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Hexe Nicki

Sano Kosuke

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„Okay liebe Hexen, es ist so weit, die Prüfungen beginnen!“, rief die alte Oberhexe.

Brav standen mehrere Hexenschülerinnen in einer Reihe vor ihr. Eine kleine Hexe mit zwei roten Zöpfen war als erstes an der Reihe.

„So, ein schwarzes Kleid, nach traditioneller Art angefertigt. Gut gemacht!“ Auf der Schule wurde sehr viel Wert auf die Kleidung einer Hexe gelegt. Eine Hexe zu sein ist schon etwas Besonderes, und da sollte man sich auch entsprechend kleiden. „Zeig mal deinen Besen“, bat die Oberhexe. Die kleine Hexe gab ihr den Besen.
„Ein guter Besen, und den Stiel hast du auch sauber abgeschliffen. Nun zeig mal, ob du damit auch fliegen kannst“, sagte sie und gab Marie den Besen wieder. Marie stieg auf den Besen und stieß sich ab. Doch leider kam sie dabei ins schleudern und trudelte in einen Baum.
„Na, daran solltest du noch arbeiten“, meinte die Oberhexe und sah Marie tadelnd an. „Jetzt braust du mir bitte noch einen Trank, der gegen Schnupfen hilft, und dann bist du fertig.“
Schnell machte sich Marie an die Arbeit. Der Trank sah gut aus. „Die richtige Farbe und auch im Ablauf alles richtig. Das hast du sehr gut gemacht“. Marie war erleichtert, dass wenigstens das geklappt hatte, wo sie doch beim Fliegen versagt hatte.
„Alice ist die Nächste“, sagte eine andere Ausbilderin. Eine Hexenschülerin mit langem, braunem Haar trat vor.
„Ja, das Kleid sieht ordentlich aus. Zeig doch bitte deinen Besen“, forderte die alte Hexe Alice auf. Doch dieser war eine Katastrophe. Ein krummer Stiel, der nicht glatt geschliffen war und kaputte, zerzauste Borsten.
„Das ist kein Besen, dass ist ein Stock mit ein bisschen Stroh dran. Du solltest dich wirklich besser um deinen Besen kümmern. Denn vergiss nicht, er hat auch Gefühle“, schimpfte die Hexe. „Ich hoffe er fliegt wenigstens.“
Ja, das tat er. Sogar besser als er aussah. „Das war ja sehr gut“, lobte die Alte und war anscheinend selbst überrascht darüber. „Du machst mir bitte eine Lotion gegen rissige Haut.“ Auch das klappte einigermaßen. „Sehr gut, das sieht richtig gut aus“, wurde Alice gelobt. „Die nächste ist Hanna“.
Eine Hexe mit dunkelgrünem Pferdeschwanz trat vor. „Ah, schön, sogar eine weiße Schürze zu dem schwarzen Kleid. Wunderbar“, stellte die Oberhexe zufrieden fest. Auch von Hannas Besen war sie begeistert. „Ein schöner Reisigbesen und auch ein schöner Stab.“ Der Besen flog fantastisch. Als zweite Prüfung musste Hanna Augentropfen herstellen. Da schien es jedoch einige Probleme zu geben, denn aus dem Fläschchen stieg eine graue Rauchwolke auf.
„Ich glaube, diese Prüfung hast du gehörig in den Sand gesetzt“. Man sah der Oberhexe die Enttäuschung an.
Nach Hanna mussten noch eine Menge anderer Schülerinnen ihr Können unter Beweis stellen. Zum Schluss waren noch zwei übrig, Nicki und Tina.
Als erstes wurde Tina aufgerufen.
„Ich werde perfekt sein“, zischte sie der letzten Hexe zu.
Doch sie musste sich bald die Kritik der Oberhexe anhören, die ihre Erscheinung als scheußlich bunt bezeichnete. „Man kann es auch übertreiben. So wird man nie glauben, dass du eine Hexe bist“, tadelte sie.
Wirklich, das Mädchen sah schon komisch aus. Dicke, lange, blonde Haare mit Kräusellocken und rosa Strähnen. Ein knall bunt geschminktes Gesicht und ein rot, rosa Kleid. Eigentlich sah die ganze Erscheinung zum Schreien aus, aber Tina fand das toll.
So seltsam sie auch aussah, sie hatte einen wunderschönen Besen und ihre Flugkünste waren mit Abstand die Besten. Auch den Schlaftrank fertigte sie perfekt an. Es war halt nur ihr Auftritt, der etwas schräg war.
„Nun, als Letzte ist Nicki an der Reihe“, rief die Oberhexe.
Nicki trat zu ihr.
„Einen wunderschönen Schnitt für dein Kleid hast du dir ausgesucht, und das Schultertuch ist eine fantastische Idee. Auch die hochgesteckten Haare gefallen mir sehr gut. Das verleiht dir eine große Ausstrahlung“, lobte die Oberhexe. Nicki freute sich über das Lob und übergab ihren Besen.
„Oh, du hast einen Besen mit Rosshaar ausgestattet, wirklich gut! Er ist so schön weich. Und der Stab ist sogar mit Wachs bearbeitet und poliert worden. Dein Name ist auch eingraviert“, sagte sie entzückt und war ganz begeistert.
„Ja, falls er mir verloren geht“, erklärte Nicki.
„Gut, dann zeig mal wie du fliegst“, wurde sie von der Oberhexe aufgefordert.
Nicki stieg auf und flog los. Sie war mindestens genau so gut wie ihre Vorgängerin und als sie landete, lächelte die Oberhexe schon sehr zufrieden.
„Jetzt mach mit bitte noch ein Mittel gegen Fußpilz, und dann ist der Hauptteil zu Ende“.
Dadurch, dass schon alle Anderen mit der Prüfung fertig waren, wurde es natürlich laut um Nicki herum. Doch erste Regel beim Brauen von Tränken war volle Konzentration und Ruhe. Sie wollte gerade nach einer Zutat greifen, als sie ihre Hand wieder zurückzog. Stattdessen klatschte sie ihre Hände über ihrem Kopf zusammen und sagte leise: „Siletium.“ Sofort entstand um sie herum eine Kuppel, die allen Lärm draußen hielt, und Nick konnte mit ihre Arbeit beginnen. Das Lächeln der Oberhexe wurde breiter. Sie war sehr zufrieden mit dem, was sie sah.
Es dauerte nicht lange, da war Nicki mit ihrem Zaubertrank fertig, löste die Kuppel mit einem weiteren Klatschen wieder auf und übergab der Oberhexe die fertige Tinktur.
„Der sieht sehr gut aus, und den Trick mit der Lärmschutzkuppel fand ich besonders gut“, sagte die Oberhexe zufrieden.
„Du musst auch immer auffallen, du dumme Kuh“, zischte Tina.
„Ich bin darin zumindest besser als du, du Clown“, konterte Nicki. Irgendwie wollte sie sich von Tina nicht provozieren lassen, aber wehren musste sie sich, sonst hatte sie überhaupt keine Ruhe vor ihr.
„Nun beginnt euer Vorbereitungsjahr. Die Mitglieder des Hexenrates werden euch durch ihre Kristallkugeln beobachten und entscheiden, ob euer Handeln klug und erwachsen genug ist. Wenn nicht, werdet ihr an dieser Schule wieder als Anfängerinnen beginnen.
Ihr könnt euch in Gruppen zusammen tun oder es allein versuchen. Natürlich gibt es bei beiden Varianten Vor- und Nachteile. Der Vorteil bei einer Gruppe ist, dass es entschieden einfacher ist, Fuß zu fassen und sich über Wasser zu halten, der Nachteil, die Kriterien sind entsprechend härter.
Wenn man alleine anfängt, ist es natürlich schwerer, alles zu bewältigen. Deshalb sind die Kriterien nicht ganz so hart“, erklärte die Oberhexe.
Es bildeten sich sofort Gruppen, die sich zusammentaten, um nicht alleine dazustehen.
„So jetzt bitte ich euch bis morgen, Modelle von Häusern anzufertigen, in denen ihr dann später leben wollt“. sagte die Oberhexe, „damit seid ihr entlassen. Ach Nicki, bleib doch noch mal kurz hier.“
Als alle gegangen waren fragte die Oberhexe ihre Schülerin: „Wieso hast du dir nicht auch eine Gruppe gesucht?“
„Ich habe mich in meiner Klasse nicht eingelebt und Freunde habe ich auch keine. Also habe ich beschlossen, es auf eigene Faust zu versuchen. Schlimmer kann es nicht werden. Meine Oma hat immer gesagt, wenn man ganz unten ist, kann es nur noch bergauf gehen“, sagte sie.
„Deine Oma hat Recht. Ich denke du wirst das schon schaffen“, meinte die Oberhexe aufmunternd.
Nicki nickte und machte sich auf den Weg in ihr Zimmer.
 
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Von außen machte die Schule nicht viel her. Sie sah aus wie eine heruntergekommene Villa, um die sich keiner kümmert. Doch öffnet man das Tor und geht hinein, steht man in einem gepflasterten Hof, auf dem die Prüfungen stattgefunden hatten.
Die Schule war ein großes, rundes Gebäude. Sie bestand aus einem breiten Gang, der einmal im Kreis führte und in regelmäßigen Abständen ragten Türme aus grauem Stein in den noch blauen Himmel. Wenn man nachts hier herumlief, konnten die Türme sehr gruselig wirken. Von den großen Haupttürmen gingen jedoch noch kleinere ab, und die Türme wirkten wie ein Baum mit seinen Ästen. Dort befanden sich hauptsächlich die Zimmer der Schülerinnen und Lehrerinnen.
Die Klassenräume und auch der Speisesaal befanden sich unter der Erde.
Nicki öffnete eine der schweren Holztüren. In dem Rundgang, den sie betrat, hingen Leuchter an den Wänden, die jetzt jedoch noch nicht leuchteten, denn es schien noch genug Licht durch die großen runden Fenster. Auf ihrem Weg kamen Nicki einige der jüngeren Schülerinnen entgegen. Sie hingen kichernd mit ihren Köpfen über einer Zeitschrift.
Nicki ging durch eine kleinere Tür in einen der Türme. Sie stieg die Wendeltreppe hinauf, an zwei Türen vorbei. Die dritte Tür führte sie in einen Nebenturm. Als sie aus dem Fenster sah, sah sie einige Vögel vorbeifliegen.
Die erste Tür führte sie in ihr Zimmer, einem runden Raum mit einem Fenster gegenüber der Tür. Unter dem Fenster stand ihr Schreibtisch, daneben ihr Bett und gegenüber ihr Schrank. Das Zimmer war sehr gemütlich eingerichtet. Sogar eine Vogelstange für Silber, Nickis Eule, befand sich darin. Die Eule gehörte schon seit sehr langer Zeit zu Nickis Familie und war auch schon das Hexentier ihrer Mutter. Nicki hing sehr an Silber, der sich seiner Aufgabe als Hexentier sehr bewusst war. Die Eule bemühte sich immer sehr, auf Nicki aufzupassen, was ihr allerdings nicht immer gelang, denn viele Aufgaben musste Nicki ohne Silber bestehen.
In ihrem Zimmer angekommen, löste Nicki ihren Haarknoten und ihr langes, schwarzes Haar fiel wie Regen auf ihre Schultern. Auf einer Vogelstange hockte Silber und sah sie mit ihren großen Augen an.
„Na, Silber was guckst du so komisch?“, fragte sie.
„Hast du alles geschafft“? wollte Silber wissen.
„Ja, war leichter als gedacht“, antwortete Nicki.
Silber wollte jetzt alles ganz genau wissen. „Was kommt jetzt?“, fragte die Eule neugierig. Nun erzählte Nicki ihrem treuen Gefährten von dem Modell des Hauses, dass sie bauen sollte.
„Also, dann fang mal an zu hexen. Ich habe auch einen tollen Zauber dafür“, sagte Silber eilfertig, flatterte auf Nickis Tisch und legte ihr einen Zettel hin.
Ein Häuschen klein und fein,
oder ein Schloss, was soll’s sein?
Ein Modell stelle ich mir her,
dann bleibt kein Wunsch offen und kein Raum leer.

stand darauf.

„Jetzt musst du mir nur noch erklären, wie das Haus aussehen soll“, meinte Silber.

Langsam entstand vor den beiden ein Haus. Als erstes ein Raum mit großen Schaufestern, einer Theke, einer Kasse, einem Telefon und vielen Regalen. Eine Tür führte nach hinten in die Küche, die ausgestattet war mit Herd, Arbeitsplatten, Hängeschränken mit Geschirr und normalen Schränkchen für Besteck, Pfannen, Töpfen, Schüsseln und anderen Kochutensilien, einer Spüle sowie einer Mikrowelle. Sogar ein Regal für ihre Kochbücher gab es und einen Kühlschrank, ein Tisch mit zwei Stühlen und eine Uhr.
Rechts neben dem Tisch führte eine Tür in den Flur, an dessen Ende sich links noch eine Tür befand. Diese führte in eine Art Labor. Ein Experimentiertisch mit Flaschen, Reagenzgläsern, einem Bunsenbrenner und vielen anderen Dingen zum Brauen von Zaubertränken gab es dort. Auch viele Schränke und Regale zur Aufbewahrung von Zutaten und Zauberbüchern waren vorhanden.
Im Flur wurde eine Treppe sichtbar, an deren Ende man im oberen Stockwerk ebenfalls einen Flur entdecken konnte. Über dem Raum mit dem Laden befand sich das Wohnzimmer, das mit Sofa, Sessel, Tisch und einem kleinen Fernseher ausgestattet war. Sogar einen offenen Kamin gab es, neben dem die Vogelstange von Silber stand. Außerdem standen noch Nickis Schreibtisch sowie ihr Klavier in diesem Raum.
Durch eine weitere Tür kam man in Nickis Zimmer. Ein Bett, daneben ein Nachtschrank mit Lampe, auf einer kleinen Anrichte ein Radio und auf einer zweiten ein Eulennest für Silber. An der Wand standen zwei Schränke, einer für persönlichen Schnickschnack und einer für Nickis Kleider.
Und es gab noch ein weiteres Zimmer, in dem sich das Bad befand. Ein Klo, eine Dusche, ein Waschbecken, ein Regal für Handtücher, Waschlappen, Shampoos und Cremes. Über dem Waschbecken hingen ein Spiegel und ein Regal für alle möglichen Dinge. Waschmaschine und Wäschetrockner gab es ebenfalls.
Dann sah man das Haus von außen, Es war weiß mit roten Ziegeln und Schornstein.
„Sieht es nicht schön aus?“ fragte Nicki.
„Ja, das ist wirklich schön“, stimmte ihr Silber zu. „Aber warum sollt ihr ein Modell eures zukünftigen Hauses bauen?“
„Vielleicht möchte die Oberhexe sehen, wie anspruchsvoll wir sind“, meinte Nicki nachdenklich.
„Eine Hexe sollte nicht in einem Schloss wohnen und ich denke, je kleiner und ärmlicher das Haus, umso besser ist es“, überlegte Silber.
„Dann bin ich gutes Mittelmaß, „ beschloss Nicki, „ich habe hier kein Schloss, aber auch keine Bruchbude“.
Silber machte den Vorschlag, schon einmal mit dem Einpacken Ihrer persönlichen Sachen zu beginnen. Diese Idee kam bei Nicki sofort gut an. Sie wolle nur noch vorher ihre Tasche verzaubern und ging zu ihrem Schrank. Heraus kam eine Umhängetasche, die ungefähr so groß war wie eine Schultasche.

„Meine Tasche ist nicht groß genug.
Die Sachen rein zu quetschen ist Unfug.
Drum mach die Sachen klitzeklein,
dann passt selbst die Erde in die Tasche rein“,


sagte sie und war selber gespannt, ob das geklappt hatte. Den Zauberspruch hatte sie noch nie angewendet.
„So, mal testen, ob es geklappt hat. Versuch es mal mit meiner Sitzstange“, meinte Silber ganz aufgeregt. Nicki nahm die Stange und schob sie in die Tasche. Sie schrumpfte und verschwand darin.
„Gut es klappt, ich tu jetzt alles rein, was wir für heute Abend und morgen nicht mehr brauchen“, sagte sie entschlossen und nahm die Stange wieder heraus. Dafür packte sie fast den ganzen Inhalt ihres Schrankes in die Tasche, ihre vielen Bücher und den Krimskrams, der sich in den sechs Jahren Schule auf den Regalen angesammelt hatte, wie Ehrungen für das Kunstfliegen, ein Fotoalbum, Mitbringsel von Klassenfahrten und ein Foto ihrer Mutter.
Danach leerte sie die Schubladen ihres Schreibtisches aus. Alles was nicht mehr intakt war, wanderte gnadenlos in den Müll. Alles andere wurde in Federtaschen gepackt oder in Ordnern abgeheftet und eingepackt. Als sie dann auch als letztes ihre Topfpflanze eingepackt hatte, sah sie sich ihr Zimmer an und stellte fest, dass es nun fast leer war.
„Puh, war das anstrengend. Wie kann man nur so viel Krempel haben“, meinte Nicki. Das konnte Silber noch nie verstehen. Aber Mädchen waren wohl so. Sie sammelten allen möglichen Kram und konnten nichts wegwerfen. So ein Umzug war da immer eine gute Gelegenheit, mal auszumisten.
„Ich habe Frau Selma, Frau Roswitha, Frau Hatschi, Frau Tasse, Frau Psst und Frau Astra versprochen noch Mal vorbei zu schauen“, sagte Nicki, „kommst du mit Silber?“
„Ja gern, dann kann ich mir die Schule noch mal genau ansehen“, sagte Silber, hüpfte auf Nickis Hand und spazierte von dort auf ihre Schulter.
 
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Nicki verließ mit Silber ihr Zimmer und ging den ganzen Weg zum Rundgang zurück.
Auf dem runden Hof gab es eine Tür in Form einer Acht, durch die man gehen musste, wenn man in die Kellergeschosse wollte. Hier brannten die Leuchter an den Wänden, weil es sonst so dunkel wäre, dass man sich verirren würde.
Als Erstklässlerin hatte Nicki sich hier oft erschreckt, weil durch die schwache Beleuchtung alles so unheimlich gewirkt hatte. Außerdem waren die Wege hier sehr verwirrend und oft kreuzten sie sich. An den Wänden war ein Muster, als wären die Wände von Wurzeln durchwachsen. Jeder Gang wirkte dadurch gleich. Doch es waren Wegweiser an den Wänden angebracht, damit sich niemand so leicht verirren konnte.
Die Tür zum Labor stand offen und Nicki konnte ihre Zaubertranklehrerin schon sehen. Nicki klopfte an und wartete, bis Frau Selma sie hereinrief.
„Nicki, schön dass du gekommen bist, meine Liebe!“, rief die kleine, rundliche Lehrerin, als sie ihre Schülerin erkannte.
„Kann ich ihnen irgendwie helfen?“, fragte Nicki gewohnheitsmäßig, denn sie war immer hilfsbereit und freute sich, anderen behilflich sein zu können.
„Nein, deshalb habe ich dich nicht hergebeten. Ich wollte dir für deinen großen Einsatz danken. Jede Freitag hast du mir hier geholfen, den Raum sauber zu machen und die benutzen Sachen zu reinigen. Und dass alles freiwillig“, lobte die Lehrerin und dabei kramte sie in ihrer Schublade herum, aus dem sie ein Päckchen herausnahm.
„Das hier ist für dich. Ich habe beobachtet, dass du manchmal hier warst und Zaubertränke ausprobiert hast und dir dazu auf irgendwelchen Zetteln oder sogar deiner Hand Notizen gemacht hast. Hier ist ein Buch, in das du in Zukunft deine Notizen hinein schreiben kannst“.
Nicki nahm das Geschenk gerne an, bedankte sich herzlich und meinte, dass dies doch nicht nötig gewesen sei. Sie half nun mal gerne und war erstaunt, dass sie dafür nun auch noch ein Geschenk bekam. Aber sie konnte dieses Buch gut gebrauchen und freute sich.
Die Lehrerin lobte Nicki und versicherte ihr, dass sie noch niemals eine solch gute Hilfe hatte.
„Vielen Dank noch mal. Nun muss ich aber noch bei einer Menge anderer Leute vorbeischauen, also entschuldigen sie, dass ich so kurz angebunden bin“, sagte Nicki und wollte sich schon umdrehen, um pünktlich zu ihrem nächsten Termin zu kommen. Aber so schnell ließ die alte Hexe das Mädchen nicht gehen. Frau Selma lächelte freundlich und erzählte ihrer Schülerin, dass die anderen Lehrerinnen oft von ihr erzählt haben und man immer nur Gutes von ihr zu hören bekam. Das tat Nicki gut, denn mit ihren Mitschülerinnen kam sie nicht so gut zurecht. Sie bedankte sich nochmals für das Lob und verabschiedete sich von der freundlichen Lehrerin, die sie sehr gern mochte. Aber nun wurde es Zeit. Sie hatte noch so viel zu erledigen.
So verließ Nicki den Raum und ging mit Ihrer Eule durch den unheimlichen Gang zurück und musste daran denken, wie oft sie diesen Weg wohl schon gegangen war. Viel Zeit zum Nachdenken blieb ihr aber nicht. Sie musste sich sputen, um zum Schulgarten zu kommen, in dem sie Frau Roswitha bestimmt schon ungeduldig erwartete. Ihr Weg zum Garten führte sie wieder nach oben. Sie ging zum Eingangstor, ein großes Eisentor, dessen Stäbe wie Spinnweben aussahen. Dann ging sie nach links auf das große Gewächshaus zu. Das Glas war vor kurzem gesäubert worden und glitzerte richtig in der Sonne.
Im Garten vor dem Gewächshaus wuchsen die verschiedensten Kräuter, und immer wenn man durch die kleine Pforte hineinging, stieg einem als erstes der Geruch der Kamille in die Nase, weil diese direkt neben dem Tor wuchs.
Frau Roswitha saß oft hier in ihrem Liegestuhl und ließ sich die Sonne auf ihr Gesicht scheinen in der Hoffnung, sie würde irgendwann mal ein wenig braun werden und nicht immer so entsetzlich blass wirken.
Im Gewächshaus waren verschiedene Blumen untergebracht, Rosen in vielen verschiedenen Farben und Größen, Lilien, Sonnenblumen und vieles mehr. Am liebsten hatte Nicki den Duft der kleinen Veilchen. Sie waren so viel kleiner als die anderen Blumen und doch konnte man sie aus allen anderen heraus riechen.
Richtig, die dürre, alte Dame mit der großen, runden Brille saß auf einem Gartenstuhl dort in der Sonne.
„Hallo, Frau Roswitha!“, rief Nicki.
„Was, oh Nicki, kommst du mich also doch noch besuchen“, sagte die alte Dame erfreut.
„Ja, dass hatte ich ihnen doch versprochen“, lachte Nicki, „kann ich ihnen hier bei irgendetwas helfen?“.
„Sag mal, wem hast du hier nicht geholfen?“, fragte Silber, der die Hilfsbereitschaft von Nicki zwar schön fand, aber manchmal auch etwas übertrieben.
„Der Schulleiterin, weil es bei ihr nichts zu helfen gab und meinen Mitschülerinnen“, flüsterte Nicki ihrer Eule zu, die Silbers Gedanken kannte.
„Nein, nein, aber komm bitte mal mit ins Gewächshaus“, sagte Frau Roswitha und erhob sich schwerfällig von ihrem Stuhl. Im Gewächshaus war es sehr warm und es duftete nach den vielen verschiedenen Blumen.
„Man, wie werde ich diese Gerüche vermissen“, schwärmte Nicki.
„Ja, es ist schön, aber es ist auch nur so schön geworden, weil du mir geholfen hast“, sagte Roswitha, „deshalb habe ich hier eine kleine Überraschung für dich.“
Roswitha überreichte Nicki einen Korb, in dem verschiedene Samen von den unterschiedlichsten Blumen, Gewächsen und Kräutern waren.
„Das ist der Wahnsinn, vielen Dank!“, rief Nicki.
„Ich bin froh, dass du dich freust. Ach, da ist noch etwas. Du hast doch an der Blumenausstellung teilgenommen. Die Regenbogenblume, die du selbst gezüchtet hast, hat den ersten Platz belegt. Das hier kam gestern Abend für dich an. Du hast schon geschlafen, und ich wollte dich nicht wecken“, sagte die alte Frau.
„Ahhhhh! Das wird ja immer verrückter!“, rief Nicki vor Freude und nahm das Paket an sich. Nun musste sie den Zauberspruch von vorhin noch mal anwenden, damit sie alles transportieren konnte:

„Mein Korb ist nicht groß genug.
Die Sachen rein zu quetschen ist Unfug.
Drum mach die Sachen klitzeklein,
dann passt selbst die Erde in den Korb rein“.

Sie hatte zum Glück daran gedacht, den Zauberspruch diesmal auf den Korb abzuändern und es funktionierte. So hatte alles in dem Korb Platz.
„Vielen Dank, für die Samen“, sagte Nicki.
„Gern geschehen. Ich glaube, du hast heute noch viel vor, stimmt das?“, fragte Roswitha.
„Ja ich muss noch von vielen Leuten Abschied nehmen“.
„Dann geh nur. Ich wünsche dir viel Glück für das nächste Jahr“, sagte Roswitha.

Nicki bedankte sich und verließ das Gewächshaus. Draußen konnte sie durch die Äste einer die vielen Trauerweiden das kleine Städtchen sehen. Dort konnten sich die Schülerinnen in ihrer Freizeit aufhalten. Nicki war jedoch nicht oft dort gewesen, weil während des Ausgangs auch alle anderen Schülerinnen dort waren und sie mit ihnen einfach nicht zurecht kam.

