Isuzu Himeko
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Heute war der eigentliche Moment der Wahrheit! Die Prüfung hatte sie noch nicht einmal drei Tage hinter sich, als schon der erste Brief der Dorfverwaltung für sie eintrudelte. Ernsthaft, die Brünette hatte noch nicht mal einen eigenen Identifikationsausweis, aber die Leute, die das Sagen hatten, schienen es nicht erwarten zu können, sie möglichst schnell auf hochgefährliche Missionen zu schicken, die tief im Feindesland stattfanden und in denen sie vielleicht so furchtbare Dinge tun musste, wie Fürstentöchter zu entführen, oder so was… Naja, ein Kindergeburtstag in einer wohlhabenden Familie war vielleicht nicht ganz so schlimm, aber als Einstand würde es gewiss mehr als ausreichend sein. Diesen Morgen war Himekos Laune ausgesprochen gut, denn ihr erster Gedanke hatte sich um die Kinder gedreht, mit denen sie heute den Tag verbringen würde; sie kannte kein einziges davon, aber in ihrem Kopf lief schon eine idyllische Geschichte ab, die man so nur aus Büchern kennen mag. Leise summte sie vor sich hin, als sie begann, mit den Küchenutensilien herum zu klimpern, um das Frühstück für die insgesamt für Mitglieder der Isuzu-Familie zuzubereiten. In weiser Voraussicht hatte sie – weil sie ja heute Mittag bestimmt noch nicht wieder daheim sein würde, alles für die drei Übrigen vorbereitet, damit sie ihr Mittagessen doch noch pünktlich bekommen konnten. Diesmal musste ein einfacher Auflauf herhalten. Er war zwar kulinarisch nichts Besonderes, aber dafür mussten sie ihn nur in den Ofen stellen und etwas warten, bevor sie mit dem Essen beginnen konnten. Himeko hatte es geschafft, die Küchenzeile des bürgerlichen Hauses der Belastungsgrenze näher zu bringen, indem sie neben ihren Auflaufvorbereitungen noch einen Haufen Plätzchen kreierte: Ohne Mitbringsel auf einem Geburtstag aufzukreuzen erschien ihr beinahe als eine Todsünde, obwohl sie ja nicht privat, sondern beruflich zu den Feierlichkeiten erschien, auf denen sie dank Clownskostüm wohl eine der Hauptattraktionen sein würde. Ob dieses Utensil der Lächerlichkeit ihnen am Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt würde, oder nicht, stand nicht in der Jobbeschreibung, deshalb hatte sich Himeko schlicht eines von ihrer Schwester geliehen, dass sie ein gutes Jahr vorher hätte tragen sollen, wenn sie sich nicht standhaft geweigert hätte. Aber was war es denn nun, was Himeko für diesen Haufen kleiner Quälgeister aus dem Ofen gezaubert hatte, hm? Butterkekse mit verschiedenen Aromen, darunter Apfel, Orange, Erdbeere und Banane – jedes einzelne war mit einem kleinen Marzipanstempelchen in Form und Farbe der Frucht markiert, dessen Aroma einen beim Hineinbeißen begrüßen würde, Himeko dachte einfach an alles: Sie hatte sogar einige Bentos für sich und ihre Kollegen vorbereitet und einige ihrer Kekse dazugelegt, falls dieser Tag zu anstrengend wurde … da durfte selbstverständlich auch der erfrischende Tee nicht fehlen.
