, das Thema wieder auf Kiyoshi zu lenken. "Was macht die Genjutsu aus deinem Tempel so besonders, wenn ich fragen darf?"
 
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Taijustu also... Nicht gerade Kiyoshis beste Freunde. Er war alles andere als ein Schwächling, aber keiner dieser Shinobi, die nur mit ihren bloßen Fäusten ganze Armeen ausschalten konnten. Und er würde wohl auch nie einer werden. "Ich denke, ich spreche ein offenes Geheimnis aus wenn ich sage dass ich alleine schon von Berufs Wegen nicht viel von Ninjutsu halten kann." Bedächtig legte Kiyoshi seinen Kopf ein wenig zur Seite, wobei er Yumi nicht ansah, sondern eher so wirkte, als konzentriere er sich auf irgendeine Erinnerung von vor fünfhundert Jahren. Was man ihm bei seinem Gebaren sicherlich auch abgekauft hätte. "Der Shinto hat mich gelehrt, dass alles in der Natur einen Geist hat und ich will diese Geister ungerne dazu zwingen, das zu tun was ich will... Jedenfalls nicht, wenn ich es vermeiden kann. Das Manipulieren des menschlichen Geistes ist da noch verzeihlich gegen, denn immerhin ist es das, wovon die Religion lebt, nicht wahr?" Kiyoshis Lachen über seinen eigenen kleinen Scherz klang wie ein sehr trockener Hustenanfall.

"Die Genjutsu meines Tempels... Nun..." Eine kurze, unangenehme Pause entstand. In einem Strongman-Comic wäre jetzt sicherlich so etwas gekommen wie ein melodramatisches "Warum siehst du es dir nicht an?" oder etwas vergleichbares und für einen kurzen Moment, der ihm fast die Schamesröte ins Gesicht trieb erkannte Kiyoshi, dass wohl auch in den von Yumi-san genannten Romanen ein solcher Moment hätte vorkommen können... Nur mit ganz anderen Folgen. Lieber nicht daran denken. "Ich möchte nicht zu viel von ihnen verraten, aber andererseits sind wir ja Verbündete... Die Genjutsu meines Tempels greifen das Unbewusste des Gegners an. Seine Wünsche, seine Ziele, aber auch seine Ängste. Ich kann selber oft nicht vorhersagen, was ein bestimmtes Jutsu mit ihm tun wird, nur in welchem Zustand es ihn, wahrscheinlich, zurücklassen wird. Und oft nicht einmal das. Unsere Genjutsu sind wie Träume, unvorhersehbar, unwirklich, aber dennoch oder vielleicht gerade deswegen sehr schwer zu erkennen. Sie sind mächtige Waffen und ich hoffe sehr, mich der Verantwortung, die solche Fähigkeiten mit sich bringen, als würdig zu erweisen. Noch Tee?" Die letzte Frage stellte er mit einem kleinen, höflichen Lächeln, um die etwas düstere Stimmung, die seine eigenen Worte wohl heraufbeschworen haben konnten, zu lockern. "Oder ein paar Kekse? Ich fürchte, all zu viele habe ich nicht mehr da, aber irgendwo werden sich schon ein paar finden..." Kiyoshi mochte Süßigkeiten nicht besonders, aber ein paar hatte er immer da. Für Notfälle. Und falls doch einmal Kinder (er nannte seine Altersgenossen und sogar ältere in Gedanken oft so) vorbeischauten.
 