Auf der Grünfläche vor ihr stand derr Geräteschuppen fürs Fliegen. Davor befand sich das Feld fürs Kunstfliegen. Es gab fiele Unterteilungen, die mit weißer Farbe auf das Feld gemalt waren und deren Sinn man nur aus der Luft erkennen konnte.
Als nächstes steuerte Nicki den Flugplatz an, wo die stämmige Fluglehrerin Frau Hatschi stand und die Hindernisse von dem Prüfungsflug abbaute.
„Hallo, Frau Hatschi, hier bin ich!“, rief Nicki.
„Hallo Nicki!“, rief Frau Hatschi zurück.
„Kann ich ihnen beim Abbauen helfen?“, fragte Nicki.
„Aber gerne doch“. Zusammen machten sie sich an die Arbeit und es ging ihnen flott von der Hand. Als alles abgebaut war, fragte Nicki: „War es in Ordnung, wie ich in der Prüfung geflogen bin?“
„Ja, das war sogar spitze. Du hast viel gelernt, und das Kunstfliegen hat dir anscheinend sehr geholfen“, sagte Frau Hatschi.
„Ja, das hat es, und es hat mir immer sehr viel Spaß gemacht. Ich glaube, das hat mir so viele Siege gebracht“, sagte Nicki.
„Wie meinst du das?“, fragte Frau Hatschi irritiert.
„Die anderen Hexen verdienen damit ihr Geld und sind gezwungen, gut zu sein. Ich war das nicht und so hatte ich auch keinen Druck“, erklärte Nicki ihre Gedanken.
„Ich glaube, da hast du recht. Jetzt kommen wir aber mal zu dem Grund, warum ich dich noch einmal hergeben habe. Ich habe noch eine Kleinigkeit für dich. Dank dir ist der Pokalschrank unserer Schule wieder voll. Außerdem hast du dich beim Schulrat für neue Besen stark gemacht. Als er bereit war, die Besenbestellung zu unterschreiben, hat er gesagt: Okay ich unterschreibe, aber nur wenn sie ihre Schülerin nicht mehr auf mich hetzen. Du scheinst ihn ganz schön beeindruckt zu haben“, lachte sie.
„Drei Wochen Telefonterror und mindestens tausend Briefe bewirken manchmal Wunder“, Nicki konnte kaum an sich halten vor Lachen bei dem Gedanken, wie sie dem Schulrat damals zugesetzt hatte.
Die Lehrerin verschwand im Geräteschuppen und kam mit einem Kästchen wieder.
„Was ist das?“, fragte Nicki neugierig.
„Ein Besenpflegeset. Ich habe gesehen, mit was für altmodischen Dingen du arbeitest. Sie funktionieren zwar, es ist aber sehr anstrengend“, die Lehrerin reichte ihr das Kästchen. „Es ist für dich.“
„Wow, vielen Dank, ich weiß nicht wie oft ich das heute noch sagen werde, aber so langsam fange ich an, das alles hier zu vermissen“. Nicki freute sich über das Geschenk und darüber, dass ihre Lehrerinnen an sie gedacht hatten.
„Du kannst mich hier jeder Zeit besuchen kommen und neuen Anfängern eine Profishow bieten“, meinte Frau Hatschi, und das meinte sie ernst. Es konnte für Neulinge nur ein Ansporn sein, wenn sie sahen, was Nicki alles gelernt hatte.
„Danke, das werde ich sicher mal machen. Ich werde Silber mit einem Brief an alle Lehrer schicken, damit sie wissen, wie und wo sie mich erreichen können; das heißt, sie können mich auch gerne für eine Vorführung einladen“, sagte Nicki.
„Das wäre schön“, freute sich Frau Hatschi.
„Du würdest doch die Briefe verteilen, Silber, oder?“, fragte Nicki, die ihre Eule nicht übergehen wollte.

„Klar, ich bin doch dein bester Freund und helfe die gern, wenn ich kann“, sagte Silber.

„Du bist die beste Eule der Welt“. Nicki drückte liebevoll einen Kuss auf Silbers Kopf.
„Ja, dann warte ich auf deinen Brief“, sagte Frau Hatschi, „Bis bald, Nicki.“
„Bis bald, Frau Hatschi“. Als sie sich umwandte, liefen ihr die Tränen übers Gesicht. Sie hatte nicht gedacht, dass es so schwer sein könnte, die Schule zu verlassen.

Die nächste Station war ihr Klassenzimmer, wo sie sich mit ihrer Klassen- und Zauberspruchlehrerin treffen wollte. Dazu ging sie zurück zur Schule. Die Weiden wogen hin und her und es sah aus, als würden sie ihre Haare schütteln.

Nun musste sie wieder über den Hof nach unten in die Kellerräume gehen. Nicki überlegte, warum sie nicht vorher daran gedacht hatte, erst alle Lehrerinnen außerhalb der Schule zu besuchen und danach die Lehrerinnen darin. Nun war es zu spät und auch egal.
Der Weg, dem sie folgte, führte sie eine lange Zeit in Schlangenlinien abwärts, bis er abrupt endete. Nicki legte ihre Hand auf die Wand vor sich und fiel in ein Loch und fand sich vor der Tür ihres Klassenraumes wieder.
Als sie nach dem Klopfen hineinging, fand sie ihn vor wie immer, nur dass diesmal keine Schülerinnen darin waren. Die alten, abgenutzten Schulbänke, die in drei langen Reihen vor dem Lehrerpult standen, waren von den vielen Jahren der Benutzung schon sehr mitgenommen. An der Tafel stand noch immer der Zauberspruch, mit dem man eine Verwandlung anwende konnte. Sie wischte sich die Tränen von ihrem Gesicht.
„Ah Nicki, schön, dass du gekommen bist. Ich wollte dir für die Hilfe bei der Organisation für sämtliche Ausflüge, Klassenfarten und Feste danken. Du hast mir da wirklich geholfen“, sagte Frau Tasse.
„Oh, aber dass war doch selbstverständlich“. Nicki war erstaunt, auch hier ein so herzliches Dankeschön zu bekommen. Für sie war ja immer alles selbstverständlich, aber für die anderen wohl doch nicht.
„Für dich schon, aber nicht mal die Klassensprecher haben mir annähernd so viel geholfen wie du“, sagte Frau Tasse. Sie ging zur ihrer Tasche und zog ein Päckchen heraus. „Es ist nichts besonderes, nur ein Finanzbuch und ein Tabellenplaner“, sagte sie, „damit du in dem nächsten Jahr gut zurechtkommst.“
„Vielen Dank, ich glaube, wenn das so weitergeht, muss ich einen See voll weinen“, schniefte Nicki.
„Nicht doch“, sagte Frau Tasse, „sonst muss ich auch weinen.“
„Oh, Frau Tasse, ich werde sie vermissen“, Nicki drückte ihre Lehrerin an sich.
„Ich dich auch, Nicki. Jetzt muss ich aber leider los, um an der Auswertung der Prüfung teilzunehmen. Die Auswertung des ersten Prüfungstages ist gestern nicht ganz fertig geworden“, sagte Frau Tasse entschuldigend. Sie hätte sich viel lieber noch ein wenig mit Nicki unterhalten. Sie mochte das Mädchen sehr gern. Aber Pflicht war Pflicht, und deswegen musste sie sich auf den Weg machen.
„Dann viel Spaß dabei, auch wenn es wahrscheinlich eher langweilig ist, die Prüfungen zu bewerten“, meinte Nicki, denn sie konnte sich nicht vorstellen, dass so etwas Spaß machen könnte.
„Danke, mal sehen, wie viel Arbeit da noch auf mich zukommt“, meinte Frau Tasse und verließ den Raum.
„So, wo geht’s als nächstes hin?“, wollte Silber wissen.
„Zu Frau Psst in die Bücherei“, sagte Nicki.

Es war nicht weit bis dahin, zwei mal links abbiegen und schon stand man vor der unscheinbaren Tür der Bücherei. Frau Psst saß an ihrer Rezeption und blätterte in einem Buch. Die Bücherei hatte drei Ebenen und jede war voll gestellt mit meterlangen Regalen, die alle bis zur Decke reichten. Sie waren voll mit den schönsten Geschichten, Gedichten und Zauberbüchern, aber auch Lehrbücher über Geschichte, Naturwissenschaften und Allgemeinwissen gab es, und das war sicher nicht alles. Nicki hatte noch nicht die Zeit gehabt, alle Abteilungen zu erkunden.

Zwischen den Regalen befanden sich Tische mit Stühlen zum Lesen. Die Bücherei war ausgefüllt mit dem ihr eigenen Geruch, einer Mixtur aus Staub und muffigen Büchern. Nicki mochte diesen Geruch sehr. Sie glaubte, dass er die meisten Schülerinnen aus der Bücherei fernhielt. So konnte sie ungestört in den von ihr so geliebten Büchern lesen und ihren Gedanken nachgehen.
Sie ging auf die Rezeption zu und in dem Moment sah Frau Psst von ihrem Buch auf und schloss es.
In der Bücherei befand sich nur noch Frau Psst, die Bibliothekarin.
„Guten Tag, Frau Psst“, sagte Nicki in gedämpftem Tonfall, denn hier sprach man, wenn überhaupt, nur sehr leise.
„Nun brauchst du nicht mehr flüstern, es ist niemand hier, der sich gestört fühlt“, lachte Frau Psst.
„Ich wollte mich von ihnen verabschieden“, sagte Nicki nun etwas lauter.
„Oh ja, es ist mal wieder so weit. Aber vorher muss mich bei dir bedanken, dafür, dass du mir geholfen hast, die Bücher neu zu sortieren. Auch wenn es mir mal nicht so gut ging, hast du mich wundervoll vertreten“. Dankbar sah die Lehrerin das Mädchen an.
„Oh, das habe ich doch gern getan“, sagte Nicki.
„Ich habe da was für dich. Es ist ein Adressbuch, damit du dir notieren kannst, wo zum Beispiel deine zukünftigen Kunden wohnen“, sagte Frau Psst und reichte ihr ein kleines Adressbuch.
„Vielen Dank, das werde ich sicher gut gebrauchen können. Ich danke ihnen vielmals dafür“, freute sich Nicki und nahm dankbar das Geschenk entgegen.
Beim Hinausgehen hörte sie noch, wie die Bibliothekarin ihr noch „viel Glück, Kindchen“ nachrief.
 
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„Wie soll denn die Stadt aussehen, in der du gern leben möchtest?“, fragte Silber nun.
„Sie sollte nicht zu klein und nicht zu groß sein. Eine Kirche muss sie haben, aber nicht unbedingt ein Theater. Ein Meer in der Nähe oder wenigstens ein kleiner See wäre schön. Ich hoffe, ich bin nicht zu anspruchsvoll“, Nicki sah sehr nachdenklich aus.
Ab und zu ein Fluss und ein paar Dörfer. Langsam verflog die Traurigkeit und wich einem Gefühl der Freiheit. Sie musste nie wieder morgens aufstehen und mit den anderen frühstücken. Nie wieder würden sich deren Blicke in sie hinein bohren, wenn sie wieder mal die Antwort auf eine schwierige Frage wusste und die anderen nicht. Mit einem Lächeln richtete sie ihren Blick nach vorn. Hinter einem Hügel kam eine Großstadt in Sicht.
„Na, was meinst du?“, fragte Silber.
„Nein, die ist mir zu groß“, antwortete Nicki und drehte ab. Und dadurch kam eine Insel in ihr Sichtfeld. Eine kleine Insel mit einer gemütlich wirkenden Stadt. Ein Strand war auch zu sehen und als sie näher kam, bemerkte sie einen kleinen See im Wald. Alles sah so idyllisch aus, dass Nicki immer wieder darüber fliegen musste. Vor allem der kleine See, der inmitten einer Tannenschonung lag, hatte es ihr angetan,
„Die Stadt da sieht schön aus. Ob es da schon eine Hexe gibt?“, meinte Nicki.
„Fragen kostet nichts“, kam Silbers Antwort.
Sie flog auf die Stadt zu. Sofort fiel ihr die Kirche auf, die zwar nicht sehr hoch war, aber wunderschöne Buntglasfenster hatte. Auf dem Kirchturm entdeckte Nicki den Pfarrer.
„Guten Tag Herr Pfarrer, können sie mir sagen, ob sie hier schon eine Hexe haben?“, fragte sie.
„Nein, du bist die erste Hexe seid zwanzig Jahren, die hier vorbeikommt. Wieso willst du das wissen?“, fragte er.
„Ich bin Nicki, eine Hexenschülerin und möchte mein Prüfungsjahr hier in dieser schönen Stadt machen“, stellte sie sich vor.
„So, wenn ich dir helfen kann, sag mir bescheid“, sagte er freundlich.
„Das können sie sogar gleich tun, ich brauche nämlich ein kleines Fleckchen, auf dem ich mein Haus aufstellen kann“, sprudelte Nicki hervor.
„Du hast Glück, überlegte der Pfarrer, „hier ist vor einiger Zeit ein Haus nieder gebrannt, und seitdem hat sich niemand darum gekümmert. Wenn du den Bürgermeister fragst, bekommst du vielleicht das Grundstück.“
Nicki freute sich über die Antwort des Pfarrers und bedankte sich höflich. Nun wollte sie noch gerne wissen, wann die Predigten in der Kirche stattfanden.
„Jeden Sonntag von acht bis neun“. Der Pfarrer freute sich über Nickis Interesse.
„Ich schaue sicher mal vorbei“, sagte sie und flog weiter. Nun hatte sie es sehr eilig, denn die Aussicht auf ein Grundstück in dieser Stadt machte sie glücklich. Jetzt müsste es nur noch klappen, das wäre schön.
Das Rathaus war klein und gemütlich, ein älteres Fachwerkhaus. Nicki landete direkt vor dem Eingang und betrat die Empfangshalle.
„Na, junge Dame, wohin soll’s gehen?“, fragte der Sekretär am Empfang.
„Guten Tag, ich möchte zum Herrn Bürgermeister“, sagte sie.
„Wie alt bist du denn?“, fragte er.
„Ich heiße Nicki, bin sechzehn Jahre alt und eine Hexenschülerin“, antwortete Nicki, „und wer sind sie?“
„Ich bin Johannes, der Sekretär des Bürgermeisters, und der hat jetzt keine Zeit für kleine Mädchen“, sagte der Sekretär schnippisch.
„So ein Blödmann“, dachte sich Nicki, „was denkt der sich bloß.“
„Da kann man wohl nichts machen“. Ohne weiteren Gruß verließ Nicki den Empfang.
„Willst du schon aufgeben?“, fragte Silber. Verwundert, der so etwas von Nicki nicht gewohnt war.
„Nein, ich fliege zum Büro und klopfe ans Fenster“, grinste Nicki und hob mit ihrem Besen ab. Hinter einem der Fenster sah sie einen älteren Mann an einem Schreibtisch sitzen, vor dem eine Frau mit Notizblock, Bleistift und Fotoapparat saß. Vorsichtig klopfte sie gegen die Scheibe. Erschrocken blickten die beiden auf und sahen Nicki auf ihrem Besen vor dem Fenster schweben. Die Frau sprang sofort von ihrem Stuhl auf, öffnete das Fenster und fragte ganz besorgt: „Kindchen, wie um Gotteswillen kommst du auf die Idee, so etwas Gefährliches zu tun. Komm schnell rein.“
„Der Sekretär hat mich ganz unfreundlich abgewiesen und da dachte ich, ich klopfe einfach mal ans Fenster. Und zu ihrer Beruhigung, das war nicht gefährlich, ich bin eine Hexe“, erklärte Nicki der freundlichen Frau, die ganz verdutzt aus der Wäsche schaute. „Mein Name ist Nicki“, stellte das Mädchen sich vor.
„Ich bin Sandra“, langsam kam die freundliche Frau wieder zu sich, „ich arbeite bei der Zeitung. Gerade schreibe ich einen Bericht über die Ausreden, die der Bürgermeister sich immer wieder einfallen lässt. Wir haben hier nämlich weder einen Arzt noch eine Apotheke auf der Insel “, erklärte Sandra. Sie regte sich so über diese Missstände auf, dass ihr gar nicht bewusst war, dass eigentlich ein fremdes Mädchen vor ihr stand, die gerade behauptet hatte, sie sei eine Hexe.
Hier meldete sich der ältere Herr zu Wort: „Aber verstehen sie doch, es ist einfach zu teuer, und sie können doch auch zum Festland herüber fahren“.
Nun wusste Nicki, dass sie richtig war, denn dieser ältere Herr war der Bürgermeister. Neugierig hörte sie dem Streitgespräch zwischen ihm und Sandra zu.
„Was ist, wenn es einen Sturm gibt und dann etwas passiert, dann kommt kein Arzt hier herüber und kein Kranker hier weg“, sagte Sandra.
„Ich glaube, ich könnte ihr Problem lösen. Ich habe eine Bescheinigung, dass ich Menschen und Tiere ärztlich behandeln darf“, unterbrach Nicki das Gespräch. Hastig kramte sie die Bescheinigung aus der Tasche und gab sie dem Bürgermeister. Der runzelte die Stirn und schaute sie skeptisch an.
„Ich habe auch gelernt, Mittel gegen die verschiedensten Krankheiten und Schmerzen herzustellen“, fügte Nicki hastig hinzu. Nun wurde der Bürgermeister doch neugierig.
„Gut, und wie hoch wäre der Lohn, den du dafür haben möchtest, Kleine?“, fragte er.
„Erstens, hören sie bitte auf, mich Kleine zu nennen. Ich bin sechzehn Jahre alt und damit eine volljährige Hexe, und zweitens brauche ich einen Platz, wo ich mein Haus aufstellen kann. Der Pfarrer erwähnte, dass vor kurzem irgendwo ein Haus abgebrannt ist. Würde es da nicht gehen?“, fragte Nicki.
„Na los, Bürgermeister, billiger kommen sie nicht davon! Und wenn sie dem Mädchen keine Chance geben, haben sie morgen eine sehr schlechte Schlagzeile am Hals, das verspreche ich Ihnen“. Sandra hatte ein herausforderndes Lächeln aufgesetzt.
Mit einem etwas säuerlichen Lächeln auf den Lippen willigte der Bürgermeister nun doch zu. Ihm war klar, dass Sandra Recht hatte und sich hier eine einmalige Chance bot.
„Können sie mir das schriftlich geben?“, sagte Nicki.
„Wow, die weiß wie man’s machen muss“, lachte Sandra und bewunderte Nicki für ihre Schlagfertigkeit.

Der Bürgermeister nahm eine Besitzurkunde aus der


Schreibtischschublade, füllte sie aus und unterschrieb. Sandra las das Dokument durch und nickte zufrieden, bevor sie die Urkunde an Nicki weiterreichte. Voller Stolz nahm diese das Schriftstück entgegen und ihr wurde in diesem Augenblick klar, dass sie nun Eigentümerin eines Grundstücks war, auf das sie ihr Haus bauen konnte. Sie konnte es noch gar nicht fassen, dass das alles so schnell gegangen ist, denn es war ihr erster Tag nach den Prüfungen und sie hatte schon so viel erreicht, ein Grundstück, dass ihr allein gehörte und eine Anstellung als Hexe, Heilerin oder wie auch immer man das nennen wollte.

„Sandra, könnten sie mir das Grundstück zeigen?“, fragte Nicki. Sandra hatte schon ihr Vertrauen gewonnen und sie sich sicher, dass die Frau ihr bestimmt helfen würde.
„Gern, ich wollte dich eh fragen, ob ich ein Interview von dir bekomme. Jetzt, wo du hier bleibst, bietet sich das doch an. Ich sehe schon die Schlagzeile „Hexenschülerin auf der Sonneninsel gelandet“, sagte Sandra und strahlte. Sie war halt durch und durch eine Reporterin, die sich durch nichts von einer guten Schlagzeile abhalten ließ. Und dies war eine einmalige Chance.
„Ich nehme sie auf meinem Besen mit“, bot Nicki an.
„Toll, ich wollte schon immer mal auf einem Besen fliegen“, freute sich Sandra und stieg auf. Nicki stieß sich vom Boden ab und zusammen flogen sie durchs Fenster hinaus.
„Das ist ja echt toll“, schwärmte Sandra.
„Für mich ist es zur Gewohnheit geworden“, erklärte Nicki.
„Wer ist eigentlich der kleine Kauz auf deiner Schulter?“, wollte Sandra wissen.
„Ich heiße Silber und ich bin eine Tageule“, sagte Silbe und drehte seinen Kopf so weit, dass er zu ihr nach hinten sehen konnte.
„Er kann ja sprechen“, Sandra war nun doch sichtlich erstaunt. Ihr war klar, hier wartete eine aufregende Story auf sie, und sie war schon ganz gespannt, was es hier noch alles zu berichten gab. Silber erklärte nun, dass er ein Hexentier sei und diese nun mal sprechen können. Aber Sandra hatte noch nie ein Hexentier gesehen und war deshalb etwas irritiert. Als Silber das bemerkte, entschuldigte er sich für seine etwas forsche Art bei Sandra.
„Schon gut, du siehst sicher auch nicht jeden Tag Menschen“, sagte diese.
Als sie über den Marktplatz flogen, machte Sandra Nicki auf eine Stelle aufmerksam, auf die sie gerade zuflogen. Als Nicki zum Landeanflug ansetzte, sah sie, dass zwischen einer Reihe von Geschäften ein Haus fehlte. An der Stelle, an der früher mal ein Haus stand, war eine Müllhalde entstanden. Nicki landete und sah sich um.
„Na ja, einem geschenkten Gaul guckt man nicht ins Maul“, bemerkte sie. Das sah alles schon sehr verwildert aus, aber mit etwas Phantasie könnte was draus werden.
„Wir müssen erstmal aufräumen“, sagte Sandra, dann sieht alles nicht mehr so schlimm aus. „Das mache ich. Wäre doch gelacht, wenn ich das nicht hinkriegen würde:
Müll und Dreck
haben keinen Zweck.
Drum zaubere ich mit Heck und Meck
alles weg“,
sprach Nicki und der Müll verschwand. Übrig blieb ein grünes Stück Wiese. „So das wäre geschafft“, sagte sie zufrieden und rieb sich die Hände.
„Moment, das muss ich fotografieren. Stell dich doch bitte mit dem Rücken zum Gründstück“, sagte Sandra begeistert. Sie machte ein Foto und dann ging es weiter. Nicki nahm das Modell aus ihrem Rucksack und stellte es auf das Grundstück.

