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Yakusoku

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Mameha Junko

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Kinder sind ganz eigenartig, was ihre Eltern angeht. Irgendwie haben sie immer das Bedürfnis, ihnen zu gefallen und es ihnen recht zu machen, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen. Das kann zu Trotz führen, zu Demut und sogar bis hin zur Selbstaufgabe.
Es war nur so: Junko war kein Kind mehr. Sie hatte den Abnabelungsprozess bereits hinter sich und befand sich somit in einem Stadium, in dem sie sich mit ihren Eltern eigentlich etabliert haben sollte. Mit der Mutter hatte sie sich selbst auf (einseitigen) Hass geeinigt und tat der Frau damit Unrecht, weil sie prinzipiell alles Leid und alles Unglück auf die Schultern der Mutter lud, wie Ahab es mit Moby Dick getan hatte. Der Vater jedoch war in einer Erinnerung verblieben, in der sie ihn bewundert und ihm nachgeeifert hatte, und selbst wenn dieses rationale Mädchen angestrengt und vollkommen nüchtern darüber nachdachte, so winkte das leise Bauchgefühl immer ab, wenn es an die Zweifel ging. Also war es durchaus herzerwärmend, zumindest für sie, ein Lächeln des Vaters zu ernten, auch wenn dies nur schwerlich äußerlich zu erkennen war. Nur die Andeutung von Zufriedenheit war zu erahnen, aber ob dies an Kaito vorbeiging oder nicht, blieb abzuwarten. Immerhin wusste er nicht, zu was seine Tochter herangewachsen war. Ob er erfreut wäre, wenn er wüsste, dass sie viel zu viele Geheimnisse mit sich herumtrug, sich kalt und abweisend verhielt, ihre Freunde entfremdete, ihre Feinde einschüchterte, mit der Schuld des Überlebenden herumschlug, Verräter um ihr Leben erleichterte und darüber hinaus auch noch mit der gegnerischen Fraktion fraternisierte, indem sie sich prompt in einen Kiri-Shinobi verliebte? Wenn man den letzten Punkt außenvor ließ, klang ihr Lebenslauf mehr nach dem eines Anbu-Veteranen, der jetzt eigentlich Kaito an die Kehle gehen müsste, anstatt sich in ruhiger, vorsichtiger Konversation zu üben.
Die Ernüchterung kam allerdings bei der Erkenntnis, dass er offenbar gerade seine eigenen Kameraden gegen ihre in den Ring geschickt hatte. Warum? War es so wichtig, die Opposition hier auszuschalten? Glaubte er, dass seine Kameraden an diesem Ort starben? Wieso war es ihm so wichtig, ihr zu versichern, er sei nicht an zivilen Schäden interessiert … und wieso wollte er sie gehen lassen, um das Blatt im aktuellen Kampf zu wenden? Lag ihm so wenig an seinen Kollegen? Lag ihr so wenig an ihren Kollegen, weil sie gerade nicht daran dachte, sofort alles stehen und liegen zu lassen und ihnen zur Hilfe zu eilen? Überhaupt schien es mehr, als erwarte ihr Vater eine Niederlage für seine Komparsen. Opferte er sie gerade?
Auch wenn es sich merkwürdig anhören mochte, aber gerade diese Aussicht schockierte Junko. Sie selbst zog in ihrer konoha-beeinflussten Mentalität nicht in Betracht, irgend jemanden außer sich selbst zu opfern, wenn es notwendig sein sollte. Diese Mentalität hatte sich schon auf ihrer allerersten Mission, beim Test ihres Senseis bewiesen, und dieser hatte es ihr auch vorgehalten. Sie opfere Tiere, aber nicht ihre Kameraden, traue ihnen zu wenig zu und schätze sie nicht richtig ein. Letztendlich, hatte er geschimpft, hatte sie alles alleine machen wollen, um niemanden in Gefahr zu bringen. Merkwürdigerweise erhoffte sich Junko die gleiche Herangehensweise von ihren Gegnern – taten diese das nicht, waren sie in ihren Augen Abschaum, des Lebens nicht würdig. Das war auch einer der Gründe, warum sie Hiroshi überhaupt hatte töten können – er hatte nicht nur sein Dorf verraten. Was war schon ein Dorf, eine Fraktion, eine Pflicht oder etwas Vergleichbares? Es war nur eine abstrakte Sache, der man sich verschrieb, nur eine Überzeugung, die man rational begründen konnte. Aber Hiroshi hatte einen fatalen Fehler gemacht, indem er eben nicht seine Fraktion, sondern seine Kameraden verraten hatte. Nicht einmal hatte er auch nur den Hauch von Reue gezeigt, als es darum ging, gegen seine eigenen (ehemaligen) Kollegen vorzugehen, sogar deren Tod billigend in Kauf genommen. Der Verrat an Shiro hatte Hiroshi nicht getötet. Sein Verrat gegen seine Kameraden, die Gefahr, die er für sie weiterhin dargestellt hätte, war es gewesen, was sein Schicksal besiegelt hatte. Wenn Junko es so im Nachhinein betrachtete, wurde das Bild von Hiroshi immer düsterer und düsterer, und obwohl sie nicht schlecht von den Toten sprechen wollte, wurde ihr just in diesem Moment bewusst, dass sie genau das Richtige getan hatte. Und sie würde es immer wieder tun, wo andere es nicht konnten. Sie hatte sich dem Schutz ihrer Freunde und Gefährten verschrieben, und Hiroshi hatte sie bedroht, mit allem, was er hatte, mit aller Stärke und seinem gefährlichen Kekkai.
Darum war Junko außerordentlich ernüchtert, als sie begriff, dass Mameha Kaito diese Bedenken anscheinend schon längst über Bord geworfen hatte, wenn er sich sogar nicht schon von Anfang an nur aus pragmatischen Gründen mit seinen Kollegen zusammengetan hatte. Aber irgendwie hatte sie so das Gefühl, dass sie nicht mehr wissen wollte und auch sollte.
„Es kümmert dich also nicht, was mit ihnen geschieht?“ Wen meinte sie jetzt? Die beiden Konoha-Nin, die gerade gegen seine Kollegen kämpften, oder letztere? Es war für die Einschätzung dieses Mannes, den sie da vor sich sah, durchaus wichtig, genauso wie die nachfolgende Frage.
„Ich kann jetzt noch nicht gehen. Ich will, aber es geht noch nicht.“, merkte sie fernerhin mit besorgter Miene an. „Ich muss erst wissen, wie es jetzt weitergeht.“ Sie brauchte nicht noch so eine Baustelle wie Yuto, von der sie immer noch nicht wusste, was sie davon halten sollte. Sie konnte immer nur hoffen, ihm zufällig zu begegnen und die Gelegenheit zu haben, ein paar vertrauliche Worte mit ihm zu wechseln, aber ihre letzten Begegnungen waren anders verlaufen. Um ihn vor seiner eigenen Unvorsicht zu schützen hatte sie eine Begegnung blutig beendet, bei einer anderen kam sie gar nicht dazu, mit ihm zu sprechen. Sie wusste nicht, wo sie stand, was er darüber dachte, wie es ihm ging, ob er Haferbrei zum Frühstück aß und ob er noch andere Freunde als Daisuke hatte. Warum waren die Menschen, die ihr am teuersten waren, nur so unglaublich fern? Allein diese Erkenntnis sorgte schon dafür, dass die unterschwellige Melancholie, mit der sie die ganze Zeit zu kämpfen hatte, jetzt noch mehr durchsickerte als zuvor.
 

Misumi Kimihiro

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Hätte Kimihiro nur Zeit gehabt, über dieses seltsame Gefühl nachzudenken, das ihn in jenen Augenblicken durchströmte, hätte er sich wohl direkt selbst verflucht, denn der geringste Gedanke hätte es bereits vertrieben. Hier und heute jedoch, gefangen in einem Kampf auf Leben und Tod, blieb der Künstler ein kleiner Teil eines großen Ganzen, das er in beinahe schauriger Klarheit überschauen konnte.
Der Kampflatz. Zwei Kämpfer, einer mit zu Siegeln verschränkten Finger, einer mit einem gefährlichen Schwert. Die echte Yuuka, die Schwert, Feuer und Blitz führte, die falsche Yuuka, die auf ihren Einsatz wartete, und einige Nebeldiener, die beide zu verschleiern halfen. Er selbst, der scheinbar schutzlos im Schatten eines Baumes kauerte, Pinsel und Block in der Hand, und zeichnete, zeichnete und zeichnete, ohne augenscheinlich darauf zu achten, dass er für die Feinde wohl wie eine große Zielscheibe auf einem Silbertablett wirken musste.
Und natürlich der Vogel, der, kaum hatte Yuuka ihren Befehl zu Ende gesprochen, in halsbrecherischer Geschwindigkeit aus dem Unterholz brach und hinter den Mann mit den Fingerzeichen raste. Damit war seine Aufgabe vorerst erledigt, und es war an der Zeit, sich um sich selbst zu kümmern. Den Mann mit dem Schwert im Blick hob Kimihiro die Hand, in der er seinen Pinsel hielt, und formte ein Fingerzeichen. Ziel war der elegante Löwe, der sich seit ein paar Augenblicken auf der Zeichenfläche befand. Er musste nur das Choju Giga anwenden, und er würde fliehen können – das war keine Vermutung, sondern eine Tatsache. Durch zahlreiche Augen hatte er schließlich zuvor den Vorstoß des Schwertkämpfers kurz gemustert, was eine Einschätzung dessen Geschwindigkeit zu einem Kinderspiel machte.
*Ein Fingerzeichen. Chakra. Die Tinte erhebt sich, gleitet unter mich, formt sich aus. Der Löwe trägt mich fort.*
„Chōjū…!“
Die Energie durchströmte ihn kurz, wollte in die Zeichnung übergehen, doch von einem Moment auf den anderen verebbte sie plötzlich. Ein brennender Stich in seiner Brust gebot der Kraft einhalt und ließ Kimihiro gemeinsam mit seiner Kunst erstarren. All die Ruhe und Einsicht der letzten paar Augenblicke war schlagartig verpufft, der Traum zerplatzt wie eine Seifenblase, und übrig blieb nur Schrecken und Schmerz. Kimihiro wollte nicht, fürchtete sich wie ein Kleinkind davor, zu seiner Brust zu sehen um herauszufinden, was plötzlich los war, doch seine Augen glitten automatisch nach unten… und erblickten eine bläulich schimmernde Klinge, die genau dort aus seinem Oberkörper emporwuchs, wo der Künstler sein Herz vermutete. Es war das Schwert des Kämpfers, der frontal auf ihn zugestürmt gekommen war.
Eine Welle eiskalter Erkenntnis erfasste Kimihiro und ließ ihn den Schmerz der Wunde fast vergessen.
*So klar… hinterhältig… und ich… nicht einmal eine Ahnung hatte ich…*
Jedes kleine Wort, das müßig durch den Kopf des Künstlers zog, ließ dessen stetig schwächer werdenden Körper etwas mehr in sich zusammensinken. Der Pinsel glitt ihm aus der Hand, sein Kopf schlug matt gegen die Brust. Wie aus einer zerbrochenen Sanduhr sickerte das Leben langsam aus ihm heraus und glitt in das endlose Nichts, das ihn im Jenseits wohl erwartete. Seine Muskeln gaben nach, er drohte, zur Seite zu kippen, doch nein, ein letzter Blick in die Welt, die er verlassen würde, musste gestattet sein. `So sammelte Kimihiro seine letzte Kraft, um sein Haupt ein wenig zu heben und das letzte Bild zu bestaunen, dass er je sah: Yuuka, die einen ihrer Gegner aufspießte, während der Doppelgänger des Schwertschwingers (oder das Original?) weiter auf ihn zu sprintete.
*Nicht der einzige, der stirbt, hmpf… Gomen, Yamanaka-san…*
Mit diesem letzten Gedanken ließ Kimihiro seinen Kopf fallen und entspannte sich, was mit den Schmerzen im Brustkorb allerdings kaum möglich war. Sich jetzt noch irgendwie auf den Beinen halten zu wollen nutzte allerdings niemandem mehr etwas, wieso sich also anstrengen? Diese Leere, die auf einen wartete, war doch viel attraktiver. Endlich würde der faule Künstler niemals einen Finger krumm machen müssen…