Derart gut vorbereitet konnte doch eigentlich nichts passieren, oder? Man konnte zwar nie wissen, aber die wahrscheinlichsten Fälle dürften abgedeckt sein. So saß die Familie bald am Frühstückstisch, wie jeden Morgen, nur dass dieses Mal Himekos erster Auftrag das Thema des Tages war und sogar Daddylein gelegentlich anerkennend hinter seiner Zeitung brummte. Ihre Aufgabe war gewiss nicht so nervenaufreibend, wie die, mit der Miyu auf ihr Ninjaleben vorbereitet worden ist, aber man konnte ja nicht alles haben – und Himeko war sowieso der Ansicht, dass ihr Auftrag schöner war, als die Tiere im Zoo zu waschen … Elefanten und Giraffen und so. Nach dem Frühstück beeilte sich Hime-chan, mit dem Abräumen, um noch ein bisschen Luft für letzte Vorbereitungen zu haben, also ihre Kleider zu richten und ein heiliges ritual durchzuführen, das vor ihre schon Abertausende, frisch gebackene Ninjas absolviert haben. Heute hatte sie etwas ausgewählt, was in ihrer Kleidersammlung noch als halbwegs Gesellschaftsfähig betrachtet werden könnte: Angefangen mit einem recht eng anliegenden, tief ausgeschnittenen, weißen Oberteil, das an der unteren Naht so weit gekürzt war, dass es mit dem roten Faltenrock ziemlich genau eine Handbreit bauchfrei lies. Das faltenfreie Oberteil selbst war verhältnismäßig schmucklos, wenn man von dem dünnen, scharlachroten Kragen einmal absah, der perfekt zu dem gleichfarbigen, auf halber Oberschenkelhöhe endenden Rock passte. Als Beinkleid diente ihr lediglich das paar Halbschuhe mit offenem Zehenbereich, das Miyu ihr gestern Nachmittag in der Einkaufsmeile aufgeschwatzt hatte und die sich irgendwie seltsam beim Gehen anfühlten, wie das bei pfuschneuen Tretern eben war. Zu dieser Symphonie der Modewelt erschien es dem unsicheren Mädchen nur allzu passend, sich folgerichtig auch für weiße Schleifen zu entscheiden, um ihr Haar damit zusammenzubinden. Nachdem sie ihre nur ein bisschen vorhandenen Kleider mithilfe einer Spiegelkommode im Hausflur auf ordentlichen sitz überprüft hatte – sie wollte auf ihrer ersten „Mission“ einen guten Eindruck machen – nahm sie den Gegenstand zur Hand, um den sie mit voller Absicht einen großen Bogen gemacht hatte. Obwohl Himeko nur die Stoffseite berührte, hatte sie das Gefühl, dass sich ihr Stirnband kalt anfühlte. Das eingravierte Symbol Soras verlieh ihm dabei etwas ehrenvolles, signalisierendes, aber auch Verpflichtungen, die man nicht leichtfertig eingehen sollte. Hime schluckte schwer, während sie ihre Hand langsam an ihre Stirn führte, ein einmaliger Augenblick – Himeko-chan wollte sichergehen, ihn bewusst zu erleben und bewegte sich deshalb ein wenig langsamer, als es eigentlich nötig gewesen wäre. Bisher hatte sie es noch nicht tragen wollen, weil einfach der „Moment“ dafür nicht da war, aber jetzt war es so weit. Mit den ungeschickten Bewegungen von jemandem, der es das erste Mal macht, band sie dieses Ding unter ihrem Pferdeschwanz mit einem lockeren aber haltbaren Knoten an sich fest. Der Blick in den Spiegel zwang die Brünette zu einem scheuen Grinsen. Tatsächlich stieg ein gewisser Stolz in ihr auf, es tatsächlich geschafft zu haben; aber irgendwo in ihrem Hinterkopf meldete sich ein kleines, inneres Himekolein, das die Frage in den Raum warf, ob sie ihrer Zukunft überhaupt gewachsen wäre.