„Haus auf Land nicht erworben im Kauf,
bau dich in Normalgröße vor mir auf“

Kaum war dieser Zauberspruch ausgesprochen, stand anstatt des Modells ein richtig großes Haus vor ihnen. Sandra fiel fast aus allen Wolken. „Wahnsinn“. Mehr fiel ihr nicht ein. Sie knipste ein Foto nach dem anderen für ihren Bericht.
Das Haus passte perfekt in die Häuserlücke und stand direkt auf der Grundstücksgrenze, also war dahinter sicher noch Platz für einen Garten, dachte die neue Hausbesitzerin stolz.
„Kommen sie doch mit hinein“, forderte Nicki die Frau auf und zog einen Schlüssel aus der Tasche, öffnete die Tür und beide traten ein. „Genau wie ich es mit vorgestellt hatte“, Nicki war begeistert.
„Das ist echt fantastisch, ich kann es noch nicht glauben“, sagte Sandra überrascht. „Wann darf ich dir denn ein paar Fragen stellen? Ich bin schon ganz neugierig, was du mir erzählen wirst. Ich glaube, die Leser sind auch ganz interessiert, wenn sie hören, was du alles kannst.“
„Ich denke, wir können sofort damit anfangen. Setzen wir uns doch in die Küche“, sagte Nicki und ging voraus.
Kaum hatten sie am Tisch Platz genommen, fing Sandra schon mit der Befragung an. „Also, wie kommt es, dass du dir unsere Stadt ausgesucht hast?“, fragte sie.
„Ich hatte mir vorher schon ungefähr vorgestellt, wo ich gerne hinwollte und diese Stadt passte perfekt“, antwortete Nicki.
„Wie ist dein erster Eindruck?“, Sandra steckte das Ende ihres Stiftes in den Mund. Das tat sie immer, wenn sie etwas aufgeregt war, und das war sie heute nach all diesen Erlebnissen, die sie in der kurzen Zeit schon mit Nicki hatte.
„Der Bürgermeister und sein Sekretär sind etwas steif“, meinte Nicki und sah nachdenklich zum Fenster, „ich hoffe, dass die anderen Menschen hier netter sind.“
„Du scheinst die beiden durchschaut zu haben. Wieso hast du dir einen Platz für dein Haus gesucht?“, fragte Sandra und kaute immer noch auf ihrem Stift herum.
„Ich habe meinen Hexenabschluss gemacht. Damit er gültig ist, muss ich ein Jahr auf mich alleingestellt leben. Wenn ich das nicht schaffe, muss ich zurück zur Schule“, Nicki klang etwas besorgt. Der Gedanke wieder zurück zu müssen, war nicht nur unerträglich sondern auch damit verbunden, ihre Familie zu enttäuschen. Außerdem würden sich alle anderen über sie lustig machen.
„Sehr interessant, und was gedenkst du zu tun, um dich über Wasser zu halten?“, fragte Sandra.
„Ich kann vieles, ich kenne mich mit Pflanzen aus, ich kann heilen, Tränke und Tinkturen mischen und da ich fliegen kann, wäre es für mich ein leichtes. mal eben zum Festland zu fliegen und etwas hin zu bringen oder zu holen“, sagte sie.
„Apothekerin, Ärztin, Gärtnerin und Lieferservice, das nenne ich flexibel“, meinte Sandra. „Ja, nur weiß noch niemand, dass ihr hier bin“. Nicki fing an zu lachen, denn ihr war klar, dass sich das mit Sandras Hilfe sofort ändern würde. So eifrig wie die loslegte, wussten spätestens morgen alle im Ort, dass es sie gab.
„Das lass mal meine Sorge sein, ich werde einen Artikel schreiben. Ich hätte gern noch ein Foto von dir wie du fliegst und das kommt auf die Titelseite“, sagte Sandra da auch schon.
„Eine bessere Werbung gibt es nicht“, grinste Nicki.
Sandra kratze sich am Unterarm und verzog etwas gequält ihr Gesicht. „Entschuldigung, ich habe einen Hautausschlag. Ich bin gegen Blütenpollen allergisch“, sagte Sandra. Das Jucken war manchmal unerträglich, und peinlich war ihr das auch. Aber sie konnte nicht anders als sich zu kratzen, obwohl sie wusste, dass es dann noch schlimmer würde.
„Ich glaube, da habe ich was“, sagte Nicki eilfertig und kramte in ihrer Tasche herum, aus der sie nach einigem Suchen ein Fläschchen herauszog. „Damit können sie den Ausschlag einreiben, und wenn sie es einatmen, wird die Nase wieder frei.“ Das war auch so eine unangenehme Sache bei Allergien. Die Leute hatten verstopfte Nasen, als wären sie erkältet.
„Das muss ich doch gleich mal aus probieren“. Sandra nahm interessiert das Fläschchen und rieb sich ein wenig von dem Inhalt auf den Arm. Anschließend schnupperte sie daran.
„Und, wirkt es?“, wollte Nicki wissen. Sie wusste, dass das Mittel recht schnell zur Wirkung kam.
„Fabelhaft meine Nase ist frei und der Ausschlag juckt schon nicht mehr“, antwortete Sandra. Das war kaum zu glauben. Wenn sie sich überlegte, was sie schon alles ausprobiert hatte, und da kam ein 16-jähriges Mädchen und konnte ihr von jetzt auf gleich helfen. Phantastisch!
Nicki sah die Erleichterung in Sandras Gesicht und freute sich, dass sie hier helfen und gleichzeitig auch gleich ihr Können unter Beweis stellen konnte. Das kam bestimmt auch in dem Bericht über sie vor, und das wäre von großem Nutzen für Nicki.
Zusammen gingen sie nach draußen, weil Sandra unbedingt noch mehr Bilder machen wollte. „Sag doch du“, sagte sie bei dieser Gelegenheit zu Nicki, der das natürlich recht war. Sie fühlte sich sogar ein wenig geehrt. Wenn man bedenkt, dass sie diese Frau erst vor ein paar Stunden kennen gelernt hatte, war das auch eine Ehre. Das hieße ja auch, dass Nicki willkommen war.
„Silber, steig lieber ab“, sagte Nicki.
Das ließ sich die Eule nicht zweimal sagen und flatterte von Nickis Schulter. Fast senkrecht startete diese in die Luft, ließ sich rückwärts vom Besen fallen, der sie aber wieder auffing. Sandra war pausenlos am fotografieren. Das alles überstieg ihre Erwartungen bei weitem und ständig kam ein „Super, einfach spitze, ich bin begeistert“ von ihr.
„Das ist doch nichts“, dachte Nicki, die bei so viel Lob fast verlegen wurde.
„So Nickilein, ich werde dann mal den Artikel schreiben und du siehst dich hier noch ein bisschen um“, sagte Sandra.
Nickilein hörte sich für Sandra schön an und sie lächelte vor sich hin.
„Ja, aber erst muss ich auspacken“, sagte Nicki und schon flog sie zu ihrem Haus zurück. Sie war froh, der erste Tag war noch nicht vergangen und schon gab es jemanden, der sie unterstützte. Silber war ihr gefolgt und setzte sich gewohnheitsmäßig wieder auf ihre Schulter. Auch ihm fiel auf, dass Nicki einen recht glücklichen Eindruck machte.
„Dann wollen wir mal auspacken“. Nicki war voller Elan und ging in die Küche, wo sie sofort damit anfing, ihre Utensilien zu sortieren. Das Kochbuch stellte sie ins Regal, im Labor räumte sie ihre Zauberbücher an ihren Platz, ihre restlichen Zutaten in den Schrank und ihr Laborzubehör auf den Tisch.
Als nächstes ging sie nach oben ins Wohnzimmer, wo sie die Vogelstange neben den Kamin stellte, ein paar ihrer Bücher in ein Regal legte, das über dem Kamin hing, alle Schreibutensilien und Dokumente in oder auf dem Schreibtisch deponierte und das Klavier an die Wand schob.
Zum Schluss war ihr Schlafzimmer dran. Der persönliche Schnickschnack kam ins Regal, das Foto ihrer Mutter auf den Nachtschrank, ihre Kleider in den Schrank und fertig war sie. Das ging alles recht schnell, sogar ohne Zauberei. „Okay, das hätten wir“, stellte sie zufrieden fest.
„Nicki, so langsam bekomme ich Hunger“, nörgelte Silber.
„Ich auch, lass uns nachsehen, was im Kühlschrank ist“, sagte sie und lief voraus die Treppe runter und in die Küche.
Im Kühlschrank waren vier Würstchen. „Okay, ich hoffe du magst Würstchen“, sagte sie zu ihrer Eule, nahm einen Topf aus dem Schrank, tat Wasser hinein und zum Schluss die Würstchen, stellte alles auf den Herd und machte die Herdplatte an.
„So, bis die fertig sind, können wir ja den Tisch decken“, meinte sie und nahm zwei Teller aus dem Schrank, ein Glas für sich und ein Schälchen für Silber, aus der Schublade noch Messer und Gabel und platzierte alles auf den Tisch.
Dann sah sie nach den Würstchen. Das Wasser war wohl zu heiß gewesen, denn ein Würstchen war schon aufgeplatzt. Aber das machte nichts. Nicki nahm beide Würstchen aus dem Topf und legte sie auf ihren Teller, dann füllte sie Silbers Schälchen mit Wasser und schnitt eine Wurst in kleine Häppchen, die sie dann auf Silbers Teller legte.
„Guten Appetit“, sagte sie. „Danke gleichfalls“, schmatzte Silber. Sie genossen das Essen und blieben, als sie fertig waren noch eine ganze Weile sitzen um zu schwatzen. Der Tag war sehr aufregend gewesen. Das fanden beide.
Nach dem Essen wusch Nicki ab und räumte die Küche wieder auf. Ordnung musste sein, fand sie. Als alles erledigt war, schlug Silber vor, dass sie sich doch nun die Stadt ansehen könnten. Er war neugierig auf die Gegend und auf neue Abenteuer.
„Das ist eine sehr gute Idee“, meinte Nicki, stieg auf ihren Besen, Silber nahm auf ihrer Schulter platz und los ging`s.
 
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Sie flogen aus dem geöffneten Küchenfenster nach draußen.
„Ist das herrlich. Sieh mal, da unten ist ein Schneider, daneben der Fleischer, wie unpassend, wer will denn nach dem Anprobieren eines Kleides Wurst kaufen?“, fragte Silber.
„Keine Ahnung, vielleicht ist das hier so“, meinte Nicki, „schau mal, da ist ein Bäcker. Ich habe ein bisschen Geld und ich wollte schon immer ein Gebäck mit Obst drin essen“ und flog direkt auf den Bäckerladen zu. Der Bäcker machte große Augen, als sie vor seiner Tür landete.
„Guten Tag“, sagte Nicki freundlich, als sie den Laden betrat.
„Guten Tag, wie kann ich dir, äh ihnen helfen?“, fragte der Bäcker etwas durcheinander.
„Dir ist schon okay, ich wollte etwas mit Früchten habe, es muss auch nicht groß sein“, sagte sie.
„Dann hat Sandra mir doch keinen Bären aufgebunden“, sagte der Bäcker, „du bist wirklich hier und du bist eine Hexe.“
„Ja, wenn sie einen Bären auf dem Rücken hätten, hätten sie das doch bemerkt. Aber was hat das mit mir zu tun?“, fragte Nicki.
„Nein, jemandem einen Bären aufbinden bedeutet, dass man jemandem nicht die Wahrheit erzählt“, sagte der Bäcker.
„Ach so, nein, kein Bär, ich bin wirklich hier in dieser Stadt, heiße Nicki und ich bin eine Hexe“, lachte sie, die diese Redensart komisch fand. In ihrer Schule hatte sie so etwas noch nie gehört. Aber wahrscheinlich musste sie sich daran gewöhnen, dass es Dinge gab, die sie nicht kannte.
„Liebling, der Schornsteinfeger Marek hat seine Tasche hier liegen lassen!“, kam eine Frauenstimme aus einem der hinteren Räume, und da erschien die runde, gemütliche Bäckersfrau.
„Guten Tag wünsche ich ihnen“, sagte Nicki.
„Oh, was für ein nettes Mädchen, guten Tag“, erwiderte die Frau des Bäckers. „Liebling, passt du auf unsere Tochter auf, bis ich Marek seine Tasche gebracht habe?“ wandte sie sich wieder an ihren Mann.
„Das kann ich doch tun, dann brauchen sie nicht weg“, bot Nicki freundlich an.
„Das wäre schön. Marek ist ein großer, blonder Junge mit schwarzer Arbeitskleidung“, sagte die Frau.
„Gut, das dürfte ich hinbekommen“, meinte Nicki, „mein lieber Besen hilft mir beim Suchen.“
„Vielen Dank, das ist sehr nett von dir“, freute sich die Bäckersfrau und gab Nicki Mareks Tasche. So etwas nettes hatte sie noch nie erlebt und hatte Nicki schon jetzt in ihr Herz geschlossen, obwohl sie sie erst eben kennen gelernt hatte.
„Nicht der Rede wert, ich bin doch schließlich hier hergekommen, um zu helfen“, sagte Nicki und zu ihrem Besen gewandt, „Such den Besitzer dieser Tasche, mein lieber Freund.“
Sie hängte die Tasche auf den Stiel des Besens, ging auf die Straße und flog los, während die Bäckerleute ihr erstaunt nachsahen. Zielstrebig steuerte der Besen auf den Schornstein eines Hauses zu. Nicki beugte sich über den Schornstein und rief hinein: „Hallo Marek, bist du hier drin?“
„Man, jetzt ist es aber mal genug. Ist man noch nicht mal in einem Schornstein mehr sicher?“, rief jemand von unten. Es rumorte, kratze und schabte im Schornstein und dann tauchte ein Kopf auf. „Hä, wer bist du denn?“, fragte Marek verwirrt.
„Ich bin Nicki, die Hexe“.
„Hexe, ach ja, Sandra erzählte irgendetwas von einer kleinen Hexe“, murmelte er vor sich hin und nun erschien auch der Rest seinen Körpers.
„Sie scheint es vielen Leuten zu erzählen“, sagte Nicki.
„Sandra kennt hier jeden. Und was verschafft mir die Ehre deines Besuches?“, fragte er.
„Du hast deine Tasche beim Bäcker vergessen“.
„Oh, ist mir noch gar nicht aufgefallen, vielleicht weil ich wieder flüchten musste“, sagte er. „Flüchten?“, fragte Nicki etwas erstaunt.
„Ja, vor den Weibern“, sagte er.
„Tun sie dir weh?“, Nicki wunderte sich immer mehr.
„Ach ist das niedlich, du scheinst von tuten und blasen keine Ahnung zu haben“, lachte er.
„Ich spiele doch auch nur Klavier und nicht Trompete oder so“, meinte sie verwirrt.
Als er schon fast mitleidig lächelte, merkte sie, dass sie wieder etwas nicht richtig verstanden hatte. Es gab wohl noch mehr zu lernen als nur Zauberformeln und Rezepte.
„Nein dieses von tuten und blasen keine Ahnung haben bedeutet, dass du es nicht verstanden hast oder halt keine Ahnung von etwas Bestimmtem hast“, lachte Marek.
„Ach, wie jemandem einen Bären aufbinden?“, fragte sie.
„Genau“, meinte Marek.
„Aber warum flüchtest du vor den Mädchen?“, fragte Nicki.
„Weil ich anscheinend der einzige annehmbare Junggeselle hier bin. Die anderen, auf die diese Hühner scharf waren, sind jetzt vergeben“, lachte Marek.
„Dann warte doch bist du alt bist, dann bist du ein Altgeselle und man kann doch Zucker auf die Hühner streuen, dann sind sie nicht mehr scharf. Dann kann man sie von den anderen herunternehmen und sie sich wiederholen, dann sind sie nicht mehr auf ihnen und sie sind auch nicht mehr vergeben, aber was hat das mit Weibern zu tun?“, fragte Nicki.
Vor Lachen wäre Marek beinahe vom Dachstuhl gefallen. „Das ist ja echt zu komisch. Wo bist du denn bitte aufgewachsen?“, fragte er.
„Die ersten zehn Jahre meines Lebens auf einem kleinen Hof weit weg von hier und die letzten sechs auf einem Hexeninternat etwas weiter südlich von hier“, erklärte Nicki.
„Das erklärt einiges. Also, mit den Hühnern und Weibern meinte ich die Mädchen dieser Stadt. Wenn sie scharf auf etwas oder jemanden sind, bedeutet das, dass sie diesen Gegenstand besitzen wollen oder wenn es sich um einen Menschen handelt, sind sie verknallt.
Sie machen dann die beklopptesten Sachen, um dieses Ding zu bekommen oder der Person nahe zu sein und vergeben ist man, wenn man verliebt ist und diese Liebe erwidert wird und ein Junggeselle ist jemand, der noch nicht vergeben ist“, erklärte Marek.
„Ist das alles kompliziert, aber ich glaube, ich weiß was du meinst. In meiner Klasse gab es ein Mädchen, das hat immer, wenn wir Ausgang hatten oder Ausflüge gemacht haben, irgendwelchen Jungen nachgestiert. Ich konnte das nie verstehen“, sagte Nicki.
„Tja, musst du ja auch nicht. Übrigens, danke für die Tasche. Bist du eine echte Hexe?“, fragte er interessiert.
„Ja, das bin ich“, antwortete Nicki stolz.
„Okay, ich komme am späten Nachmittag bei dir vorbei und kontrolliere deinen Schornstein“, meinte Marek nun.
„Gut, tu das“, sagte Nicki, „ich fliege jetzt erstmal zum Bäcker zurück. Ich wollte so gern ein Fruchtgebäck haben.“
Mit den Worten: „Dann lass dir das mal schmecken, Hexlein“ verschwand Marek wieder im Schornstein und Nicki stieg auf ihren Besen und flog zurück zur Bäckerei.
„Hast du ihn finden können?“, fragte die Frau neugierig.
„Ja, er war froh, die Tasche wieder zu haben“, sagte Nicki.
„Dafür bekommst du ein Stück Obstkuchen, dass hast du dir verdient“, freundlich sah der Bäcker zu Nicki und drückte ihr ein großes Stück Apfelkuchen in die Hand.

Vorsichtig biss sie ein kleines Stück ab. Er schmeckte sehr gut. Plötzlich hatte sie das Gesicht ihrer Großmutter vor sich. Dieses runde, faltige Gesicht mit der kleinen Brille und den weißen Locken. Es war so fröhlich und gütig, wie es schon immer gewesen war. Diese hatte einmal so einen Kuchen gebacken, es war an Nickis viertem Geburtstag gewesen. Dieser Kuchen schmeckte genau so wie der damals.

„Ist der lecker, ich habe erst einmal so einen leckeren Apfelkuchen gegessen. Silber probier mal“, sagte sie und brach ihm ein Stückchen ab. Er probierte und war ebenfalls hin und weg.
„Es scheint dir ja zu schmecken“, sagte die Frau. „Ja sehr“, bestätigte Nicki kauend.
Da fiel ihr das kleine Mädchen auf, das sich hinter seiner Mutter versteckte. Nicki hockte sich hin und sah es an. Vorsichtig lugte das Kind hinter den Beinen ihrer Mutter hervor. „Na, wie heißt du denn?“, fragte Nicki, „ich bin Nicki.“
„Nina“, kam die leise Antwort.
„Das ist aber ein schöner Name. Nina, magst du Blumen?“, und als das Kind nickte, sagte Nicki:

„Eine Blume sollst du haben,
in den allerschönsten Farben“

und in ihren Händen erschien eine Blume mit herrlich bunten Blättern. Diese hielt sie Nina hin. „Die ist für dich“.
Vorsichtig streckte Nina ihre kleine Hand nach der Blume aus und griff danach, und als sie die Blume in der Hand hielt, vergaß sie ganz, dass sie nicht mehr hinter ihrer Mutter stand.
„So, ich gehe jetzt, ich habe noch so einiges zu tun“, sagte Nicki.
„Kommst du mal wieder?“, fragte Nina.
Nicki versprach es dem kleinen Mädchen und verließ winkend den Laden.
 
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„So was machen wir als nächstes?“, fragte Silber. Eigentlich hatten sie für heute schon genug neues erlebt, aber die Eule hatte anscheinend noch nicht genug.
„Was hältst du von einem Spazierflug durch den Wald?“, fragte Nicki.
„Ja, das hört sich gut an“, meinte Silber begeistert, und so flogen sie in Richtung Wald. Die Bäume waren sehr hoch und ihre Blätter saftig grün. An den Stämmen wuchs Moos und der Boden war bedeckt mit grünem Gras. So ähnlich war auch der Wald gewesen, bei dem das Haus ihrer Großmutter stand. Als sie noch klein war, ist ihr Vater oft mit ihr dort gewesen. Er liebte den Wald und er sagte oft: „Nicki, der Wald gibt uns so viel, was wir zum Leben brauchen. Was wären wir nur ohne ihn.“ Damals hatte sie nicht verstanden was er damit meinte, aber nun wusste sie, dass er Recht hatte.
Sie fühlte sich immer so frei und lebendig, wenn sie zwischen Bäumen hin und her lief um irgendwelche Pflanzen zu suchen, und die Luft war hier so klar wie sonst nirgends.
„Nicki, flieg doch mal weiter nach links. Ich glaube, ich habe jemanden rufen hören“, sagte Silber aufgeregt und durchbrach damit ihre Gedanken.
Nicki änderte ihre Richtung und schon bald hörte sie einen Hund bellen. Einen Moment später sahen sie den Hund, der wütend vor einem Rehkitz und seiner Mutter stand und mit blutverschmierter Schnauze die beiden anbellte. Da bemerkte Nicki, dass die Ricke am Bein verletzt war.
„Silber, wir müssen hier dringend einschreiten, bevor noch mehr passiert. Rede du mit ihnen. Dich verstehen sie doch“, sagte sie.
„Halt, kann mir jemand erzählen, was hier los ist?“, fragte Silber energisch in Richtung der Tiere und hörte genau zu, was der Hund zu erzählen hatte. Nach einer Weile erklärte Silber, was er von dem Hund erfahren hatte. „Der Hund wurde schon seit Tagen nicht mehr von seinem Besitzer gefüttert, also ist er abgehauen. Weil er Hunger hatte, wollte er die Rehmutter fressen.“
„Also das heißt, wenn ich dem Hund etwas zu essen gebe, muss er die Rehmutter nicht mehr fressen und das bedeutet, dass ich sie behandeln kann und sie wieder gesund wird“? fragte Nicki.
„Genau, das würde es heißen. Ich sollte schnellstens sagen, was du vorhast, bevor der Hund wieder anfängt und noch Schlimmeres passiert“, und das tat Silber dann auch sofort. Die Tiere waren sehr dankbar für die Hilfe, die ihnen angeboten wurde und zusammen verließen sie den Wald, dieses Mal allerdings zu Fuß und sehr langsam, denn es war der Ricke nicht möglich, schnell zu gehen und Nicki konnte nicht vier Tiere auf ihrem Besen mitnehmen.
Vor dem Metzger machten sie halt und Nicki besorgte dem Hund etwas zu Essen. Dann brachte sie ihn und die Rehe zu sich nach Hause, wo sie als erstes die Wunde der Ricke versorgte und ihr ihm Flur neben der Heizung eine Liegestelle aus Decken und Kissen machte.
„So, hier kannst du dich auskurieren“, sagte Nicki zufrieden.
Dem Hund schaffte sie mit einem Kunstfell einen gemütlichen Platz vor dem Kamin im Wohnzimmer. Der legte sich zufrieden auf sein neues Fell und fühlte sich hier pudelwohl. Vor allem war sein Hunger gestillt, und eigentlich war es ihm lieber, wenn er sein Futter vorgesetzt bekam. Er jagte nicht gern. Das war nicht seine Art. Aber er hatte einen solchen Hunger, dass er nicht anders konnte, als ein anderes Tier zu erlegen. Er war so dankbar, dass Nicki ihn davon abgehalten hatte und es tat ihm leid, dass er die Ricke verletzt hatte.
„Jetzt wollen wir doch mal sehen, wer dein Herrchen ist“, meinte Nicki und untersuchte das Halsband des Hundes. Sie entdeckte auch sofort den Namen des Besitzers. Johannes Winter, wer war das nun wieder? Aber Moment, den Namen Johannes hatte sie doch heute schon mal gehört. War das nicht der Sekretär des Bürgermeisters?


„Kannst du ihn mal fragen, was für eine Art Hund er ist?“, fragte sie Silber.

