Yamanaka Arata
Chuunin
- Vorspiel -
Arata hatte tatsächlich mehrere Stunden mit seinen widerstreitenden Gefühlen ringen müssen, als er die Nachricht aus dem Briefkasten gezogen hatte - eine erste Mission, C-Rang. Innerhalb des Dorfes, also nichts allzu ausgefallenes und die Gefahr dürfte sich noch in Grenzen halten. Und er sollte sie leiten. Also - wirklich leiten. Sicher, es war nichts von großer Bedeutung und soweit er das sah war keiner der anderen Teilnehmer weniger grün als er, aber - warum? War er irgendjemandem aufgefallen? War das hier ein Test? Einen paranoiden Moment fragte er sich, ob Hei irgendetwas damit zu tun haben könnte, oder zumindest der Clan. Naja ... widerlegen konnte er es nicht, aber war das eine hilfreiche Annahme? Irgendjemand musste eben den Chef spielen, es hatte nichts zu bedeuten. Er schüttelte den Kopf und beugte sich noch einmal über das Briefpapier auf seinem Schreibtisch, um die genaue Aufgabe aus der bürokratischen Diktion der Dorfverwaltung zu ziehen. Der Tee am Tischrand dampfte noch, aber er griff geistesabwesend nach der Tasse und nippte daran. Was Mutter wohl sagen würde? Oder ... Arata biss sich auf die Lippe, als der schmerzhafte Gedanke sein Bewusstsein erreichte. Hätte man ihn jetzt gesehen, er hätte todunglücklich ausgesehen, bleich und mit zitternder Unterlippe, aber es war früher Abend in einem ruhigen Mietshaus, und wie immer war der Junge allein in seiner Wohnung. Sehr sorgfältig schob er das Papier zur Seite und ließ erst danach den Kopf auf die Arme sinken und die Traurigkeit nach außen treten. Tote konnten nicht sprechen, aber ihr Echo war manchmal sehr laut. Und echte Wunden verschwanden nicht, ohne eine Narbe zu hinterlassen.Der Tee war kalt geworden, als Arata ihn unzeremoniell austrank und anschließend nach dem Briefpapier griff. Probleme für Händler vor Ort lösen klang nicht, als würde es seine Prinzipien kompromittieren, solange das kein Euphemismus für Betonschuhe war, und Enkai war schon einmal ganz in Ordnung. Zudem hatte er schon recht detaillierte Informationen zum Fall mitgeliefert bekommen, also könnten sie vermutlich gleich zur Sache kommen. Arata seufzte und schnappte sich noch einen Stift. Zeit, Befehle zu erteilen, hm?
- Missionsbeginn -
Kuromatsu Serena, Nishikaze Enkai,
Wir sind aufgefordert, uns diese Woche auf eine Mission hier in Jôsei zu begeben. Der offizielle Rang des Einsatzes ist C. Es geht um die Untersuchung verdächtig niedriger Preise eines Anbieters im örtlichen Einzelhandel, entsprechend schlage ich unauffällige Kleidung und wenn überhaupt nur leichte Bewaffnung vor. Wir treffen uns Mittwoch um zehn am Kirin-Springbrunnen im Suzaku-Bezirk, dort habe ich dann die vollständigen Informationen für euch.
Freundliche Grüße,
Yamanaka Arata
Der Brief in Aratas säuberlicher, schmucker Handschrift - im Postamt noch mit dem sehr offiziellen Stempel für dienstliche Nachrichten versehen - sollte die beiden spätestens am Folgetag erreicht haben, auch wenn sie jetzt noch nicht hier waren. Er war natürlich etwas früher hier, um sich schon einmal einen Überblick zu verschaffen, und hatte sich mangels Bänken auf den Rand des steinernen Springbrunnens gesetzt, in dessen Mitte die Figur eines einhorn-ähnlichen Fabelwesens stand. Er hatte seine eigene Anweisung befolgt und trug einen olivgrünen Pulli zu Jeans und Straßenschuhen, womit er überall außerhalb der Partymeile ein paar hundert Meter weiter als unauffällig durchging. Einzelne Wassertropfen spritzten von der Fontäne auf den langen blonden Schopf des Yamanaka, während er mit vorsichtigen Bewegungen die Umgebung untersuchte. Hier am Rande des Handelsviertels gab es zwar die vereinzelte Kneipe oder Bar, aber hauptsächlich war die nähere Umgebung von der Sorte Geschäft geprägt die keine Massen von entspannungslustigen jungen Menschen anzog: Tapeten, Inneneinrichtung, Installateure, ein Pfandleiher, und ein paar Geschäfte die einfach dies und das führten - eins davon, Otomos Fundgrube, war das Ziel ihres Einsatzes. Von außen sah das Geschäft ganz bieder und erfolgreich aus - zwei Stockwerke, unaufdringliche, aber sehr gut instand gehaltene Fassade, bunt gemischte Auslage im Schaufenster. Wie sollten sie vorgehen? Er glaubte nicht dass der Mann so ohne weiteres preisgeben würde was sein unfairer Wettbewerbsvorteil war ... aber vielleicht hatten die anderen einen Vorschlag oder besondere Fähigkeiten.