Die Frage beschäftigte Himeko noch immer, als sie sich längst auf dem Weg zu dem Ort befand, an dem sich ihre Gruppe für diese Aufgabe einfinden sollte: Im besseren Viertel Getsurins sollten sie den Tag verbringen, der Treffpunkt befand sich lediglich zwei Straßenecken weiter, damit sich keine rohe Horde Ninjas mitten in der Vorstadt Getsurins sammelte und dort wegen ihrer bloßen Anwesenheit für Verunsicherung unter den Anwohnern sorgten – zumindest puzzelte sich die jüngere Isuzu-Tochter einen ähnlichen Grund heraus, denn irgendwie kam sie noch immer nicht über diese Klischeevorstellung eines Ninjas hinweg: Entweder von oben bis unten in schwarzes Toilettenpapier eingewickelt; quasi eine Mumie, die in den Farbeimer gefallen ist, oder aber irgendein potthässliches Ungetüm, das genauso aus der Kanalisation hätte stammen können, oder zu guter Letzt ein Hauch von nichts – also WEIT weniger als Himeko – tragende Mädels mit ziemlich ausgeprägten, großen, riesigen, ach was, GEWALTIGEN … Augen. Letztendlich kam das Mädchen zu dem Schluss, dass es jetzt noch völlig sinnlos ist, sich Gedanken um die Sicherheit ihrer Zukunft zu machen, bevor sie überhaupt eine einzige mehr oder minder erfolgreiche Aufgabe aufzuweisen hat. Die Straßenecke war schneller erreicht, als sie geplant hatte – in ihrer „Das ist alles neu für mich“-Nervosität hatte sie extra viel Zeit eingeplant und musste sich jetzt damit abfinden, ganze zwanzig Minuten zu früh dran zu sein. Ohne wirklich etwas dagegen tun zu können, füllte sich ihre gut gebräunte, kleine Rübe schnell mit Tausenden Fragen, von der Natur ihrer Aufgabe, bis hin zu dem unangenehmen Fall, was sie denn zu tun gedächte, wenn die Anderen, die hier bald aufschlagen sollten, sie abgrundtief hassen sollten. Und nebenbei hoffte sie selbstverständlich auch, dass sie nett waren und sie nicht so hänselten, wie einige spezielle Fälle unter ihren Mitakademisten, von denen übrigens ein guter Teil die Prüfung nicht geschafft hatte. Hoffentlich musste sie nicht mehr lange warten, denn die Erwartungen und Ängste Hime-chans wurde mit jeder verstreichenden Minute nicht gerade weniger, sodass sie bald zusammengesunken mit nervös nestelnden Händchen an dieser Straßenecke stand und auf einen Horror wartete, der hoffentlich nie kommen würde.
Derart gut vorbereitet konnte doch eigentlich nichts passieren, oder? Man konnte zwar nie wissen, aber die wahrscheinlichsten Fälle dürften abgedeckt sein. So saß die Familie bald am Frühstückstisch, wie jeden Morgen, nur dass dieses Mal Himekos erster Auftrag das Thema des Tages war und sogar Daddylein gelegentlich anerkennend hinter seiner Zeitung brummte. Ihre Aufgabe war gewiss nicht so nervenaufreibend, wie die, mit der Miyu auf ihr Ninjaleben vorbereitet worden ist, aber man konnte ja nicht alles haben – und Himeko war sowieso der Ansicht, dass ihr Auftrag schöner war, als die Tiere im Zoo zu waschen … Elefanten und Giraffen und so. Nach dem Frühstück beeilte sich Hime-chan, mit dem Abräumen, um noch ein bisschen Luft für letzte Vorbereitungen zu haben, also ihre Kleider zu richten und ein heiliges ritual durchzuführen, das vor ihre schon Abertausende, frisch gebackene Ninjas absolviert haben. Heute hatte sie etwas ausgewählt, was in ihrer Kleidersammlung noch als halbwegs Gesellschaftsfähig betrachtet werden könnte: Angefangen mit einem recht eng anliegenden, tief ausgeschnittenen, weißen Oberteil, das an der unteren Naht so weit gekürzt war, dass es mit dem roten Faltenrock ziemlich genau eine Handbreit bauchfrei lies. Das faltenfreie Oberteil selbst war verhältnismäßig schmucklos, wenn man von dem dünnen, scharlachroten Kragen einmal absah, der perfekt zu dem gleichfarbigen, auf halber Oberschenkelhöhe endenden Rock passte. Als Beinkleid diente ihr lediglich das paar Halbschuhe mit offenem Zehenbereich, das Miyu ihr gestern Nachmittag in der Einkaufsmeile aufgeschwatzt hatte und die sich irgendwie seltsam beim