„Ja kann ich machen“, und dem Hund zugewandt, „du, was für eine Art Hund bist du?“
Der Hund schien etwas zu sagen und Silber meinte dann an Nicki gewandt: „Er ist ein Husky und heißt Nuuk.“
„Ah, Nuuk, gut, nun können wir unsere anderen beiden Gäste noch fragen, wie sie heißen“, meinte Nicki.
So wusste Nicki bald, dass die Ricke Gabriele und ihr Kitz Sabine hießen.
In dem Moment klingelte es an der Tür. Neugierig ging sie mit Silber auf der Schulter zur Vordertür und öffnete. Marek stand dort etwas abgehetzt auf der Schwelle. „Der Schornsteinfeger“, bemerkte Silber.
„Na, bist du hier, um dich zu verstecken?“, fragte Nicki.
„Ja, hab die kreischende Hühnerschar eine Straße weiter abgehängt“, lachte er immer noch keuchend und fragte gleich, wo denn der Kamin sei, den er jetzt inspizieren musste. Nicki erklärte ihm, der Kamin sei im Wohnzimmer im ersten Stock, was Marek etwas verwunderte. Irritiert fragte Nicki, ob es schlimm sei, wenn ein Kamin im ersten Stock ist.
„Nein, nein, es ist nur außergewöhnlich“, sagte er.
Erleichtert führte sie ihn durch die Küche in den Flur, doch da blieb Marek plötzlich verdutzt stehen, denn er hatte das Reh vor der Heizung entdeckt und durch das Fenster das Kitz, das im Garten umherhüpfte.
„Äh, wieso sind die denn hier und nicht im Wald?“, fragte er verwirrt.
„Die Mutter ist verletzt worden. Sie werden bleiben, bis es ihr besser geht“, erklärte Nicki.
„Aha, das ist gut, denke ich. Aber du solltest das dem Jäger melden“, meinte Marek.
Nicki versprach es und ging voraus ins Wohnzimmer, wo sie auf den Hund stießen, der gemütlich auf seiner Decke zusammengerollt lag und vor sich hin döste.
„Das ist doch der Hund vom Sekretär des Bürgermeisters. Was macht der denn hier?“, fragte Marek. Der fand die ganze Sache langsam etwas seltsam.
„Er hat die Rehmutter angegriffen, weil er von seinem Herrchen nichts zu Essen bekommen hat“, erklärte Nicki dem verwirrten Marek.
„Wow, da tun sich ja Abgründe auf. Deshalb war der Hund immer so aggressiv. Er hatte Hunger und ich dachte, er mag mich nicht“. Marek hatte immer ein wenig Angst vor dem Hund und ging gar nicht gern auf das Grundstück seines Herrchens. Hier lag der arme Kerl friedlich und satt auf seiner Decke und gab keinen Laut von sich.
Als sie endlich vor dem Kamin standen, den Marek putzen wollte, besah er ihn sich erstmal ausgiebig von außen, bevor er hineinkrabbelte. Es dauerte auch nicht lange, bis er wieder herunterkam: „So, alles in Ordnung.“
„Das ist gut. Kannst du mir bitte sagen, wo der Förster wohnt, damit ich ihm morgen alles melden kann. Heute ist es doch schon etwas spät.“, sagte Nicki.
„Ich habe morgen frei und nichts Besseres vor. Ich bringe dich hin“, Marek lächelte freundlich. Das fand Nicki sehr nett von dem Jungen und bedankte sich.
Zusammen gingen sie am nächsten Tag in Richtung Wald zum Haus des Försters. „Wieso bist du Junggeselle?“ wollte Nicki wissen. Auf diese Frage war Marek nicht vorbereitet gewesen. „Weil mir die Mädchen nicht gefallen, äh, nein, ich meine, weil sie doof sind, nein, was ich sagen wollte, war, sie passten einfach nicht“, stammelte er.
„Hey, kein Grund, gleich nervös zu werden“, lachte sie.
In dem Moment kamen zwei Mädchen um die Ecke und wie in einer Kurzschlussreaktion zog Marek Nicki mit hinter den nächsten Baum. „Okay, du bist verrückt“. Nicki musste sich das Lachen verkneifen, denn das hätten die Mädchen gehört, und damit wäre Marek bestimmt nicht einverstanden gewesen. Sie fand die Situation einfach zu komisch. Erst als der Weg wieder „Mädchenfrei“ war, gingen die beiden weiter.
„Warum hast du keinen Freund?“, wollte Marek nun wissen.
„Das ist ganz einfach, ich habe oft versucht, Freundschaften zu schließen, doch dann“, Nicki brach ab. „Was dann?“, fragte Marek.
„War ich nicht mehr gut genug. Es gab immer jemanden, der schöner, älter, jünger oder einfach insgesamt besser war als ich. Dazu kam, dass mir eine andere Hexe überhaupt nichts gönnen wollte. Sie hat mich schlecht gemacht wo sie nur konnte“. Bei der Erinnerung daran sah Nicki ganz traurig aus.
Nicki würde sicher nie eine Schönheitskönigin sein, aber hässlich war sie auch nicht und dadurch, dass sie so unerfahren war und gelegentlich die witzigsten Fragen stellte, war sie irgendwie niedlich, fand Marek. Wie ein kleines Mädchen eben.
„Ach Hexlein, das wird schon noch“, sagte er und legte seinen Arm tröstend um sie.
Es war ein komisches Gefühl, aber keinesfalls ein schlechtes, als sie so nah neben ihm stand.
Sie konnte nicht leugnen, dass sie es genoss. „Danke, aber ich denke eher nicht“, meinte sie.
„Ach komm, es dauert halt, bis sie deine Werte erkennen“. Marek wollte die kleine Hexe aufmuntern, meinte seine Worte aber ernst. „Wir Jungen sind in so etwas nicht so gut. Wenn ich ehrlich bin, habe ich früher auch nur auf die Oberweite der Mädchen geachtet.“
„Früher, wie alt bist du eigentlich?“
„Ich bin neunzehneinhalb, ich habe im Februar Geburtstag. und du?“
„Ich hatte vor kurzem meinen sechzehnten Geburtstag“, sagte sie.
„Na, dann bist du ja noch jünger, als ich dachte. Du hast noch Zeit genug“, meinte Marek. „Meinst du?“, Nicki war sich da nicht so sicher. „Ja, klar“, er war davon mehr als überzeugt. Vor ihnen kam ein kleines Häuschen in Sicht. „Danke Marek“, sagte Nicki plötzlich und sah ihn an. „Wofür denn?“, fragte Marek verwundert. „Dafür, dass du mich aufgemuntert hast“. „Habe ich gern getan“, sagte er und grinste breit. Vorsichtig schmiegte sie sich an seine Seite.
Erst zuckte er zusammen. Das hatte er nicht geplant, doch dann lächelte er.
„Komm Nicki, ich will hier keine Wurzeln schlagen, auch wenn es sicher sehr interessant ist, mal zu spüren, wie sich ein Baum fühlt“, sagte er.
„Ja, entschuldige bitte“, sagte sie.
„Was denn?“, fragte er etwas verwirrt.
„Na dieser Gefühlsausbruch. Meine Oma sagt immer, seine Gefühle zu zeigen ist unhöflich“, sagte Nicki und fand das eigentlich sehr schade.
„Ach, was redet deine Oma denn für einen Unsinn“, Marek fand den Spruch nicht gut.
„Wohnt hier der Jäger?“ Nicki wollte das Thema endlich wechseln. Ihr war das peinlich.
„Ja“, sagte Marek und klopfte an.
Ein älterer Mann öffnete: „Oh Marek, du warst doch letztens erst hier“, verwundert sah er den Schornsteinfeger an.
„Ich komme nicht wegen dem Kamin, ich habe Nicki hergebracht“, erklärte Marek dem Jäger. „Ah, deine Freundin?“, der Mann musterte Nicki neugierig. Dieses Mädchen hatte er vorher noch nie gesehen.
„Nein, nicht so wie du denkst“, versuchte Marek zu erklären. Aber das war dem Mann ziemlich egal und er bat die beiden, einzutreten.
„Ist deine Tochter da?“, vorsichtig lugte Marek durch die Tür ins Zimmer.
„Nein, die Luft ist rein, sie ist mit ihren Freundinnen unterwegs“, sagte der Jäger und grinste bis über beide Ohren, denn er wusste, dass alle Mädchen hinter Marek her waren. Und dass schloss auch seine Tochter nicht aus.
„Dann ist es ja gut“, sagte Marek und trat erleichtert ein. Nicki folgte ihm. „So, was führt euch denn eigentlich her?“, fragte der Jäger, „aber nehmt doch erst mal Platz.“
Sie setzten sich und Nicki erzählte, dass sie die Ricke und das Kitz im Wald gefunden hatte, dass Johannes Hund die Ricke verletzt hatte und das sie sich jetzt um die drei Tiere kümmerte.
„Ja, ich verstehe, das war genau richtig. Ich werde in den nächsten Tagen bei dir vorbeikommen und mir Ricke und Kitz ansehen und mit Johannes werde ich auch mal ein ernstes Wort reden müssen, denn so geht das ja nicht weiter“, meinte der Jäger.
„Bei Nicki sind die Tiere sicher gut aufgehoben, die Kleine ist eine Hexe“, erklärte nun Marek dem Förster, der sehr interessiert zu Nicki sah. „So, du bist also eine Hexe. Ich weiß noch, vor zwanzig Jahren, als ich noch ein Junge war, wohnte auch eine Hexe hier“, erinnerte er sich.
„Ja, der Pfarrer erzählte mir auch, dass er seit etwa zwanzig Jahren keine Hexe mehr gesehen hätte“, sagte Nicki.
„Na, ich hoffe, dass es dir hier bei uns gefällt“, meinte der Jäger freundlich, und er meinte das sehr ernst. Er freute sich wirklich darüber, dass endlich wieder mal eine Hexe unter ihnen lebte.
„Ja, ich habe schon eine Menge freundliche Leute getroffen, Den Bäcker und seine Familie, Sandra, Marek, sie und den Pfarrer und ich finde es schön hier. Nur der Bürgermeister ist etwas komisch und auch dieser Johannes war ziemlich unfreundlich“, erzählte Nicki nun eifrig und freute sich, dass der Förster sie so nett aufgenommen hatte.
„Ach Nicki, da brauchst du dir keine Gedanken zu machen, der ist immer unfreundlich“, sagte Marek, der die beiden Männer nun schon sein ganzes Leben lang kannte und auch ihre Marotten schon mehrmals erlebt hatte.
In dem Moment ging die Tür auf und Marek stieß einen stillen Schrei aus. Die Tochter des Jägers war gerade nach Hause gekommen.
„Oh Marek, was machst du denn hier?“, fragte sie überrascht und strahlte ihn an.
„Nichts Besonderes. Nicki und ich wollten auch gerade gehen. Wir wollten uns gerade von deinem Vater verabschieden.“ Marek stand auf und zog Nicki hinter sich her zur der Tür. „Huch, Marek nicht so schnell!“, rief Nicki die bei dem Tempo nicht folgen konnte. „Entschuldige Nicki, aber ich wollte nur verhindern, dass diese dumme Nuss auf falsche Gedanken kommt“, sagte Marek, als sie fluchtartig das Haus verlassen hatten.
„Kannst du dir nicht einfach eine Freundin suchen? Dann lassen sie dich endlich in Ruhe“. Nicki fand den ganzen Quatsch lästig.
Dieser Satz brachte Marek auf die verrückteste Idee überhaupt. „Das ist eine sehr gute Idee, Nicki, nur sind die Mädchen hier im Ort alle nicht mein Typ“, Marek grinste Nicki an.
„Was guckst du mich so komisch an?“, Nicki war das unangenehm. Sie hatte das dumme Gefühl, dass das, was nun kam, nicht sehr vernünftig war. Sogar ihre Nase kribbelte ein wenig, und das war kein gutes Zeichen.
„Na ja, du bist doch auch ein Mädchen“, grinste Marek. „Oh nein, mein Lieber“, Nicki verschränkte die Arme vor der Brust und sah Marek fast böse an.
„Ach komm, bitte, wir würden doch nur so tun“, versuchte er, sie zu überreden, denn er fand die Idee gut.
„Das ist doch Schwachsinn, das kaufen die dir nie ab“, Nicki war skeptisch.
„Hey, wir können es ja testen, und wenn sie drauf reinfallen, machen wir weiter“, meinte Marek.
„Aber wenn sie weiter hinter dir her sind, lassen wir es“, sagte Nicki bestimmt.
„Abgemacht“, Marek musste lachen.
Irgendwie wusste Nicki, dass es unwahrscheinlich war, dass vor Liebe blinde Mädchen den Unterschied zwischen einem Spiel und der Wahrheit erkennen würden, und so fand sie die Idee plötzlich gar nicht mehr so doof.
„Du bist so still, habe ich dich damit verletzt?“, fragte Marek.
„Wieso solltest du?“, fragte sie.
„Du musst doch jetzt denken, dass ich dich nur ausnutze, um nicht von den Mädchen überfallen zu werden“, Marek hatte plötzlich ein schlechtes Gewissen Nicki gegenüber.
Als sie zu Haus ankamen, sprang Nuuk, der Hund des Sekretärs ihnen schon entgegen und begrüßte Nicki mit wedelndem Schwanz. Nicki wusste, dass er sich nicht nur freute, sie zu sehen, sondern dass er Hunger hatte und gab ihm etwas von dem Futter. Die Ricke graste mit ihrem Kitz im Garten und Silber hatte sich eine Maus gefangen. Es war, als hätte sie schon immer hier gewohnt. Alles kam ihr so vertraut vor und sie fühlte sich sehr wohl.
Nicki und Marek gossen sich etwas zum Trinken ein, gingen ins Wohnzimmer und machten es sich bequem.
„Also,“ setzte Marek an, um Nicki die Situation zu erklären, „du sollst jetzt bitte nicht denken, dass ich dich nur ausnutzen will. So ist es nämlich nicht. Irgendwie hab ich dich ja gern. Ich kann es nur nicht definieren. Im Wald, als du dich an mich gekuschelt hast, erst war ich total erschrocken, weil ich darauf überhaupt nicht vorbereitet war, doch dann kam es mir auf einmal so vertraut vor, als hättest du es schon hundertmal getan und es wäre schon normal, verstehst du, was ich meine?“
Nicki saß da und überlegte und dann nickte sie. „Mir ging es nicht anders. Als ich das getan hatte, war ich selbst erschrocken, weil ich erst darüber nachgedacht hatte, als ich mich bereits an dich gelehnt hatte. Doch dann schien es immer wärmer zu werden und es hat sich gar nicht fremd angefühlt“.
„Genau das meine ich, diese plötzlich Wärme und dieses Gefühl, dass es einem nicht fremd ist. Ich habe gedacht, ich hätte den Verstand verloren“, sagte Marek nachdenklich.
„Ob das auch eine Art von Liebe ist?“, fragte Nicki.
„Aber ja doch“, meinte Silber, der alles mit angehört hatte.
„Welche?“, wollte Nicki wissen.
„Es ist die Liebe, die man bei Familienmitgliedern oder sehr guten Freunden spürt. Man ist nicht unbedingt verliebt, hat aber den Menschen besonders gern“, erklärte Silber, und der wusste vieles, von dem Nicki noch nie gehört hatte.
„Ich verstehe“, sagte Nicki und auch für Marek klang das logisch. „Du bist echt klug“, sagte er anerkennend zu Silber.
„Vielen Dank, ich bin auch schon etwas älter und habe mehr Lebenserfahrung als ihr beiden“. Es sah fast so aus, als würde ein Lächeln über das Gesicht der Eule huschen und Nicki erklärte Marek, dass Silber schon die Eule ihrer Großmutter gewesen sei.
„Leben Hexentiere so lange?“ Marek sah erstaunt zu der Eule.
„Ja, aber woher weißt du, dass Silber ein Hexentier ist?“, fragte Nicki.
„Du wirst es nicht glauben, aber meine Tante ist auch eine Hexe. Sie wohnt nicht weit weg von hier“, erzählte Marek. Jetzt war Nicki doch erstaunt, denn damit hatte sie nicht gerechnet. Dann war das auch nichts Neues für Marek, einer Hexe zu begegnen.
„Ich gehe jetzt in mein Nest, gute Nacht ihr zwei“, sagte Silber, flatterte aus dem Wohnzimmer und ließ die beiden allein.
„Hey Nickilein, komm doch mal bitte rüber zu mir“, forderte Marek das Mädchen auf.
„Was willst du denn?“, fragte sie und setzte sich neben ihn auf das Sofa.
„Da kommt gleich ein Film, da wirst du dich krumm und schief lachen. Würdest du den mit mir ansehen?“, fragte er.
„Ja, aber nur, wenn ich auch auf dem Sofa sitzen bleiben darf“, antwortete Nicki.
Marek setzte sich seitwärts auf das Sofa und zog sie dicht zu sich heran. Nicki erschrak etwas, denn damit hatte sie nicht gerechnet. Doch da war wieder dieses warme Gefühl, welches sie auch im Wald verspürt hatte. Es war so wundervoll.
Sie nahm die Fernbedienung und machte den Fernseher an, lehnte sich nach hinten an Mareks Brust und machte es sich bequem. Nicki entschied für sich, dass dies die schönste Stunde des Tages war, nicht weil irgendjemand sich im Fernseher zum Trottel machte, sondern wegen Marek. Gemeinsam genossen sie den Film, lachten über die gleichen Szenen und hatten einfach nur Spaß. Nach dem Film verabschiedete sich Marek und versprach, am nächsten Tag nach der Arbeit wieder zu kommen, denn er wollte Nicki unbedingt so bald wie möglich wieder sehen. Er winkte noch mal und verschwand dann.
Nicki schloss die Haustür ab und ging dann zur Hintertür. Ihre Gedanken waren noch bei Marek. Es war schon eigenartig, er war ihr so vertraut und trotzdem war er ihr noch fremd. Auch sein komisches Verhalten und der Vorschlag, seine Freundin zu spielen, waren ihr noch nicht geheuer.
Die Ricke und ihr Kitz lagen dort, wo Nicki ihnen das Lager gerichtet hatte. Sie schloss nun auch die Hintertür ab und ging nach oben in ihr Zimmer und von dort aus ins Bad. Dadurch wurde Silber wieder wach.
„Na, wie ist der Kerl so?“, fragte er.
„Er scheint nett zu sein“, sagte Nicki.
„Definiere nett“, wollte Silber wissen. „Er ist zärtlich“, antwortete sie nachdenklich.
„Aha. Was habt ihr denn noch gemacht?“, wollte Silber wissen. Er hatte sich zwar zurückgezogen, war aber neugierig und wollte alles wissen.
„Nichts Weltbewegendes, er hat ein bisschen gekuschelt“, sagte sie.
„Jaja, damit fängt es immer an“, meinte Silber.
„Man Silber, du bist meine Eule und nicht meine Mutter“. Nicki wurde ärgerlich, denn sie wollte sich nicht den schönen Abend verderben lassen.
„Ja, aber ich soll auf dich aufpassen“, sagte Silber bestimmt. Schließlich nahm er seine Aufgabe auch ernst, und das sollte Nicki wissen.
„Ach, gib ihm doch mal den Flügel oder die Klaue. Schornsteinfeger bringen Glück, wenn man ihnen die Hand gibt“, sagte Nicki und wollte einlenken, denn sie wollte sich nicht mit Silber streiten.
„Sehr witzig“, meinte Silber schnippisch.
„Kann es sein, dass du eifersüchtig bist?“, fragte sie.
„Nein, überhaupt nicht“, sagte Silber und war sich doch nicht sicher, ob Nicki nicht Recht hatte. Schließlich gab es noch nie auch nur irgendeine Konkurrenz für ihn.
„Ach komm, du weißt doch, dass du meine beste Eule bist“, lachte Nicki.
„Du hast ja Recht. Du solltest jetzt ins Bett gehen. Schlaf gut, Nicki“, sagte Silber.
„Dir auch eine gute Nacht“, Nicki kuschelte sich unter ihre Bettdecke und schlief glücklich ein.
 
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Sano Kosuke

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Wenn sie gewusst hätte, dass Tina mit ihrer Gruppe, bestehend aus Marie, Alice, Hanna und ihr in der Stadt Halt gemacht hatten, wäre Nicki bestimmt nicht so schnell eingeschlafen. Aber so vergingen harmonische Tage und Wochen, die Nicki unbeschwert genoss. Es gab auch viel zu tun, so musste sie im Labor einige Mittel gegen die verschiedensten Grundbeschwerden herstellen und weil es ihr so viel Spaß machte und es ihr auch leicht von der Hand ging, hatte sie auch noch Bonbons in verschieden Geschmacksrichtungen zubereitet.
Erstaunt über so viel Eifer wollte Silber eines Morgens wissen, was Nicki denn so früh schon im Labor zu tun hatte. Lachend zeigte sie ihrer Eule, was sie schon alles gemacht hatte. Bei den Bonbons lief Silber fast das Wasser im Schnabel zusammen und weil Nicki wusste, wie gern er naschte, schob sie ihm eines ihrer Bonbons in den Schnabel. Die restlichen Bonbons brachte sie in einem großen Glas nach vorn in den Laden.
Als sie aus dem Fenster schaute, sah sie die Bäckersfrau mit ihrer Tochter auf ihr Haus zukommen. Nicki winkte ihnen zu und die beiden betraten den Laden.
„Guten Morgen“, begrüßte Nicki die beiden freundlich.
Die Frau sah sich in Nickis Verkaufsraum um. „Guten Morgen, Nicki. Du hast dir sehr viel Mühe mit deinem Laden gegeben“. Ninas Mutter kam gern zu Nicki, um sie zu besuchen und natürlich auch der leckeren Bonbons wegen.
Nicki freute sich über das Lob. Sie hoffte natürlich, dass es den Leuten auch gefallen würde. Die Bäckersfrau sah sich alles genau an und war ganz begeistert, was Nicki in der kurzen Zeit schon alles geschafft hatte. Als sie die neuen Bonbons entdeckte, freute sie sich besonders und meinte: „Mit Bonbons liegst du in dieser Stadt gut, und bei mir sowieso“.
„Wieso?“, wollte Nicki wissen.
„Wir haben hier kein Geschäft, in dem Süßigkeiten verkauft werden. Ich möchte fünfhundert Gramm haben“, sagte sie.
Nicki wog die fünfhundert Gramm ab und sagte: „Zwei fünfzig bitte.“
„Kann ich dich um einen kleinen Gefallen bitten?“, fragte die Kundin, als sie Nicki das Geld hinlegte.
„Welchen?“, fragte Nicki.
„Ich muss zum Festland hinüber fahren und mich um meine Mutter kümmern. Für Nina ist das langweilig. Könnte sie vielleicht bis heute Nachmittag bei dir bleiben?“
„Ja gerne, wir haben sicher viel Spaß“, meinte Nicki und sah die Kleine freundlich an.
„Also Nina, ich bin heute Nachmittag wieder zurück. Sei so lange brav und mach bitte, was Nicki dir sagt“. Die Bäckersfrau freute sich, dass Nicki zugesagt hatte. Sie verabschiedete sich und machte sich auf den weg zur Fähre.
Als Nicki mit der Kleinen allein war, überlegte sie, wie man ein kleines Mädchen beschäftigen könnte. Sie hatte vorher noch nie als Babysitter gearbeitet. Da fiel Nicki ein, dass sie ihre Blumen im Garten noch einpflanzen musste und fragte Nina, ob sie nicht Lust hätte, ihr dabei zu helfen. Nina stimmte sofort zu und zusammen mit den Rehen, Nuuk, Silber und Nina ging Nicki in den Garten. Mit einem Stock zog Nicki einen großen Kreis in der Mitte des Gartens. Nina wollte nun alles ganz genau wissen und Nicki erklärte ihr, dass sie in den Kreis kleine Löcher machen würden, in die Nina die Blumenzwiebeln stecken dürfe. Nicki nahm eine kleine Schaufel aus ihrer Tasche und gab sie dem kleinen Mädchen.
„Damit kannst du Löcher machen, so groß wie deine Hand. Schaffst du das?“, fragte Nicki.
„Ja, ich bin ja schon groß“, sagte Nina stolz und fing an.
Als die Löcher im Boden waren, nahm Nicki die Blumenzwiebeln aus ihrer Tasche und steckte diese zusammen mit Nina in die Löcher. Nina war mit Eifer dabei und es machte ihr unglaublich viel Spaß, in der Erde zu buddeln und Zwiebeln zu stecken. Zum Schluss wurden die Blumenzwiebeln mit Erde zugedeckt. „Nicki, ich bin fertig“, rief Nina stolz. „Okay, das hast du sehr gut gemacht“, lobte Nicki.
„Was machen wir als nächstes?“, fragte Nina voller Tatendrang.
„Wir begießen jetzt alles mit Zauberwasser“, erklärte Nicki und gab Nina eine kleine Gießkanne. Als Nina damit die gepflanzten Zwiebeln begoss, beschleunigte sich deren Wachstum und nach wenigen Sekunden ragten bunte Blumen aus den Löchern. „Toll“. Nina starrte begeistert auf das eben erst gepflanzte Blumenbeet, das jetzt in allen Farben leuchtete.
Da ertönte die Klingel. „Oh, lass uns mal nachsehen, wer das ist“, sagte Nicki und zusammen mit Nina ging sie zur Haustür, um zu sehen, wer da war. Vor der Tür stand der Jäger, der wieder einmal wie versprochen nach den Rehen sehen wollte.
„Guten Morgen Nicki. Hallo Nina, du bist ja auch hier“, sagte er.
„Guten Morgen, ja ich passe ein bisschen auf Nina auf“, erklärte Nicki dem netten Mann, der aber schon wieder abgelenkt war, denn er hatte die leckeren Bonbons in Nickis Auslage entdeckt. “Davon werde ich mir nachher eine schöne Portion einpacken lassen, aber erst werde ich mal nach den Tieren sehen. Die Arbeit geht schließlich vor“, lachte er und ging mit den beiden Mädchen in den Garten, wo sich die Tiere aufhielten.
„Kann ich ein bisschen mit dem Hund spielen?“, fragte Nina. Nicki erlaubte es der Kleinen, denn Nuuk freute sich bestimmt über ein wenig Ablenkung. Während Nina mit Nuuk spielte, besah sich der Jäger das Reh. „Und?“, fragte Nicki.
„Du hast alles richtig gemacht, es scheint auch alles gut zu verheilen“, stellte der Jäger zufrieden fest, nachdem er das Reh genau untersucht hatte.
„Haben sie schon mit Johannes geredet?“, wollte Nicki nun wissen, denn das Schicksal des Hundes ging Nicki schon sehr nahe.
„Ja, aber er streitet alles ab und behauptet noch immer, du hättest ihm den Hund gestohlen“, sagte der Jäger.
„So eine Unverschämtheit“, regte sich Nicki auf.
„Ja, das ist es tatsächlich. Er behauptet, es müsse um halb sechs gewesen sein. Aber für diese Zeit hast du ein wasserdichtes Alibi.“ Nicki sah den Jäger erstaunt an.
„Zu dieser Zeit hast du gerade mit Marek bei mir in der Stube gesessen“, erklärte er ihr. „Ich verstehe auch nicht, warum er nicht von dieser dummen Behauptung abweicht. Er will seine Schuld und sein schäbiges Verhalten einfach nicht zugeben.“
„Ich bin eine Hexe, damit könnte er dieses Alibi zunichte machen“, sagte Nicki etwas resigniert. Nun war der Jäger etwas irritiert und fragte, ob sie denn als Hexe an zwei Orten gleichzeitig sein könne, denn das konnte er sich nun gar nicht vorstellen.
„Ja, das geht schon, ist für einen Anfänger aber lebensgefährlich, eigentlich sogar so gut wie unmöglich und auch strickt verboten“, erklärte Nicki, der die Sache unangenehm war. Schließlich wollte sie den Tieren nur helfen.
Der Jäger konnte sich nicht vorstellen, dass Nicki diese Zauberei angewendet haben könnte und meinte, dass sie sich doch keine Sorgen machen müsse. Zusammen gingen die beiden in den Laden und Nicki packte ihm für drei Euro sechshundert Gramm Bonbons ein. Mit der Tüte in der Hand verabschiedete sich der Mann und Nicki ging in den Garten zurück und sah noch eine Weile zu, wie Nina mit dem Hund herum tollte. Man sah den beiden an, dass sie Spaß hatten und Nicki lächelte vor sich hin.
Nach einer Weile fragte Nicki, ob Nina Lust auf einen kleinen Flug durch den Wald hätte. Nina war sofort begeistert dabei, wollte aber unbedingt den Hund mitnehmen. Auf dem Besen mit einem Hund wäre schon gefährlich gewesen, aber Nuuk war ein Husky und brauchte viel Auslauf, also warum nicht. Nicki und Nina flogen auf dem Besen und Nuuk lief neben ihnen her. Nicki hatte den Korb dabei und ein kleines Messer. Im Wald flog sie langsamer und sah sich um. „Was suchst du?“, wollte Nina wissen.
„Pilze oder Beeren“, erklärte Nicki.
Das fand Nina spannend und zusammen stiegen sie vom Besen und sahen sich um. Nach einiger Zeit rief Nina: „Ich habe welche gefunden!“ Nicki ging zu ihr und sah, dass sie einen Strauch voller reifer Himbeeren gefunden hatte. „Meine Mama macht daraus immer Kuchen“, erklärte Nina stolz.
„Ja, und wir machen uns daraus einen Nachtisch“, lachte Nicki und pflückte die Himbeeren. Sie hatten noch mehr Glück und fanden Champions, die sie ernteten. Auf dem Nachhauseweg hatte Nicki ihren Besen unter dem Arm und Nuuk hopste fröhlich neben ihnen her. Nicki steuerte auf einen Lebensmittelladen zu. Dort stolperte gerade ein schmächtiger Herr mit einer Einkaufstüte beladen aus der Tür.
„Oh warten sie, ich helfe ihnen“, sagte Nicki und fing die Tüte auf, die der Mann beinahe fallen gelassen hätte.
„Vielen Dank“, sagte er, „Sind sie nicht die Hexe Nicki? Ich habe den Artikel in der Zeitung gelesen. Das war sehr interessant, was da über sie geschrieben stand“.
„Ja, das bin ich, kann ich irgendwie helfen?“, fragte Nicki und ihr fiel wieder einmal auf, dass sie allen Leuten ihre Hilfe anbot.
„Ja, könntest du diese Einkaufstüte zu einer alten Dame drei Straßen weiter bringen? Sie ist schon etwas älter und würde es noch weniger schaffen als ich, diese Tüte zu tragen“, sagte er. „Aber gerne doch“, meinte Nicki freundlich.
„Nicki hilft immer gern“, sagte Nina, die die Nicki schon länger kannte und sich mit ihr angefreundet hatte.
„Ich bin übrigens Heinrich Tollpatsch, stellte sich der ältere Herr vor, „der Name passt zu mir. Mir gehört der Lebensmittelladen.“ Er musste selber ständig über seinen Namen lachen.
„Okay, Nina und ich bringen der Frau ihren Einkauf“, Nicki stieg auf ihren Besen, hob Nina zu sich hoch und klemmte sich die Tüte unter den Arm. Dann flog sie los und Nuuk lief unter ihnen her. Er schien einfach nicht müde zu werden.
Die Wohnung der alten Dame lag im zweiten Stock eines älteren Häuserblocks. Als Nina klingelte, öffnete ihnen eine gebrechliche, alte Frau im Rollstuhl, die sie fröhlich begrüßte.
„Hallo Kinder, was kann ich für euch tun?“, fragte sie erstaunt. Sie bekam nicht oft Besuch und da sie ihre Wohnung mit dem Rollstuhl nicht verlassen konnte, kannte sie die jungen Leute in diesem Ort nicht.
„Wir bringen ihren Einkauf“, erklärte Nina.
Die alte Dame freute sich über die Hilfsbereitschaft der beiden Mädchen und bat die beiden herein. Sogar Nuuk durfte mit in die Wohnung kommen und aufgeregt schnuppernd ging dieser erstmal durch die Räume. Die alte Dame bat Nicki, die Einkaufstüte auf den Tisch zu stellen.
„Warum wohnen sie denn so hoch oben. Sie können ja niemals ihre Wohnung verlassen?“ fragte Nicki interessiert.
„Weil der Bürgermeister meinte, ich solle hier oben wohnen. Er hatte angeblich keine andere Wohnung für mich“, antwortete die Frau. Sie hatte sich in ihr Schicksal gefügt und hatte sich inzwischen daran gewöhnt, ihre Wohnung nicht zu verlassen. Aber wie gerne würde sie mal wieder im Park sein, die frischen Blumen riechen und auch mal mit anderen Leuten reden.
Nicki konnte den Bürgermeister nicht verstehen. Sie empfand das als eine Frechheit der alten Dame gegenüber und konnte nicht fassen, wie man einem Menschen so etwas zumuten konnte.
„Kannst du da nichts machen, du bist doch eine Hexe, Nicki“, sagte Nina, denn sie hatte dem Gespräch der beiden interessiert zugehört.
„Du bist also die Hexe, von der ich in der Zeitung gelesen habe“, stellte die Frau fest.
„Ja, das bin ich“, sagte Nicki, „und ich werde jetzt mal sehen, ob ich etwas für sie tun kann.“ Nicki ging auf den Flur hinaus und dachte nach, was hier zu tun wäre. Eine Art Aufzug müsste es geben, genau das war es.
„Einen Aufzug brauchen wir,
von unten bis hier.
Mit einem mit Geländer dran,
damit man sich festhalten kann“,
Das war der richtige Zauberspruch.
Auf dem roten Teppich erschien ein großes blaues Quadrat und an der Wand dicht daneben erschien ein Knopf.
„Gut, dann probieren wir das doch mal aus“, meinte Nicki und schob die staunende Frau mit dem Rollstuhl auf das Quadrat mit Blickrichtung auf das Flurfenster. Dann drückte sie den Knopf. Ein ungefähr hüfthohes Gitter kam aus dem Boden und dann fuhr der Aufzug langsam nach unten.
„Huch, es funktioniert“, strahlte die alte Dame begeistert. Als sie im Erdgeschoss angekommen waren, drückte Nicki erneut den Knopf und sie fuhren wieder hoch.
„Das ist fantastisch, nun kann ich doch nach draußen. Gleich morgen werde ich eine kleine Spazierfahrt machen. Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken kann. Vielen Dank, Hexe Nicki, wie kann ich mich erkenntlich zeigen?“, fragte sie. Sie konnte ihr Glück nicht fassen.
„Das habe ich doch gern getan, und ich möchte auch nichts dafür haben. Der schönste Dank ist doch, wenn man einem Menschen helfen konnte.“
„Ich habe da eine Idee“, meinte die alte Dame, „ich backe dir einen Kuchen und bringe ihn dir morgen vorbei“, strahlte Nicki freundlich an und ließ sich von ihrem Vorhaben nicht mehr abbringen. Es würde ihr Spaß machen, allein und ohne Hilfe auf die Straße zu kommen und bis zu Nickis Haus war es ja nicht so weit.
„Darüber würde ich mich sehr freuen“, sagte Nicki und freute sich über das Glück, das aus den Augen der alten Frau strahlte.
Die beiden Mädels verabschiedeten sich von ihr und Nicki wusste, dass sie genau das Richtige getan hatte. Wieder einen Menschen glücklich gemacht, Nicki fühlte sich wunderbar.
 