Beinahe hätte Kimihiro laut Gott und die Welt verflucht, als sich mit einem letzten Auflodern seiner Verletzung der Schmerz und das zauberhafte Gefühl des ewigen Schlafs auf ein Mal verflüchtigten. Wie aus einem Traum erwacht riss der Künstler instinktiv den Kopf nach oben, nur um erneut sein letztes Bild vor Augen zu haben, wenn auch leicht verändert: Yuuka rannte auf ihn zu, anstatt über der Leiche eines der Feinde zu stehen, und der Schwertschwinger sah zu ihr, die Hände zu Fingerzeichen geformt. Untätig, verwirrt und komplett neben sich starrte Kimihiro dann die Wand an, die vor Yuuka emporschoss, nur um anschließend kurz zu wackeln. Dann näherte sich ihm wieder der Schwertkämpfer, sah zu ihm herab, das Schwert offenbar zum Angriff erhoben. Doch warum? Wollte er ihm den Rest geben, den Kopf abschlagen? Er hatte doch schon ein Schwert in der Brust!
*Oder?!*
Ein Blick nach unten verriet ihm das Gegenteil. Kein Schwert, keine Wunde, nicht einmal ein Loch in der Kleidung. Gar nichts. Die Erkenntnis traf den Künstler härter als jeder kräftige Schlag ins Gesicht.
*Genjutsu!*
An das, was dann passierte, erinnert sich der Künstler heute nur noch schemenhaft. Der hühnenhafte Krieger baute sich vor ihm auf, hielt jedoch kurz vor dem Angriff inne und schwankte. Schwarze Schwingen rauschten um seinen Kopf, scharfe Schnäbel hackten auf ihn ein. Dann war da seine , Kimihiros eigene rechte Hand, die ein Fingerzeichen formte, und seine Stimme, die dazu zwei einfache Worte flüsterte.
Dann war sah nur noch Blut, das aus einer Bisswunde an der Kehle des Kämpfers schoss, und die tiefschwarze Dunkelheit einer unruhigen Ohnmacht, die den Künstler genauso anfiel wie dessen gezeichneter Löwe den verstorbenen Schwertschwinger.
 
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Yamanaka Yuuka

Guest
[FONT=Verdana, sans-serif]Na jetzt ging es aber los, hatte der gutmütige Kimihiro gerade jemanden getötet? Urplötzlich stellte sich Yuuka die Frage, ob der Junge bereits diese Erfahrung gemacht hatte oder ob dies sein erstes Mal war. Abgesehen davon war ja auch noch nicht klar, ob er wirklich starb, wenngleich diese hässliche Wunde an seinem Hals ziemlich endgültig schien.[/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Einen Wimpernschlag später stand Yuuka bereits neben dem umgekippten Kimihiro, aus seinem Geist hatte sie sich inzwischen wieder zurückgezogen, nämlich als sie selbst die Ablenkung durch eine Illusion nicht hatte gebrauchen können. Genjutsu konnten eine sehr hässliche Wirkung entfalten, bleibende Schäden anrichten und so große Panik oder Angst auslösen, dass sich der Verstand des Opfers gerne in die allumfassende Dunkelheit zurückzog. Yuuka hatte nicht vor, Kimihiro sofort wieder wach zu rütteln, denn sie musste jetzt so schnell wie möglich so viele Informationen wie nötig bekommen. Nur von wem? Sie blickte sich um, hinter ihr war der Rasen bereits dunkler gefärbt und der Körper ihres ersten Opfers zuckte nicht einmal mehr; er war tot. Dabei hatte Yuuka darauf geachtet, keine vitalen Organe zu treffen. Vielleicht hatte sie geschielt oder einfach nur Pech, bei so etwas konnte man sich leider nie sicher sein.[/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Also fixierte sie sich auf den eben von einem beeindruckenden Löwen niedergestreckten Shinobi, der wohl noch so halb bei Bewusstsein war. Keine Zeit zu verlieren, hm? Den Geist einer verletzten Person zu lesen war nicht einfach und in den meisten Fällen unmöglich, sollten sie sich vor Schmerzen winden und keinen klaren Gedanken fassen können. Die Bewusstlosigkeit half in der Hinsicht, da sie die Oberfläche des Sees beruhigte und man in Ruhe seine Papierschiffchen schwimmen lassen konnte. Dennoch war ein bewusstloser Geist stumpf und trüb, man musste regelrecht nach Informationen fischen und wenn man nicht wusste wo man suchen muss, dann blieb man meist erfolglos. [/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Dennoch blieb Yuuka nichts anderes übrig, als ihr Glück zu versuchen – also tat sie es und legte eine Hand auf den Kopf des bewusstlosen Mannes.[/FONT]

[FONT=Verdana, sans-serif]Kimihiro-san.“, ertönte die Stimme der Jounin in der morgendlichen Frische. Die ersten Sonnenstrahlen hatten bereits begonnen den See des Parks zum Glitzern zu bringen, doch der Genin schlummerte noch unbehelligt. Die letzten Minuten hatte die Yamanaka mit dem Durchforsten eines Geistes zugebracht, der mehr und mehr schwand. Inzwischen war dieser Mann genauso tot wie sein ehemaliger Partner und damit waren sämtliche Informationsquellen versiegt. Was Yuuka herausgefunden hatte war ebenfalls nicht sonderlich beeindruckend, nämlich nichts. Wobei man genau genommen sagen musste, dass nichts auch nicht stimmte. Sie hatte in Erfahrung gebracht, dass dieser Kerl nicht wusste wo Junko war und wohl einige Verwirrung bezüglich dieses Treffen geherrscht hatte. Alles andere war hinter dem Schleier der Bewusstlosigkeit und letztlich auch dem des Todes verborgen geblieben, nicht einmal einen Namen hatte sie erfahren. Es war genug um Kimihiro keinen schweren Vorwurf zu machen, weil er diesen Mann getötet hatte. Doch auch unter anderen Umständen wäre dies eine schwierige Sache gewesen – Kimihiro hatte sein Leben verteidigt, erfolgreich. Hätte er sich selbst in Gefahr gebracht, wenn er versucht hätte, seinen Gegner nur unschädlich zu machen? Das war in der Regel weit schwerer als ihn zu töten.[/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Kimihiro-san. Aufwachen.“ Yuuka schnippte dem Genin einmal gegen die Wange und dann schien auch endlich Leben in seine Augen zu treten, die sich langsam wieder öffneten. Er war wohl nur leicht weggetreten gewesen, zur Erholung, zur Flucht. Die Leichen der beiden Männer lagen nebeneinander einige Meter entfernt; Yuuka hatte ein wenig aufgeräumt, damit die Stadtwache es später leichter hatte die Körper zu entfernen und sich selbst das meiste Blut aus dem Gesicht gewaschen. Sie hatte mit dem Gedanken gespielt die beiden Männer zurück nach Shiro zu nehmen um sie dort untersuchen zu lassen, doch sah sie momentan keinen Grund dafür. Keiner der beiden Ninja war sonderlich begabt gewesen, wertvolle Informationen waren hier nicht zu finden, das sagte zumindest Yuukas Erfahrung.[/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Sie setzte sich neben Kimihiro aufs Gras und hielt ihm einen Schokoriegel unter die Nase, den sie zuvor aus dem Hotel mitgenommen hatte. Zucker half bei solchen Fällen, alte Hausfrauenweisheit. Wer es nicht glaubt, der muss nur einige Stücke seiner Lieblingsschokolade essen, wenn ihm das nächste Mal schwindlig ist. [/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Das weitere Vorgehen bezüglich Junko sah ziemlich finster aus. Sie hatten eigentlich keinen Anhaltspunkt und es blieb ihnen – erneut – nur die „Brutal Force“-Methode indem sie die Stadt durchkämmten. Das würde nie funktionieren, das wusste Yuuka insgeheim bereits. Sie hatte sogar ihren Mentor und Lehrer um Hilfe und Ratschlag gebeten, doch ohne Erfolg. Was ihnen nun noch half, das war Glück. [/FONT]
„[FONT=Verdana, sans-serif]Alles in Ordnung?“[/FONT]