Ookami Yumi

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Ja, solche Momente gab es in Yumis Lieblingsbüchern wirklich öfter mal. Es war allerdings eine Sache, so etwas zu schreiben oder zu lesen, eine ganz andere, so etwas im Gespräch zu bringen. Das Mädchen konnte verstehen, warum Kiyoshi jetzt nicht einfach Taten sprechen ließ, immerhin hatte man ihm etwas anvertraut, das er hüten musste. Für jemanden, der eine ganze Portion Ehrengefühl besaß und sich auch noch mit ganzem Herzen einer Sache verschrieben hatte, war es sicherlich undenkbar, einfach so mit Geheimnissen herumzuwerfen. Sie sagte ja auch nicht "schau her" und verwandelte die gesamte Einrichtung des jungen Mannes in Kristall, auch wenn das deren Wert sicherlich enorm steigern musste. Der nicht zu leugnende Vorteil ihres Kekkei Genkais war, dass sie im Grunde ein wahrer Dukatenscheißer war. Sie nutzte das allerdings nicht aus, weil sie ein viel zu ehrlicher Mensch für so etwas war. Wenn die meisten anderen ihr Geld mit harter Arbeit verdienen mussten, dann tat sie das eben auch. Allerdings war bei ihren Geschenken nie so sicher, ob der hohe emotionale Wert, der ihnen von ihrer Seite her innewohnte, den Materialwert überstieg.
Kiyoshi beschrieb seine Genjutsu auf eine Art, die das Mädchen kurz vergessen ließ, dass sie hier von gefährlichen Illusionen redeten, weil Yumi ihrer persönlichen Phase der Albträume schon längst entkommen war. Es hatte eine Zeit gegeben, wo jede ihrer nächtlichen Visionen damit geendet hatte, dass sie aufgeschreckt war, in Tränen oder zitternd, aber inzwischen glichen ihre Träume mehr dem, was man in ihren Büchern so darunter verstand. Nur ohne die ganze feuchtwarme Stimmung, verstand sich. Während Kiyoshi erzählte, waren die Bilder in ihrem Kopf also eher positiver Natur, weil das in ihrem Verständnis auch besser zu einem Tempel passte. Waren das nicht Orte der Besinnung, an denen man die Welt besser zu verstehen suchte? Sagte man Priestern nicht oft eine innere Ruhe und einen derartigen Frieden nach, dass sie wohl kaum etwas Böses tun würden? Sie konnte sich zwar vorstellen, dass man auch einen Mönch aufregen konnte, aber dazu musste man schon auf so dumme Ideen kommen, wie seinen Tempel in Brand stecken oder seine Mitmönche bedrohen. Selbstlose Menschen, wie sie es in dem Köpfchen des Mädchens waren, würden doch keine Unschuldigen in schreckliche Horrorrealitäten stecken, nicht wahr? In diesem Kontext hörte sich sogar der Zusatz mit den Ängsten der Menschen einigermaßen verträglich an, denn die schlimmste Waffe war harmlos, wenn sie in den Händen eines Friedliebenden lag. Und Kiyoshi war doch ganz bestimmt so jemand!
Er bot ihr Kekse und weiteren Tee an, doch Yumi lehnte mit einem "Nein danke." ab. In ihrer Tasse war immer noch ein wenig von dem köstlichen Getränk und auf Gebäck hatte sie gerade keine Lust. Außerdem hörte es sich nicht unbedingt vielversprechend an, wenn er sagte, dass er vielleicht was finden würde, sondern eher nach Äonen altem Gebäck. Lieber wich man der Katastrophe aus, ehe sie entstand.
Sie lächelte, sah sich kurz um und fragte danach mit gespanntem Gesichtsausdruck: "Was ist denn deine Lieblingsfarbe?" Für den kleinen Mann musste diese Frage wohl aus der Luft gegriffen sein, aber natürlich hatte sie einen guten Grund, das zu fragen. Sie hatte auch Tora damals gefragt, welche Farbe sie besonders gerne mochte, denn mit dieser Information war sie besser gewappnet, sollte sie sich daran machen, ihren Mitmenschen Dinge zu basteln. Kiyoshi war immerhin sehr zuvorkommend und freundlich, also musste sie nur noch herausfinden, was er außer seinen Comics wirklich gerne mochte, ehe sie sich an die Arbeit machte. Und sollte sie nichts finden, so war eine Strongman-Actionfigur sicherlich eine Alternative... und das würde die beste werden, die man jemals gesehen hatte!
 
