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Eine Legende

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Chumani Kyo

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Eine Legende


Eine Legende… Es ist eine Legende, doch was ist eine Legende? Eine Geschichte alter Götter, Dämonen und Aufgaben? Eine reiche Anzahl an großen Schicksalen, hinterhältige Bösewichte und die reinen, warmherzigen Gestalten, die Helden? Legende… Ein Wort, das zugleich jedem bekannt, und dennoch unbekannt ist. Niemand kann es definieren, niemand kann es einordnen. Sind sie wahr? Sind sie frei erfunden? Oder sind sie, beides, eine Mischung aus jedem? Niemand weiß es, nicht einmal die Götter oder die Dämonen dieser Welt. Götter? Dämonen? Die spinnt doch! … Das mögt ihr vielleicht denken, doch ich habe sie gesehen! Ich habe sie gespürt! Ich habe sie erlebt, die Lichtgestalten und die Diener des Bösen. Ich habe mit ihnen ein Abenteuer erlebt, wie ihr es nicht in euren schönsten Träumen ausmalen könnt! Ihr wisst gar nichts! Nichts von dieser Welt, und auch nichts von den andern Welten! Ja, ihr habt richtig gehört! Andere Welten. Ihr könnt nicht glauben, dass es außer unserer schönen, grünen, mit Wasser bedeckten Welt noch andere gibt, die existieren, ohne, dass ihr auch nur einen Hauch von Ahnung habt? Keine Ahnung davon, dass es in einigen kahl und wüst aussieht, dass dort kein Baum, kein Blatt wächst, dass es dort kein Wasser gibt, keine Lebewesen, kein gar nichts; ihr wisst nicht, dass es wieder andere gibt, in denen Leben nur so erblüht, Blumen, Bäume, Pflanzen, Tiere, alles, alles gibt es dort, nur leider Menschen nicht, ein Paradies ohne diese machtgierigen, stolzen Geschöpfte, die sich auf der Erde niedergelassen und alles an sich gerissen haben; ihr wisst nicht, dass es in wieder anderen Welten weitaus andere Geschöpfte gibt, die ihr nicht kennt, die ihr noch nie gesehen habt, Drachen, Elfen, Feen, viele weitere, die eine Magie um sich versprühen, dass die Luft nur danach funkelt. Ich könnte euch noch viel mehr erzählen, doch würdet ihr mir nicht glauben. Ihr, diese arroganten, hochnäsigen, sich für etwas besseres haltenden Menschen versteht nicht, dass es andere Dinge gibt außer Macht und Geld, etwas Anderes, etwas Wichtigeres, aber ihr seid zu dumm, um das zu sehen.
Doch will ich nicht weiter von euch, von den Welten reden, ich wollte eine Legende erzählen, eine Legende, die sich wahrhaft zugetragen hat, eine Legende, die einen Helden besaß, klug, jung, jedoch auch etwas naiv.

Dieser Held wuchs in einem armen Bauernviertel, im hintersten Fleck des Landes, auf und durchlebte mit seinen armen Eltern, die schon fast dabei krepierte, so arm waren sie, eine schwere Kindheit verbrachte. Der König wollte Steuern sehen, doch sie konnten nicht bezahlen. Sie sollten ihr angebautes Gemüse, ihr letztes Essen, geben, doch sie konnten nicht. Doch der König ließ nicht mit sich scherzen. Er schickte seine Häscher aus, befahl ihnen, alles zu vernichten, was sie sich mühselig aufgebaut hatten, alle Tiere, die ihren Hof säumten, zu töten, alles Gemüse, Getreide und sonstiges Essbaren zu rauben und dem König zu bringen.
Und so schwärmten die Häscher aus, wie die Fliegen fielen sie über den kleinen Hof, über die armen Bauern her, doch sie taten nicht nur das, was ihnen aufgetragen wurde, nein, sie töteten die Frau und den Mann ebenso, den kleinen Jungen, der sich in seinem Versteck unter einem losen Brett im Boden versteckte, bemerkten sie nicht und ließen ihn demnach in Ruhe.
Mit vor stolz angeschwollener Brust ritten sie zurück zu ihrem Herrscher, zeigten ihre Schätze vor und erzählten von ihrer Tat.