[FONT=Verdana, sans-serif]Dass Junko nicht sofort ihren Kameraden zu Hilfe eilte sagte doch einiges über ihre Persönlichkeit aus. Andererseits konnte man ihr Verhalten in dieser Situation kaum verallgemeinern, so sehr musste sich ihr Kopf an diesem Tage wohl drehen und bei einer Sache stimmten vermutlich alle überein: Die Familie war das Wichtigste im Leben eines Menschen. Doch bei dieser Weisheit sprach man wohl kaum von verräterischen und mörderischen Vätern, hm?[/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Kaito schien etwas ruhiger als zu Beginn des Gesprächs. Ob es daran lag, dass er sich an dieses Gespräch gewöhnt hatte oder er mit Junko auf eine entspannte, wohltuende Ebene gerutscht war, war nicht zu erkennen. Dennoch konnte man leichte Schwingungen der Zufriedenheit empfangen; eine Harmonie im Geiste, nicht?[/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Doch, das tut es. Was mit ihnen geschieht liegt jedoch nicht mehr in meiner Hand.“ Wie dieser Satz gemeint war, war wohl ebenfalls Interpretationssache. Um wen ging es eigentlich? Für einen Außenstehenden womöglich unerkenntlich, aber solange Junko und ihr Vater auf einer Ebene kommunizierten war alles Andere unwichtig. Für Kaito schien dieses Thema beendet zu sein, denn er machte keinerlei Anstalten mehr dazu zu sagen und deshalb kam ihm die in sich gesehen sehr unangenehme Frage seiner Tochter dann doch irgendwie zugute. Ja, wie würde es nun weitergehen? Kaito konnte wohl kaum glücklich nach Konoha zurückkehren und zufrieden bis ans Ende seiner Tage leben. Abgesehen davon, dass er das nicht wollte war es ein Ding der Unmöglichkeit. Auch wusste er, dass regelmäßige Treffen mit seiner Tochter unwahrscheinlich und eine sehr große Gefahr für sie beide darstellte. Ohne groß etwas über Kaitos Gefühlswelt auszusagen, galt doch die allgemeingültige Regel: Wenn man jemanden liebt, weiß man, wann man ihn gehen lassen muss. Eine Aussage, die auch Yuto und Junko weiterhelfen könnte, doch im Moment besiegelte ihr Kern eher die Zukunft dieser kleinen Familie. [/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Kaito erhob sich und trat zum Fenster. Junko sah nur noch seine lange, weiße Haarpracht, die ihm geschmeidig über den Rücken fiel. [/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Du musst mit mir abschließen.“, sagte er in eisiger Tonlage und starrte weiter hinaus auf die Stadt Yakusoku. Meinte er, was er sagte? Vermutlich, doch ob er voll und ganz hinter seinen Worten stand war fraglich, denn Junko musste bemerkt haben, dass dies keine Entführung war, nur um ihre Teamkollegen in eine Falle zu locken. [/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Diese Worte waren schwer und die des Abschieds in einer solchen Situation nur umso mehr. Doch wenn Junko ihn vergessen, mit ihm abschließen sollte, wieso ließ Kaito gerade ein kleines, vergilbtes Buch in blauem Umschlag auf den Boden gleiten? Womöglich wollte er selbst abschließen. Oder... „Leb wohl, Junko.“, sagte Kaito und ohne seine Tochter ein weiteres Mal anzusehen formte er ein Fingerzeichen, woraufhin er sich in Luft auflöste. Lediglich einige Eiskristalle funkelten bezaubernd in den gerade eintreffenden Sonnenstrahlen. [/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Das kleine, blaue Taschenbuch, das nun auf dem Boden des Zimmers lag war vergilbt, dreckig und rissig. Es war alt und durchgelesen, ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Es enthielt viele, viele Geschichten über Fabelwesen, Naturgeister und die schönsten Prinzessinnen. Es war eine Geschichtssammlung, aus der Kaito seiner Tochter früher stets vorgelesen hatte. Ob sich Junko noch an die mystischen Worte, die wunderschönen Landschaften und all die verschiedenen, bunten Tiere erinnerte? Einmal hatten Vater und Tochter sogar einen Ausflug zu einer idyllischen kleinen Ruine gemacht, die verwittert aber dennoch schön im Wald des Feuerreichs lag. An diesem Tag hatte Kaito dieses Buch fast komplett vorgelesen und für den alten, verbitterten Vater war das womöglich die schönste Erinnerung an seine Tochter, die er nun auf dem dreckigen Boden eines verschmutzten Hauses gelassen hatte.[/FONT]

 
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Mameha Junko

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Das sollte es also gewesen sein? Erst deutete der Hinweis Kaitos auf einen Plan hin, den man gemeinhin auch als Roulette bezeichnete – man leitete eine Situation in die Wege und hoffte einfach, dass ein bestimmtes Ergebnis eintraf, legte aber die Fäden hierfür vollkommen aus der Hand. Etwas Ähnliches hatte Junko auch einmal durchgeführt, als sie auf einer Mission wissentlich Itoe in die Reichweite des Blutjungen gebracht hatte, wohlwissend, dass die faszinierte Hyuuga sich mit Kibo auseinandersetzen und das persönliche Gespräch suchen würde. Sie hatte gehofft, dass Itoe im Zuge dieser Begegnung erkennen würde, um was für eine Person es sich bei Kibo handelte und dass er gefährlich war – sie hatte sogar darauf vertraut. Aber genau hatte sie es nicht gewusst, womit es eindeutig die Möglichkeit gegeben hatte, dass aus dieser Auseinandersetzung Kibo als der Sieger hervortrat. So gesehen war dieser Teil des Plans ein Wagnis gewesen, ein schicksalhaftes Roulette. So schien es auch Kaito zu gehen, auch wenn anzuzweifeln war, dass ihm der Ausgang des Gefechts zwischen den Konoha-Nin und seinen Kollegen viel bedeutete. Gewannen die Konoha-Nin, war er Kollegen los, auf die er offenbar nicht viel Wert legte, gewannen seine Kollegen, musste er sich nicht mit diesen lästigen Shinobi auseinandersetzen. Wie auch immer es ausging, er gewann und verlor gleichzeitig. Das zumindest wollte Junko gerne glauben, obwohl sie die Hintergründe nicht kannte. Fast bereute sie es schon, diese Frage so schnell durchgewunken zu haben, aber andererseits hatte sie weitaus Besseres zu tun, als sich die Rationalisierung einer schlechten Tat anzuhören … sofern es denn eine schlechte Tat war. Alles hatte seinen Grund, aber war Mord die Lösung? Für den Mann dort anscheinend, aber vielleicht war es auch Pragmatismus, der ihn trieb. Wahrscheinlich würde sie es nie verstehen, was unter anderem daran lag, dass sie die Erklärung nicht unbedingt hatte hören wollen. Das war vielleicht, wenn man es genau betrachtete, auch besser so. Sollten sie in Zukunft aneinander geraten, würde dabei nur das Urteilsvermögen getrübt, so wie in diesem Falle.
Aber genau dieses mögliche Szenario hatte der Vater anscheinend schon gedanklich durchgespielt und für nicht wünschenswert befunden, indem er sich sehr endgültig verabschiedete.
Natürlich war es unglaublich wohlüberlegt und weise, mit Menschen abzuschließen, denen man einfach nicht nahe sein konnte. Wenn man die Angelegenheit von einem neutralen Standpunkt aus betrachtete, war dies die einzig sinnvolle Maßnahme. Man konnte sich einfach nicht regelmäßig zum Kaffee treffen und über Gott und die Welt tratschen. Das Szenario im Allgemeinen war schon auf morbide Art und Weise amüsierend. „Hallo Papa, schön dich zu sehen. Ich hoffe, deine Reise war nicht zu entbehrungsreich. Noch ein Stück Kuchen?“ „Aber ja doch, nur zwei Oi-Nin und einen entfernten Cousin deinerseits diese Woche ausgeweidet und sie den Hunden zum Fraß vorgeworfen – wenigstens bin ich die schnell losgeworden, aber meine Güte, sind die hartnäckig. Ein Stück Zucker und bitte nicht die Buttercremetorte, ich muss doch so langsam auf mein Cholesterin achten …“
Das funktionierte einfach nicht, und Kaito begriff dies sehr wohl und zog umgehend die Konsequenz daraus, was ihm durchaus hoch anzurechnen war. Junko erkannte auf rationaler Ebene ebenfalls den Sinn seiner Aktion, ebenso wie die herzerwärmende Geste.
Es gab nur ein kleines Problem: Sie war noch nicht so weit.
Äußerlich spielte sie mit, ließ sich auf ein stilles Lebewohl ein und beobachtete mit scheinbar ungerührter Miene, wie ihr Vater aus ihrem Leben verschwand, aber tief im Inneren verstand sie es nicht und wusste auch nicht, wie sie damit umzugehen hatte. Das war das Kernproblem, was ihr überhaupt erst die Yuto-Problematik beschert hatte und was hier erneut für Konflikt sorgte. Sie konnte nicht einfach abschließen, dafür verschenkte sie Zuneigung viel zu selten, dafür band sie sich zu selten an jemanden. Wenn dieser seltene Fall schon einmal eintrat, wollte sie diese Person dann auch nicht loslassen – es war ihr dabei einerlei, ob sie die betreffende Person dann für lange Zeitperioden nicht sah, solange die Verbindung nur nicht vollkommen gekappt war, solange es auch zumindest eine geringe Hoffnung auf ein Wiedersehen gab, auf welches sie sich freuen konnte. So funktionierte dieses komische Gebilde, welches Yuto eine Beziehung und sie einen Zustand nannte mit ebenjenem Kiri-Nin.
Dieses Unverständnis verschlimmerte sich nur, als Junko wie betäubt das Buch aufsammelte und den Einband erkannte. Natürlich erinnerte sie sich, wie konnte sie das je vergessen? Ein Teil ihrer Leidenschaft für Bücher und Geschichten war auf diesen magischen Tag zurückzuführen, auch wenn sich der Ort und jetzt auch die Gesellschaft vollkommen ihrem Griff entzogen.
Den schmerzhaften Kloß im Hals musste sie mehrfach herunterschlucken, und sie musste sich erst einen Moment sammeln, bis ihr schlagartig ihre Gefährten wieder einfielen, was sie zusammenzucken ließ. Sie hatte keine Zeit für Trauer, keine Zeit für irgendwelches gefühlsduselige Faulenzen – ihre beiden Kollegen waren in Gefahr. Später, später konnte sie noch in Ruhe darüber nachdenken, wenn der Kampf gewonnen und die Yamanaka erfolgreich belogen worden war. Bis dahin würde das Büchlein in der Kleidung verschwinden und müsste vermutlich aus Junkos kalten toten Händen gerissen werden, um es ihr abzunehmen.
Und so kam die Chuunin nach einigen Orientierungsschwierigkeiten viel zu spät im Park an, als der Kampf bereits blutig und verlustreich für eine Seite geschlagen worden war. Die Ironie, die Ironie, nicht wahr? Unnötig zu sagen, dass man Junko schwerlich ansah, was soeben geschehen war - alle Schauspielkunst hatte sie gesammelt und eingesetzt, um jetzt den Schein aufrecht zu erhalten, es sei "nichts" passiert, was nur eine Fassade war, die dazu erdacht war, von er Yamanaka durchschaut zu werden. Die unterschwellige Traurigkeit und Verwirrung mochte aber nicht gänzlich unterdrückt werden. Angesichts der Szenerie wirkte sie überrascht und - man höre und staune - sogar ein wenig entsetzt, während sie bei dem Anblick Kimihiros tatsächlich eine Emotion nicht unterdrückte, sondern sie auch sehr deutlich und authentisch, da ungespielt, zeigte: Ehrliche Besorgnis. Aber Hinweise darauf, wo die Chuunin geblieben war oder ob da mal wieder ein Bunshin ins Gefecht geschickt wurde, gab es nicht.
 