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Sie ging mit Nina die Treppe hinunter und zusammen flogen sie zurück zum Laden, wo Herr Tollpatsch bereits auf sie wartete. Als Nina ihm das Geld für den Einkauf gab, fiel Nicki ein, dass sie das kassieren völlig vergessen hatte. Nina erklärte ihr stolz, dass die alte Dame ihr das Geld gegeben hatte, als Nicki im Treppenhaus war und mit dem Aufzug beschäftigt war.
„Na, da habt ihr euch auch etwas verdient“, und gab Nicki ein Geldstück in die Hand und Nina eine Tüte Kekse, worüber sie sich besonders freute, denn Nina war eine kleine Naschkatze.
„Die kannst du später essen, es gibt gleich Mittagessen“, ermahnte Nicki die Kleine und kaufte jetzt endlich ein, was sie vorhin schon machen wollte. In ihrem Einkaufskorb landeten Nudeln, Sahne, Hundefutter, Sonnenblumenkerne und Apfelsaft. Beim Abschied wünschte Heinrich den beiden noch einen schönen Tag und die beiden flogen auf Nickis Besen zurück zu Nickis Haus.
Nun mussten erst einmal die Tiere versorgt werden. Das taten die beiden gemeinsam und waren so auch schnell fertig. Jetzt konnte Nicki sich auch um das Mittagessen für sich und Nina kümmern. Sie ließ Wasser aufkochen und die Pilze in einer Pfanne schmoren. Als sie die Nudeln in den Topf mit dem Wasser getan hatte, füllte sie ein wenig Wasser in die Pfanne, tat einen kräftigen Schuss Sahne dazu und rührte alles gründlich durch. Nina sah ihr interessiert zu und schnupperte mit ihrem kleinen Nässchen. „Das riecht gut“, meinte sie.
Während sie darauf warteten, dass die Nudeln fertig wurden, wusch Nicki die Himbeeren und tat sie in eine Schüssel. Dann waren auch die Nudeln fertig und Nina hatte in der Zeit schon den Tisch gedeckt.
Es schien Nina gut zu schmecken, denn sie langte kräftig zu und vom Nachtisch blieben natürlich keine Reste. Gemeinsam kümmerten sie sich um den Abwasch und gingen anschließend hinüber in den Verkaufsraum. Nicki wollte noch etwas dekorieren und stellte eine selbstgezogene Topfpflanze, die vom Aussehen her einem Weihnachtsstern ähnelte, jedoch ihre Farbe immer wieder veränderte und die vielen Blüten mal gelb, mal rot oder blau leuchteten, neben ihre Regebogenblume auf die Theke. Nina war ganz begeistert von den wunderschönen Blumen und konnte sich gar nicht daran satt sehen.
Plötzlich fing Nickis Nase an zu jucken. Aus Erfahrung wusste sie, dass das nichts Gutes bedeutete. Ihr Gefühl täuschte sie nicht. Eine Gruppe Mädchen kam auf ihren Laden zu, allen voran ein Mädchen mit dunkelblonden, glatten kurzen Haaren und daneben eines mit einem braunen Pferdeschwanz. Nicki erkannte in ihr die Tochter des Jägers.
„Nina, geh doch noch ein bisschen mit Nuuk nach draußen “, sagte Nicki zu Nina, denn sie ahnte bereits, was jetzt auf sie zukam.
„Das soll sie also sein“, sagte das blonde Mädchen schnippisch.
„Ja, mit ihr war Marek bei meinem Vater“. Die Tochter des Jägers sah Nicki herausfordernd an.
„Mit wem habe ich das Vergnügen?“, fragte Nicki und runzelte die Stirn.
„Ich bin Veronika, die Tochter des Bürgermeisters“, stellte sich das blonde Mädchen vor. „Ich bin Wibke, die Tochter des Jägers. Wir sind uns ja schon begegnet“, sagte die Zweite. Hinter den beiden standen noch zwei andere Mädchen. eine mit kurzen schwarzen Haaren und eine mit schulterlangen roten Haaren. Die erste war die Tochter vom Schuster und die zweite die Tochter vom Fährmann.
„Was wollt ihr denn hier?“, wollte Nicki wissen, die sich die Antwort eigentlich denken konnte.
„Wir wollen, dass du deine Hände von Marek lässt. Wir haben die älteren Rechte“, zischte Veronika, und dabei erinnerte sie Nicki ungemein an Tina. Die konnte genau so giftig sein.

„Ist das alles? Ich glaube, das sollte Marek entscheiden“, antwortete Nicki ruhig.

„Werd bloß nicht frech, Kleine, mein Vater ist der Bürgermeister“, Veronika sah Nicki drohend an.
„Na und“, Nicki musste innerlich grinsen, denn sie wusste schon, wie sie diese Zicke kriegen würde. „Übrigens, ich empfehle dir, mal eine Pickelcreme zu benutzen. Diese aufgekratzten Pickel sind ja nicht mit anzusehen.“
Erschreckt zog Veronika einen Spiegel aus der Tasche und musste feststellen, dass Nicki Recht hatte. Sie litt schon längere Zeit unter diesen Pickeln, aber dass es so schlimm aussah, war ihr nicht bewusst.
„Ich wollte eigentlich keinen Streit mit euch, aber wenn ihr mir Ärger macht, hat das Konsequenzen, denn ich bin mitten in einer Prüfung, und wenn ich die wegen eurem Zickenterror vergeige, dann habt ihr Stress mit mir. Haben wir uns verstanden?“, Nicki konnte auch energisch sein, und das war so eine Situation.
„Ja“, quiekte Veronika nun ganz kleinlaut.
„Und sonst, wenn ihr irgendwelche Beschwerden habt, könnt ihr mich gern um Hilfe bitten. Ich trenne Privates und Berufliches grundsätzlich“, sagte Nicki.
„Nein, vielleicht später“, Wibke und die anderen Mädchen traten kleinlaut den taktischen Rückzug an. Nicki war erleichtert. Was sie am wenigsten brauchen konnte, war jetzt auch noch Stress wegen einem Konkurrenzkampf um Marek.
Kurz nachdem die Mädchen abgezogen waren, kam Ninas Mutter zurück.
„Und, hat sich Nina benommen“, wollte sie wissen.
„Aber ja, sie war ganz brav und hat mir auch ganz toll geholfen“, sagte Nicki.
Gemeinsam gingen sie in den Garten, wo Nina gerade das Kitz streichelte. „Nina sieh mal, deine Mama ist zurück!“, rief Nicki.
Ninas Mutter freute sich, als sie sah, welchen Spaß die Kleine mit den Tieren hatte und war erleichtert, dass Nina gut aufgehoben war, während sie in aller Ruhe alles erledigen konnte. Dankbar lächelte sie Nicki an und bot ihr das „du“ an. Sie hatte ein sehr großes Vertrauen in die neue Mitbewohnerin dieses Ortes gesetzt und mochte sie sehr gern. „Ich heiße übrigens Anne“, sagte sie freundlich. Nicki fand Annes Angebot sehr nett und fühlte sich gleich noch ein wenig mehr zu Hause. Jetzt hatte sie schon einige nette Menschen hier kennen gelernt und freute sich sehr darüber.
„Mami, komm guck dir an, was ich heute gemacht habe“, sagte Nina. Anne ließ sich von ihrer Tochter die Blumen zeigen, die sie gepflanzt hatte und Nina sprudelte damit heraus, wie schnell die Blumen gewachsen sind. Das hatte sie sehr beeindruckt und so ganz richtig verstehen konnte sie es noch immer nicht.
„Mama, wenn wir zu Hause sind, muss ich dir und Papa unbedingt erzählen, was Nicki und ich heute alles gemacht haben“, sagte sie aufgeregt.
„Ja, da bin ich ganz gespannt“, lachte Anne und freute sich über die Begeisterung ihrer kleinen Tochter. Dankbar sah sie Nicki an und gab ihr als Dankeschön ein Bauerbrot und Geld. Mutter und Tochter verabschiedeten sich sehr herzlich von Nicki und gingen nach Hause.
Doch lange war Nicki nicht allein, denn kurz darauf kam Marek schon wie versprochen vorbei. Als sie ihm die Tür öffnete, erkannte Marek sofort, wie geschafft sie war.
„Du siehst ja ganz schön fertig aus“, sagte er besorgt.
Seufzend erzählte sie ihm, was sie heute alles erlebt hatte, angefangen vom Babysitten, Blumenpflanzen, über einen Aufzug, den sie gehext hatte und den Zickenalarm, der ihr gerade noch gefehlt hatte.
„Das heißt, die Mädchen haben dir einen Besuch abgestattet?“, fragte er noch besorgter.


„Ja, aber ich lasse mir nichts gefallen, auch nicht von diesen Zicken. Ich habe alles gut überlebt, denke ich. Noch werden sie mich nicht mit irgendwas aus der Stadt ekeln wollen“, murmelte Nicki.

„Oh Nickilein“, sagte er und nahm sie tröstend in den Arm.
Doch was die beiden nicht wussten war, dass dies durch die große Glastür und die Fenster beobachtet wurde, und zwar genau von den Mädchen, über die Nicki gerade erzählt hatte. Die hatten sich seit dem Verlassen des Ladens auf die Lauer gelegt. Nicki hatte ihnen zwar mit ihrer Art und weil sie eine Hexe war, einigen Respekt eingeflößt, aber kampflos wollten sie das Feld doch nicht räumen.
„Er scheint sie wirklich sehr zu mögen“, meinte Wibke.
„Diese dumme Ziege, die kann doch nicht einfach mit ihrem Besen hier einfliegen und uns den Typen ausspannen“. Veronika war wütend und konnte sich gar nicht beruhigen. Doch mehr gab es für die Vier nicht mehr zu sehen, denn Nicki und Marek gingen nach hinten in den Garten. Marek legte sich ins Gras und sah sich die Wolken an.
„Nicki, komm leg dich zu mir und ruh` dich ein wenig aus.“, sagte er. Dieser Aufforderung folgte sie nur zu gern, denn mal abgesehen davon, dass es sehr schön war, einfach nur neben ihm im Gras zu liegen, war Nicki total geschafft und fertig. Als sie so neben ihm lag, erzählte sie ihm, wie am Morgen Anne gekommen war und Nina bei ihr gelassen hatte. Wie sie dann zusammen die Blumen gepflanzt hatten und wie der Jäger dann gekommen war, dass sie danach im Wald gewesen waren, um Pilze und Beeren zu suchen. Auch von Heinrich und der alten Dame erzählte sie und deren Problem.
„Man, dass man dass alles an einem Tag schaffen kann, und er ist ja noch nicht zu Ende“, bewundernd sah Marek zu Nicki. „Ich weiß was du jetzt brauchst, nämlich ein wenig Ruhe. Du legst dich auf dein Sofa und ich bediene dich jetzt mal von vorne bis hinten“, schlug er vor.
Das wollte Nicki aber nicht einsehen und meinte, sie könne doch nicht einfach faulenzen. „Das würde dir aber wirklich mal gut tun“, sagte Marek.
„Ich muss ihm zustimmen“, mischte sich nun auch noch Silber ein, „du hast den ganzen Tag irgendwo geschuftet.“
Es klingelte und Nicki sprang sofort auf, um zu öffnen. Vor ihr stand Sandra und begrüßte sie mit den Worten: „Du siehst ja müde aus“.
„Ja, ich hatte einen anstrengenden Tag“, und sofort fiel ihr ein, dass sie Sandra ein Öl gegen ihren Ausschlag gegeben hatte. Sie konnte einfach nicht abschalten und hatte wieder einmal tausend Gedanken im Kopf. „Hat das Öl gewirkt?“, fragte sie.
„Ja, wie ein Wunder, der Ausschlag war gleich am nächsten Tag weg und ist bis heute nicht wiedergekommen.“ Und nun erzählte sie Nicki, dass sie von Heinrich auf Nicki angesprochen wurde.
„Was hat er gesagt?“, wollte Nicki wissen.
„Er hatte sich eine Hexe ganz anders vorgestellt, aber er meint, du hättest ihm sehr geholfen und hat mich gebeten dich zu fragen, ob er dich um Hilfe bitten dürfe, wenn er eine Lieferung hat, die weiter weg muss“, erzählte Sandra.
„Ja, das kann er gerne tun“, sagte Nicki. „Aber nicht mehr heute“, sagten Marek und Silber wie aus einem Munde.
„Oh, du hast Besuch“, erst jetzt bemerkte Sandra, dass Nicki nicht allein war. „Na Marek, hast du auch ein Wehwehchen, das kuriert werden muss?“, fragte sie.
„Nein, ich passe nur etwas auf unser Hexlein auf“, lachte er.
„Aha, ganz ohne Hintergedanken?“, Sandra grinste Marek an. Sie kannte ihn ja schon länger.
„Sag mal was hältst du denn von mir, ich bitte dich“, Marek lachte laut auf.
„Na ja, wollen wir dir mal glauben. Übrigens, drüben hinterm Busch liegen vier Mädchen auf der Lauer. Ich denke nicht, dass die da sitzen, um verstecken zu spielen“, meinte Sandra.

„Die beobachten mich“, erschrocken sah Nicki Marek an.

„Dann sollen sie auch was zu sehen haben“, sagte Marek und beugte sich zu Nicki, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern. Nicki fing laut an zu lachen und sagte: „Ich glaube dann gehen die da drüben in die Luft vor Wut.“
„Es ist deine Entscheidung. Mir gehen sie ja am Ende nicht an die Kehle“, sagte Marek.
Verwirrt schaute Sandra die beiden an. Sie verstand natürlich nicht, was hier gespielt wurde. „Ja, machen wir’s“, sagte Nicki.
„Aber wenn die Puten dir etwas tun, musst du mir das sofort erzählen“, sagte Marek. Das versprach Nicki.
„Wieso sollten sie das denn tun?“, fragte Sandra.
„Pass auf Sandra, gleich siehst du, warum“, sagte Marek. Gespannt beobachtet Sandra was geschah. Marek hatte seine Arme um Nicki gelegt und küsste sie zärtlich. Das hatte die gewünschte Wirkung. Die vier Mädchen hatten alles gesehen und waren natürlich nun stock sauer.
„Diese kleine Schlampe“, fluchte Wibke. „Man, was ist denn an der bitte besser als an uns?“, Veronikas Gesicht wurde vor Wut ganz rot. „Sie ist eben eine Hexe“, sagte zornig die Rothaarige. „Das dürfte doch ein Minuspunkt sein, Alexis“, meinte Wibke. „Was auch immer, die Kleine treibt es entschieden zu weit“, sagte Veronika.
Nicki stand mit Marek noch immer zusammen und überlegte, ob die vier das Theater wohl geschluckt hatten, und jetzt verstand auch Sandra, was hier gespielt wurde.
„Das war also der Plan“, sagte sie bewundernd, „das ist schon clever.“
„Ja, aber auch nur, wenn du dicht hältst“, Marek war nicht sicher, ob Sandra das wirklich für sich behalten konnte.
„Aber ja doch, das bleibt unser kleines Geheimnis“, sagte diese, „ich gehe jetzt wieder und mal sehen, wie die Mädchen reagiert haben.“
Nicki verabschiedete sich von Sandra und schloss die Tür hinter ihr zu.
„Es kommt eh keiner mehr, und wenn doch, soll er klingeln. Worauf hast du denn jetzt Lust?“, fragte sie Marek.
„Sag mal, immer noch nicht genug Aktion gehabt?“ Ihm war klar, dass es mit dem Verwöhnprogramm, das er ihr vorgeschlagen hatte, doch nichts werden würde. Stattdessen bereitete Nicki das Abendessen vor, während Marek den Tisch deckte. Zusammen versorgten sie nach dem Essen die Tiere und entschieden sich dazu, es sich im Wohnzimmer gemütlich zu machen.
Silber war in dieser Nacht unterwegs, denn er hatte in einer Baumhöhle eine süße Schleiereule getroffen, mit der er sich die Zeit vertrieb.
Nachdenklich setzte Marek sich auf das Sofa und sah zu, wie Nicki immer noch herumwirbelte und nicht zur Ruhe kam. Er konnte das gar nicht mehr mit ansehen und forderte sie auf, sich zu ihm zu setzen. Dabei sagte er wieder „Nickilein“ zu ihr, was sich so zärtlich anhörte. Als Nicki sich endlich zu ihm setzte, meinte er, sie solle jetzt endlich mal versuchen, abzuschalten. Er wolle sich jetzt um sie kümmern. Innerhalb von wenigen Sekunden hatte er sie in seine Arme geschlossen. Sanft kraulte er ihr den Kopf und sie entspannte sich völlig. Dabei ging ihr durch den Kopf, dass er das nur tat, weil die Mädchen da waren und war ein wenig traurig bei dem Gedanken. Aber dann fiel ihr ein, dass sie das eh nicht sehen konnten, weil sie ja mit Marek nach oben gegangen war. Gerade als sie diesen Gedanken dachte, küsste er sie und sie schreckte auf.
„Hab ich dich erschreckt?“, fragte er besorgt.
„Ja etwas, ich hatte nicht damit gerechnet, dass du mich jetzt küsst“, sagte sie.
„Wieso denn nicht?“
„Na, weil die Mädchen hier unter Garantie nicht herein sehen können“, sagte Nicki.

„Na und, ich mag dich und da ist es egal, ob mir dabei vier Mädchen zusehen oder nicht“. „Also das mit dem Spiel ist jetzt vorbei?“, fragte Nicki.
„Einfach nur ein Vorwand“, sagte er.
Verwundert sah Nicki den Jungen an, denn damit hätte sie in ihren kühnsten Träumen nicht gerechnet.
„Du bist so naiv, aber gerade das ist so niedlich an dir. Entschuldige bitte, wenn ich dir zu nahe getreten bin“, sagte er und bereute seine Worte auch schon wieder.
„Es ist in Ordnung, ich glaube daran muss ich mich wohl gewöhnen“, meinte Nicki. Fragend sah Marek Nicki in die Augen und Nicki fuhr fort. „Ich hab dich lieb, ich will mich gerne auf dich einlassen, auch wenn ich nicht so genau weiß, wohin das führt und ob es richtig ist“, sagte Nicki.
„Du bist es nicht gewohnt, dass sich jemand für dich interessiert, oder?“, fragte Marek.
„Nein, überhaupt nicht“, sagte sie aufrichtig.
„Ich werde dir viel Zeit lassen, sehr vorsichtig und zärtlich mit dir umgehen, damit du dich an mich gewöhnen kannst“, versprach er.
Nicki nickte dankbar, es war doch sehr ungewohnt für sie, jemanden so nah bei sich zu haben. Er blieb über Nacht bei ihr.
Silber kehrte am frühen Morgen zurück und wunderte sich nicht darüber, Marek anzutreffen. Der Kauz hatte sich so was schon gedacht. Die Rehe und Nuuk lagen noch vor dem Kamin und auch Silber kuschelte sich in sein Nest.
Zu Nickis großem Pech hatte Tina von ein paar Mädchen drüben in der Stadt von Marek gehört und war neugierig geworden.
 
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Mit einem sanften Kuss wurde Marek von Nicki geweckt. „Wie lange bist du schon wach?“, fragte er noch etwas schlaftrunken. Nicki erzählte, sie sei schon länger wach und habe auch schon das Frühstück vorbereitet. Sie freute sich schon auf das gemeinsame Frühstück mit Marek und sah ihn zärtlich an. Marek machte sich fertig und ging dann nach unten.
„Na, gut geschlafen?“, fragte Silber.
„Ja, wie ein Stein, und du?“, fragte Marek zurück. „Ja, ich auch“, antwortete Silber. Marek streichelte Silber mit einem Finger über den Kopf.
„So langsam wird mir der Kerl sympathisch“, man konnte fast so etwas wie ein Grinsen in seinem Eulengesicht erkennen. Nicki und Marek freuten sich über das Kompliment, denn als solches konnte man die Aussage von Silber durchaus ansehen.
Die beiden setzten sich an den hübsch gedeckten Frühstückstisch und genossen das leckere Frühstück, das Nicki liebevoll zubereitet hatte und natürlich auch ihre Zweisamkeit. Nicki überlegte, wann sie das letzte Mal ein so harmonisches Frühstück mit jemandem eingenommen hatte. In der Hexenschule hatte sie ja keine Freunde gehabt und wurde immer als Außenseiter behandelt, und sie dachte zurück an ihre Kindheit, die sie bei ihrer Großmutter und ihrem Vater verbracht hatte. Wie lange hatte sie ihre Familie schon nicht mehr gesehen? Sie wollte gar nicht darüber nachdenken, denn es überbekam sie schon bei dem Gedanken an sie eine unsagbare Sehnsucht nach ihnen. Aber jetzt saß sie mit Marek zusammen am Frühstückstisch, den sie noch gar nicht lange kannte und schon sehr lieb gewonnen hatte. Und das wollte sie sich auch durch nichts in der Welt verderben lassen, auch nicht durch ihre eigenen trübsinnigen Gedanken.
Silber verabschiedete sich von den beiden. Er wollte einen kleinen Rundflug durch die Stadt machen und mal sehen, was dort so los war. Zu Hause passierte im Moment sowieso nichts Besonderes und Nicki und Marek waren mit sich selbst beschäftigt.
„Viel Spaß und pass auf dich auf“, rief Nicki ihrer Eule hinterher.
„Du kennst mich doch“, lachte Silber.
Nicki sah nach Gabriele und stellte fest, dass die Wunde an deren Bein verheilt war und sie schon wieder richtig laufen konnte.
„Ich glaube, ihr könntet auch in den Wald zurück“, sagte sie, denn die beiden Rehe sollten schon so schnell wie möglich in ihre gewohnte Umgebung zurückkehren.
„Nuuk, komm wir gehen spazieren!“, rief Nicki und der Husky kam die Treppe herunter gesprungen. Marek beschloss, Nicki und die Tiere zu begleiten und Hand in Hand verließen sie, gefolgt von den Tieren, das Haus.
Langsam schlenderten sie in Richtung Wald und freuten sich über das schöne Wetter, als sie Johannes, den Sekretär des Bürgermeisters, auf sich zukommen sahen. Wie immer blickte er ziemlich düster drein und machte nicht gerade einen freundlichen Eindruck. Nuuk fing leise an zu knurren.
„Nuuk, ganz ruhig“, sagte Nicki und versuchte, den Hund zu beruhigen. Ihr war schon klar, warum dieser nicht gerade freundlich auf sein Herrchen reagierte, und zurück zu ihm wollte er ganz bestimmt nicht.
„Wenn das nicht die Hexe ist. Mit welchem schwarzen Zauber hast du dem Hund denn den Kopf verdreht?“, fragte Johannes und blickte Nicki wütend an.
„Ich benutze keine Schwarzmagie und ihr Hund wäre ihnen nicht weggelaufen, wenn sie sich besser um ihn gekümmert hätten“, erwiderte Nicki bestimmt, denn von dem unfreundlichen Patron ließ sie sich schon gar nichts gefallen.