Da seht ihr, wie dumm das Menschengeschlecht ist! Es plündert, zerstört, tötet, ohne sich auf die Folgen bereit zu machen, ohne auf Kleinigkeiten zu achten, die ihnen später noch zum Verhängnis werden würden. Sie beachten sie nicht, lassen sie einfach links liegen, vergraben sie in den Tiefen ihrer Seele, sodass sie niemals mehr das Tageslicht sehen.
Doch ich schweife ab.

Der kleine Junge, der immer noch angsterfüllt und bibbernd vor Kälte, die sich des Nachts in dem Land, und besonders in dem zertrümmerten Hof, niederlegte, wagte sich allmählich aus seinem Versteck und schaute sich in den Trümmern um. Alles hatten sie zerstört, alles, seine ganze Existenz, sein ganzer Stolz. Seine Eltern lagen tot und blutüberströmt vor ihm auf dem kalten Fußboden, mit kalten, leeren, nach geradeaus starrenden Augen und offenem Mund lagen sie da, fühlten und dachten nichts, ihr Herz war stehen geblieben, ihre Seelen entschwunden, niemand konnte sie mehr retten.
Dem Jungen stiegen Tränen ins Gesicht, die er jedoch mit seinem Ärmelzipfel schnell wieder weg wischte, um nicht seine Schwäche öffentlich zu zeigen. Mit entschlossenem Blick stapfte er nach draußen in die kalte, eisige Nachtluft, in die rabenschwarze Dunkelheit, die sich über das Land gelegt hatte und bevor die Sonne aufging, sich nicht wieder weg bewegen würde.
Frierend schlang der kleine Junge seine Arme um seinen Körper, um ihn wenigstens ein bisschen warm zu halten, doch es gelang ihm nicht. Allmählich wurde er immer schwächer und schwächer, sein Körper wurde immer kälter und kälter und seine Augen fielen immer mehr zu, bis er schließlich zusammengekauert auf dem erdigen, matschigen Boden lag, kaum atmend und vor Kälte erfrierend.

Nun ja, die Legende hätte hier zu Ende sein können, doch wenn sie es wäre, würde es keine Legende sein. Ich habe euch vorhin von Göttern und Dämonen erzählt, doch wie ich vermute,
habt ihr das längst wieder vergessen. Doch nun denn, ich erzähle weiter.