Misumi Kimihiro

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Kein Traum, kein Alptraum, nichts als Schwärze. Kimihiro war dankbar dafür, nicht von irgendwelchen Bildern geplagt zu werden, während er sich seine längst überfällige Auszeit nahm. Was waren das auch für Zustände auf dieser Mission gewesen? Eine verkorkste Anreise, keinerlei Sightseeing, das Hotel war unter aller Kanone gewesen, vor allem das kratzige und harte Bett… und hatte er überhaupt etwas zu essen bekommen? Nein, nicht einmal das. Alles, was er bekommen hat, war die Wut auf die nutzlose Regierung des kleinen Städtchens Yakusokus, das durchaus Potential hatte, gekrönt von einem schlechten Gewissen, dass er seine Teamkolleginnen zwischen verlotterten Lagerhallen mitten in eine Falle geführt hatte. Erfolg sah definitiv anders aus. Ah, apropos: Wie sah es noch einmal gleich mit dem Missionsziel aus? Die zwei oder drei Mörder, die inzwischen Junko gefangen hatten? Dunkel erinnerte sich Kimihiro daran, dass Yuuka einen von ihnen getötet hatte, an mehr konnte er sich aber nicht entsinnen. Seltsam… dabei hätten genau an dieser Stelle doch die guten Erinnerungen anfangen müssen: Zwei tote Killer, drei erfolgreiche Shinobi, ein befreites Dorf, dankbare Menschen, ein Festmahl zu Ehren der Retter… und natürlich sein eigenes Bett, das ihm Verheißungen von Ruhe und Frieden ins Ohr flüsterte.
Letztlich kam es jedoch so, wie es kommen musste: Die dunkle, wohlige Ungewissheit, die anders als die kalte Realität genug Platz für Hoffnungen und das Zerreden jedes noch so großen Problems bot, bekam Risse, bröckelte. Wie durch das langsam verrottende Dach eines der Häuser im Armenviertel Yakusokus sickerte Licht durch die finstere Käseglocke, die sich nach dem tödlichen Genjutsu schützend über dem Künstler aufgespannt hatte, bis sie schließlich zerbrach und weiße Flammen in seinem Blick auflodern ließ. Kimihiro blinzelte, seine Augen begannen zu tränen, und das Feuer erstarb langsam, war nicht mehr weiß, sondern orange. Dann trat ein Schatten in sein Blickfeld, ein dunkles, längliches Etwas, und es roch nach… nach…
*Schokolade.*
Nicht gerade das Festmahl, dass das Team in der Fantasie des Künstler kredenzt bekommen hatte, doch immerhin etwas. Einen Augenblick nahm sich Kimihiro noch Zeit, seine Gedanken zu sammeln, bevor er mit schlaffer Hand nach dem Riegel griff. Die Erinnerungen an die vergangene Nacht kamen zurück, zumindest teilweise, doch strömten sie nicht gewaltsam auf ihn ein, sondern traten ganz sachte an die Oberfläche. Yuuka hatte einen der beiden Killer getötet, nachdem dieser ihn in eine Illusion eingesperrt hatte, ja. Was war noch gleich danach passiert? Der Schwertkämpfer kam auf ihn zugestürmt, die Waffe erhoben… eine Erdwand, Vögel, und dann…
*Dann wurde ich offenbar bewusstlos. Hm. Aber da ich noch lebe – vorausgesetzt, das Jenseits serviert seinen Neuzugängen zur Begrüßung nicht nur Schokolade – und der Morgen schon anbricht, scheint alles gutgegangen zu sein. Wenigstens etwas.*
Tatsächlich war sich Kimihiro in diesem Moment ziemlich sicher, dass es nichts gab, weshalb er es mit dem Aufstehen jetzt überstürzen sollte. Eigentlich verstand sich der Junge dabei selbst nicht ganz, hätte ihn seine Neugier doch sonst immer dazu getrieben, sofort aufzuhüpfen und zu sehen, was denn nun eigentlich passiert war. Womöglich zwang ihm ja gerade sein Körper unbewusst diese nihilistische Einstellung auf, damit er es eben nicht gleich wieder übertrieb und noch einmal in Ohnmacht fiel, oder aber…
*Ach, wie auch immer. Noch ein wenig liegenbleiben wird nicht schaden.*
Leider machte ihm diesen Plan eine allzu bekannte Stimme zunichte, welche dieses Mal aber glücklicherweise nicht direkt in seinem Kopf ertönte.
„Alles in Ordnung?“

Seine Teamleiterin. Yamanaka Yuuka. Die Frau, die letzte Nacht jemanden ohne mit der Wimper zu zucken aufgespießt hatte. Wollte man als Schattenkrieger unter solch einer Frau wirklich entspannt im Gras liegen und Schokolade mümmeln? Kimihiro beantwortete diese Frage damit, sich unter einem schweren Ächzer aufzusetzen und ein paar Sekunden einfach nur müßig ins Blaue zu starren. Ganz offenbar befand er sich noch im Park, der im Licht einer aufgehenden Sonne deutlich fröhlicher erschien als von nächtlichen Schattenfingern fast nackter Bäume beherrscht. Einer Eingebung folgend versuchte er, diese Szene aus dem Blickwinkel seiner Tintentiere zu betrachten, wobei er verwundert feststellen musste, dass er sich ganzen dreizehn Perspektiven gegenübersah. Kimihiro nahm sich die Zeit, durch jede einzelne zu sehen, doch bereits beim Betrachten des vierten Bildes stahl sich ein verwundertes Lächeln auf seine Lippen: Alle Vögel und sogar der Löwe, den er beschworen hatte, befanden sich noch im Park und hatten die Augen streng auf ihren ehemals ohnmächtigen Meister gerichtet, allzeit bereit, alles zu tun, um ihn zu beschützen. Das Lächeln erstarb jedoch, als die erste der dreizehn Verbindungen in sich zusammenbrach, und er nach einiger Zeit vollkommen allein war. Die Nacht war an den Tieren nun mal auch nicht spurlos vorübergegangen, doch trotzdem hatte keines sich seienr Kraftlosigkeit ergeben wollen, bevor nicht sicher war, dass es dem Künstler gutging. Jetzt, da Kimihiro wach war, gab es allerdings keinen Grund mehr, sich gegen die erzwungene Auflösung zu stemmen. Damit hatte sich die Opferzahl dieser Nacht von zwei auf fünfzehn erhöht.
Yuukas Frage hing noch immer in der Luft, weshalb Kimihiro schließlich, ohne den Blick von dem stetig heller werdenden Himmel zu nehmen, ein hohles „Ich glaube schon“ von sich gab. Tatsächlich fühlte er sich zwar gerädert, aber nicht ernsthaft verletzt. Der Kopf war noch dran, in der Brust klaffte kein blutiges Loch, was wollte man mehr. Kimihiro schaute neben sich, wo vergessen sein Pinsel und Zeichenblock lag, und steckte beides, den Schokoriegel kurz im Mundwinkel geparkt, rasch zurück in seine Beintasche und das Siegel an seinem Armband. Dann biss er einmal knackend in den Schokoriegel, nahm den Rest wieder in die Hand, drehte sich Yuuka zu und fragte, ohne weiter darüber nachzudenken: „Wo steckt Junko?“ Dass das Mädchen womöglich noch immer in den Händen der Entführer gefangen war kam ihm dabei partout nicht in den Sinn, schien ihm die Mission doch jetzt endgültig vorbei… oder? Die Entführer waren tot, also war Junko frei, richtig?
Bei einem Blick über die Schulter der Yamanaka bemerkte Kimihiro einen Schatten. Die Person, deren unsichtbares Gesicht von silbern flackerndem Haar umweht wurde, war noch recht weit entfernt, kam aber deutlich direkt auf sie zu. Kimihiro stand schnurstracks auf, stopfte sich den angefressenen Riegel in die von Flusen beherrschte Hosentasche, und hob beide Hände wedelnd in die Luft. Dann rief er so laut, dass ihn womöglich jeder im Park hören konnte, während er auf die Gestalt zuzugehen begann:
„Ohayo, Mameha-saaan!“
Ja… es war wirklich vorbei. Und dass am Ende nur ein Schokoriegel für ihn abgefallen war, erschien Kimihiro gar nicht mehr so schlimm.
 
Y

Yamanaka Yuuka

Guest
[FONT=Verdana, sans-serif]Das konnte man wohl die Frage der Stunde nennen: Wo ist Junko?[/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Wie bereits erwähnt hatte Yuuka selbst mir ihren etwas unorthodoxen Verhörmethoden keine Antwort darauf gefunden, was die Moral nicht gerade hob. Tatsächlich war es wie ein Schlag ins Gesicht, nicht zu wissen was man tun sollte, wenn man gleichzeitig vor Energie und Tatendrang nur so sprühte. „Ich weiß es nicht.“, war daher die ehrlicher und offene Antwort, die Kimihiro von der Yamanaka erhielt. Die Frau hatte nun diverse Reaktionen erwartet, die von einem gedrückten „Mhm.“ bis hin zu einem energiegeladenen „Wohin nun? Wir müssen etwas tun! Los!“ reichten. Ein Blick über Yuukas Schulter samt freudigem Gesichtsausdruck gehörte aber nicht dazu. Sein Ausruf jagte Yuuka einen kleinen Schauder über den Rücken. [/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Überrascht und ungläubig musterte sie das näher kommende Mädchen und bemerkte dabei folgende Dinge: Junkos Kleidung war intakt, ihre Frisur war nicht zerstrubbelt, ihr Atem ging normal und Verletzungen oder Abschürfungen waren nirgendwo zu finden. Es gab kein einziges Anzeichen für einen Kampf. Welcher Entführer ließ seine Geisel einfach so gehen, wenn man fragen darf? Obwohl sich Junko regliche Mühe gab, sich nichts anmerken zu lassen, so war doch eine gewisse Art von Unruhe zu entdecken, aber vielleicht war das auch nur eine Fehlinterpretation. Für Yuuka war Junkos Seelenheil im Moment zweitrangig und das aus einem ganz einfachen Grund: Kurz nachdem die beiden letzten Attentäter mit ihrer Mission versagt hatten, tauchte die vermisste Junko auf, ohne Verletzungen oder sonst irgend eine Spur einer Befreiungsaktion. Das bedeutete im Klartext, dass Yuuka Junko so lange keine Geschichte abkaufen würde, bis sie wirklich davon überzeugt war, dass es sich hier um Junko handelte und nicht einen Plan B um den noch immer bewusstlosen Taku zu töten.[/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Deshalb streckte Yuuka auch eine Hand zur Seite aus und hielt Kimihiro zurück, der gerade freudig auf Junko zurennen wollte. Es war nur verständlich, dass er keine Zweifel an der Echtheit Junkos hatte, schließlich sah man immer das, was man sehen wollte. Wenn sich Kimihiro also so sehr wünschte, dass seine Kollegin heil wieder zurückkehrte, dann bestand eine große Chance, dass er mögliche Ungereimtheiten schlichtweg ignorierte. Kimihiro musste sich also mit Yuukas Arm begnügen, vorerst.[/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Ohio, Junko-san.“, begrüßte nun auch Yuuka das verloren gegangene Schäfchen und musterte es erneut von oben bis unten. Hier sollte man sich kein vollständiges Bild zu machen versuchen, bis sich das Mädchen erklärt hatte. Schon zum zweiten Mal war sie spurlos verschwunden (wenngleich sie nun wohl nichts dafür konnte), da war eine kleine Spur von gut verborgenem Misstrauen doch wohl verständlich, nicht?[/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Bevor du uns bitte erklärst, was in der letzten Stunde passiert ist, möchte ich, dass du mir sagst was du mir angeboten hattest, ehe ich gestern Abend dein Zimmer verlassen habe.“ Es war ganz klassisch: Erzähle mir etwas, das nur du wissen kannst und ich weiß, dass du du bist. Sofern man sich nicht Junkos Gedächtnis angeeignet hatte (hier war ja wohl niemand aus Yuukas Clan zugange?), würde nur sie selbst diese Frage beantworten und korrekterweise an die Eiswürfel denken. Bis dato würde Kimihiro zurückgehalten und Junko auf Distanz gehalten werden. Hoffentlich war das alles nur eine unnötige Vorsichtsmaßnahme, denn auch Yuuka hoffte fest, dass sie nun endlich wieder vereint waren. Und auf Junkos Geschichte war sie ebenfalls gespannt.[/FONT]
 
