Kinzoku Kenta
Chuunin
Planungs- und Infothread
1. September 1993, Bahnhof King's Cross, London
1. September 1993, Bahnhof King's Cross, London
Kreischende Eulen, weinende Erstklässler, schwätzende Kinder und noch lauter schwatzende Eltern, unterbrochen vom ungeduldigen Tuten der Dampflokomotive an der Spitze des Zuges ... vom ersten Ansehen war hier wirklich alles wie immer, einschließlich der meterweit aufgerissenen Augen der Kinder, die gerade zum ersten Mal in ihrem Leben durch eine Wand gerannt waren. Hier und dort kreischten Eulen, fauchten Katzen, und quakten Kröten, als die Schüler sich gegenseitig ihre neuen Haustiere zeigten, und all das überblickten, belustigt oder eher genervt, die Eltern der Kleinen. Noch war jedoch Zeit bis zur Abfahrt, und die Schaffner bemühten sich, bis dahin all die Kinder in geordneten Bahnen in den Zug zu lotsen. Während die Kinder vermutlich nur über das bevorstehende Schuljahr nachdachten - etwa das unvermeidliche Widersehen mit Professor Snape oder die aufregenden neuen Wahlfächer und Hogsmead, die ihnen jetzt offenstehen würden - hatten ihre Eltern vielleicht mitbekommen, dass sich noch mehr am Horizont abzeichnete.
Der Tagesprophet war natürlich verschwiegen, was solche Themen anging, aber vielerorts hieß es, dass Dumbledore und Fudge sich endgültig zerworfen hatten, und wenn das nicht Konsequenzen für die Schule haben würde? Tatsächlich waren nicht alle hier glücklich, ihre Kinder ein weiteres Jahr in Dumbledores Hände zu geben, und ein paar der reinblütigen Eltern versteckten es auch nicht besonders gut - obwohl man ihm deutlich zu verstehen gegeben hatte dass genug genug war, der Alte wollte einfach nicht aufhören, seine Agenda von Gleichheit und Öffnung durchzudrücken, und wohin würde das führen? Den Untergang der magischen Welt, soviel war sicher. Gesprächsfetzen wie "Dumbledore ist ein großer und verdienter Zauberer, aber vielleicht wird es langsam Zeit für ihn, in den Ruhestand zu treten. Ich bin sicher Malfoy wird der selben Meinung sein-" waren keine Seltenheit. Kein Zweifel: Heute würden noch andere Dinge besprochen werden als Snapes Fiesheit und die Vor- und Nachteile von Pflege Magischer Geschöpfe.
Corbin rollte sehr erwachsen mit den Augen, als er die Menschenmenge vor sich sah und sich ganz bestimmte nicht freute, sich da durchkämpfen zu müssen ... Gleis neundreiviertel war ganz genau so wie die letzten zwei Jahre. Er wechselte einen Blick mit seiner Mutter, und suchte in der Menschenmasse kurz nach vertrauten Gesichtern, ehe er sich wieder ihr zuwandte - keine gefunden, aber es war auch unübersichtlich. "Sag mal, Mum - warum kommen wir überhaupt nach London und nehmen nicht den Besen nach Hogwarts? In allen Büchern steht dass es auch in den Highlands ist. Und in die Ferien hab ich von Hogsmead den Besen genommen." Sicher war es praktisch für die Schüler aus England, aber wenn man in Schottland wohnte?
Theodora Ross lächelte wohlwollend auf die Frage und beugte sich ein Stück herunter, um Corbins Halstuch zurechtzuzupfen. Sein Vater war schon wieder weg um jemanden zu treffen - Geschäfte, vermutete Corbin. Langweilig. "Früher sind die Schüler mit Portschlüsseln gekommen oder wurden von ihren Eltern appariert oder geflogen, aber das Schloss ist unauffindbar verzaubert, also hat man den Zug eingeführt. Es ist leicht per Kamin nach London zu kommen, und so kommt ihr alle auf einmal an und keiner muss euch quer im Umland einsammeln."
"Aber warum kommen wir dann nicht direkt per Kamin nach Hogwarts, Mum?"
Mrs Ross lachte und richtete sich wieder auf. Sie warf einen kurzen Blick auf die Uhr, dann entschied sie dass noch Zeit für ein bisschen mehr Erklärung war. "Weil der Schulleiter nicht will dass jedermann vor seiner Tür stehen kann, wenn er die Feuer öffentlich macht. Wenn ein Feuer öffentlich ist kann ja jeder durchkommen, hm? Und wenn du einen privates Feuer hast musst du es jedem einzeln erlauben, und das wäre auch sehr viel Arbeit. Jedenfalls, wir könnten dich natürlich nach Hogsmead bringen ... aber solltest du uns nicht mal Freunde vorstellen, junger Mann?"
Corbin - der bis dahin recht anhänglich zu seiner Mutter aufgeschaut hatte - verzog ein bisschen das Gesicht und verstand den Hinweis. "Schon verstanden. Ich soll die anderen Kinder kennenlernen." "Genau! Und jetzt husch, sonst sind die guten Plätze schon weg!"
"Gibt es hier überhaupt gute oder schlechte Plätze ...?" Fragte der schwarzhaarige Junge sich stirnrunzelnd, als er sich durch die Gänge manövrierte, während sein Koffer ihm dezent in die Hacken schlug, wann immer er durch die Fenster in die kleinen Einzelabteilen spähte - ihm hinterherschweben tat das verzauberte Gepäck ganz wunderbar, nur das Abstoppen funktionierte noch nicht ideal. Er ignorierte es gekonnt. Soweit Corbin wusste sahen alle Abteile ziemlich ähnlich aus, und bisher war jedes an dem er vorbeigekommen war voll gewesen - oder hatte so ausgesehen, es war ein bisschen schwer einzuschätzen wenn sich drinnen schon alle ihre Roben überstülpten und dabei aussahen wie aufgescheuchte Fledermäuse. Hah! Na endlich. Ein leeres Abteil. Corbin duckte sich blitzschnell gegen die Tür, um seinem eigenen Koffer auszuweichen, als der wieder mal ein bisschen zu spät haltmachte, grinste zufrieden als es klappte, und packte den Koffer energisch beim Griff, um ihn ins Gepäckfach zu wuchten. Lief doch ganz gut bisher - natürlich hatte er nie ernsthaft vorgehabt sich einfach bei irgendjemandem dazu zu setzen. Er nahm den Fensterplatz in Fahrtrichtung in Beschlag, falls später noch jemand dazukommen sollte, und lehnte sich erstmal zurück. Nachher würde er sich vielleicht sein neues Verwandlungsbuch aus dem Koffer holen und ein bisschen blättern, umziehen konnte er sich auch kurz vor dem Bahnsteig - und jetzt schaute er erstmal aus dem Fenster und der Landschaft beim Fliegen zu. Lange nicht so gut wie Besenfliegen, aber allemal besser als Laufen.