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Wäre er nicht so höflich hätte Kiyoshi wohl die Augen verdreht. Als jemand, der ein gutes Gespräch schätzte, waren ihm Fragen wie "Schönes Wetter heute, nicht wahr?" und dergleichen nicht gerade unangenehm, aber die Lieblingsfarbe? Das waren Fragen für Kinder. Trotzdem, er blieb höflich. Und nahm sich sogar, wie immer, Zeit über die Antwort auf diese Frage sehr genau nachzudenken. Nichts war schlimmer, als eine falsche Antwort zu geben.
"Ich würde sagen, meine Lieblingsfarbe ist Grau", gab Kiyoshi daher nach etwa zwei Minuten gründlichen Nachdenkens zurück. "Aus zweierlei Gründen. Ich halte Grau für die verlässlichste Farbe, auch wenn ich natürlich kein Experte der Farbenlehre bin. Doch die Welt ist nun einmal nicht gänzlich schwarz und nicht gänzlich weiß, sie ist grau, dazwischen. Und kann man nicht aus dem Grau von mit Wasser vermischter Tusche den Eindruck jeder erdenkbaren Farbe vermitteln, wie es die Meister des Sumi-e tun? Ja, ich denke, man könnte Grau durchaus als den Urstoff der Welt bezeichnen... Den Äther, gewissermaßen." Er nickte, zufrieden mit seiner Antwort. Dass er Leute mit seinen Schilderungen möglicherweise langweilte kam Kiyoshi so gut wie nie in den Sinn. Und selbst wenn, dann war das wohl eher ihre Schuld. Ignoranz, gewählte Ignoranz noch dazu, war eine Sünde, gegen die er nur zu gerne vorging. Wenn das ein paar missliebige Blicke nach sich zog, dann würde er damit leben können. "Aber wenn Sie noch bleiben wollen müsste ich mich kurz entschuldigen. Es ist gleich Zeit für das Abendgebet." Tatsächlich war es Nachmittag geworden und bald würde Abend sein, doch Kiyoshi zog das Abendgebet immer ein wenig vor. So hatte er im Tempel danach noch Zeit gehabt, es mit anderen zusammen zu beten, wenn sie dies wünschten oder aber sich noch ein Buch mehr vor dem Schlafengehen zu Gemüte zu führen. "Es sei denn natürlich Sie wollen mit mir beten, in diesem Fall lade ich Sie natürlich herzlich dazu ein."
"O-oh... i-ich weiß gar nicht wie das geht... in meiner Familie ist niemand so wirklich religiös, weißt du... aber du kannst es mir ja bestimmt zeigen!" Die anfängliche Verlegenheit wich mit dem letzten Satz diesem typischen zuversichtlichen Enthusiasmus, der für Yumi-san typisch zu sein schien und ließ Kiyoshi lächeln. "Natürlich, sehr gerne. Als erstes sollten Sie dann ins Bad und zumindest Hände und Gesicht grundlegend reinigen... Nur ein sauberer Körper beinhaltet einen sauberen Geist. Ich erwarte Sie dann an dem kleinen Schrein auf der Terrasse. Da dies hier kein Tempel ist, wird die Zeremonie selbstredend auch nicht lange dauern."

Auch Kiyoshi wusch sich, natürlich nicht im Bad, sondern ausnahmsweise einmal in der Küche. Das gehörte sich zwar sonst nicht, aber noch ungehöriger wäre es gewesen, die Dame warten zu lassen oder nach ihr das Bad zu betreten, womöglich sogar noch vor der Tür zu warten und sie damit unter Zeitdruck zu setzen. So saß Kiyoshi schon geduldig im Seiza* vor dem kleinen Schrein, den er auf seiner Terrasse errichtet hatte. Auf den ersten Blick sah dieser Schrein aus wie ein etwas zu großes, prunkvoll geschnitztes Regal, doch die davor stehende Schale mit Sand und ein paar ausgebrannten Räucherstäbchen sowie eine Schale frisches Wasser kennzeichneten dieses kleine Holzgebilde als Schrein. "Bitte, Setzen Sie sich... Gleich neben mich." Er deutete auf den freien Platz neben sich, wo er bereits ein Kissen hingelegt hatte, ebenso wie für sich selbst. Man kniete zwar während der Zeremonie, aber das hieß ja nicht, dass man es unbequem haben musste. "Als erstes wird ein Räucherstäbchen angezündet", erläuterte der junge Mönch ruhig und machte es vor, wonach er das leicht qualmende und angenehm duftende Stäbchen in die Schale mit Sand steckte, wo sie langsam vor sich hinglühte. "Zum Gedenken an die Verstorbenen, aber auch die Geister der lebenden Dinge um uns herum. Das Wasser wird jeden Morgen erneuert", er deutete auf die kleine Schale, "Und zwei Mal im Monat werden Opfer dargebracht. Es gibt kaum festgelegte Gebete, also beten Sie im Stillen einfach dafür, was Sie sich wünschen und machen Sie mir danach einfach alles nach." Damit rückte Kiyoshi sich in eine etwas bequemere Position, schloss die Augen und ließ seine Finger über einen Kranz Gebetsperlen laufen, den er um das rechte Handgelenk geschlungen trug. Seine Lippen bewegten sich dabei lautlos.
Nachdem er fertig war, verbeugte Kiyoshi sich zwei Mal vor dem Schrein, klatschte einmal in die Hände, verbeugte sich erneut und stand auf. Sein Ritual war vollendet. "Es ist ein wenig altmodisch, das gebe ich gerne zu, aber mir persönlich gibt dieses Ritual Halt. Und wenn es Ihnen genau so geht, dann freut mich das natürlich." Er ging wieder ins Innere seines kleinen Hauses, wobei er Yumi die Tür aufhielt.
 