M

Mameha Junko

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Das Misstrauen der Yamanaka war durchaus gerechtfertigt, auch wenn es ein arg dummer und/oder verzweifelter Schachzug wäre, sich ausgerechnet jetzt und ohne großes Hintergrundwissen der Gruppe zu nähern, wo man nicht mehr den Vorzug des zahlenmäßigen Ausgleichs genoss. Die Chuunin hätte eigentlich mit diesem Fall rechnen müssen, aber ehrlich gesagt hatte sie eher einen hitzigen Kampf erwartet und nicht etwa dieses blutige Schlachtfeld, welches sich ihr gerade eröffnete.
Sie wollte gerade ob der augenscheinlichen körperlichen Unversehrtheit ihrer Kameraden aufatmen, da stellte sich die Teamleiterin bereits als misstrauisch heraus und stellte Fragen, von denen Junko einige erwartet hatte, andere jedoch trafen sie vollkommen unerwartet, wie zum Beispiel diese Testfrage nach dem Angebot des Abends.
Man muss an dieser Stelle nochmals festhalten: Die Chuunin war nicht nur übernächtigt, sich war auch sowohl mental als auch körperlich ausgelaugt, hatte gerade mehr Eröffnungen hinter sich, als sie eigentlich ertragen konnte und wusste noch nicht, wie sie mit all diesen Geheimnissen umzugehen hatte. Kein Wunder also, dass sie zunächst einmal verwirrt reagierte.
„Eine Stunde?“, echote sie daher, als man ihr eröffnete, wie lange sie genau fort gewesen war. So lange war sie fort gewesen? Das Gespräch selbst hatte doch allerhöchstens fünf Minuten in Anspruch genommen. Was zur Hölle hatte man ihr injiziert, dass sie so lange bewusstlos gewesen war? Gedankenverloren strich sie sich mit einer automatisierten Handbewegung über die Einstichstelle, nur um dann mit der nächsten Schwierigkeit konfrontiert zu werden. Genau hier hatte sie dann einen kleinen Anflug von geringfügiger Panik, als sie feststellte, dass sie nicht die geringste Ahnung hatte, wovon die Jounin da gerade redete.
„Ich habe Ihnen etwas angeboten? Aber ich habe Sie doch nur meines Zimmers verwiesen …“ War das Ganze vielleicht nur ein Test und sie hatte in Wirklichkeit überhaupt nichts dergleichen gesagt? Wenn sie es genau bedachte, erinnerte sie sich gerade nicht. Die Konoha-Chuunin konnte sich eines photographischen Gedächtnisses rühmen, aber in diesem Augenblick ging es ihr wie vielen Schülern bei einem wichtigen Test, wo sie eine wichtige Frage zu beantworten hatte. Sie konnten die Antwort aus dem Stehgreif, hatten sie zur Vorsicht noch zwanzig Minuten zuvor nachgeschlagen und waren überzeugt davon, vor einer Minute noch gewusst zu haben, worum es ging … und plötzlich war es weg, einfach weg. Das war der Moment, indem der betreffende Schüler Schweißausbrüche bekam, und das war auch der Moment, in dem Junko sich ernsthaft fragte, inwiefern sie ihrem Geist noch trauen konnte und ebenfalls kurz vor einem ebensolchen Schweißausbruch stand, da ihr im Gegensatz zum Schüler nicht eine schlechte Note, sondern eher körperliche Gewalt von Seiten der Yamanaka drohte. Andererseits konnte sich Yuuka eventuell daran erinnern, dass die Chuunin schon vor dieser Sache regelrecht durch den Wind gewesen war.
Langsam versuchte Junko, das Gespräch zu rekonstruieren. Etwas Schattenboxen, taktloses Informationsgequetsche von Seiten der Jounin, der Gang zur Tür, der Randkommentar, en passant von Yuuka geliefert, ihre gereizte Antwort …
„Eiswürfel.“, bemerkte sie vollkommen trocken und vor allem mit einer viel zu langen Pause, während sie sich selbst gegen die Stirn hätte schlagen können. „Das haben Sie ernst genommen?“ Hatte sie das wirklich gerade gesagt? Hatte die Jounin eigentlich schon mal etwas von Rhetorik und Sarkasmus gehört? Anscheinend nicht, was merkwürdig war. Aber nun gut, sollte sein. Ihr kam auch jetzt der Gedanke, dass sie eigentlich keine Ahnung hatte, was hier geschehen war. Waren das da zwei Leichen? Na, da würde ihr Vater aber enttäuscht sein, oder?
„Sind die beiden dort …?“ Dumme Frage, natürlich sind sie das. Nächste Frage. „Was ist hier geschehen?“ Abermals dumme Frage, denn sie wiederum hatte die Fragen der Yamanaka noch nicht beantwortet, aber dies ehrlich gesagt aufgrund des Gedankengangs um diese verdammten Eiswürfel ein wenig verschwitzt. Das Gehirn ist ein lustiges Ding – wenn etwas erschüttendes passiert, dann kann es sein, dass es für eine Weile nicht mehr richtig funktioniert, und wie bereits angemerkt, litt die Chuunin schon seit einer Weile an einem blauen Bildschirm.
 
Y

Yamanaka Yuuka

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[FONT=Verdana, sans-serif]Yuuka war zwar manchmal kaltherzig und auch in anderen Bereichen ein Miststück, dennoch sorgte sie sich um ihre Untergebenen und tat in der Regel alles um sie lebend wieder nach Hause zu bringen. Sie suchte also nach einem Grund, Junko zu vertrauen – und nicht nach einer Rechtfertigung um ihr den Kopf abzuschlagen. Letzteres hätte sie nämlich tun können, als Junko verwirrt rumdruckste und nicht auf die passende Antwort kam. Natürlich war Yuuka klar, dass im Kopf des Mädchens im Moment Chaos herrschen musste. Zwar war es noch eine Unbekannte, wie die letzte Stunde für die Chuunin ausgesehen hatte, doch da selbstverständlich irgend etwas passiert sein musste, konnte es gut sein, dass es Junko vor lauter Aufregung einfach vergessen hatte.[/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Aus diesem Grund verharrte Yuuka regungslos und wartete ab. Sie hoffte, dass Junko noch die Kurve kriegte, dass es sich hier um die echte Person handelte und nicht um irgend einen Trick. Es war bereits genug Blut geflossen, weiteres durfte gerne im Körper bleiben. Es schien wie eine Ewigkeit, bis endlich einige gekühlte Eiswürfel aus Junkos Mund purzelten, Yuuka sich entspannte und Kimihiro wieder frei gab. Ernst genommen hatte Yuuka das nicht, wieso sollte sie auch? Allerdings hatte sie es sich gemerkt und allein das zählte. [/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Was Yuuka jedoch ein wenig bitter aufstieß war die Tatsache, dass Junko nicht einmal im Entferntesten auf ihre Frage antwortete sondern stattdessen selbst eine stellte. Doch wer sich auch nur ein bisschen in der Spieltheorie auskannte, der wusste, dass ein „Ich habe zuerst gefragt.“ keinem weiterhalf. Also gab es für die Chuunin nun Informationen.[/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Es kam zum Kampf. Sie haben verloren.“ Simpel, oder? Yuuka musste sich eines besseren besinnen um die gesamte Geschichte zu erzählen und Verständnis für Junko aufzubringen. Sie war durcheinander, was machte es groß für einen Unterschied wenn Yuuka zuerst erzählte was hier passiert war?[/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Dieser Mann hier, Gensai Taku, kam ins Hotel um Informationen gegen den Schutz seines Lebens einzutauschen. Er war einer von den drei Männern, den diese Leute gesucht haben. Auf deinem Bett wurde ein Zettel hinterlassen mit Zeit und Ort dieses Treffens. Den blutigen Ausgang siehst du ja.“, erklärte Yuuka und ging selbst einige Schritte auf Junko zu. Jede Einzelheit zu erläutern war eine Sache von Berichten und abschließenden Besprechungen. Sehr viel wichtiger war das Verschwinden der Chuunin. Was zur Hölle war dem Mädchen widerfahren?[/FONT]
„[FONT=Verdana, sans-serif]Sag mir, bitte, was ist passiert?“[/FONT]
 