Der Junge wäre gestorben, so wie er da lag, auf dem Boden, mit nichts außer einem dünnen, kurzen Hemd und einer ebenso dünnen und kurzen Hose bekleidet, doch das Schicksal … das Schicksal hatte andere Pläne mit ihm. Er sollte noch nicht sterben, er sollte nicht in den nächsten Stunden sterben, nicht in den nächsten Tagen, Wochen, Monaten, Jahren.
Es war Nacht, es war dunkel; die perfekten Bedingungen für Dämonen, für fiese, kleine Kobolde, die sich nachts in die Vorratskammern der Menschen schlichen und sich bedienten, für Geschöpfe der Nacht. Und schon waren sie da, in Massen; dutzende, nein, tausende schattenhafte Schemen, die man in der Dunkelheit nur wegen ihren stechend roten Augen erkennen konnten, beugten sich über den Jungen, wollten ihn verschlingen, ihm endgültig den Rest geben und ihn umbringen. Jedoch ließen das die Götter, die friedliebenden, weißen, hellen Geschöpfe des Lichts dieses nicht zu. Sie schickten einen Strahl, einen hellen, weißen Strahl, hinab zur Erde, der den Jungen traf und die ganze Umgebung behellte. Die Dämonen, die kein Licht, besonders keins von Göttern, ertragen konnten, flüchteten hastig, versteckten sich in umliegenden Bäumen, die im Schatten lagen, unter Steinen, in Ritzen eines Hauses, ja, sogar in den Nestern der Vögel, die in den großen, starken Bäumen nisteten, verkrochen sie sich, nur, um den göttlichen Lichtstrahl auszuweichen und nicht zu sterben; denn für Geschöpfe der Nacht ist Licht tödlich.
Die Götter wollten, dass der Junge überlebte, also schickten sie eine kleine Göttin zu ihm hinab, die ihn immer beschützen, nie von seiner Seite weichen und ihn auf seinem Weg begleiten sollte. Ein kleines Mädchen, nicht älter als acht Jahre, jedoch mit erstaunlichen Kräften, wenn man sie nur lassen würde; doch die meisten ihrer Kräfte waren versiegelt, in einem kleinen Bannmahl auf ihrem rechten Oberarm, nur noch ein paar ihrer Kräfte, vor allem das Abwehren von bösen Zaubern und Kreaturen der Nacht, blieben ihr, doch das musste reichen, um den Jungen zu beschützen. Ihre Kräfte sollten so lange versiegelt bleiben, bis sie die Wahre Liebe gefunden hatte, das hatte ihr eine Wahrsagerin vorausgesagt, doch glaubte das kleine Mädchen nicht daran; sie war sehr bodenständig und etwas kaltherzig, was sich jedoch noch im Laufe der Jahre ändern könnte, wenn sie nur mit dem Jungen die Zeit verbrachte.
Der Lichtstrahl, der immer noch auf diesen besagten Jungen herab schien, verblasste und verebbte dann schließlich ganz. Die kleine Göttin würde ihm schon helfen, wenn sich die Dämonen und die anderen Kreaturen an ihm zu schaffen machen wollten.
Kaum war der Strahl verschwunden, krochen eben diese Kreaturen aus ihren Verstecken heraus, bleckten ihre gelben, fauligen Zähne, fuhren ihre spitzen, scharfen Krallen heraus, näherten sich immer mehr dem kleinen Jungen und dem kleinen Mädchen und flüsterten ihnen drohende, aber auch gleichzeitig weiche und einschmeichelnde Worte zu.
Doch die kleine Göttin hörte nicht darauf; kurzerhand hob sie ihre Hand und vertrieb mit ihrer uralten, kräftigen Magie alle Geschöpfe der Nacht, die sich um sie versammelt hatten, worauf sich diese nie wieder blicken ließen.
Als der Junge am nächsten Morgen erwachte, fand er ein kleines Mädchen, nicht älter als er selber, neben sich liegen und ruhig und friedlich schlafend. Er fragte sich, wer das wohl sein mochte, doch dann entdeckte er auf ihrem Arm ein merkwürdiges Zeichen, so, als ob zwei Schlangen sich aufrecht gegenüber standen, und doch waren es keine Schlangen, sondern feine, mit Sorgfalt geschriebene Wörter, die der Jung nicht zu lesen vermochte.
Er fuhr mit seinen rauen, mit Dreck beschmierten Fingern über dieses Mahl, doch als er es berührte, schlug das Mädchen blitzschnell die Augen auf und wich zurück.
Sie sagte kein Wort, musterte ihren Schützling im Tageslicht; er war klein, schmächtig und gab nicht viel her, doch was sollte man machen? Ihr war aufgetragen worden, ihn zu beschützen, also würde sie es auch tun.
Der Junge lächelte seine neue Gefährtin an, doch diese gab ihm ein kühles Lächeln zur Antwort, worauf der Junge schauderte, sich jedoch nichts von seiner Angst anmerken ließ.
Er stand auf und blickte sich um. Niemand war zu sehen, nichts rührte sich, nur die alten, in die Höhe ragenden Bäume standen in erreichbarer Nähe, mit den Vogelnestern in sich, in denen sich die Dämonen versteckt hatten. Doch der Junge wollte nicht zu diesen Bäumen, er wollte irgendwo anders hin, wohin, dass wusste er noch nicht, doch auf jeden Fall weg, weg von diesem schrecklichen Ort des Mordens, weg von seiner Vergangenheit…