Ookami Yumi

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Natürlich würde Yumi es niemals zugeben, aber sie fand Kiyoshis Gehabe noch einen Ticken alberner als ihr eigenes Verhalten. Sicher, sie war kindisch, aber sie war auch nichts anderes als das. Sie war sehr froh, dass sie inzwischen eine positivere Einstellung zum Leben hatte und wenn sie sich nun vom einen Tag auf den anderen wie ein Erwachsener verhalten müsste, wäre dieser Enthusiasmus sicherlich ganz schnell wieder weg. Allerdings war die Frage nach der Lieblingsfrage einer Person mitnichten so schlimm wie eine Konversation über das Wetter, denn während jenes wohl eines der am wenigsten manipulierbaren und somit unpersönlichsten Dinge war, das die Welt zu bieten hatte, sagte die Lieblingsfarbe einer Person sehr viel über ihren Geschmack aus. Irgendwie hatte Yumi gehofft, dass der junge Mann sich zu einer anderen Farbe durchringen könnte, eine Farbe, die sie auch als solche anerkannte. Grau war für sie einfach nichts, was sie als farbig bezeichnen würde, grau war... langweilig. Durchschnittlich. Weder Fisch noch Fleisch. Ein nicht enden wollender Zustand breiiger Melancholie. Es war eine sehr positive Deutung dieses Zustandes, den Kiyoshi ihr lieferte, und sie brachte das Mädchen zum Grübeln. Nicht etwa, weil sie sich nun fragte, ob die Welt wohl aus einem grauen Haufen Staub entstanden war, sondern, weil sich bei ihr zusehends das Bild festigte, dass der junge Mann nur einen kleinen Teil seines Wesens wirklich auslebte. Kein Mensch konnte im Ernst grau sein. Ein grauer Mensch wäre der perfekte Durchschnittsbürger: Morgens aufstehen, leicht muffelig frühstücken, einer langweiligen Tätigkeit nachgehen, fernsehen, über die Jugend maulen und wieder schlafen gehen. Tagein, tagaus. Schrecklich öde. In jedem Menschen steckte eine Farbe, manchmal eine warme, freundliche, vielleicht aber auch eine kalte, abweisende. Manche Menschen strahlten in allen Farben des Regenbogens und erfreuten damit ihre Umgebung und Kiyoshi... schien sich in einen gewollten Mantel aus Grau gehüllt zu haben. Nur beim Comiclesen war dieser eingerissen und ein anderer Schein war offensichtlich geworden – und sie fand es sehr schade, dass das nicht öfter der Fall zu sein schien. Der kleine Junge konnte nicht älter als sie sein und doch lebte er seine Jugend nicht aus: Er würde das als alter Mann sicherlich bereuen, aber glauben würde er ihr das sicherlich nicht. Er schien sich für deutlich älter und damit auch deutlich reifer zu halten, aber sie hatte immer das Gefühl gehabt, dass sich Kinder wie er damit vollkommen verschätzten. Es gab immer einen Teil in ihnen, der dafür viel weiter zurück war und wenn es ihre emotionale Welt traf. Kiyoshi durfte das aber nicht... vielleicht konnte man ja dagegen arbeiten.
Erst einmal tat die Ookami aber nichts dergleichen. Es wäre schrecklich unhöflich, wenn sie ihn unterbrechen würde und so weit aufschieben konnte sie ihre Ideen dann doch noch. Jemand hatte mal gesagt, dass es diese Fähigkeit war, die den Menschen vom Tier unterschied und ihrem animalischen Namen zum Trotz, war die Ookami von einem solchen ziemlich weit entfernt. Und wenn sie eines wäre, dann ein süßes, wie zum Beispiel ein Kaninchen. Statt ihm also dazwischen zu reden, machte sie brav alles nach, was er tat, kam aber nicht dazu, sich ein Thema für ihr Gebet auszusuchen, weil sie die Zeit komplett mit dem Nachgrübeln über besagtes Thema vertat. Zum Glück würde das wohl kaum auffallen und selbst wenn, könnte sie immer noch behaupten, dass sie für Kiyoshis Seele gebetet hatte – ebenso wie der wahrscheinlich für ein wenig mehr Intelligenz sie betreffend. Yumi war eben nicht so klug... aber darauf kam es ja auch nicht an. Ebenso wenig wie auf die Aktualität von Umgangsformen, gerade weil diese sowieso Auslegungssache waren. “Wenn ich Halt brauche, kümmere ich mich um meine Blumenbeete im Garten des Kiri-Ryokan. Da ist es schön ruhig und nicht so hastig wie im Gewimmel der Stadt. Wenn du magst, kannst du ja mal vorbei kommen.”, gab sie als Antwort und bewegte sich wieder zurück in die Stube des kleinen Mönches. Es war dringend Zeit, das Thema wieder auf etwas Interessanteres zu lenken. “Erzähl mal, wie genau hast du eigentlich deine Faszination für diesen Comic entdeckt?”
 
