Auf dem Weg nach unten hatte sich Oita schnell an die Seite von Suzaku begeben und machte seinem Bauchgefühl ein wenig Luft. Er sollte mit der Haemasu also vorsichtig sein? Das war Suzaku ohnehin, aber er nickte seinem Kameraden lächelnd zu.
„Das werde ich gewiss, Danke“, entgegnete er seinem neu gewonnenen Freund also und lächelte nur etwas verlegen, als Oita die Mission für weniger entspannt hielt. Was draußen wohl geschehen war, dass Oita plötzlich wieder zurückruderte? Hoffentlich bekam der vernarbte Genin noch die Chance sich mit dem Furasaki allein zu unterhalten, um die Erkenntnisse über die Shiro-Nin auszutauschen. Doch bis dahin mussten sich die zwei Iwa-Nin zusammen reißen und ihre Arbeit erledigen. Möglichst professionell versteht sich!
Da waren sie nun alle im Besprechungsraum des Ryokans und wurden vom Besitzer und Veranstalter – Herrn Yadonushi – aufgeklärt und eingewiesen. Der grobe Ablauf wurde genannt, doch der war ja unlängst bekannt, schließlich war das Programmheft ja auch auf den Zimmern einsehbar gewesen. Was dem Yoshigahara sofort auffiel, war die Tatsache, dass der Veranstalter ziemlich viele Informationen hinter dem Berg hielt. Ob er sie nur nicht Preis geben durfte oder eben auch nicht kannte, war noch gar nicht absehbar. Fakt war jedoch, dass sie mit den sperrigen Informationen ziemlich wenig anfangen konnten, mit Ausnahme des Drohbriefes, den Herr Yadonushi hervorholte und einmal herum gab. Während der Drohbrief nun also die Runde machte, kam der Veranstalter auch schon auf die Arbeit der Shinobi zu sprchen. Er hatte einigen Nebendarstellern eine Pause gegönnt und somit Platz für die Shinobi geschaffen, damit diese inkognito mitspielen und das ganze Mysterium aufklären konnten. Es gab also einen Gärtner zu spielen, die Ehefrau des Gärtners, den Jungen aus der Gosse und die Tochter der adligen Gutshofbesitzerin. Das waren ja wirklich eher semi interessante Rollen, doch sie mussten mit dem arbeiten, was sie zur Verfügung gestellt bekamen. Die explizite Antwort bezüglich des vermeintlichen Täters und etwaigen Verdächtigen wurde gekonnt nicht beantwortet, denn die Story war wohl nur dem Schreiber und Zeichner der Geschichte bekannt und sollte natürlich auch niemandem sonst bekannt sein, damit das Schauspiel ein entsprechend großer Erfolg war. Suzaku konnte den Aspekt gut verstehen, schließlich glich es der Handlung, dass Ende des Buches vor dem Anfang zu lesen. Doch der Yoshigahara war nicht hier, um ein Krimi-Dinner Erlebnis zu haben, sondern um einen Mord zu verhindern. Die Geschichte könnte ihm dafür nicht egaler sein, aber letztlich mussten sie auch hier mit dem arbeiten, was sie an die Hand bekamen.
Suzaku nahm den Drohbrief entgegen und ließ seine Seelenspiegel über diesen gleiten. Er bestand aus Schnipseln. Diese stammten sowohl aus der Zeitung aber auch aus dem Flyer des Ryokan. Der Yoshigahara wusste, dass man den Flyer nur hier im Ryokan erhielt und weiter unten im Dorf, denn die Verteilerliste konnte er unten in der Lobby sehen, als er einen Blick über den Tresen auf Dokumente des Ryokans geworfen hatte. Auch wenn es für die anderen merkwürdig aussehen mochte, so nutzte der Genin die Möglichkeit mal daran zu riechen und konnte erkennen, dass der Klebstoff definitiv eigens angerührt war. Suzaku kratzte an den Klebstoffüberresten und ditschte seine Zunge einmal dagegen.
„Definitiv ein Lösemittelhaltiger Nassklebestoff. Polyurethane, Polyvinylacetat, Naturkautschuk und Acrylate. Hat eine gute Adhäsion und Kohäsion. Da hat jemand Ahnung von Chemie“, erklärte Suzaku nebenher, unabhängig ob ihm jemand Gehör schenkte.