„Komm, lass uns weitergehen. Der ist halt ein Sturkopf, und du änderst ihn auch nicht“, sagte Marek und ohne ein weiteres Wort gingen sie an dem verdutzten Johannes vorbei in Richtung Wald, wo sie sich als erstes von den Rehen verabschiedeten, denn hier hatte Nicki alles getan, was getan werden konnte und die beiden konnten sich nun wieder selbst versorgen.

„Tja Nuuk, ob wir für dich ein neues zu Hause finden werden, weiß ich auch noch nicht“, murmelte Nicki.
„Vielleicht nimmt ihn ja der Jäger. Seit vor zwei Jahren sein alter Hund gestorben ist, hat er sich noch keinen neuen angeschafft“, sagte Marek.
„Es wäre einen Versuch wert“, meinte Nicki und zusammen gingen sie weiter in Richtung des Forsthauses. Unterwegs pflückte Nicki Beeren, schnitt Kräuter ab oder bückte sich, um Pilze zu sammeln. All diese Dinge wanderten in ihren Korb, den sie vorsorglich mitgenommen hatte, denn sie wusste ja, dass es im Wald immer etwas zum Ernten gab. Der Korb war fast voll, als sie das Forsthaus erreichten, wo der Jäger gerade hinter dem Haus hervorkam und ihnen zuwinkte.
„Guten Morgen“, begrüßte er sie freundlich, „was führt euch denn hier her und dazu so früh am Morgen?“.
Nicki erzählte dem Förster, dass sie die Rehe zurück in den Wald gebracht hatten und ihnen unterwegs der unfreundliche Johannes entgegengekommen sei. Und da sie der Meinung war, dass der Hund auf gar keinen Fall mehr zu seinem früheren Herrchen zurückdürfe, wollte sie fragen, ob er nicht evtl. Interesse daran hätte, Nuuk aufzunehmen. „Ein Husky braucht viel Bewegung und da sie durch ihren Beruf oft im Wald unterwegs sind, wäre es für Nuuk die ideale Lösung. Er bekommt ein gutes neues zu Hause, genügend Bewegung und sie einen treuen Begleiter“, meinte Nicki.
„Ja, das ist eine sehr gute Idee. Ich hatte schon sehr lange mit dem Gedanken gespielt, mir einen neuen Hund zuzulegen. Die Idee gefällt mir wirklich, was hältst du davon, Nuuk?“. Fragend sah er den Hund an. Der bellte einmal laut und wedelte mit dem Schwanz. „Ich glaube, er ist begeistert“, lachte Marek.
„Gut, dann kannst du ab jetzt bei mir bleiben“, sagte der Jäger zufrieden. Nicki lächelte glücklich. Sie war erleichtert, für Nuuk ein neues zu Hause gefunden zu haben. Eigentlich hatte sie vorher noch gar keinen Gedanken daran verwendet, wie es mit dem Hund weitergehen sollte. Für sie war erst einmal wichtig, dass der arme Kerl aufgepeppelt wurde und er sich erholte, und jetzt hatte sich alles irgendwie überstürzt. Die Rehe waren wieder in ihrer gewohnten Umgebung und der Hund hatte ein neues und bestimmt auch liebevolles Zuhause. Zufrieden lächelnd blickte sie zu Marek auf. Arm in Arm machten sie sich mit dem gefüllten Korb auf den Heimweg, als Silber voller Panik auf sie zugeflogen kam. Verwundert schaute Nicki den Vogel an, denn so aufgeregt hatte sie ihn noch nie gesehen. Irgendetwas musste passiert sein, aber was? Da sprudelte es auch schon aus Silber heraus: „Tina ist da!“
„Sind die anderen bei ihr?“, fragte Nicki leise.
„Ja, alle sind da“, keuchte Silber.
„Wer ist Tina denn?“, fragte Marek, dem es nicht entgangen war, wie erschrocken und zugleich auch leise Nicki geworden ist.
„Andere Hexen aus meinem Jahrgang“, erklärte Nicki und versuchte, ihm in kurzen Sätzen zu erklären, wie es ihr auf der Schule mit diesen Mädels ergangen war. Und wirklich, als sie auf dem Marktplatz ankamen, standen da Tina, Marie, Alice und Hanna mit ihren Besen.
„Ach du grüne Neue“, Marek musste laut auflachen, als sein Blick auf Tina fiel. Ihr Kleid war noch bunter als das am Tag der Prüfung. Bei diesem Anblick musste auch Nicki lachen und vergaß dabei ihre Angst vor erneuten Schwierigkeiten. Irgendwie konnte man vor solch einer Witzfigur wie Tina doch keine Angst haben.

„Tina, Marie, Alice, Hanna, was verschafft mir die Ehre eures Besuchs?“, fragte Nicki gezwungen höflich und musste sich das Lachen verkneifen.

„Wir wollten uns nur das Sahnebonbon neben dir ein bisschen ansehen und gegebenenfalls davon naschen“, sagte Tina genauso arrogant, wie Nicki sie kannte.
„Tut mir leid, dieses Sahnebonbon gehört mir. Such dir ein eigenes“, antwortete Nicki.
Diese Antwort war für Tina zu viel. Zu ihren Freundinnen gewandt, meinte sie: „Wie, kann mal jemand prüfen, ob die Welt sich noch richtig herum dreht. Unser Nicki- Baby hat einen Freund“. Tina wollte die ganze Sache ins Lächerliche ziehen und fing an zu lachen, was aber nicht besonders echt herüberkam.
„Ja, aber es scheint doch so“, sagte Marie.
„Ach was, den hat sie doch verzaubert“, lachte Alice.
„Den Eindruck macht er aber nicht“, wand Hanna ein.
„Wollt ihr etwas bestimmtes, oder einfach nur Unruhe stiften?“, fragte Nicki.
„Nein, wir wollten uns nur den Typen ansehen. Aber jemand, der sich freiwillig mit dir abgibt, muss ja doof sein. War also sinnlos, hierher zu kommen“, sagte Tina, „kommt Mädels, Abflug!“ Das war wieder die Tina, wie Nicki sie kannte, arrogant, schnippisch und ständig andere Menschen kommandierend. Aber wenn die anderen so dumm sind, sich das gefallen zu lassen, sind sie selbst dran Schuld, dachte sie. Die vier erhoben sich in die Luft und verschwanden in Richtung Festland.
„Na, dass sind ja nette Mädchen“, sagte Marek, dabei war die Ironie in seinem Tonfall gut herauszuhören.
„Ja, sie sind schon ein Segen, diese vier Engel“, seufzte Nicki.
„Na ja, dafür sind sie so schnell abgeflogen wie sie gekommen sind“, lachte Marek.
Nicki machte ein besorgtes Gesicht. Das Lachen war ihr nun doch vergangen. Sie versuchte Marek zu erklären, was ihr Sorgen bereitete, und zwar, dass Tina wegen ihm hergekommen war. Das war ihr absolut nicht geheuer.
„Ja, eifersüchtige Hexen können gemein sein“, stimmte Silber ihr zu. „Zum Glück kann keine der vier sich gut verwandeln, da haben sie in der Schule immer versagt. Aber trotzdem, vertraue niemandem, den du nicht kennst oder der sich seltsam benimmt“, ermahnte Nicki Marek.
„Ich verstehe was du meinst. Wahrscheinlich kennen die sich zumindest in manchen Punkten gut, wenn nicht besser aus als du, oder?“, fragte Marek.
„Ja, leider“, sagte Nicki. Marek versprach, gut aufzupassen und drückte Nicki zärtlich an sich. Erleichtert sah sie zu ihm auf.
„Sag mal Nicki, was gibt es denn heute zu essen?“, fragte Silber, der nach der Aufregung plötzlich einen ziemlichen Hunger verspürte.
„Ich dachte, heute könnten wir mal Suppe essen“, antwortete Nicki.
„Leckere Idee“, meinte Marek, für den es selbstverständlich war, dass sie den Tag gemeinsam verbringen würden. „Ich liebe dich, Nicki.“
Er gab ihr einen Kuss und Silber verdrehte den Kopf. Die ganze Sache war ihm doch etwas peinlich.
„Ich liebe dich auch. Ich glaube, jetzt müssen wir uns beeilen. Ich habe noch viel zu tun. Außerdem bekomme ich heute noch Besuch und will diesen nicht verpassen“, sagte Nicki.
Sie gingen zum Haus zurück. Wie selbstverständlich begann Nicki mit den Vorbereitungen für das Mittagessen und Marek deckte den Tisch und kümmerte sich anschließend um die Blumen, die dringend gegossen werden mussten.
„Nun, was hältst du von Marek?“, fragte Nicki ihre Eule.
„So langsam wird er mir richtig sympathisch, aber das habe ich heute Morgen ja schon gesagt.

Er ist wirklich sehr nett. Wir sollten aber trotzdem aufpassen. Jetzt, wo Tina weiß, dass du hier wohnst und dass ihr euch mögt, wird sie das schamlos ausnutzen, um dich zu ärgern. Wir haben sie sicher nicht zum letzten Mal gesehen. Vergiss nicht, ihre Kräfte verdoppeln sich an schönen Tagen“, sagte Silber besorgt, „und davon gibt es hier viele.“ Das war eine Sache, die bei Tina nicht zu unterschätzen war, und das wusste auch Nicki.

„Aber bei schlechtem Wetter verzehnfachen sich meine“, sagte Nicki und wusste, dass dies aber nur passierte, wenn es gewittert und der Wind mindestens Stärke zehn hat. Und dass ein solches Unwetter hier wüten würde, glaubte auch sie nicht. Das hieß, dass sie ihre Kräfte nicht einsetzen konnte, wann sie das möchte. Sie hörten Mareks Schritte auf dem Flur und brachen ihr Gespräch ab. Es war nicht nötig, ihn unnötig zu beunruhigen. Nicki war mit dem Kochen der Suppe inzwischen fertig und der Duft von gehackten Kräutern und den Waldpilzen verteilte sich in der Küche.
„Hey, das riecht aber lecker“, bemerkte Marek. Nicki freute sich über das Lob und gemeinsam setzten sie sich an den Tisch, um ihre Mahlzeit einzunehmen. Es schmeckte beiden gut.
Plötzlich hörten sei ein leises Klopfen am Küchenfenster. Als Nicki nachschaute, entdeckte sie einen großen Waldkauz, der auf der Fensterbank saß und vorsichtig an die Scheibe klopfte. Erstaunt erhob sie sich und ging zum Fenster, um es zu öffnen. Sofort ließ sich der Waldkauz auf ihrem Arm nieder und legte einen Brief in ihre andere Hand.
„Wer ist das und was bedeutet der Brief?“, fragte Marek irritiert. „Das ist ein Waldkauz, er heißt Rum und wurde wohl vom Hexenrat zu mir geschickt.“, sagte Nicki und kam zurück zum Tisch. „Kann er auch sprechen?“, fragte Marek. „Natürlich kann ich sprechen“, sagte Rum.
„Er ist ein Mensch, bitte verzeih seine Neugierde. Möchtest du etwas essen und trinken?“, fragte Nicki den Waldkauz.
„Gern, es war sehr anstrengend, dich zu finden. Was macht dieser Mensch eigentlich hier?“, wollte Rum nun wissen.
„Keine Angst, er hat keine bösen Absichten, er ist mein Freund“, erklärte Nicki und strich dem Kauz über den Kopf.
„Das ist gut. Ich soll dir ausrichte, dass die Hexen im Hexenrat sehr begeistert von deinen Taten sind, aber das steht sicher auch in dem Brief“, sagte Rum.
Inzwischen hatte Nicki dem Kauz eine Schüssel Wasser und Sonnenblumenkerne vorgesetzt, was er freudig und auch hungrig annahm, und setzte sich wieder zu Marek, um den Brief zu öffnen. Sorgsam las sie ihn durch. Als sie wieder aufsah, wollte Marek wissen, ob es gute oder schlechte Nachrichten seien.
„Ich weiß es noch nicht. In dem Brief steht, dass mich heute ein Mitglied des Hexenrates besuchen kommt“, sagte Nicki.
„Na, das kann ja heiter werden“, mischte sich nun Silber ein.
Nicki wollte sich aber nicht die Laune verderben lassen und meinte, man solle sich nicht gleich aufregen. Sie wolle sich erstmal das Essen schmecken lassen. Das fand auch Marek und langte wieder kräftig zu.
Während Nicki und Marek sich nach dem Essen um den Abwasch kümmerten, zeigte Silber seinem Kollegen die Stadt, der natürlich auch neugierig war, wo Nicki und Silber untergekommen waren. Er fand es hier sehr schön und genoss den Rundflug.
„Bist du nervös wegen des Besuches?“, fragte Marek.
„Und wie, ich meine eine Hexe des Rates kommt zu mir. Das ist, als wäre der Präsident zu Besuch. Was soll ich anziehen? Besonders traditionell, oder wirkt das zu altmodisch? Soll ich was zu essen anbieten und wenn, was? Muss ich eine Krötensuppe kochen oder tut es auch Gebäck? So viele Fragen und es macht mich verrückt. Soll ich sauber machen oder lieber
noch extra Spinnenweben zaubern, ich habe keine Ahnung“, Nicki war verzweifelt.
„Aber Rum sagte doch, dass sie mit dir zufrieden sind. Ich würde alles so lassen wie gehabt, dann kann doch gar nichts schief gehen“, versuchte Marek seine Freundin zu beruhigen.
„Ich glaube, du hast Recht. Danke, du bist ein Schatz“, sagte Nicki und gab Marek einen Kuss. Sie war froh, dass er bei ihr war und ihr beistand.
„Ich weiß, deshalb magst du mich doch“, grinste er vorlaut.
Es klingelte und Nicki fuhr erschrocken herum. War das schon der Besuch?
Als sie zur Ladentür kam, sah sie die alte Dame von gestern, die wie versprochen einen Kuchen gebacken hatte und ihn persönlich zu Nicki bringen wollte. Freudig begrüßte Nicki die Frau, die ihr erzählte, wie wunderbar sie mit dem neuen Fahrstuhl zurechtkam. Marek wunderte sich, woher Nicki Frau Hansen kannte, aber da fiel ihm ein, dass sie von dem Fahrstuhl erzählt hatte.
Nicki hielt der Frau die Tür auf, damit sie mit ihrem Rollstuhl hereinkommen konnte. Frau Hansen sah sich bewundernd um und staunte, wie schön Nicki alles hergerichtet hatte.
„Als ich noch jünger war, vor etwa zwanzig Jahren, hat hier auch eine Hexe gelebt. Der damalige Bürgermeister war so ein verklemmter alter Mann wie der, der jetzt im Rathaus sitzt. Er war noch der Meinung, alle Hexen seien böse. Aber das denkt der jetzige Bürgermeister zum Glück nicht. Nachts wurde das Haus niedergebrannt“, erzählte Frau Hansen. „Die arme Hexe starb in den Flammen“.
„Also war das Haus schon länger abgebrannt und nicht erst vor kurzem, wie Sandra gesagt hatte“, sagte Nicki.
„Ja, vielleicht wollte sie dir keine Angst machen“, meinte Frau Hansen nachdenklich.
„Wie hieß denn diese Hexe?“, mischte sich nun Marek in das Gespräch ein.
Nicki wurde ganz bleich, denn in diesem Augenblick fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. „Abraxa Roma“, sagte sie.
„Woher weißt du das denn, Kind?“, fragte Frau Hansen überrascht.
„Abraxa Roma war meine Mutter. Ich war gerade geboren, da hat sie beschlossen umzuziehen. Sie liebte das Meer, und dort wo wir wohnten, gab es das nicht. Sie kam nicht vor zwanzig, sondern vor sechzehn Jahren hier her“, sagte Nicki.
Nicki fühlte, wie ihr Herz schwer wurde. Sie hatte sich die gleiche Stadt gewählt wie ihre Mutter und wohnte an der Stelle, wo ihr Haus gewesen sein musste. So viele Zufälle konnte es doch gar nicht geben.
„Aber hättest du dann nicht auch sterben müssen?“, fragte Marek und riss sie damit aus ihren Gedanken.
„Nein, zu dem Zeitpunkt war ich noch mit meinem Vater und meiner Großmutter in unserem alten zu Haus. Als Mutter nicht wiederkam, flog Großmutter los, um zu sehen, was passiert war. Sie hat es mir später erzählt. Es war aber dennoch Zufall, dass ich genau hierher gekommen bin. Ich wusste ja nicht, wo die schreckliche Sache damals passiert war“, sagte Nicki.
„Oh Nicki, das habe ich nicht gewusst. Ich hätte doch sonst niemals diese Geschichte erzählt“, sagte Frau Hansen bedrückt.
„Schon gut, ich bin froh hier zu sein. Ich habe so viele nette Menschen getroffen und mich verliebt. Die Vergangenheit ist vorbei, und die Zukunft sieht anders aus“, sagte Nicki tapfer. „Ich hoffe das für dich“, sagte Frau Hansen mitfühlend. Ihr tat das Mädchen leid.
Nicki sah durch die Glastür ein Mädchen auf das Haus zukommen. Marek folgte ihrem Blick und erkannte Alexis. Erschrocken sah er Nicki an, denn nach diesen schrecklichen Erkenntnissen konnten sie wirklich keinen Ärger mehr gebrauchen. Mitfühlend sah er Nicki

an und wusste doch nicht, wie er sich verhalten sollte.

„Ich glaube nicht, dass sie was Böses von uns will, sonst käme sie nicht allein“, meinte Nicki, „am besten wird es sein, wenn du mit Frau Hansen in die Küche gehst. Ich werde schon mit ihr fertig.“
„Nein, nein, ich wollte dir nur den Kuchen bringen und mich gar nicht lange bei dir aufhalten. Ich bin noch mit zwei Freundinnen verabredet“, sagte Frau Hansen.
„Dann wünsche ich ihnen einen schönen Tag“, sagte Nicki. Marek brachte den Kuchen in die Küche und war somit dort, wo Nicki ihn haben wollte.
Kurz darauf betrat Alexis den Laden. „Guten Tag, Alexis“, begrüßte Nicki das Mädchen freundlich.
„Woher kennst du meinen Namen?“, fragte Alexis verunsichert.
„Marek hat ihn mir verraten“, sagte Nicki, „was kann ich für dich tun?“
„Meine Mutter leidet sehr an Warzen, für meinen Vater soll ich zweihundert Gramm Bonbons kaufen und ich wollte fragen, ob du etwas gegen Sonnenbrand hast. Ich verbrenne mir so leicht die Schultern, und das schmerzt tierisch.“
„Sicher, einen Moment bitte“, sagte Nicki und ging an ihrem Regal entlang, nahm zwei Fläschchen heraus, füllte eine Tüte mit Bonbons und schrieb etwas auf einen Zettel.
„So, hier die Bonbons, dann das Mittel gegen Sonnenbrand. Einfach da auftragen, wo es weh tut, nicht essen, nicht trinken und nicht in die Augen schmieren, aber das sollte dir ja klar sein. Das Mittel gegen die Warzen morgens und abends auftragen“, sagte Nicki.
Alexis bedankte sich höflich und verabschiedete sich mit den Worten: „Du bist gar nicht so übel. Ich wünsche dir noch einen schönen Tag.“
Nicki erzählte Marek, was Alexis wollte. Der Besuch war also ganz harmlos und die beiden mussten sich nicht aufregen. Sie kochten eine Kanne Pfefferminztee und wollten es sich zusammen im Wohnzimmer gemütlich machen.
 
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Gerade als Nicki den Tee nach oben gebracht hatte, klingelte es abermals an der Tür. „Ich gehe schnell, ich denke sie ist es“, sagte Nicki und eilte die Treppe hinunter. Schnell öffnete sie die Tür. Vor der Tür stand eine ältere Frau, mit Tasche, Besen, Hexenkleid und einer langen Nase.
„Miranda von Hohenfels, es ist mir eine Ehre, euch in meinem bescheidenen Heim willkommen zu heißen“, sagte Nicki betont höflich. Sie kannte die alte Hexe und war nun doch gespannt, was sie zu ihr führte.
„Guten Tag, Nicki Roma, ich bin höchst erfreut, die Enkeltochter meiner alten Freundin Linda kennen zu lernen“, sagte die Hexe.
Nicki bat die Frau herein und da diese nur sehr ungern ihren Besen allein ließ, betrat sie mit ihrem Hexenbesen das Haus.
„Wenn sie mir bitte folgen wollen, im Wohnzimmer stehen Tee und Kuchen bereit“, sagte Nicki und ging voraus. Aufmerksam begutachtete Miranda jeden Raum, den sie durchschritten. Als die beiden im Wohnzimmer ankamen, sah die alte Hexe verwundert auf Marek, der vor lauter Aufregung kein Wort herausbrachte und sich nicht rühren konnte. „Nicki, willst du mir wohl sagen, wer dieser stramme, junge Mann ist?“
Nicki lief es eiskalt den Rücken herunter. Sollte sie der Hexe die Wahrheit sagen. Sie musste, Miranda würde erkennen, wenn sie log.
„Das ist Marek, mein Freund“, sagte Nicki.
„Aha, welchen Beruf üben sie aus, junger Mann?“, fragte Miranda forsch.
„Schonsteinfeger, Madam“, sagte er etwas perplex.
„Schornsteinfeger also“, grübelte Miranda, dann lächelte sie, „wir Hexen finden Schornsteinfeger überaus sympathisch. Wenn das nicht schon ein Pluspunkt ist.“
Nicki schien ein Fels vom Herzen zu fallen. Sie hatte schon mit allerlei Schwierigkeiten gerechnet, aber dass Marek durch seinen Beruf punkten konnte, freute sie. Gemeinsam nahmen sie am Tisch platz und die Hexe bestaunte den leckeren Kuchen und fragte nach, ob Nicki ihn selber gebacken hatte.
„Nein, er ist ein Dankeschön von einer alten Dame aus dem Ort“, erklärte Nicki.
Marek schnitt den Kuchen an und war froh, aus seiner Erstarrung wieder erwacht zu sein. Er war ja sonst nicht gerade schüchtern, aber das Zusammentreffen mit der alten Hexe war ihm doch etwas in die Glieder gefahren. Nicki schenkte gerade den Tee ein, als Marek sich der Frau endlich vorstellte.
„Ich bin Miranda von Hohenfels, sehr erfreut“, erwiderte sie freundlich.
„Die Freude ist ganz auf meiner Seite“, sagte Marek, dachte aber im gleichen Moment: „Spießige, alte Schachtel und was sage ich da eigentlich für einen gequirlten Unsinn?“
„Dürfte ich erfahren, was sie zu mir führt?“, fragte Nicki.
„Oh ja, als erstes soll ich dir berichten, dass der Hexenrat sehr angetan davon ist, wie du die Herzen der Menschen gewinnst, zweitens, wir behalten das Verhältnis zwischen dir und Tina im Auge, da dies noch nie das Beste war und drittens soll ich dir etwas geben“, sagte sie und kramte in ihrer Tasche. Erst erschien eine Babyflasche, danach ein Striegel, zwei Näpfe und ein Körbchen, das mit Kissen ausgepolstert war. Marek sah erstaunt, was die Frau alles aus ihrer Tasche herausholte und fragte etwas scherzhaft, ob Nicki wohl ein Kätzchen bekommen würde.
„Nicht ganz, wäre aber auch eine niedliche Idee“, sagte Miranda und musste lachen. Der Schornsteinfeger war ein netter Kerl, dass hatte sie schon bemerkt. Endlich hatte sie das gefunden, was sie gesucht hatte. Sie zog ein großes Ei aus ihrer Tasche.
„Das bekommt Nicki“, erklärte Miranda dem erstaunten Marek. Das Ei war schwarz und war mit einer Art Muster aus Gold verziert. „Was ist das?“, wollte Marek wissen und schaute sich das Ei interessiert aus der Nähe an. „Wenn es das ist, was ich denke, dann ist es ein Drachenei“, hauchte Nicki. Marek schaute erstaunt von einem zum anderen, denn mit einem Drachenei konnte er gar nichts anfangen.
„Außerdem ist das kein x-beliebiges Ei, sonder das eines

Mehrschwanzdrachen mit Fell“, versuchte Nicki zu erklären. „Diese Mehrschwanzdrachen sind sehr selten und sehr zutraulich.“