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Kiyoshi war ein guter Menschenkenner, das musste man sagen, aber leider nur im Bezug auf das Klientel eines Tempels. Und das waren nun einmal überwiegend alte Menschen. Daher nahm es wohl kaum Wunder dass er Yumis Reaktionen nicht wirklich zu deuten vermochte beziehungsweise es vollkommen falsch tat. So entging ihm nicht nur Yumis Desinteresse an spiritistischen Dingen, sondern auch ihr Grübeln über dieses und jenes und ehe er es sich versah saßen sie sich wieder gegenüber und tranken Tee. "Das würde ich sehr gerne, junge Dame. Ich selber bin leider nur ein Amateur im Gärtnern.. ich denke einmal Steine zählen nicht wirklich dazu. Bisher musste ich sie jedenfalls nicht gießen." Hatte er da gerade so etwas wie einen Witz gemacht? "Ich denke, ich werde dafür sogar demnächst die Zeit finden... Im Moment bin ich nicht gerade mit Arbeit ausgelastet, wenn Ihr versteht. Das Leid eines jungen Shinobi." Mit dem Anflug eines leichten, bedauernden Seufzers trank Kiyoshi seinen Tee, ehe die Frage nach Strongman ihn ziemlich überraschend traf.

"Das... Nunja..." Er musste selber nachdenken. Seitdem er mit dem Lesen dieser Comics angefangen hatte, waren sie ihm so vorgekommen als wären sie schon immer da gewesen. Strongman war das, was bei Kiyoshi dem "unsichtbaren Freund" manch anderer Kinder am nächsten kam und wohl weil er ihn um so dringender benötigte hatte er sich bis in dieses Alter gehalten und war sogar noch stärker geworden. Auch wenn Kiyoshi nicht mit ihm sprach oder dergleichen, aber der fiktive Superheld wirkte eine zu starke Faszination auf den kleinen Mönch aus, um ihn als bloßen "Fan" dieser Serie abzustempeln.
Sorgsam rückte Kiyoshi seine Brille mit Mittel- und Ringfinger zurecht und strich seinen Kimono glatt, ehe er endlich auf die Frage Yumis antwortete. "Ich muss wohl so etwa sechs oder sieben Jahre alt gewesen sein. Als Waise in einem Tempel aufzuwachsen war erfüllend, ja, aber mir fehlte der Kontakt zu meinen Altersgenossen. Nicht dass ich ihn nicht gesucht hätte, aber uns trennte wohl zu viel. Sie lebten im Jetzt, ich im Gestern. Ich betete, sie spielten Fangen. Sie hatten Eltern, ich... nicht. Es waren zu viele Unterschiede. Wann immer ich versuchte, Kontakt mit ihnen aufzunehmen, mieden sie mich. Einige, und ich bin sicher es hat sie seither gereut, warfen sogar mit Steinen nach mir." Kiyoshis Mine blieb vollkommen unbewegt, während er sprach, es war als läse er eine Geschichte vor, nichts, was ihn selbst betraf. "Natürlich erfuhr ich vom Tempelvorsteher und meinem Ziehbruder Trost, doch für einen jungen Geist sind die Worte älterer Menschen oft keine wirkliche Hilfe... Was ich wollte war jemand, der mich verstand, gewissermaßen. Natürlich sehe ich mittlerweile ein wie kindisch das war. Auch alte Menschen hatten eine Jugend und ihre Erfahrungen und Weisheiten zu ignorieren war dumm von mir. Aber so war ich damals wohl eben. Jung und naiv." Mit einem leisen Plätschern schenkte Kiyoshi sich noch Tee ein und tat dies auch bei Yumi, falls ihr Becher leer war.