M

Mameha Junko

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Kaltherzig? Das sollte die Yamanaka selbst beurteilen, ob sie gerade kaltherzig agierte oder nicht. Hielt sie sich selbst für ein Miststück, hielt sie sich selbst für kaltherzig? Was war es genau, was Yuuka von sich dachte. Sie ging über Leichen, sagte sie von sich selbst, aber war ein skrupelloses Verfolgen eines Ziels nicht einfach nur rücksichtlos? Was war schon bösartig, wenn man es genau bedachte? Eine unbeteiligte Person würde wohl antworten, dass jemand, der anderen Schaden zufügte, obwohl es nicht notwendig war, wohl als bösartig zu bezeichnen sei, wo man schon einmal bei der Definition war. Warum sollte jemand denn auch einer anderen Person ohne Not Schaden zufügen? Zum Amüsement, für das eigene Ego, für die selbstsüchtige Verfolgung von Zielen. Aber natürlich hatte Yuuka einen Grund, der sie von dieser Beschuldigung vollkommen freisprach, nämlich dass sie eigentlich nur ein Teammitglied ihrerseits hatte retten wollen. Das war doch Grund genug, man durfte ruhig über Leichen gehen, wenn es edlen Zielen diente … oder?
Oder?
Die Beurteilung ihres Charakters blieb Yuuka ganz allein überlassen. In dieser Situation war es auch nicht weiter von Belang, weil sie sich nur mit einem Teammitglied auseinandersetzen musste, welches gerade ein wenig durcheinander zu sein schien. Immerhin hatte Junko noch keine Zeit gehabt, ihre wirren Gedanken zu ordnen und sah sich jetzt mit der Herausforderung konfrontiert, ihre Teamleiterin anzulügen. Normalerweise für die Chuunin ein Klacks – sie hatte recht viel Übung im Lügen, log den ganzen Tag, mal Notlügen, mal zum Training, mal weil es nützlich war, und manchmal, ganz selten, log sie auch um ihr Leben. Bisher hatte es immer irgendwie geklappt, was bedeutete, dass Junko gar nicht so schlecht im Flunkern war, also konnte sie dies hier ganz einfach durchziehen, nicht wahr? Sie musste der Yamanaka jetzt einfach nur eine glaubwürdige Geschichte auftischen, wo sie die letzte Stunde geblieben war, wobei sie immer noch überrascht war, dass sie tatsächlich eine ganze Stunde von ihren Teamkameraden getrennt worden war. Auch war sie ein wenig pikiert, als ihr durch Kimihiros Behandlung deutlich gemacht wurde, wie wenig man ihr gerade über den Weg traute. Andererseits nicht weiter verwunderlich, das war schon das zweite Mal in dieser Nacht, dass sie plötzlich aus dem Nichts auftauchte und nicht dort war, wo sie eigentlich sein sollte. Das erste Mal hatte sie wirklich nur einen Spaziergang gemacht, was eigentlich die Ironie an der Sache war – mal ganz davon abgesehen hätte sie sich wahrscheinlich eine bessere Ausrede als einen Spaziergang einfallen lassen, hätte sie geahnt, dass diese Aussage nur kurze Zeit später in Zweifel gezogen werden würde. Und was ihre jetzige Abwesenheit anging, so hatte sie vor, so nahe wie möglich an der Wahrheit zu bleiben, weil so am effektivsten gelogen wurde. Man hatte sie als Geisel für ein Gefecht verwendet? So etwas Ähnliches hätte sie sich eigentlich denken können, und es machte im Nachhinein betrachtet auch Sinn.
Auch gab sie sich Mühe, sich gerade wirklich selbst davon zu überzeugen, dass ihr Szenario der Wahrheit entsprach, gab sich Mühe, sich selbst wirklich zu glauben. Man konnte nie wissen, ob so eine Yamanaka gerade im eigenen Kopf herumwühlte. Sie hatte keine Ahnung, was die Fähigkeiten der Jounin anging, aber sie hatte die fiesesten Gerüchte gehört und operierte daher von der Annahme des Schlimmstfalls aus.
„Ich bin in einem kleinen Haus drei Straßen weiter aufgewacht. Ich nehme an, dass man mich betäubt und dorthin geschleppt hat.“ Und das, meine Damen und Herren, entsprach sogar der Wahrheit, wie man auch an der Einstichwunde der Spritze deutlich erkennen konnte. „Nachdem ich aufgewacht bin, lag die Annahme eines Kampfes sehr nahe, aber ich hatte keine Ahnung, dass es sich hierbei um einen fingierten Geiselaustausch handeln würde.“ Auch das entsprach den Tatsachen – immerhin hatte Junko bis gerade eben nicht den Hauch einer Ahnung gehabt, dass das verbleibende Ziel ihrer Gegner sich tatsächlich bei Yuuka eingefunden hatte, um Schutz zu erbitten. Dass die Annahme eines Kampfes sehr nahe lag, war auch nicht gelogen – sie verschwieg hierbei nur, dass man ihr diesen Hinweis gegeben hatte.
„Die Wahl dieses Ortes als Treffpunkt ist nur logisch – auf diese Weise verhindert man unnötiges Aufsehen und zivile Schäden.“ Auch hier, empirisch richtig. Dieser Park war die nächstgelegene, freie Fläche zwischen dem Hotel und dem Häuslein, in dem sie aufgewacht war. Auch hier verschwieg sie einfach nur, dass man ihr die Information brühwarm serviert hatte. Jetzt nahm die Kunoichi auch eine gerade Haltung an, fast schon steif, als sie entschuldigend die Schultern hob.
„Es tut mir sehr Leid, dass ich Sie bei dieser Auseinandersetzung nicht unterstützen konnte, Yamanaka-san.“ Als sie diesen Satz aussprach, atmete sie Aufrichtigkeit. In dieser Aussage verdrehte sie nichts, denn dies war die volle Wahrheit, was diese Auseinandersetzung anging, denn sie bedauerte wirklich, ihren Kollegen nicht zur Seite gestanden zu haben – immerhin hatte sie sich sehr beeilt, um hierher zu gelangen, um ihre werten Kollegen tatsächlich unterstützen zu können.
Zumindest nonverbal strahlte Junko aus, dass sie keine Ahnung hatte, was genau passiert war und wieso man ausgerechnet sie entführt hatte. Vermutlich, weil sie das kleine Mädchen der Truppe war oder so. Konnte ja alles sein. Sie hatte zumindest nur die Wahrheit ausgesprochen, aber inwiefern man ihre Implikationen aufnahm, nun, das war nicht unbedingt ihre Sache.
 

Misumi Kimihiro

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Vorbei? Nein, offenbar sah zumindest ein, wahrscheinlich aber zwei Drittel des Teams das völlig anders. Etwas anderes konnte Kimihiro zumindest nicht vermuten, als Yuuka ihn mitten in seiner Begrüßung der bereits zum zweiten Mal verschollenen Kunoichi unvermittelt zurückhielt. Überrascht schaute Kimihiro die Yamanaka an, senkte die Arme, und erkannte den festen Blick der Frau. Yuuka schien ganz und gar nicht der Meinung zu sein, dass diese Mission nun endlich vorüber war, geschweige denn dass sie sich freute. Stattdessen begegnete sie der Zurückgekehrten mit unverhohlenem Misstrauen, was den Künstler seinerseits recht unsanft zurück in die Realität der Shinobiwelt holte, in der jemand, der wie eine Bekannte aussah, nicht zwangsläufig eine war, und in der Täuschung, Verrat und so weiter an der Tagesordnung waren.
Und damit startete das Team in den neuen Tag? *Großartig.* Leider musste selbst Kimihiro zugeben, dass Yuuka recht hatte – immerhin wurde ihnen bereits einmal eine wässrige Kopie ihrer Kameradin angedreht. Andererseits war die Vorstellung, dass sich die echte Junko einem solchen Verhör auszusetzen hatte, nachdem und weil ihr als einzige das zweifelhafte Vergnügen einer Entführung zu Teil geworden war, ebenso ziemlich ernüchternd. Kurzum: Vorerst entschied sich Kimihiro dafür, einfach gar nichts zu tun, beziehungsweise lediglich zuzuhören und dem Gespräch der beiden Frauen zu lauschen. Teils aus Neugierde, teils aus Pflichtgefühl, und teils aus Ermangelung eines spannenderen Zeitvertreibs.
Die ersten gewechselten Worte waren recht verwirrend, und vermutlich wäre Kimihiro hinter die Bedeutung der „Eiswürfel“ auch dann nicht gekommen, wäre es nicht erst kurz nach Sonnenaufgang. Als sich das Gespräch dann jedoch der Entführung der Chuunin zuwandte, spitzte der Künstler deutlich aufmerksamer die Ohren. Die Hände mittlerweile zur Hälfte in den Taschen vergraben und etwas nervös von einem Bein auf das andere tretend lauschte er der knappen Erzählung seiner Kameradin, an der er überraschenderweise tatsächlich etwas auszusetzen hatte.
*Dass sie betäubt wurde ist nachvollziehbar, aber dass man sie dann einfach allein in irgendeinem Zimmer zurückgelassen haben soll… Immerhin haben die beiden Killer nicht gerade den Anschein gemacht, als wollten sie unnötige Gewalt vermeiden, Austausch hin oder her. Wäre es da nicht das mindeste gewesen, sie so zu fesseln und zu knebeln, dass die Befreiung aus der Gefangenschaft etwas mehr Erklärung wert wäre?*
Als Kimihiro diese Überlegungen angestellte, dachte er entgegen der wohl naheliegenden Vermutung nicht daran, Junko als Kopie entlarven zu wollen. Vielmehr interessierte sich der Künstler von Natur aus für Geschichten aller Art, und war das, was die silberhaarige Kunoichi gerade erzählte, am Ende mehr? Gerade deshalb versuchte er, die Passion des Mädchens nachzuvollziehen, doch in dem der kleinen Verfilmung ihrer Erzählung klafften recht große, dunkle Flecke. *Sie ist entführt und betäubt worden, dann ist sie aufgewacht… und dann? Kein Anzeichen für ein „Nachdem ich mich befreit habe“ oder etwas in die Richtung… Seltsam.*
Kimihiro spann den Faden etwas weiter, bis er letztlich wieder zu den Überlegungen gelangte, die die Gruppe um Yuuka zu Anfang ihrer Reise, nach Entdeckung der ersten Leichen angestellt hatten. Diese waren auf drei Arten verstümmelt worden: Per Schwert an die Wand genagelt, einmal eine Stichwunde im Auge, und das Hyouton-Opfer. Alles recht individuelle Tötungsmethoden, beinahe Markenzeichen, vor allem wenn man sich eine passende Hintergrundgeschichte dazu ausdachte. Ein eiskalter Killer, der seine Opfer einfrostete, ein gewissenloser Schwertkämpfer, und der obligatorische Verrückte. Als Kimihiro allerdings versuchte, diese Rollen den Menschen zuzuordnen, denen sie bisher begegnet waren, ging eine Rolle leer aus: Der Eismann. Oder die Eisfrau, wie auch immer. Wieso? Naja, die Rolle des brutalen Schwertkämpfers war rasch besetzt, immerhin hatte Kimihiro ihm und seiner Waffe Auge in Auge gegenübergestanden. Dass aber die Rolle des Verrückten an den Illusionisten ging war hauptsächlich dem persönlichen Geschmack des Künstlers geschuldet: Gerade diesem Kerl, der Kimihiro in solch eine simple, aber wirkungsvolle Illusion gesperrt hatte, wollte er die Erschaffung von etwas so… Einzigartigem wie den lebenden Statuen schlichtweg nicht zugestehen.
*Und gerade das war doch die beeindruckende, effektvolle Methode gewesen, das echte Zeichen, das am meisten Aufmerksamkeit erregt hat, und über das wir uns am meisten den Kopf zerbrochen haben. Ich frage mich…*
Rasch verwarf Kimihiro den Gedanken. Womöglich dachte er zu kompliziert, ach, ziemlich sicher sogar. Wahrscheinlich würde er sich nur lächerlich machen, wenn er jetzt einfach gerade heraus etwas fragte wie „Und wo ist jetzt der dritte Kerl?“, oder „Wer hat denn nun das schöne Glitzereis gemaaacht?“. Nein, die Mission war vorüber, Junko (offenbar die Echte) wieder heil daheim, und alles andere hatte auch Zeit bis zu ihrer Rückkehr. Denn was wäre, selbst wenn es einen dritten Killer gab? Jetzt, wo die beiden anderen tot waren, würde er sich sicherlich nicht die Chance entgehen lassen, unbehelligt zu fliehen, und während die Dreiergruppe Shinobi schon vorher Schwierigkeiten damit hatte, die Mörder zu finden, wäre es nun praktisch unmöglich.
Nachdem er eine ganze Weile nachdenklich in die Gegend gestarrt hatte, schaute Kimihiro nun erneut Junko an. Das Mädchen machte wirklich nicht den Anschein, als würde es grimmig irgendetwas verbergen wollen. Vielmehr sah er genau dass in ihr, was er auch in sich selbst spürte: Verwirrung und ein wenig Ratlosigkeit. Kein Wunder, wenn man nach einer Entführung zu seinen Kollegen zurückkehrte und nicht einmal anständig begrüßt wurde. Kurzerhand entschloss sich der Künstler doch noch, einmal in diese Situation einzugreifen, Hackordnung hin oder her. Dass sie das Verhör hier am frühen Morgen mitten in der Kälte absolvierten brachte doch sowieso niemandem etwas. Also begann der Junge mit möglichst eifriger Stimme an Yuuka gewandt:
„So wie ich das sehe können wir doch sicherlich nun zuerst einmal festhalten, dass das hier die echte Mameha Junko ist. Was ihren Bericht angeht… bestimmt wäre es besser, sie erst einmal verschnaufen zu lassen. Womöglich fallen ihr dann noch einige Einzelheiten ein, an die sie sich im Moment, so kurz nach der Tat, nicht erinnern kann. Das passiert doch manchmal, richtig? Insofern spricht doch eigentlich nichts dagegen, vorerst ins Hotel zurückzukehren und… naja, ich weiß auch nicht… vielleicht könnten wir ja die Vorbereitungen für den Abschlussbericht und die Heimreise bei einem kleinen Frühstück koordinieren?“
 