Ihr wollt, dass ich weiter erzähle? Ihr wollt, dass ich weiter erzähle, eine Legende, in der etwas drin vor kommt, was ihr euch mit eurer kläglichen Fantasie gar nicht vorstellen könnt? Ihr wollt, dass ich weiter von dem Schicksal dieses Jungen erzähle, egal, ob ihr dran schuld seid oder nicht? Na gut, ihr habt es so gewollt, ich erzähle weiter…

Wochen, Monate, Jahre vergingen, seitdem der Junge von Zuhause verschwunden war, seitdem die Häscher des Königs seine Eltern getötet und das ganze Haus in Schutt und Asche gelegt hatten, seitdem sich die kleine Göttin an seine Seite gesellt hatte. Inzwischen waren beide keinen Tag älter als sechzehn Jahre, sie waren in dieser Zeit im ganzen Land herum gereist, ohne Ziel, ohne Plan, was sie machen sollten, was ihr Schicksal war. Das Mädchen hatte den Jungen vor den Dämonen, die sich des Nachts immer um ihn tummelten, zurückgehalten, wofür ihr der Junge mehr als dankbar war, ja, er hatte für sie Gefühle entwickelt, die er vorher noch nie verspürt hatte. Ebenso waren im Herzen des Mädchens Gefühle aufgetaucht, die ihr eisiges Herz weich und einfühlsam machten, die sie freundlicher werden ließ, die ihr immer wieder in Lächeln auf das Gesicht zauberten. Was waren das für Gefühle? Glück? Harmonie? Geborgenheit? Vielleicht alles auf einmal? Sie hatte schon mal von einem Gefühl gehört, dass all diese Aspekte und noch viele mehr in sich vereinigte: Liebe. Doch das konnte nicht sein! Nein, sie konnte sich nicht verliebt haben! Nicht in ihn, einen großen, schlaksigen, mit Sommersprossen versehenen Jungen, der zugleich auch noch ihr Schützling war, den sie beschützen musste! Konnte sie sich so einfach verlieben?
Dem Jungen schwirrten ähnliche Gedanken im Kopf herum, jedoch unterschieden sie sich mit denen von dem Mädchen enorm.
Neun Jahre waren vergangen, und nun standen sie vor den Toren des Schlosses, in dem der König wohnte, der seine Häscher ausgeschickt hatte, um die Existenz der Eltern des Jungen auszulöschen, um ihnen alles zu nehmen, was ihnen wichtig war, bis zu ihrem Leben. Das konnte der Junge dem König nicht verzeihen und schließlich wusste er, was seine Bestimmung, was sein Schicksal war: er würde den König töten, um Rache zu nehmen an seinen Eltern, an ihm selber, der seit jenem Tag sein Leben verloren hatte.

Was? Sehe ich dort hinten etwa Köpfe, die sich weg drehen, die sich abwenden, die nicht mehr meiner Geschichte lauschen wollen? Da sieht man es mal wieder: das Menschengeschlecht. Immer, wenn es etwas bekommen hat, hat es keine Lust mehr, den Rest abzuwarten. Immer muss es nach ihm gehen, immer will er alles bestimmen. Seit Jahrtausenden beobachte und studiere euch nun, euch elendes Pack! Ihr werdet euch nie bessern! Ihr werdet immer so bleiben, wie ihr seid, immer so arrogant und eingebildet, immer so herrscherisch und machtgierig, immer so – Ach, auf einmal wollt ihr, dass ich weiter erzähle? Hab ich euch ins Gewissen geredet? Oder wollt ihr nur, dass ich endlich aufhöre, so einen Quatsch zu erzählen? Wohl eher das letztere! Doch gut, in Ordnung, wenn ihr es so wünscht, ich erzähle gerne weiter…