"Eines Abends, als ich mich in dem besagten Alter befand, kam ein Junge zu uns. Natürlich nicht alleine, er war mit seiner Familie hier, sie stammten aus.. Amegakure, wenn ich mich richtig erinnere. Sie beteten für eine sichere Reise, aber ließen ihren Sohn dabei alleine. Er näherte sich mir, ohne irgendwelche Vorurteile und wir verstanden uns gut. Ein paar Stunden lang unterhielten wir uns, doch dann mussten seine Eltern weiter. Er konnte nicht bleiben und wir würden uns vermutlich nie wieder sehen, also schenkte er mir einen seiner Comics. Als Erinnerung. Und damit ich es nicht so langweilig hatte. Genau das waren seine Worte." Kiyoshis Lachen klang noch leiser und älter als sonst. "Zunächst schenkte ich diesem Comic keine Beachtung, aber ich brachte es auch nicht übers Herz, ihn weg zu legen. Und irgendwann, ein paar Wochen später, nahm ich mir vor, ihn tatsächlich zu lesen. Wenn ich schon nichts daraus lernen würde, so wollte ich doch wenigstens versuchen zu verstehen, was meine Altersgenossen so mochten. Und zum ersten Mal... Verstand ich." Der junge Mönch lächelte, nicht so steif und förmlich wie er es sonst tat, sondern zum ersten Mal wirklich glücklich. "Ein paar Mal konnte ich sogar mit anderen Kindern über etwas reden. Etwas, was wir gemeinsam hatten, was wir mochten. Es ist wohl zu viel gesagt, dass wir dadurch Freunde geworden wären, aber wir verstanden uns besser und zu unseren zahlreichen Unterschieden hatte sich endlich eine Gemeinsamkeit gesellt." Er schloss diese Geschichte aus seinem Leben mit einer kurzen Verbeugung, wie ein altmodischer Rakugo-Leser*, sogar die Sitzform stimmte überein.

Die auf Kiyoshi Erzählung folgende Stille wurde schnell unterbrochen, indem jemand an der Tür klopfte. Eine Klingel besaß der junge Shinto-Priester nicht. "Verzeihung. Ich werde gleich zurück sein." Damit erhob Kiyoshi sich und ging zur Tür. Yumi würde ein paar freundliche Worte sowie das Rascheln von Papier hören können, ehe der junge Mönch wieder in den Raum kam, einen ausgefalteten Brief in den Händen. "Ein Missionseinsatz", erläuterte er, ohne aufzublicken, während seine apfelgrünen Augen flink über die Schrift huschten. "Korrekt zugestellt, wenn auch etwas später, als es mir um der Vorbereitungszeit lieb gewesen wäre, aber das nennt man wohl Berufsrisiko... Oh." Der Laut der Überraschung klang echt und für einen Moment lächelte Kiyoshi sogar ehrlich. "Sieh mal einer an. Wie es scheint, sind wir seit gerade eben Missionspartner. Wie der Zufall so spielt."

(*Rakugo ist die japanische Kunst kurze, aber sinnhaltige und pointierte Monologe zu erzählen, oftmals von komödiantischem Inhalt, doch mit einer tieferen Botschaft dahinter. Passend zu Kiyoshi ist der Sprechstil der Rakugo oft sehr altmodisch und von zahlreichen Anachronismen geprägt.)
 
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