„Für gewöhnlich nutzt man für Nassklebestoffe Synthetikkautschuk. Das hat jemand selbst angerührt“, fügte der Genin dann an. Es gab nicht wirklich viel Aufschluss auf den Täter, leider. Dann kam es auch schon zur Rollenverteilung, wo Ai maßgeblich das Wort übernahm und einteilte. Suzaku würde aufgrund seiner Vernarbung zum Gossenjungen passen, wurde aber wegen seines reiferen Aussehens und der Körpergröße zum Gärtner. Der hochgewachsene und mit grünem Daumen gesegnete Oita wurde also nicht Gärtner, sondern Gossenjunge. Passte besser zur Größe. Die erwachsen aussehende Akiko war fortan die Frau des Gärtners. Ai war entsprechend die Adelstochter.
„Ich bin mit der Rollenverteilung einverstanden. Sie ist gut begründet und ich denke, wir kriegen das gut umgesetzt“, stimmte Suzaku also der Haemasu zu.
Herr Yadonushi deutete dann auf den Nebenraum und verwies damit auf die Kostüme und Umschlägen zu den Rollen, doch betonte er nochmals, dass sie untereinander nicht über ihre Rollen sprechen sollten. Es hatte wirklich niemand einen Plan von irgendetwas, was die ganze Arbeit echt schwer machte.
„Ziemlich viele Unsicherheitsfaktoren“, murmelte der Yoshigahara und klopfte Oita danach auf die Schulter, schließlich durfte er weitere Zeit mit Akiko verbringen und sie sogar spielerisch lieben. Die Leiterin aus Shiro stellte abschließend dann noch eine Frage, die auch Suzaku brennend interessierte. Etwas nervös blinzelte der Veranstalter und wischte sich erneut den Schweiß von der Stirn.
„Also…also…Gäste sind insgesamt Fünfundfünfzig hier. Davon sind….also…eigentlich“, stammelte er und würde damit natürlich wieder mehr verraten, als er dürfe, doch er nahm die Drohung sehr ernst, daher sprang er über seinen Schatten.
„Schauspieler sind Zwanzig…mit Euch allen“, erklärte er dann. Was für eine Mission hatten sie sich hier nur angeleiert.
„War ja gar nicht so schwer, hm, Herr Yadonushi?“, fragte Suzaku rhetorisch, schließlich konnte man dem Veranstalter ansehen, wie nervös er war.
„Verratet es bloß nicht Yoshimoto Kunio-san, bitte!“, hechelte Yadonushi und Suzaku nickte.
„Versprochen“, entgegnete der vernarbte Genin und wandte sich dann an seine Kameraden.
„Dann checken wir mal die Kostüme aus. Ihr wisst ja nun, was für Rollen ihr inne habt“, erklärte er und ging dann auch voran, nachdem er den Drohbrief wieder hingelegt hatte.
Der Genin betrat den Raum und sah eine Vielzahl unterschiedlicher Kostüme und haufenweise Umschläge. Zum Glück war hier alles fein säuberlich geordnet und akkurat zugewiesen, daher war es einfach die Kleiderstangen für die einzelnen Rollen zu finden. Der nunmehr als Gärtner bekannte Suzaku begab sich also zu der Kleiderstange seiner Rolle und inspizierte kurz die Kleidung, die in unterschiedlichen Größen und Darstellungsformen vorhanden war.
„Sehr interessant“, kommentierte er das Ganze nur und fischte dann einige Klamottenteile hervor, die er nunmehr anprobieren wollte. Ohne groß über die weibliche Begleitung nachzudenken, zog sich der Genin seine Oberteile aus und entblößte damit seinen freien Oberkörper, der sowohl auf der Brust als auch auf dem Rücken zentral von einer weiteren Vernarbung geziert war, die von einem Raiton-Jutsu stammten. Und auch sonst zeigte sein Oberkörper einige Narbenmale, die auf sehr hartes Training hinwiesen, aber immerhin war die Muskulatur antrainiert und definiert. Suzaku konnte sich also sehen lassen. Nachdenklich griff er nach dem Karo-Flanell-Hemd und warf es sich über. Das Hemd saß wie angegossen und ein Blick in den Spiegel zeigte ihm, dass er wirklich wunderbar in diese Rolle zu passen schien. Er hob seine Hand und fasste sich an die Vernarbung in seinem Gesicht, während seine goldgelben Iriden die Seelenspiegel im Spiegelbild aufsuchten.
@Haemasu Ai @Nara Akiko @Furasaki Oita