„Sehr richtig, Nicki, wie ich sehe, hast du im Unterricht gut aufgepasst“, lachte Miranda vergnügt. Vorsichtig legte Nicki das Ei in das Körbchen.
„Es ist wunderschön“, behutsam streichelte Nicki über die Oberfläche des Eies. Und nun bemerkt Nicki, dass sich Risse in dem Ei bildeten. Auch Marek war dies nicht verborgen geblieben und die Sache war ihm nicht ganz geheuer.
„Du hast doch gesagt, dass diese Drachen nicht gefährlich sind, oder?“, fragte er daher vorsichtshalber.
„Gefährlich sind sie erst, wenn sie erwachsen sind“, sagte Nicki, „aber das, was jetzt hier schlüpft, hat noch nicht einmal Zähne.“
Gespannt sahen die drei auf das Ei, und es dauerte noch eine ganze Weile, bis das kleine Wesen sich aus der harten Schale herausgepellt hatte. Das, was aus dem Ei hervorkam, sah aus wie ein schwarzer Fuchs mit fünf Schwänzen. Jedoch waren das Bauchfell, die Augen, die Innenseite der Ohren sowie die Pfoten und die Schwanzspitzen golden.
Marek war ganz entzückt über das, was er dort sah und bei näherer Betrachtung konnte er auch feststellen, dass in dem Schnabel oder Maul oder wie auch immer man das bei diesem Tier nannte, tatsächlich keine Zähne vorhanden waren. Neugierig fragte er die beiden Hexen über den Drachen aus und erfuhr so auch, dass Zähne und Flügel erst wachsen, wenn die Tiere älter werden und dass es sich hier um einen weiblichen Drachen handelte.
Neugierig sah sich das kleine um.
„Wie nennst du denn das goldige kleine Ding?“, fragte Miranda.
Nicki musste nicht lange überlegen. „Ich werde sie Aurora nennen“.
„Ein schöner Name“, sagte Marek und auch Miranda war mit der Wahl des Namens zufrieden. Vorsichtig sammelte Nicki die Eierschalen aus dem Korb und legte sie zur Seite. Aufmerksam beobachtete der Babydrache alles, was um ihn herum geschah.
„Bist du sicher, dass das ein Drache ist? Ich finde, sie sieht eher aus wie ein Fuchs“, bemerkte Marek.
„Ja, davon lass dich nicht täuschen. Es gibt sogar Drachen in Goldfischform. Die spucken dann zwar heißes Wasser, aber verbrennen kann man sich auch daran“, erklärte Nicki, während sie Aurora hinter einem Ohr kraulte.
„Ein Goldfischdrache, wie witzig“, sagte Marek, der aus dem Staunen gar nicht mehr herauskam.
„In deinem Zauberbuch sollte stehen, was der kleine Liebling da frisst. Wo ist eigentlich Rum?“, fragte Miranda und sah sich um.
„Silber wollte ihm die Stadt zeigen. Ich denke, dass die beiden bald zurück sein werden“, sagte Nicki. Es dauerte auch nicht lange, da flatterten beide durchs Fenster herein.
„Hallo, hier sind wir wieder“, sagte Silber. Dann fiel sein Blick auf den Drachen. „Oh, ein Feuer spuckendes Ungeheuer“, fiepte er misstrauisch. Das Ding war Silber nicht geheuer.
„Silber, sie ist doch noch so klein. Sie kann dir noch gar nichts tun“, sagte Nicki.
„Egal, du bist auch nicht klein und niedlich geblieben“, sagte er.
„Da hast du Recht“, sagte Marek, „jetzt ist sie aber immer noch niedlich.“
„Das Vieh wird mal so groß wie ein Pferd“, Silber ließ sich nicht von seinen Bedenken abbringen. Auch als Aurora ihn mit ihren niedlichen kleinen Goldaugen ansah, blieb er skeptisch. „Nein, die Tour zählt bei mir nicht“, beharrte Silber, doch dann musste selbst er aufgeben. Er konnte nicht länger dem Charme des kleinen Drachen widerstehen. „Na gut, aber mein Nest bleibt, wo es ist und mein Futter bekommst du auch nicht!“ Das kam trotz allem sehr bestimmt, denn Silber fand schon, dass man die Rangordnung einhalten sollte. Und die älteren Rechte hatte nun mal er.
„Scheint, als wäre da jemand eifersüchtig“, grinste Marek.
„Das glaube ich auch. Ich habe hier meine Aufgabe erfüllt und Rum ist wieder da. So kann ich mich wieder auf den Heimweg machen“, sagte Miranda und erhob sich von ihrem Sessel, um sich zu verabschieden.
„Ich bringe sie noch zur Tür. Komm Silber, komm Aurora“, sagte Nicki und stand auf. Silber ließ sich auf Nickis rechter Schulter nieder und Aurora kletterte über Nickis Arm auf ihre linke Schulter. Freundlich verabschiedete Miranda sich von Marek und ging voraus zur Haustür. Als sie allein mit Nicki dort stand, meinte sie: „Also mal ganz unter uns, Nickilein, dieser Marek scheint ja ganz nett zu sein, aber bist du dir sicher, dass du dich mit einem Menschen einlassen willst?“
„Ja, er ist ein wunderbarer Mensch. Ich bin wirklich froh, dass ich ihn gefunden habe“, sagte Nicki.
„Gut, dann hoffe ich für dich, dass es die richtige Entscheidung ist. Wir sind sicher, dass du deine Sache gut machen wirst“, Miranda mochte Nicki. Über dieses Lob freute sich das Mädchen sehr.
„Vielen Dank und einen schönen Tag noch“, wünschte Nicki zum Abschied und winkte Miranda hinterher, als sie auf ihren Besen stieg und davonflog. Nicki fand es lustig anzusehen, wie die kleine, alte Hexe etwas wackelig auf ihrem Besen saß und sah ihr noch eine ganze Weile nach.
Da hörte sie Marek hinter sich. „Und, was meinst du, ist es gut gelaufen?“, fragte er.
„Ja, ich denke schon. Es scheint, als wäre alles in Ordnung und jeder zufrieden mit mir“, sagte Nicki.
„Schön, und die kleine Aurora ist sehr niedlich“, meinte Marek.
„Freu dich darüber, so lange du kannst. Innerhalb eines Monats wird sie erwachsen sein“, sagte Nicki.
„So schnell?“, Marek sah erstaunt auf das kleine Wesen auf Nickis Schulter.
„Ja, früher wurden sie von den Rittern sofort getötet, wenn sie einen kleinen Drachen entdeckten. Vielleicht haben die sich dann so fortentwickelt, dass sie schneller erwachsen werden. Sonst hätten sie keine Überlebenschancen gehabt. Na ja, aber das Zeitalter der Ritter ist zum Glück vorbei“.
Marek streichelte Aurora zart über den Kopf und sie schenkte ihm ein liebevolles Zischen oder Fauchen, man konnte es nicht genau definieren.
„Schön, dass du damit so gut umgehen kannst. Nicht jeder ist im Umgang mit Drachen so ruhig. Nicht mal jede Hexe“, musste Nicki anerkennend feststellen.
„Ich liebe dich, egal welches Ungeheuer du aufnehmen möchtest“, lachte Marek.
„Danke, und ich liebe dich, weil du mich so nimmst, wie ich bin“. Nicki sah zärtlich zu ihrem Freund auf und küsste ihn.
Etwas verlegen sah Silber zur Seite, denn zu seiner Zeit gab es so etwas nicht. Da wurde sich erst geküsst, wenn man verheiratet war und dies sagte er auch unmissverständlich, woraufhin Nicki ihn als altmodisch bezeichnete. Das ließ Silber nicht auf sich sitzen.
„Ich bin nicht altmodisch, sondern traditionell, und dass ist ein großer Unterschied“, erklärte die Eule.
„Komm, sei doch nicht neidisch. Du kannst auch ein Küsschen haben“, lachte Marek, der der Meinung war, dass Silber lediglich eifersüchtig war. „Nein, ich verzichte“. Beleidigt flog Silber ins Haus.
Der Rest des Tages verlief ohne weitere Besuche, was die beiden sehr genossen und sie verbrachten einen schönen Abend.
 
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Sano Kosuke

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Nicki behielt Recht mit Aurora. Nach einem Monat war sie so groß wie ein Pferd und hatte große, schwarz gefiederte Flügel und glänzend weiße Reißzähne. Doch sie hörte aufs Wort und war zu Marek und Nicki eher wie ein Schmusetier als ein Drache.
Nicki hatte inzwischen einen ganz guten Stand in der Stadt. Regelmäßig kam der Jäger mit Nuuk vorbei und kaufte seine heiß geliebten Bonbons. Auch Anne kaufte regelmäßig ein paar Bonbons für Nina. Nina blieb ab und zu bei Nicki und spielte mit Silber und Aurora. Manchmal schlich auch Alexis vorbei, um sich von Nicki irgendwelche Tipps geben zu lassen.
Doch nicht alles lief so gut, wie Nicki es sich gewünscht hätte. Tina, Alice und Marie statteten Nicki einen Besuch ab. Hanna war zu Hause geblieben. Aber auch ohne Hanna war dies nicht gerade eine besonders angenehme Angelegenheit. Es fing schon damit an, als Nicki von Tina gefragt wurde, welcher Tag denn heute sei.
„Dienstag“, antwortete Nicki.
„Nein, heute ist der Tag, an dem ich dir die Leviten lesen werde“, zischte Tina.
„Liebe Tina, das ist dumm,
leider bist du ab jetzt stumm.
Alice und Marie stehen auf dem Schlauch,
drum trifft euch dieses Schicksal auch“,
gab Nicki zurück, denn das war ihr nun doch zu dumm. Sollte die ganze Sache denn nie ein Ende haben? Irgendwie musste sie sich nun endlich wehren, und wenn es nicht anders ging, musste sie einfach einen ihrer Zaubersprüche anwenden.
Tina wollte etwas erwidern, doch es kam kein Ton aus ihrem Mund.
„Zu schade, dass ihr die Stunde im Stummzaubern geschwänzt habt“, sagte Nicki, „Hanna hätte euch jetzt helfen können.“
„Das habt ihr nun davon“, sagte Silber, der sich über Nickis Streich freute. Auch Marek, der das Zusammentreffen der Mädchen aus sicherem Abstand beobachtet hatte, freute sich, dass Nicki sich nun endlich einmal richtig gewehrt hatte. Nur Aurora hatte von der Sache nichts mitbekommen. „Hab ich was verpasst?“, fragte der Drache neugierig.
„Nein, meine Süße, sie wollten uns nur ärgern“, sagte Nicki.
„Soll ich sie fressen?“, fragte Aurora und war sofort eifrig bei der Sache.
Nicki musste lachen. „Nein, hier wird niemand gefressen“, sagte sie zu Aurora, „ich glaube, dass die drei dir nicht bekommen würden.“
„Wieso denn nicht? Ich meine, wenn sie dich ärgern, haben sie es doch verdient“, meinte Aurora.
„Nein, das hat keiner verdient, außerdem möchte ich nicht, dass du dir deinen Magen an ihnen verdirbst“, lachte Nicki.
„Oh ja, böse Hexen liegen schwer im Magen“, pflichtete Marek ihr bei.
„So, und nun machen wir unser Picknick, und die drei können wir alleinlassen“. Nicki drehte sich um und ließ die verdutzten Mädchen stehen. Auf einer Lichtung trafen sie sich mit Anne, Nina, dem Jäger und Alexis.
„Nicki, Marek, schön euch zu sehen“, begrüßte Anne die beiden. Anne hatte einen Kuchen gebacken, Alexis hatte einen großen Salat gemacht und Nicki Brote. Sie stellte Silber eine Schüssel mit Sonnenblumenkernen hin und Aurora eine Schüssel Drachenfutter, denn die beiden nahmen auch beim Picknick teil. Es wurde gegessen, geschwatzt und gelacht und es war für alle ein schöner Nachmittag, den auch die Tiere genossen, denn Nina spielte ausgiebig mit Aurora und Silber. Sie hatte überhaupt keine Angst vor den beiden und der große Drache ging ganz vorsichtig mit der Kleinen um.
Auf dem Rückweg zur Stadt schwärmte Nicki immer wieder von diesem schönen Erlebnis und auch Marek war ganz begeistert, wurde jedoch von Silber in seinem Redeschwall über das gute Essen und die tolle Stimmung unterbrochen.
„Hast du nicht noch etwas zu erledigen, junger Mann?“, fragte die Eule.
„Danke, dass du mich daran erinnerst“, sagte Marek, „ich muss kurz rüber in die Stadt, um etwas abzuholen. Meinst du, Aurora könnte mich fliegen?“ fragte er Nicki.
„Sicher, es ist ja nicht weit“, meinte sie.
Natürlich wurde Aurora auch von Marek gefragt, denn sie musste zustimmen.
„Sicher, bist doch fast mein Papi“, kam liebevoll zurück, denn der Drache hatte sich genauso an Marek gewöhnt wie an Nicki.
Marek stieg auf und während sich Aurora in die Lüfte erhob, rief Nicki den beiden nach, sie sollten gut auf sich aufpassen.
Nicki machte sich nun allein mit Silber auf den Heimweg. Ihre Gedanken waren bei Marek und Aurora. Sie freute sich, dass die beiden sich so gut verstanden und sie war glücklich. Verträumt sah in die Luft und sah zu ihrem Erstaunen eine Schneeeule auf sich zukommen.
„Wendelin, was führt dich hierher?“ Nicki erkannte die Eule ihrer Lehrerin.
„Ich bringe dir einen Brief von Emilia Hatschi“, sagte sie.
Es freute Nicki besonders, dass Frau Hatschie, die Fluglehrerin, ihr Versprechen gehalten hatte und sich bei ihr meldete. Sie bot der Schneeeule an, mit ihr nach Hause zu fliegen und sich nach dem langen Flug etwas auszuruhen. Wendelin nahm dieses Angebot dankbar an, und gemeinsam gingen bzw. flogen die drei nun zu Nickis Haus, wo natürlich zuerst einmal die Eule versorgt wurde, bevor Nicki sich auf den Stuhl hinter der Theke setzte und gespannt den Brief ihrer Lehrerin öffnete. „Liebe Nicki, ich hoffe du hattest einen guten Anfang. Wie ich hörte, hast du eine schöne Inselstadt ausgewählt und bist dort gut aufgenommen worden. Allerdings hörte ich auch, dass Tina sich mit ihrer Gruppe auf dem Festland niedergelassen hat. Ich hoffe, dass sie dir keine Schwierigkeiten machen.
Jetzt habe ich eine persönliche Bitte an dich: Könnte ich dich in ein paar Tagen mit ein paar neuen Hexenschülerinnen besuchen kommen. Sie sind auch im Kunstflugteam und ich denke, dass es sie inspirieren könnte, dich fliegen zu sehen. Ich würde mich sehr freuen, wenn du zustimmen würdest.
Gib Wendelin bitte eine Antwort mit auf den Rückweg.
Viele Grüße von Emilia Hatschi.“
Nicki begann sofort mit dem Antwortschreiben und bat Wendelin, den Brief der Lehrerein zu übergeben. Etwas gestärkt machte die Schneeeule sich auf den Rückweg. Nicki sah ihr noch eine ganze Weile nach.
Es dauerte auch nicht lange, als sie Aurora und Marek zurückkommen sah. „Marek, schön, dass du zurück bist“, begrüßte sie ihren Freund, der sie bat, mit ihm in den Garten zu kommen. Nicki folgte ihm und wunderte sich über das Geflüster zwischen Aurora und Silber. Die beiden taten sehr geheimnisvoll.
Im Garten angekommen, standen sich Marek und Nicki gegenüber. Etwas verwundert fragte Nicki: „Nun, was möchtest du mir sagen?“
„Nicki ich weiß es ist etwas früh, aber ich wollte dich fragen“, er zog ein Kästchen aus seiner Tasche und öffnete es, „willst du mich heiraten?“
Nicki stand da wie versteinert. „Nicki, sag doch bitte etwas“, sagte Marek, der an seinem Vorhaben zu zweifeln schien.
„Ja, ich will!“, Nicki stürzte sich in seine Arme und küsste Marek liebevoll.
„Mein Baby wird heiraten!“, jubelte Silber, „das muss die ganze Stadt erfahren!“, und flog los.
„Ich liebe dich, Nicki“, sagte Marek. „Ich dich auch“, flüsterte Nicki glücklich.
So schnell war Silber noch nie geflogen. Wie ein Irrer raste er durch die Straßen. Zum Bäcker, zu Sandra, zur alten Frau Hansen und sogar zum Jäger in den Wald.
Als er zurückkam, flog er im Sturzflug herab und konnte sich vor Freude kaum stillhalten. „Ich hab’s allen gesagt“, keuchte er.
„Silber, war das nötig?“, fragte Nicki. Aber Silber war es egal, was Nicki oder Marek jetzt sagten. Er war mindestens genauso glücklich wie die beiden und würde die Neuigkeit am liebsten der ganzen Welt erzählen.
„So, jetzt stecken wir den Ring erst mal an“, erklärte Marek und steckte den Ring auf Nickis Finger. „Er ist so schön“, sagte Nicki strahlend.
„Ein Freund von mir lernt Goldschmied, das hier war seine Meisterarbeit und er hat mit Leichtigkeit bestanden. Ich habe ihn gebeten, morgen bei uns vorbeizukommen. Ihr beiden sollt euch kennen lernen“.
„Da freue ich mich drauf“, sagte Nicki.
Am nächsten Morgen stand Nicki schon früh in der Küche. Etwas verschlafen kam Marek die Treppe hinunter.
„Morgen, was machst du denn schon so früh, mein Schatz?“ Marek sah noch etwas verschlafen aus. „Ich backe einen Kuchen für heute Nachmittag“, sagte sie und nahm Marek in den Arm.
„Du bist so ein Schatz, ich liebe dich“, sagte er. „Ich liebe dich auch, über alles“, sagte Nicki.
Gemütlich genossen sie ihr gemeinsames Frühstück, jedoch dauerte diese Ruhe nicht lange an, denn die ersten Leute aus der Stadt kamen schon an, als Nicki noch nicht einmal den Frühstückstisch abgeräumt hatte.
„Oh Nicki, ich habe es gestern von Silber gehört, aber es jetzt zu sehen ist wundervoll“, Anne bewunderte den Ring an Nickis Hand. Nicki bedankte sich für die herzlichen Glückwünsche und erzählte Anna, dass sie sehr überrascht über Mareks Antrag gewesen war und wie glücklich sie ist und eigentlich hätte sie am liebsten allen Menschen von ihrem Glück erzählt. „Ja, als mir mein Mann den Antrag gemacht hat, war ich so überrascht, dass ich geweint habe“, sagte Anne.
Marek kam in den Laden: „Guten Morgen, Anne.“
„Marek, du bist mir vielleicht ein Schlawiner. Ich habe mich schon gefragt, wann du es endlich mal ernst meinst“, saget Anne.
„Wieso, wie meint sie das?“, fragte Nicki.
„Na ja, vor dir hatte ich natürlich auch schon Freundinnen, immer so Eintagsfliegen. Wenn’s hoch kam, dauerte die Sache dann mal drei oder vier Tage. Aber du bist mir wichtig“, sagte Marek und gab Nicki einen Kuss.
„Ihr seid ein so süßes Paar“, bewundernd sah Anne die beiden an.
„Wenn Nicki achtzehn ist, heiraten wir. Wenn sie mich bis dahin ertragen kann“, lachte Marek.
„Na mal sehen, es gibt ja noch die Option, dass ich dich verhexe. Das kann ich aber erst, wenn ich eine Vollhexe bin. Und das wird ja hoffentlich in acht Monaten so weit sein“, drohte Nicki scherzhaft.
„Ich denke nicht, dass du mich verhexen musst, du hast mich ja schon verzaubert“, sagte Marek. Anne freute sich für die beiden. Man sah ihnen einfach an, wie glücklich sie waren.
Nachdem Anne gegangen war, kamen auch der Jäger, Frau Hansen, der Pfarrer, Herr Tollpatsch, Sandra und sogar der Bürgermeister, um ihnen zu gratulieren. Nicki wunderte sich über so viel Anteilnahme, doch sie sah es als einen Schritt zu einem guten Zusammenleben an.
„Gleich kommt mein Freund“, sagte Marek.
„Wie heißt er überhaupt?“, fragte Nicki.
„Jens, er ist ein netter Kerl, du wirst ihn mögen“, sagte Marek. „Ich gehe dann mal das Mittagessen machen, kannst du so lange im Laden aufpassen?“, fragte sie. Das machte Marek natürlich gern, als er aber nach einiger Zeit den leckeren Geruch aus der Küche roch, musste er erstmal zu Nicki gehen und nachsehen, was sie denn wieder Leckeres zubereitete. Lachend meinte Marek: „Das riecht so lecker. Wie alles was du kochst. Liebe geht wirklich durch den Magen“.
„Also willst du mich nur heiraten, weil ich kochen kann“, lachte Nicki.
„Nein, weil du das wundervollste Wesen auf dieser Welt bist“.
Da klingelte es: „Das wird er sein, ich gehe aufmachen.“ Er kam mit einem blonden Mann zurück.
„Das ist Jens, Jens, dass ist Nicki“, sagte er.
„Guten Tag Jens, freut mich, dich kennen zu lernen“, begrüßte Nicki den Gast.
„Die Ehre ist ganz meinerseits. Marek hat mir schon so von dir vorgeschwärmt“, sagte Jens. Das freute Nicki natürlich. „Du kommst übrigens gerade richtig, das Essen ist fertig“, sagte sie zu Jens und während der es sich schon am Tisch gemütlich machte, holte Marek Aurora und Silber, die natürlich auch gefüttert werden mussten, und das übernahm ganz selbstverständlich Marek in letzter Zeit. Es hatte sich schon alles eingespielt und für die Arbeitsteilung brauchten Nicki und Marek keine Worte.
„Wie gefällt dir der Ring?“, fragte Jens, der stolz war auf sein Meisterstück.
„Er ist wunderschön“, schwärmte Nicki, was den Goldschmied sehr stolz machte.
„Ich habe gehört hier gibt’s was zu futtern“, Silber kam durch die Tür geflattert.
„Hat der Vogel gerade gesprochen?“, fragte Jens etwas überrascht.
„Ja, Silber kann sprechen“, sagte Nicki. „Cool“, sagte Jens. Dann sah er Aurora und der Schreck stand ihm ins Gesicht geschrieben.
„Keine Angst, sie ist ganz lieb“, versuchte Marek seinen Freund zu beruhigen. „Stimmt, außerdem bin ich ja noch klein“, bestätigte Aurora.
„Klein“, quiekte Jens und sah Aurora skeptisch an. Eine sprechende Eule fand er ja noch cool, aber ein Drache in dieser Größe ist da schon etwas anderes.
„Sie ist handzahm“, sagte Nicki und gab Silber und Aurora ihr Essen, bevor sie sich zu Jens und Marek an den Tisch setzte. Die beiden Jungs waren begeistert von den leckeren Spaghettis, die Nicki gekocht hatte und es wurde viel erzählt und gescherzt.
Nach dem Essen gingen Marek und Jens los, um etwas gemeinsam zu unternehmen. Nicki nahm sich die Zeit, um sich ausgiebig um Aurora zu kümmern. Sie bürstete ihm das Fell, was er schnurrend genoss und meinte dann: „So jetzt bist du ein wunderschöner Drache“.
„Hey, ich hab Jens noch zur Fähre gebracht“, sagte Marek, der gerade zurückkam. Bewundernd sah er zu Aurora und machte ihr ein Kompliment, wie doch ihr Fell so schön glänzend sei. Das machte den „kleinen“ Drachen sehr stolz.
 