Als sich nun der Junge entschlossen hatte, gegen den König anzutreten und ihn zu töten, versuchte das Mädchen, ihm ins Gewissen zu reden, ihn davon abzuhalten, da sie nicht wollte, das ihm etwas passierte, weil sie nun endlich eingesehen hatte, dass dieses Gefühl, was sie für ihn empfand, die Wahre Liebe war; grenzenlose Liebe, die über den Horizont ging, über alle anderen Welten, die jedes Hindernis überstand, doch nicht den Tod.
Doch der Junge war nicht von seinem Willen abzubringen; es war sein Schicksal und er musste es antreten, ob er wollte, oder nicht, ob sie in Tränen zusammen brechen würde, oder nicht, ob sie ihm die Beine brechen würde, sodass er nicht mehr gehen konnte, oder nicht, es war egal. Mutigen Schrittes ging der Junge zum König und forderte ihn heraus. Er hatte noch nie mit einem Schwert hantiert, hatte noch nie sonst eine Waffe in der Hand gehabt, er konnte sich nur auf sein Glück und seine Intelligenz verlassen.
Der König zog mit einem gehässigen und überlegenen Grinsen sein Schwert, rannte auf den Jungen zu. Doch er hatte die Rechnung nicht mit einem flinken, jungen Burschen gemacht, der den Schwerthieben auswich und gekonnt mit einem Schild, der an der Wand hing, blockte. Ja, er hatte sogar eine Idee, wie er den König besiegen konnte, ohne, dass er ein Schwert in die Hand nahm, oder sonst irgendeine Waffe. Er lockte ihn auf den höchsten Turm, auf die höchste Stelle und stieß ihn dann von dort herunter, sodass der König unten aufkam und all seine Knochen gebrochen hatte, die Splitter der Knochen hatten sich in die inneren Organe gebohrt, sodass er sofort tot war.
Die junge Göttin, die alles mit an gesehen hatte, war überglücklich, dass ihr Geliebter überlebt hatte. Sie versuchte, in das Schloss zugelangen, doch die Wachen versperrten ihr den Weg, sodass sie nicht eintreten, sondern nur darauf warten konnte, dass der Junge heraus kam.
Doch er kam nicht. Tagelang wartete sie auf ein Zeichen von ihm, doch es kam keines. Wochen stand sie vor dem Schloss und hatte immer noch nichts von ihm gehört, so dass sie dachte, er wäre tot, doch das konnte nicht stimmen, denn alle auf dem Schloss, sogar die Wachen redeten über den Jungen König, wie gut und hilfsbereit er doch war, und so musste er noch leben. Doch wie konnte sie ihn erreichen? Die Wachen ließen sie nicht hindurch, ihre Kräfte schufen ihr keine Flügel, sodass sie zu ihm fliegen konnte, und auch eine Nachricht konnte sie nicht verschicken. Es war hoffnungslos, doch sie gab nicht auf. Monate über Monate, Jahre über Jahre wartete sie auf ein Zeichen, darauf, dass sie endlich erhört wurde und zu ihm konnte, doch nichts geschah. Bis sich eines Tages die Tore öffneten…

Ja, jetzt seid ihr wieder hellhörig geworden! Die Geschichte hat sich nicht so entwickelt, wie ihr es euch gedacht habt! Pah! Ihr dummen Menschen! Denkt ihr, ihr könnt alles wissen! Denkt ihr, ihr könnt alles vorhersagen, alles bestimmen? Ihr seid einfach nur erbärmlich, so erbärmlich, dass man euch am liebsten gar nicht anschauen möchte. Wie würdet ihr sagen, geht die Geschichte zu Ende? Wird es ein Happy End geben? Werden sie beide unglücklich? Oder wird nur einer es? Ihr wisst es nicht – das war anzunehmen. Immer seid ihr darauf erpicht, zu zeigen, wie schlau ihr doch seid, doch dann, wenn man euch etwas direkt fragt, seid ihr stumm wie die Kakerlaken auf dem Küchenboden! Hört, wie die Legende ein Ende nimmt…