Y

Yamanaka Yuuka

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[FONT=Verdana, sans-serif]Schwachsinn. Oder? Welcher Entführer verschleppte jemanden um diesen anschließend unbeaufsichtigt und frei wie einen Vogel aufwachen zu lassen? Nur einige Minuten hatten Junko davon getrennt, mitten in diesen Kampf zu rasseln, was die Chancen der beiden inzwischen toten Shinobi rapide verschlechtert hätte. Jemand, der ungesehen in dieser Stadt operierte, seine Opfer aufspürte und eliminierte, beging normalerweise keine solchen großen Fehler. Ferner hatte Yuuka den Eindruck, als ob es sich hier um eine Geschichte handelte. Auswendig gelernt und runter gerattert. Also... schwieg Yuuka. Das war alles zu einfach und passte zu gut. Die Wahrheit war nie perfekt und passte so gut wie nie, wenn es um so ekelhafte Sachen wie Entführungen ging, zumindest sagte das Yuukas Erfahrung und es stellte sich langsam aber sich ein ungutes Bauchgefühl bei dieser Sache ein.[/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Kimihiro indes riss die Jounin etwas aus ihren Gedanken. Was er sagte stimmte. Oft vergaß man im Laufe der Aufregung wichtige Dinge, sie fielen einfach unter den Tisch und wurden erst später wieder aufgesammelt. Interessanter war jedoch, dass es für den Jungen wohl schon fest stand, dass man sich jetzt aus dieser Stadt zurückziehen konnte. Also, konnte man?[/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Die Mission verlangte, dass die Morde in dieser Stadt gestoppt wurden. Nicht mehr, nicht weniger. Zwei der drei Ziele waren tot, das Dritte befand sich in ihrer Obhut. Es war grundsätzlich also egal, ob dort draußen noch der Eismann sein Unwesen trieb oder nicht, die Aufgabe war erfüllt worden, sobald Gensai Taku die Stadt verließ. Yuuka würde ihn zur weiteren Befragung mit nach Konoha geben und den dortigen Verantwortlichen übergeben. Mit ihm eine Falle zu stellen um den verbleibenden Mörder zu fangen war zwar möglich aber riskant und nicht verlangt. Yuuka hatte keine Lust einen Plan in die Tat umzusetzen, der womöglich gar nicht funktionierte (die einzig mögliche Erklärung, die es für Junkos einsames Erwachen gab, war eine Flucht des Mörders, der jetzt, nachdem seine Kollegen nicht zurückgekehrt waren, höchstwahrscheinlich die Stadt bereits verlassen hatte) und ihr Team einem unnötig großen Risiko aussetzte. Es wäre kein einfacher Gegner, Junko war entführt worden und Kimihiro war genauso durch den Wind wie seine Kollegin. Nein, wenn es sich vermeiden ließ, würde sich Yuuka nun zurückziehen. Das wäre das beste für sie selbst und ihr Team.[/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Ihr Blick wanderte wieder zu Junko und sie rief sich erneut in den Kopf, was Kimihiro eben gesagt hatte. „Ja. Das passiert manchmal.“, sagte sie etwas in die Länge gezogen und fixierte Junko dabei aufmerksam. Ob sie ihr glaubte? Yuuka würde einen ausführlichen Bericht erwarten, in dem Junko alles Erlebte detailgetreu wiedergab. So war leider das Leben eines Shinobi, sobald der Spaß vorbei ist kommt das Papier um dich fertig zu machen. [/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Gehen wir.“ Mit diesen Worten schulterte Yuuka Taku und machte sich auf den Rückweg zum Hotel um dort etwas zu Essen zu bestellen und die Abreise vorzubereiten. Nichts desto trotz behielt sie nur ein Auge auf dem Weg vor ihr, denn wer sagte, dass sie hier keinen weiteren, verzweifelten Angriff auf Gensai Taku abzuwehren hatten? [/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Hoffentlich nicht, sagte sich Yuuka, warf einen Blick auf Kimihiro und Junko und die drei gingen weiter ihres Weges.[/FONT]
 
M

Mameha Junko

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Die Wahrheit war nicht perfekt, genauso wie diese Geschichte nicht perfekt war. Alle Mitglieder dieses Teams wussten das, und es war richtig, an der Geschichte zu zweifeln, weil sich ein paar entschiedene unsichere Variablen eingeschlichen hatten. Es war einfach nicht logisch, einen Feind zu entführen und dann einfach laufen zu lassen, was bedeutete, dass ein überaus rationaler Gegner für einen Augenblick emotional oder unvorsichtig und überstürzt gehandelt hatte. Und Yuuka zweifelte, weil die Geschichte zu „perfekt“ war?
Allerdings schien noch nicht einmal Kimihiro zu glauben, dass es sich bei ihrem Bericht um die ganze Geschichte handelte, was schade war. Junko hatte einfach nicht mehr über ihren Aufenthalt zu erzählen und würde wahrscheinlich auch in Zukunft wenig hinzuzufügen haben, da sie nicht vorhatte, die Teilnahme oder auch nur die Anwesenheit ihres Vaters in irgendeinem Wort zu erwähnen – nicht gegenüber Yuuka, nicht gegenüber dem Künstler und schon gar nicht gegenüber irgendeiner anderen Person. Yuto war hiervon sauber ausgenommen, aber dafür müsste sie erstmal wieder die Gelegenheit haben, mit ihm privat zu sprechen. Wieder eine Angelegenheit, die dazu erdacht war, ihr das Herz schwer werden zu lassen – eine mehr, wie man hinzufügen mochte.
„Was hat es mit ihm auf sich?“ Das war die einzige, erschöpfte Frage, die noch von der Chuunin gestellt wurde, als sie auf den Bewusstlosen deutete. Die genauen Umstände waren ihr immer noch nicht bekannt und grundsätzlich verblasste die Bedeutung und der Hintergrund seines Aufenthalts im Vergleich zur Erkenntnis, dass die Mission jetzt möglicherweise als abgeschlossen galt. Aber gab es noch etwas, was sie jetzt noch schocken könnte? Es würde sie nicht wundern, wenn es sich bei ihm um einen Massenmörder handeln würde – das hätte dem Handeln ihres Vaters und seinen Komparsen zumindest einen kleinen rechtschaffenen Anstrich verpasst, aber auf der anderen Seite rechnete sie nicht damit, zu diesem Zeitpunkt noch eine genaue Antwort darauf zu erhalten – sie konnte ja selbst kaum ihre Gedanken ordnen, was sollte sie da noch mit zusätzlichen Informationen? Grundsätzlich war sie also dankbar, dass man jetzt nicht ein großdimensioniertes Verhör in ihre Richtung anlegte – momentan wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit nichts Vernünftiges dabei herausgekommen. Wann hatte ihr Leben eigentlich angefangen, sich in eine ausgewachsene Seifenoper zu verwandeln? Auch wusste sie nicht, wie sie damit umzugehen hatte, wusste nur, dass sie jetzt am liebsten schlafen würde – und wenn sie damit fertig war, würde das Idealszenario darin bestehen, Yuto alles zu erzählen, sich gründlich bei ihm zu entschuldigen und sich das Händchen von ihm halten zu lassen. Wo wir gerade bei Seifenoper waren, seit wann ging sie eigentlich so kleinmädchenhaften Wünschen nach?
Wenn sie genau darüber nachdachte, war es eigentlich nur logisch, dass der Mensch ab und zu mal nach Streicheleinheiten verlangte, und genau genommen war sie per Definition auch nicht über Menschlichkeit erhaben. Auf der anderen Seite gab es gerade keine wirkliche Möglichkeit, diese Art der Zuwendung zu erhalten – die Yamanaka war ihr sowieso nicht ganz geheuer. Damit blieb nur noch Kimihiro übrig, der sich zwar als Schlaftablette, aber grundsätzlich als herzlicher und umgänglicher Typ erwiesen hatte, womit die Kunoichi in einem Anfall von Spontaneität auch sowohl für sich selbst, als auch höchstwahrscheinlich für ihn überraschend zuschlug. Als es nämlich daran ging, ganz in Ruhe zurück zum Hotel zurückzuwandern, hakte sie sich bei ihm ein, was aber angesichts der Kraftlosigkeit und Müdigkeit der Kunoichi eher so aussah, als würde sie sich stützen. Ziemlich dreist, was? Und ja, die Abwesenheit des rothaarigen Kiri-Nins sorgte dafür, dass sie gerade den armen Künstler als Ersatz heranzog, ohne dass sie groß darüber nachdachte oder gar sich irgendwelche Konsequenzen ausmalte. Momentan war sie einfach froh, eine Stütze zu haben, auch wenn diese unfreiwillig war und sie höchstwahrscheinlich ziemlich erschreckt abschütteln würde.
Und so, meine Damen und Herren, erhielt Misumi Kimihiro abermals widersprüchliche Signale, die dazu erdacht waren, falsch verstanden zu werden.
 