Gehen anfühlten, wie das bei pfuschneuen Tretern eben war. Zu dieser Symphonie der Modewelt erschien es dem unsicheren Mädchen nur allzu passend, sich folgerichtig auch für weiße Schleifen zu entscheiden, um ihr Haar damit zusammenzubinden. Nachdem sie ihre nur ein bisschen vorhandenen Kleider mithilfe einer Spiegelkommode im Hausflur auf ordentlichen sitz überprüft hatte – sie wollte auf ihrer ersten „Mission“ einen guten Eindruck machen – nahm sie den Gegenstand zur Hand, um den sie mit voller Absicht einen großen Bogen gemacht hatte. Obwohl Himeko nur die Stoffseite berührte, hatte sie das Gefühl, dass sich ihr Stirnband kalt anfühlte. Das eingravierte Symbol Soras verlieh ihm dabei etwas ehrenvolles, signalisierendes, aber auch Verpflichtungen, die man nicht leichtfertig eingehen sollte. Hime schluckte schwer, während sie ihre Hand langsam an ihre Stirn führte, ein einmaliger Augenblick – Himeko-chan wollte sichergehen, ihn bewusst zu erleben und bewegte sich deshalb ein wenig langsamer, als es eigentlich nötig gewesen wäre. Bisher hatte sie es noch nicht tragen wollen, weil einfach der „Moment“ dafür nicht da war, aber jetzt war es so weit. Mit den ungeschickten Bewegungen von jemandem, der es das erste Mal macht, band sie dieses Ding unter ihrem Pferdeschwanz mit einem lockeren aber haltbaren Knoten an sich fest. Der Blick in den Spiegel zwang die Brünette zu einem scheuen Grinsen. Tatsächlich stieg ein gewisser Stolz in ihr auf, es tatsächlich geschafft zu haben; aber irgendwo in ihrem Hinterkopf meldete sich ein kleines, inneres Himekolein, das die Frage in den Raum warf, ob sie ihrer Zukunft überhaupt gewachsen wäre.
Die Frage beschäftigte Himeko noch immer, als sie sich längst auf dem Weg zu dem Ort befand, an dem sich ihre Gruppe für diese Aufgabe einfinden sollte: Im besseren Viertel Getsurins sollten sie den Tag verbringen, der Treffpunkt befand sich lediglich zwei Straßenecken weiter, damit sich keine rohe Horde Ninjas mitten in der Vorstadt Getsurins sammelte und dort wegen ihrer bloßen Anwesenheit für Verunsicherung unter den Anwohnern sorgten – zumindest puzzelte sich die jüngere Isuzu-Tochter einen ähnlichen Grund heraus, denn irgendwie kam sie noch immer nicht über diese Klischeevorstellung eines Ninjas hinweg: Entweder von oben bis unten in schwarzes Toilettenpapier eingewickelt; quasi eine Mumie, die in den Farbeimer gefallen ist, oder aber irgendein potthässliches Ungetüm, das genauso aus der Kanalisation hätte stammen können, oder zu guter Letzt ein Hauch von nichts – also WEIT weniger als Himeko – tragende Mädels mit ziemlich ausgeprägten, großen, riesigen, ach was, GEWALTIGEN … Augen. Letztendlich kam das Mädchen zu dem Schluss, dass es jetzt noch völlig sinnlos ist, sich Gedanken um die Sicherheit ihrer Zukunft zu machen, bevor sie überhaupt eine einzige mehr oder minder erfolgreiche Aufgabe aufzuweisen hat. Die Straßenecke war schneller erreicht, als sie geplant hatte – in ihrer „Das ist alles neu für mich“-Nervosität hatte sie extra viel Zeit eingeplant und musste sich jetzt damit abfinden, ganze zwanzig Minuten zu früh dran zu sein. Ohne wirklich etwas dagegen tun zu können, füllte sich ihre gut gebräunte, kleine Rübe schnell mit Tausenden Fragen, von der Natur ihrer Aufgabe, bis hin zu dem unangenehmen Fall, was sie denn zu tun gedächte, wenn die Anderen, die hier bald aufschlagen sollten, sie abgrundtief hassen sollten. Und nebenbei hoffte sie selbstverständlich auch, dass sie nett waren und sie nicht so hänselten, wie einige spezielle Fälle unter ihren Mitakademisten, von denen übrigens ein guter Teil die Prüfung nicht geschafft hatte. Hoffentlich musste sie nicht mehr lange warten, denn die Erwartungen und Ängste Hime-chans wurde mit jeder verstreichenden Minute nicht gerade weniger, sodass sie bald zusammengesunken mit nervös nestelnden Händchen an dieser Straßenecke stand und auf einen Horror wartete, der hoffentlich nie kommen würde.