Die Tore öffneten sich und eine große Schar an Leuten, alle in schwarz gekleidet, kam heraus, einen hölzernen Sarg tragend und mit einem traurigen Gesichtsausdruck gingen sie an dem Mädchen vorbei, dass eine schlimme Vorahnung hatte, diese aber nicht wahr haben wollte. Sie lief zu einer älteren Frau mit vielen Falten im Gesicht und langen, schon etwas grauen Haaren hinüber und fragte, was vorgefallen sei, dass alle so traurig waren und einen Sarg trugen. Der König sei gestorben, antwortete die Frau leise und niedergeschlagen. An Einsamkeit soll er gestorben sein, da er seine Wahre Liebe nicht bei sich gehabt hatte, da man es ihm verboten hatte. Jahre des Kummers, des Traurigseins und des Alleinseins ließ er über sich ergehen, bis er schließlich starb, vor Einsamkeit und Kummer.
Dem Mädchen stiegen Tränen in die Augen. Sie wusste, dass sie die Wahre Liebe gewesen war, doch es war ihr verboten gewesen, das Schloss zu betreten und dem König zu sagen, dass sie ihn liebte. Nun hatte sie keine Gelegenheit mehr dazu.
Die Frau wandte sich ab und sie schritten weiter, der Sarg wippte mit jedem Schritt auf und ab und die junge Göttin sah ihm mit tränenverschmierten Wangen hinterher.
Sie wusste nicht, was sie ohne ihn anfangen sollte, was sie machen sollte. Sie konnte nicht ohne ihn leben und doch musste sie es. Warum hatte sie sich nicht früher dazu bekann, dass sie ihn liebte, warum hatte sie es ihm früher nicht gesagt? Dann wäre das alles nicht passiert! Doch nun ist es geschehen und niemand kann es mehr rückgängig machen, egal, wie sehr man es versucht hätte.
Kurzerhand stellte sich das Mädchen auf das Steingeländer der Brücke, die vor dem Schloss stand und über einen reißenden Fluss führte. Sie schluckte noch einmal, dann sprang sie mit einem Ich liebe dich in die Fluten, wo ihr Schrei geschluckt und an sich gerissen wurde. Niemand sah das junge Mädchen, was in den Wellen trieb, niemand hörte noch ihren Schrei, der stumm über ihre Lippen ging, als man sie fand, niemand wusste, dass sie nur aus Liebe gestorben war…

Sehe ich da etwa Tränen in euren Augen? Hat euch die Geschichte so gerührt? War sie so traurig? Ich bitte euch! Ihr könnt so etwas wie Trauer oder Mitleid verspüren! Ihr fragt mich, wer ich denn sei, dass ich so über die Menschen reden könne? Ha! Da lache ich nur! Ich bin jemand, der euch beobachtet hat, der euch diese Legende erzählt hat, die wahr ist, die wirklich geschehen ist. Ich bin der Junge, der gestorben ist, weil er nicht auf sie gehört hat, ich habe einen Fehler begangen, den man nie wieder rückgängig machen konnte. Ich bin ihr nie wieder begegnet, weder in letzten Leben, noch in diesem. Ich konnte ihr nicht einmal sagen, dass ich sie liebe… Wenn ich diesen Fehler nicht gemacht hätte, dann wäre sie noch hier, bei mir, doch ich war so dumm und habe mich von Rache leiten lassen! Genau deswegen hasse ich euch Menschen! Doch all das ändert nicht, dass ich selber auch nur ein Mensch bin, ein Mensch, der einfach nur töricht war, ein Mensch, der nicht auf sein Herz, sondern auf seinen Verstand gehört hat! Ein Mensch, der nicht sterben, aber auch nicht leben kann, ein Mensch, der ewig an den Schmerz seiner verlorenen Wahren Liebe gebunden ist…
 
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Takuraja Gaishi

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wow das nenn ich ma ne gelungene Legende klinglt wirklich gut:naruto_clapclap:
 
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Chumani Kyo

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Danke, dass es dir so gut gefällt^^ hab mir richtig mühe gegeben :naruto_smile:
 
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