Misumi Kimihiro

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Ein weiterer, verzweifelter Angriff auf Taku? Sicher, eine letzte Attacke lag im Bereich des Möglichen, doch Kimihiro, dankbar dafür, wieder zum Hotel zurückkehren zu dürfen, hätte sich niemals freiwillig Gedanken über so etwas gemacht. Nicht, nachdem er sich das erste Mal seit ihrer Ankunft in Yakusoku wieder einigermaßen beruhigt und in Sicherheit fühlte. Und wieso auch nicht? Die Bösen waren geschlagen, das Dorf zu einem etwas besseren Ort gemacht… und diese Handvoll kleiner Fragen, die noch in der Luft hing, konnte man tatsächlich irgendwann später beantworten. Viel später.
Der Weg zum Hotel versprach damit völlig ereignislos zu verlaufen. Im Schlepptau seiner beiden Kameradinnen reckte Kimihiro genüsslich seine Arme in die Höhe, bevor er herzhaft – aber vorbildlich mit beiden Händen vor dem Mund – gähnte. Das kleine Nickerchen kurz vor Sonnenaufgang war für seinen Geschmack viel zu kurz gewesen, vor allem nach den vergangenen Nächten, in denen die Shinobi ihrer harten Arbeit gefrönt hatten. Ein gutes hatte dieser Punkt jedoch: Ein ausgiebiges Frühstück und das dazu passende Verdauungsschläfchen hatten sie sich redlich verdient.
Müßig schaute Kimihiro, der bisher gedankenlos seinen Blick quer durch die Landschaft hatte gehen lassen, nach vorne, wo Yuuka und Junko den winzigen Tross anführten. Die beiden Damen gaben einen forschen Schritt vor, und der Künstler kam nicht umhin sich zu fragen, ob die Frauen das Ende der Mission vor lauter Anspannung womöglich verpasst hatten. Tatsächlich wurde die Frage von einer der beiden direkt beantwortet, als Junko nach dem etwas jämmerlich wirkenden Bündel fragte, das reglos über der Schulter der Yamanaka lag. Kimihiro warf einen abschätzigen Blick auf den Mann, der einem ganzen Dorf mehr Schwierigkeiten eingebrockt hatte, als es eigentlich hätte möglich sein dürfen. In welcher Welt schaffte es ein einziger, heruntergekommener Knastbruder, den Leben zahlreicher Unschuldiger durch seine eigenen Fehltritte ein so widerwärtiges Ende zu bescheren, wie es die Bewohner von Yakusoku ereilt hatte? Die Bilder der verschiedenen Verletzungen kamen Kimihiro automatisch wieder in den Kopf: Eine klaffende Wunde im Auge, ein von zahlreichen Schnitten übersähter Leichnam, aufgespießt von einem Schwert, und…
*Hyouton.*
Obwohl die Erinnerung an die morbid-kunstvoll hergerichteten Leichen Kimihiros Gemüt nach den Gedanken an Taku und seine Komplizen etwas abkühlte, blieb doch noch einiges an Verachtung in ihm, als er über eine Antwort für Junko nachdachte.
*Fassen wir erst einmal zusammen: Der Kerl, Gensai Taku, ist mit zwei anderen aus irgendeinem Gefängnis der Gegenseite ausgebrochen. Sora... pah. Schaffen es nicht einmal, ein paar wie ihn hinter Gittern zu behalten. Und sowas schimpft sich kompetent.* Genauso, wie der Fluchtversuch für die Mordserie verantwortlich war, schien Kimihiro jene unheilvolle Allianz, die schon seit vielen Jahren dem Verbund um Shirogakure trotzte, für die vielen Tode die Schuld zu tragen. Normalerweise machte sich Kimihiro über dieses zweite Bündnis bestehend aus vier versteckten Dörfern wenig Gedanken - womöglich sogar zu wenig für einen Shinobi – doch in diesem Augenblick verspürte der Künstler ein unangenehmes Zerren in seinem Magen, das eindeutig nicht von Hunger allein herrührte.
*Nachdem es die drei geschafft haben, hierher zu fliehen, hatte es sich jemand zur Aufgabe gemacht, das Trio endgültig auszuradieren. Vielleicht war jemand hinter diesen ominösen Geheimnissen, die die drei an sich gebracht haben sollen, oder… Sora wollte seinen Fehler einfach samt und sonders ausmerzen.*
Das Ziehen rund um seinen Magen wurde stärker, und Junkos Frage war auf einmal vergessen. Stattdessen bemühte sich Kimihiro, den in ihm aufwallenden Zorn zu verscheuchen, um wieder einigermaßen entspannt durch die Straßen zu schlendern. Teilweise schaffte er es nach einer Weile, doch ein bitterer Geschmack blieb auf seiner Zunge zurück. Wenn man sich tatsächlich in den Gedanken herein steigerte, dass allein die Allianz um Soragakure und ihre Unfähigkeit für all die Verstorbenen verantwortlich war, die nun in einem heruntergekommenen Leichenschauhaus darauf warteten, von einem mürrischen alten Greis aufgeschnitten zu werden…
Rasch legte Kimihiro einen Schritt zu, um auf einer Höhe mit seinen Gefährtinnen zu sein. Je schneller die drei aus dem verlotterten Yakusoku heraus waren, desto schneller würde Kimihiro die Wut auf ihre Gegenspieler und die minderwertige Regierung dieses einst sicherlich schönen Fleckchens Erde hinter sich lassen können.
Unvermittelt spürte der Künstler eine Berührung am Arm, als sich die in letzter Zeit kaum beachtete Dame neben ihm den Misumi hängte. Verwirrt schaute Kimihiro kurz zu Junko herüber, sah sie verwirrt an, und starrte dann hastig wieder geradeaus – nur kein Blickkontakt! Soragakure und Yakusoku waren vergessen, als stattdessen das seltsame Mädchen in den Vordergrund rückte, das sich jetzt unerwartet schwach an ihn klammerte. War das die sonst so kühle und berechnende Kunoichi, die sich vor weniger als fünfzig Stunden einen Spaß daraus gemacht hatte, ihren unsicheren Kollegen beim Essen zu veralbern? Kurz flackerte in Kimihiro die Vermutung auf, dass es sich bei der Gestalt doch um einen Doppelgänger handeln mochte, doch andererseits hätte das bedeutet, dass sich die erfahrene Jounin des Teams in der Einschätzung des Mädchens geirrt hatte – und irgendwie wollte Kimihiro nicht recht glauben, dass sich eine Yamanaka Yuuka irren konnte.
Trotzdem wusste Kimihiro nicht recht, wie diese plötzliche Handlung seitens Junko in das Bild passte, das er sich bisher über die junge Frau gemacht hatte. Sicher, eine Entführung konnte den Gemütszustand eines Menschen deutlich erschüttern, aber… nein, dieses hilfesuchende Aufstützen passte nicht zu Junko. Anstatt das Mädchen jedoch mit einem empörten „Du bist es also doch nicht – weiche, Verräter!“ abzuschütteln, legte der Künstler eine kleine Prise zusätzliche Kraft in seinen Arm, um Junko zusätzlich zu unterstützen. Sicherlich fühlte sie sich im Moment einfach doppelt so hungrig wie er, plus: Im Gegensatz zu ihm hatte sie kein natürliches, sondern nur ein erzwungenes Nickerchen hinter sich, weshalb die Kunoichi recht müde sein durfte.
Was blieb Kimihiro also anderes übrig, als mit fix nach vorn gerichtetem Blick seine Kameradin durcheinander vorwärts zu schleppen? Den entspannenden Rückweg Richtung Hotel hatte sich der Künstler zwar anders vorgestellt, aber andererseits… vielleicht war diese Hilfesuche ja ganz einfach auch nur ein Zeichen dafür, dass die eher abweisende Gestalt der Mameha mittlerweile etwas Vertrauen in ihren Kollegen gewonnen hatte - und auch wenn es sich nur um Vertrauen in seine Möglichkeiten handelte, was das Stützen eines angeschlagenen Leichtgewichts anging, so war es doch Grund genug, dem Weg nach Hause wieder ein bisschen zufriedener entgegenzublicken.
*Sora hin, Yakusoku her: Letzten Endes war die Mission ein Erfolg, und das gleich in mehrerlei Hinsicht. Grund genug, sich ausschließlich auf das kommende Frühstück zu konzentrieren, oder? Richtig.*
Mit einem leichten Lächeln hob Kimihiro den Blick, nur um direkt von einem neuerlichen Gähner durchgeschüttelt zu werden, den er diesmal jedoch mit nur einer Hand beschatten konnte.
 
Y

Yamanaka Yuuka

Guest
[FONT=Verdana, sans-serif]Wenn man einen Beweis dafür wollte, dass die erlebten Strapazen an Junko nicht spurlos vorüber gegangen waren, musste man nur einen Blick auf das Mädchen werfen. Erschöpft, eingehakt und auch ansonsten ziemlich ausgelaugt und wie der Rest des Teams vorerst wohl fertig mit der Welt, machte sich das Mädchen in erlesenster Gesellschaft zum Hotel auf. Yuuka unterließ weitere Fragen, das hatte wirklich alles noch Zeit. Lediglich eine kleine Erklärung wollte sie noch abgeben, ehe sie in Schweigen verfiel, bis sie das Hotel erreicht hatten.[/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Das ist einer der drei entflohenen Häftlinge, die hier zu Tode gejagt wurden. Sie saßen ursprünglich wegen politischen Mordes und dem Verkauf von der Öffentlichkeit unzugänglichen Informationen hinter Gitter, haben sich aber ihren Weg nach draußen erkauft. Man wollte offensichtlich ein Exempel an ihnen statuieren. Der hier begleitet uns nach Shirogakure, wo er dann der zugehörigen Abteilung übergeben wird. Was er zu sagen hat, könnte durchaus von Wert für uns sein.“, erklärte sie und begab sich nun in das angekündigte Schweigen.[/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Zurück im Hotel gab es nicht viel zu besprechen. Junko wurde daran erinnert, innerhalb der kommenden Tage einen ausführlichen Bericht anzufertigen – Protokoll – und das Personal damit beauftragt, ein ordentliches Frühstück auf den Tisch zu zaubern. Manchen Menschen konnte man ziemlich leicht eine Freude bereiten, dachte Yuuka, als sie kurz zu Kimihiro hinüber schielte. Bis es soweit war, konnte man sich die Zeit mit Packen vertreiben, denn Yuuka hatte nicht vor, unnötig lange in diesem Dorf zu verweilen. [/FONT]
[FONT=Verdana, sans-serif]Gute Arbeit.“, ertönte es noch etwas genuschelt zwischen Tür und Angel, als sich die Jounin auf ihr Zimmer begab. Abschließende Meinung? Sie sehnte sich nach ihrem Bett.[/FONT]


[FONT=Verdana, sans-serif]- Mission Ende -
[/FONT]
 
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