Yagami Tamaki
Chuunin
~ * ~ Am Vorabend im Hause Suzuya ~ * ~
Oh. Tamaki drehte den Brief mehrfach um, las ihn von vorn, von hinten und hielt ihn sogar gegen eine Kerzenflamme, um sicherzugehen, dass er das „Ätsch! Reingelegt!“ auch wirklich nicht übersehen hatte. Aber das Schreiben sah so unverschämt offiziell aus, dass ihm wohl keine andere Wahl blieb. „Ich soll morgen meine erste Mission leiten.“, teilte er nüchtern beim gemeinsamen Familienessen am Abend vor seinem Aufbruch fest, aber Suzuya Miho hörte die kleine verräterische Nuance in seiner Stimme heraus. Ihr Sohn war verunsichert. Und sie selbst mehr als skeptisch. Seine bisherigen Missionen hatte Tamaki zwar erfolgreich bestritten, war aber ein jedes Mal in einem fragwürdigen Zustand zurückgekehrt. Allerdings hatte er zwei von drei Malen der Leitung dieses Kinzoku unterstanden, der der gebürtigen Yagami ein ganz besonderer Dorn im Auge war. „Wohin soll’s gehen?“, fragte sie beiläufig und bedankte sich mit einem Lächeln bei Oma Umeko, die ihr gerade frische Tempura auf den Teller stapelte. „Ins Reich des Tees. Wir sollen das Finale des Schachwettstreits von Sora gegen Shiro beaufsichtigen.“, gab Tamaki leise zurück. Miho verzog kaum merklich den Mund. Der Auftrag klang zwar harmlos genug und führte ihren Spross nicht in die Nähe Kaze no Kunis. Aber dass er dafür auf den Kontinent musste und vermutlich auch Shiro-Shinobi bei dem geistigen Wettstreit anwesend wären, war alles andere als ein Grund zur Entwarnung. „Na, das packst du schon!“, klinkte sich Suzuya Masato ins Gespräch ein. Der gutmütige Delikatessenhändler stellte ein Tablett mit vier Schüsseln Misosuppe auf dem Tisch ab. „Reich des Tees, hm ... Meinst du, du kannst einen Brief für mich mitnehmen? Der Gyokuro geht weg wie warme Semmeln und ich muss dringend Nachschub ordern.“. Tamaki murmelte eine Zustimmung, die Eltern und Oma wohl nur deshalb verstanden, weil sie die leise Art des jüngsten Familienmitglieds zur Genüge kannten. „Du wirst viel zu schnell groß, Tama-chan.“, fühlte sich nun auch Oma Umeko zu einem Kommentar hingerissen und tat ihrem Lieblingsenkel gleich eine Extraportion auf, damit der noch ein bisschen größer wurde. Paradox? Vielleicht. Aber so sind sie, die Großmütter. „Aber jetzt lasst uns essen.“.
~ * ~ Der nächste Morgen ~ * ~
Und täglich grüßt uns Getsurin. So zumindest kam es Tamaki mittlerweile vor, als er sich einmal wieder in der Hafenstadt am Fuße des Turms einfand, bewaffnet mit einem Brief, einem übergroßen Fresspaket und einem Nervenbündel. Bereit für neue Abenteuer. Oder so. Wirklich bereit fühlte sich der kleine Suzuya nie, aber er hatte weit gefährlichere Aufträge überlebt als einen Schachwettstreit zu bewachen. Also ... nicht, dass das die Veranstaltung nicht doch auf absurde Weise eskalieren konnte (da rechnete er mittlerweile mit allem), aber wenigstens klang der Auftrag nicht schon von vornherein, als wäre irgendetwas Abgefahrenes im Busch. Ein bisschen vielleicht, ja. Aber an Mischwesen halb Mensch, halb Puppe oder kirschblütentrunkene Pseudophilosophen, die anderen ihre Lebenskraft aussaugten, kam es noch nicht heran. Wer weiß, was stattdessen passierte ... Vielleicht entschied sich der Springer mitten im Match ja dazu, lebendig zu werden und künftig ein Leben als rosa Einhorn zu führen. Oder die Bauern probten den Aufstand und gingen als hölzerne, elfenbeinerne (oder woraus immer die Figuren waren) Miniarmee auf die Leute los. Tamaki musste grinsen. Seine Fantasie war drauf und dran, mit ihm durchzugehen, aber wenigstens war es amüsant. Als der Genin aufschaute, bemerkte er, dass seine Füße ihn schon beachtlich nahe an den Pier getragen hatten, von dem aus die kurze Überfahrt zu der vor dem Kontinent gelegenen Halbinsel erfolgen sollte. War noch gar nicht so lange her, dass er hier einen anderen Hayabusa getroffen hatte, und so wanderte sein Blick unwillkürlich in den Himmel. Da war aber noch nichts zu sehen. Tamaki nutzte die verbliebene Zeit, um sich den ungewöhnlichen Vornamen seiner noch unbekannten Mitstreiterin einzuprägen. Kanryoubinka ... poetisch und eigentlich ziemlich hübsch. Aber der Suzuya hoffte trotzdem auf eine Kurzfassung davon. Wie er so memorierend vor sich hinschlenderte und das morgendliche Treiben am Hafen dabei weitgehend ausblendete, näherte er sich der Anlegestelle. Dort wartete bereits ein Schiff, das Tamaki in aller nautischer Unkenntnis als „irgendeinen Kutter“ einstufte, in Wirklichkeit aber schlichtweg eine Fähre war, die Personen und Handelsgüter zwischen dem Kontinent und Getsurin munter hin- und herfuhr. Irgendwann war der Steg auch zu Ende und der kleine Genin stand vor der Wahl, weiterzuschlendern bis es nass wurde, die Landebrücke hinaufzugehen oder einfach stehenzubleiben. Er entschied sich für Letzteres und stand als auffällig wartender, wenn auch recht kleiner Sora-Nin vor dem Kut- ... der Fähre herum.
@Hayabusa Kaya
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