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Eines Tage kam Wendelin, um zu berichten, dass Frau Hatschi am nächsten Tag mit vier Schülerinnen vorbeikommen würde.
„Dann werde ich mich mal für Morgen vorbereiten“, sagte Nicki. Nun wollte Marek mehr über diese Frau Hatschi wissen und Nicki erklärte ihm, dass sie ihre Fluglehrerin und die Trainerin des Kunstflugteams in ihrer Schule war. Sie erzählte ihm einige Anekdoten aus ihrer Schulzeit und Marek war schon ganz gespannt auf Nickis ehemalige Lehrerin.
Am nächsten Morgen war Nicki wie immer ganz früh wach. Sie hatte wieder Kuchen gebacken und polierte nun ihren Besen. „Heißer Feger“, sagte Marek. „Sehr witzig“, lachte Nicki.
„Schokokuchen, ich liebe Schokokuchen“. Verlangend sah Marek zu dem frisch gebackenen Kuchen. „Na dann ist es gut. Sie müssten gleich kommen. Kannst du bitte den Tisch in den Garten stellen?“, fragte Nicki, was auch prompt von Marek erledigt wurde. Als Nicki zu ihm in den Garten kam, bat sie ihn, sich zu setzen.
„Ich werde mal etwas hexen“, sagte Nicki. Marek lehnte sich gemütlich zurück und sah gespannt zu, wie Nicki nun „den Tisch deckte“.
„Sieben Stühle für den Tisch,
Tee, Kaffee, Kuchen und keinen Fisch.
Eine schöne Decke noch dazu
und ohne Blumen gebe ich nicht ruh.
Die Vögel sollen Futter haben
an dem auch sie sich laben.“
Auf dem Tisch erschienen eine Decke und Geschirr, der Kuchen, Tee, Kaffee und ein Strauß Blumen. „So, das wäre geschafft“, sagte sie und schaute zufrieden über den Tisch.
„Ist ja wirklich beneidenswert“, meinte Marek, der sich dabei überlegte, wie viel Arbeit man sich doch mit dem Zaubern ersparen kann. Nicki stimmte ihm zu, erklärte ihm aber, dass man Zeit sparen kann, aber dass Zaubern mindestens so anstrengend ist, als wenn man die Arbeit selber macht. Und diese Anstrengung konnte Marek auch an Nickis Haltung sehen. Erschöpft und zusammengesunken saß sie neben ihm und musste sich von der Zauberei erholen. Sie so sitzen zu sehen, tat ihm unendlich leid und er ärgerte sich über sich selber, dass er nicht den Tisch gedeckt hatte und ihr es dadurch leichter gemacht hatte. Aber er konnte es im Nachhinein auch nicht ändern. Irgendwie tat Nicki ja auch das, was sie für richtig hielt.
„Sie kommen!“, rief Silber und lenkte Marek von seinen düsteren Gedanken ab. „Fünf Hexen nähern sich der Insel.“ „Sie sind es“, pflichtete Wendelin ihm bei.
Gemeinsam gingen sie vor das Haus, um die Ankömmlinge dort begrüßen zu können. Und wirklich. da kamen fünf Frauen angeflogen, na ja, eine Frau und vier Mädchen. Die Landung war bei den Schülerinnen noch nicht ganz so elegant, aber sie lernten ja noch und Nicki musste innerlich lachen, denn sie dachte an ihre ersten Flugversuche zurück. Das sah damals bestimmt nicht besser aus als bei den vier jungen Hexen.
Freudig begrüßte Frau Hatschi ihre ehemalige Lieblingsschülerin und drückte sie herzlich an sich. Sie freute sich, Nicki wohlbehalten wieder zu sehen, denn sie hatte sich etwas um das Mädchen gesorgt. In der Schule war sie eine gute Schülerin, aber das war auch der Grund, warum die anderen Hexen sie nicht mochten. Und so wurde Nicki zu einem Einzelgänger. Aber wie sie sah, ging es dem Mädchen gut. Sie sah sogar richtig glücklich aus. Diese Gedanken gingen Frau Hatschi durch den Kopf und sie musste immer wieder Nicki ansehen, die sich inzwischen zu den Hexenschülerinnen umgedreht hatte und auch diese herzlich begrüßte. Nicki sah sich die Mädchen genau an. Vor ihr stand ein Mädchen mit langen blonden Haaren, eines mit kurzen roten, eines mit kurzen braunen Zöpfen und noch eines mit kurzen schwarzen Haaren.
„Ich heiße Samantha,“ stellte sich die Rothaarige vor. „Ich bin Juli“, sagte die Blonde. „Patrizia“, sagte die Braunhaarige. „Louise“, sagte die Letzte.
„Ich bin Nicki und das ist mein Freund Marek, meine Eule Silber und im Haus wartet noch mein Drache Aurora“, lachte Nicki.
„Dein Freund also“, sagte Frau Hatschi und musterte Marek. Nun konnte sie sich auch vorstellen, warum Nicki so glücklich aussah. „Was bist du von Beruf Junge?“ „Schornsteinfeger“, sagte Marek. Er hatte sich inzwischen daran gewöhnt, dass jede Hexe als erstes nach seinem Beruf fragte.
„Wenn ich irgendwann von Nicki Klagen über dich höre, dann kannst du dich darauf gefasst machen, in einen Frosch verwandelt zu werden“, sagte Frau Hatschi und musste lachen, denn das war natürlich nicht ernst gemeint.
„Ich glaube nicht, dass das nötig sein wird“, mischte sich nun Nicki ein, „so schnell schicke ich meinen Verlobten nicht in die Wüster. Außerdem wird hier kein Mensch ohne triftigen Grund verhext“. Nicki grinste vor sich hin. Sie wartete auf die Reaktion ihrer Lehrerin, denn sie hatte mit Absicht das Wort Verlobter gewählt. Nicki war zum einen stolz darauf, mit Marek verlobt zu sein und zum anderen wollte sie natürlich auch ihrer Lehrerin davon erzählen. Denn sie mochte die alte Frau.
„Gut so Nicki, immer brav nach den Regeln“, erwiderte Frau Hatschi, doch dann hielt sie inne, „Verlobter?“ Verdutzt starrte sie von Marek zu Nicki und zurück zu Marek.
„Ja, er hat mir einen Antrag gemacht. Wenn wir es die nächsten zwei Jahre noch zusammen aushalten, heiraten wir“, sagte Nicki und musste sich das Lachen verkneifen. Es sah zu komisch aus, wie Frau Hatschi die beiden ansah. Aber dann fing diese an zu lächeln und man sah ihr an, wie sie sich für Nicki freute. Sie gönnte dem Mädchen alles Glück der Welt, und wenn Marek der Richtige war, dann war das gut so.
„Kommt in den Garten, ich habe Kuchen gebacken“, wandte Nicki sich an die kleinen Hexen und führte sie in den Garten. „Du hast einen echten Drachen?“, jetzt konnte Samantha ihre Neugier nicht mehr zurückhalten. Sie wäre fast geplatzt, konnte aber das Gespräch zwischen der Lehrerin und Nicki nicht unterbrechen. Das hätte sich nicht gehört, auch nicht für eine Hexe.
„Ja, ich stelle ihn dir auch gerne vor“, sagte Nicki und pfiff einmal durch die Finger. Aurora kam angelaufen.
„Oh, wie süß!“, sagte Juli. „Total niedlich“, fügte Patrizia hinzu. „Ich dachte eher an einen reptilartigen Drachen. Dieser ist wirklich zu flauschig“, meinte Samantha.
„Ich mag überhaupt keine Drachen“, sagte Louise und verzog das Gesicht. Die Tiere waren ihr einfach zu groß, und das machte ihr Angst. „Macht nichts, ich liebe sie“, sagte Juli.
„Na kommt erst einmal essen. Um Aurora könnt ihr euch später noch kümmern“, sagte Nicki.
Sie setzten sich an den hübsch gedeckten Tisch, aßen Kuchen und erzählten Neuigkeiten aus der Schule. Nicki hörte gespannt zu und sie musste daran denken, dass vor gar nicht langer Zeit auch sie noch dort war und alles Mögliche lernen musste. Aber es wurde ihr auch klar, dass ihr die Selbstständigkeit gut gefiel. Und die wollte sie nicht wieder aufgeben.
„Nicki, kannst du uns mal den Pokal zeigen, den du gewonnen hast?“, fragte Louise. Frau Hatschie hatte ihnen von Nickis Flugkünsten erzählt und auch, dass sie einen Pokal gewonnen hatte.
„Sicher“, sagte Nicki und ging ins Haus und kam kurz darauf wieder mit einem großen, goldenen Pokal zurück der die Form einer Frau hatte, die auf einem Besen saß. Die Mädchen nahmen den Pokal in die Hände und bestaunten ihn ausgiebig. Juli beschloss, dass sie auch so einen schönen Pokal haben möchte, und wenn sie noch so viel dafür üben müsste.

„Dieser Pokal ist die höchste Ehrung, die man als Kunstfliegerin erhalten kann“, erklärte Frau Hatschi, „Nickis Mutter hatte als letzte diesen Pokal gewonnen, und nun hat Nicki ihn. Ihre Urgroßmutter und ihre Großmutter haben diesen Pokal ebenfalls errungen. Die Begabung liegt also eindeutig in der Familie.“ „Ja, so eine Art Tradition“, lachte Nicki, „das Wichtigste ist aber der Spaß daran zu haben.“ „Zeig uns was“, bat Patrizia.

„Erwartet aber nicht so viel, ich habe lange nicht trainiert“, sagte Nicki. Sie streckte ihre Hand aus und schon kam ihr Besen auf sie zugeflogen. Sie stieg auf ihren Besen und es konnte losgehen. Schrauben drehen, freihändig fliegen, abspringen und auffangen lassen, Handstand und noch viel mehr, sie war noch topfit. Nicki wunderte sich selber, dass das alles noch so klappte, denn für diese Kunststücke hatte sie gar keine Zeit mehr. Aber es machte Spaß.
„Nicki, das war unglaublich“, lobte Frau Hatschi begeistert.
„Das war so cool“, sagte Samantha, „ja, total toll“, staunte Juli, Louise sagte gar nichts mehr und Patrizia hatte Augen wie Untersetzer. „So was werdet ihr auch können, wenn ihr nur fleißig übt“, sagte Frau Hatschi ermahnend. Der Zweck des Besuches bei Nicki war eigentlich schon erfüllt, denn die Lehrerin wollte den jungen Hexen zeigen, was man alles mit dem Besen anfangen kann, wenn nur fleißig geübt wird. Und an den staunenden Gesichtern der vier Mädels konnten sie erkennen, wie begeistert diese waren.
Den Rest des Tages tauschten sie Geschichten aus. Frau Hatschi erzählt leidenschaftlich gern von dem Tag, als Nicki den Pokal gewann. Das war dieser zwar etwas peinlich, aber sie wusste ja, wie stolz die Lehrerin auf sie war und ließ sie erzählen.
Die Mädchen und Nicki unterhielten sich über die Schule. Sie hatten viele von Nickis alten Lehrerinnen im Unterricht und da gab es ordentlich Gesprächsstoff. Frau Hatschi musste schwören, keiner der Lehrerinnen zu verraten, was hier über sie gesagt wurde.
Marek hingegen wurde von Frau Hatschi regelrecht ausgefragt. Wie sie sich kennen gelernt hatten, wie lange sie zusammen waren, was er für Absichten hegte. Er hatte zwar keine Schwiegermutter, aber nun wusste er, wie sich das anfühlen musste.
Nach dem Abendessen flogen die vier Schülerinnen mit ihrer Lehrerin zurück zur Schule. Die Verabschiedung fiel ausgesprochen herzlich aus und die Mädchen wären am liebsten noch länger geblieben. Sie fanden das Leben von Nicki so spannend und träumten insgeheim schon davon, auch einmal so zu leben.
 

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Es vergingen weitere Monate ohne besondere Vorkommnisse. Der Alltag hatte sich eingestellt und Nicki wurde von den Leuten in der kleinen Stadt so akzeptiert, als wäre sie schon immer hier gewesen. Nicki genoss dieses Leben und freute sich auf jeden neuen Tag.
Doch dann passierte es. Es war an einem sonnigen Tag.
„Nicki!“, Nicki fuhr herum. „Tina“, sagte Nicki überrascht. Es war so lange ruhig geblieben, dass sie gedacht hatte, sie hätte jetzt endlich ihre Ruhe von Tina. Sie dachte auch nur noch selten an das Mädchen.
„Wir duellieren uns jetzt“, sagte Tina und es klang, als wäre es ihr bitter ernst.
Wie auf Kommando zogen dunkle Wolken auf, der Himmel wurde schwarz und der Wind nahm zu. Es sah aus, als wenn gleich ein fürchterliches Unwetter über ihnen hereinbrechen würde.
„Warte doch mal, Tina, “, besorgt sah Nicki zum Himmel. Außerdem hatte sie überhaupt keine Lust auf dieses Spielchen.
„Es gibt nur Regen, na und“, Tina hatte nicht vor, sich von ihrem Vorhaben abbringen zu lassen.
„Es kam zu plötzlich, und die Wolken sind zu dicht für ein normales Unwetter. Da stimmt was nicht“, sagte Nicki nachdenklich, „Silber hol mir den Magiemesser.“
Silber flatterte ins Haus und kam mit einem Gerät wieder, das wie eine Uhr aussah. Nicki richtete den Zeiger auf das Unwetter. Er begann wie wild zu rotieren.
„Das ist ein magisch hervorgerufenes Unwetter“, Nicki sah Tina verärgert an.
„Sieh mich nicht so an. Meine Freundinnen und ich beziehen unsere Magie aus gutem Wetter“, sagte Tina abwehrend.
„Und ich bin bei gutem Wetter zu schwach, um ein solches Unwetter auszulösen. Also wer war das, und was soll das bezwecken?“, fragte Nicki.
„Ja Nickilein“, Miranda saß vor ihrer Hexenkugel und beobachtete Nicki aus der Ferne. „Dieses Unwetter wird das Schlimmste von allen sein. Deine Hexenprüfung. Wirst du deine Stadt retten können, bevor sie sprichwörtlich untergeht, oder nicht?“ Die alte Hexe schmunzelte vor sich hin. Genau das war es, was die Hexenprüfung so schwer machte. Eine Katastrophe musste abgewendet werden. Das erforderte vollste Konzentration, viel Magie und einen starken Willen. Jedoch würden die Hexen niemals zulassen, dass irgendjemandem etwas passieren würde. Falls die Prüflinge ihrer Aufgabe nicht gewachsen wären, würde das Prüfungskomitee eingreifen und die Katastrophe abwenden. Das wussten die jungen Hexen jedoch nicht.
„Den Blödsinn mit dem Duell müssen wir verschieben. Ich hab jetzt Wichtigeres zu tun. Ich muss mal etwas prüfen“, Nicki pfiff ihren Besen herbei und stieg auf. Tina folgte ihr, wenn auch nicht ganz ohne murren.
„Siehst du das da hinten, was ist das?“, fragte Tina plötzlich und deutete auf etwas vor ihnen, das sie sich nicht erklären konnte. „Sieht aus wie ein blauer Berg.“
„Das ist kein blauer Berg. Es ist eine Riesenwelle“, sagte Nicki ruhig, und plötzlich wurde ihr bewusst, was sie gesagt hatte, „Eine Riesenwelle!“
„Die Welle macht deine und meine Stadt total platt“, meinte Tina, doch sie klang nicht wirklich besorgt.
„Du weißt doch was zu machen ist“, sagte Nicki eindringlich.
„Ja, ich packe meine Sachen und such mir ne neue Bleibe. Man, was ein Stress, ciao“, sagte Tina und verschwand in Richtung Festland.

„Das meinte ich nicht“, dachte Nicki enttäuscht und konnte nicht fassen, wie egoistisch Tina sich benahm. Aber so war sie schon immer. Zuerst kam sie, und ob dann noch Zeit für Gedanken an andere Menschen waren, war fraglich. Nicki hatte gehofft, dass sie sich wenigstens jetzt auf sie verlassen konnte, aber so war sie wieder mal auf sich allein gestellt. Das Gefühl kannte sie und machte sie etwas traurig. Aber sie musste jetzt die Nerven behalten und handeln. Im Eiltempo flog sie zurück nach Hause.

„Aurora, du musst sofort los fliegen und alle auf der Insel vor einer Riesenwelle warnen, die auf die Stadt zukommt. Silber, flieg rüber und sag Marie, Alice und Hanna, dass sie eine Barriere um ihre Stadt errichten sollen“, sagte Nicki aufgeregt. Von Tina war hier keine Hilfe zu erwarten und sie hoffte, dass wenigstens die drei Mädels sich um die Sache kümmern würden, bevor ein Unglück geschieht.
„Wird gemacht Nicki“, sagte Silber und war schon in der Luft. „Ich fliege auch“, sagte Aurora und dann waren beide unterwegs und Nicki stand allein vor ihrem Haus. Sie sah den beiden nach und hoffte, dass sie wenigstens Hilfe von den anderen drei Hexen bekommen würde. Da wurde ihr klar, wie gefährlich die Sache war. Sie musste sich beeilen, drehte sich um und rannte ins Haus, in dem Marek sich aufhielt, der noch gar nichts von der Sache wusste.
„W ist denn los?“, fragte er erschrocken.
„Eine Riesenwelle kommt direkt auf die Stadt zu, und sie hat keinen natürlichen Ursprung“, sagte Nicki, während sie schon dabei war, ein paar Zauberbücher herbeizurufen.
„Kann ich helfen?“ Ihm war klar, dass er hier machtlos war, wollte aber nicht tatenlos zusehen. „Nein, nicht wirklich“, sagte Nicki in Gedanken, während sie in den Büchern blätterte.
In einem dicken Buch fand sie einen Zauberspruch. „Oh man, hoffentlich klappt das, sonst bin ich tot“, dachte sie betrübt. Sie hatte bisher noch nie vor so einer Aufgabe gestanden. Im Unterricht hatten sie solche Zauber nur theoretisch behandelt und bei allem, was irgendwie gefährlich war, waren immer die Lehrerinnen dabei gewesen.
Sie nahm ihren Besen und in dem Moment fühlte sie sich wieder sehr einsam. Selbst in dieser Stunde der Gefahr musste sie alles alleine schaffen. Sie atmete durch, stieg auf den Besen und machte sich auf den Weg. Sie flog der Welle entgegen. Diese war inzwischen noch größer und bedrohlicher geworden. Ihre Masse würde die kleinen Häuser wie Kartenhäuser zum Einsturz bringen.
„Eine Barriere die meine Stadt beschützt,
jedes Ding, jeden Mensch, jedes Tier, jedes Haus unterstützt.
Die Welle, sie schrumpft, was auch passiert,
bis sie sich an der Küste verliert“.
Diesen Satz wiederholte Nicki immer und immer wieder. Regen setzte ein und es wurde noch stürmischer. Der Wind riss an ihr, doch sie blieb auf dem Besen sitzen. Ihre Haare klebten in ihrem Gesicht und die nassen Kleider machten sie schwer. Es war kalt und es fiel ihr immer schwerer, die Kraft aufzubieten, um den Zauber aufrecht zu erhalten. Doch wie aus dem Nichts nahm sie Stimmen war, die nach ihr riefen.
„Nicki du schaffst das“, das war, Anne sie klang zuversichtlich.
„Nicki!“, Nina rief ganz laut ihren Namen.
„Ich glaube an dich, mein Schatz“, hörte sie Marek.
„Nicki, junge Hexe, vertraue dir“, auch Frau Hansen hatte sich mit ihrem Rollstuhl nach draußen begeben.
„Nicki, wir hoffen für dich“, der Jäger klang so stark wie die Stimme ihres Vaters.
„Wouuuu!“, auch Nuuk gab sein bestes.
„Wir alle glauben an dich“, Sandras Stimme klang so abgebrüht wie immer.

„Nicki, du kannst es schaffen“, Nicki war erstaunt, Alexis Stimme zu hören.

„Nicki, wir sprechen über deinen Hexenspiegel mit dir“, sagte Silber. „Wir alle können sehen, wie mutig du bist. Gib nicht auf“, rief Aurora.
„Wir sind alle da“, das war wieder Mareks Stimme.
„Wir wollen helfen“, Nina war voller Tatendrang.
„Macht weiter!“, rief Nicki. Sie war so überwältigt davon, dass alle so sehr an sie glaubten, dass ihr die Tränen kamen. Sie hatte sich nie erhofft, dass es mal Menschen gäbe, die sich so sehr auf sie verließen.
Dann kamen noch drei weiter Stimmen dazu.
„Nicki, vielen Dank für die Warnung“, es war Hanna, die da sprach.
„Wir bringen zusammen genug Energie auf, um unsere Stadt zu schützen“, sagte Marie, die erleichtert und auch stolz war, dass sie das schafften.
„Wir sind im Geiste bei dir, um dir zu helfen. Nimm dir alle Energie, die wir nicht brauchen“, sagte Alice.
„Vielen Dank“, sagte Nicki. Von all den guten Worten ermutigt und der Kraft gestärkt wiederholte sie noch einmal die Formel, und wirklich, nach und nach wurde die Welle kleiner und kleiner, bis sie sich im Meer verlor.
Erschöpft flog Nicki zurück zur Stadt, wo sie von ihren Freunden jubelnd empfangen wurde. Marek hob sie vom Besen und küsste sie innig. „Ich habe mir solch Sorgen gemacht“, sagte er und drückte sie fest an sich. Nicki konnte ihm ansehen, dass er geweint hatte.
Silber platzierte sich auf ihrer Schulter und schmiegte seinen Kopf an ihre Wange und auch Aurora war da und rieb zärtlich ihren Kopf an Nicki.
Sandra machte pausenlos Fotos. Das war wohl ihre Art zu sagen, schön, dass es dir gut geht. Aber es war auch ihr Job. Schließlich war sie für Zeitungsmeldungen zuständig. Aber bei aller Geschäftigkeit vergaß auch sie nicht, was Nicki hier vollbracht hatte. Von allen Seiten kamen Glückwünsche und Danksagungen.
Nicki jedoch nahm gar nichts mehr war. Sie war müde und ausgelaugt. Sie bemerkte nicht mal, als der Bürgermeister sich überschwänglich für die Rettung bedankte. Marek merkte, dass Nicki nicht mehr konnte und sagte bestimmend, dass es genug sei. Er nahm sie auf den Arm und trug sie nach Hause, wo er sie behutsam ins Bett legte.
Nicki verschlief den Rest des Tages und wachte auch in der folgenden Nacht nicht ein einziges Mal auf. Sie war so erschöpft, dass sie nicht einmal mehr bemerkte, wie Marek sie ins Bett brachte.
Als sie am nächsten Morgen erwachte, musste sie sich erst einmal zurechtfinden. Sie war noch ein wenig durcheinander, weil sie nicht wusste, was gestern noch alles geschehen war. Jedoch fiel ihr die Riesenwelle wieder ein und dass sie sie bezwungen hatte. Sie öffnete die Augen und sah sich umgeben von unzähligen Blumensträußen und Geschenken. Marek, der die ganze Nacht an ihrem Bett gewacht hatte, weil er sich große Sorgen um Nicki gemacht hatte, erzählte ihr, dass die Leute aus dem Ort sich mit diesen Geschenken bei ihr bedanken wollten. Nicki konnte das alles gar nicht glauben. So viele Blumen und Geschenke auf einem Haufen hatte sie vorher noch nie gesehen. Und nun war das alles für sie.
Vorsichtig öffnete sie das erste Päckchen und dann das zweite und freute sich über jedes einzelne Geschenk. Auch die Blumen in ihrem Zimmer waren wunderschön und dufteten herrlich.
Und dann musste Nicki laut loslachen, als sie sah, welch einen Spaß Aurora hatte. Sie fand das Geschenkpapier unheimlich spannend und zerriss es mit ihren Zähnen und Klauen. Das knisterte so schön.

Am Nachmittag wurde zu Ehren Nickis und als Dank für die Rettung ein wundervolles Fest veranstaltet. Vom Bürgermeister wurde Nicki sogar zum Ehrenbürger ernannt. Das ganze fand während einer wundervollen Zeremonie in der Kirche statt.

Nicki war zu Tränen gerührt und sie konnte sich gar nicht beruhigen. Sogar Hanna, Alice und Marie waren anwesend, um Nicki zu danken. Alleine hätten sie es nämlich nicht rechtzeitig geschafft. Hanna erzählte verärgert, dass Tina doch wirklich abgehauen war. Sachen geschnappt und weg war sie.
 

Sano Kosuke

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Dann kam endlich der Tag, an dem sie ihre Zeugnisse und ihre eigenen Hexenkugeln bekommen würden. Nicki war am Vortag los geflogen und war sehr zuversichtlich, dass sie ihre Prüfung bestanden hatte.
Auf dem Festland traf sie sich mit Hanna, Marie und Alice. Sie hatte sich verabredet, um zusammen zu fliegen, denn nach diesem schrecklichen Ereignis hatten sie Freundschaft geschlossen. Die drei Hexen hatten eingesehen, wie dumm es war, sich von Tina beeinflussen zu lassen und es tat ihnen sehr leid, Nicki immer wieder schikaniert zu haben. „Ich bin so aufgeregt“, sagte Hanna, während sie durch eine Wolke flog. Den anderen drei Hexen ging es genauso. Aber trotzdem lächelte Nicki vor sich hin. Sie dachte daran, als sie ihr neues zu Hause gesucht hatte. Damals war sie allein. Heute flog sie mit drei ihrer ehemaligen Mitschülerinnen zurück zur Schule, und wie sie feststellte, mochten die anderen sie. Das tat gut.
„War Marek sehr enttäuscht, dass er nicht mit zur Ehrung durfte?“, fragte Hanna.
„Es geht, ich musste versprechen Silber sofort los zu schicken, wenn ich weiß, wie die Prüfung ausgefallen ist“, antwortete Nicki.
Die Schule kam in Sicht, und sie setzten zur Landung an. Es waren schon viele andere Hexen da, unter anderem auch Tina. Sie verriet sich durch eines ihrer auffallenden Kleider und war wieder einmal nicht zu übersehen.
Bald waren alle Schülerinnen versammelt und die Lehrerinnen kamen aus der Schule. Am Rand drängelten sich die jüngeren Schülerinnen, um alles mitzubekommen. Ganz in ihrer Nähe entdeckte Nicki Samantha, Louise, Juli und Patrizia, die ihr freundlich zuwinkten.
Dann wurde es ruhig. Die Schulleiterin trat aus der Schule, gefolgt vom Hexenrat. Gemeinsam traten sie vor die Schülerinnen.
„Guten Tag meine Damen. Heute wird sich entscheiden, wer von ihnen das Prüfungsjahr gemeistert hat und wer nicht.“ Sie zog ein Pergament aus ihrer Tasche und las einige Namen vor. Die genannten Mädchen gingen feierlich nach vorn und bekamen zu ihrer bestandenen Prüfung die begehrten Kugeln.
Hanna war so aufgeregt, dass sie beinahe gestolpert wäre. Alice und Marie ging es nicht besser, denn sie machten sich Sorgen, ob Tinas Verhalten auch ihnen geschadet hatte.
Tina jedoch schien bester Dinge, als sie aufgerufen wurde. Mit großen Schritten ging sie auf die Schulleiterin zu und hielt ihre Hände vor ihr auf.
„Tina, zu dir gibt es nur zu sagen“, sagte die alte Hexe ärgerlich, „du hast dich egoistisch verhalten und bist abgehauen, als deine Freundinnen dich gebraucht haben. Du hast deine Stadt im Stich gelassen, als sie drohte unterzugehen. Du hast dich als alles andere als reif erwiesen. Also sind wir der Meinung, dass du noch nicht verstandenen hast, was es bedeutet, eine Hexe zu sein. Denn das bedeutet Verantwortung zu übernehmen und seine Kräfte dort einzusetzen, wo sie gebraucht werden. Du hast jedoch kläglich versagt. Du kehrst zurück auf die Schule, und das umgehend.“
Erschrocken sah Tina die Schulleiterin an. Sie wollte etwas sagen, doch die Schulleiterin brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen.
Nicki hätte gleich nach ihr kommen müssen, doch nichts. Selbst als alle anderen schon aufgerufen worden waren, war Nicki noch nicht genannt worden. Doch dann endlich: „Nicki komm bitte nach vorne.“
Nicki ging auf die Schulleiterin zu. Ihr war ganz flau im Magen.
„Was du in diesem Jahr geleistet hast ist unglaublich. Du hast auf einer Insel Fuß gefasst, die für dich persönlich schlimme Erinnerungen aufwirft. Du hast einen sehr seltenen Drachen ohne Probleme aufgezogen. Du hast gelernt über deinen Schatten zu springen und auch denen zu helfen, denen du nicht helfen willst. Du hast dich für Tiere und Menschen deiner Insel gleichermaßen eingesetzt und uns bewiesen, dass du selbstständig handeln kannst. Wie ich hörte, hat dir dein Freund einen Antrag gemacht. In dem Sinne wünsch ich dir alles erdenklich Gute.
Du bist wie deine weiblichen Vorfahren eine exzellente Hexe. Ab jetzt bist du eine vollwertige Hexe mit allen Rechten und Pflichten.
Außerdem wurde beschlossen, dich in den Hexenrat aufzunehmen, sobald du die Volljährigkeit erreicht hast. Damit wärst du das jüngste Mitglied des Rates in seiner ganzen Geschichte. Hiermit überreiche ich dir die Kugel der Elena, deiner Urgroßmutter, der letzten Oberhexe. Herzlichen Glückwunsch“. Mit großer Freude übergab sie Nicki die silbrig schimmernde Kugel. Nicki hatte alles richtig gemacht. Besser konnte man die Prüfung nicht bestehen.
„Silber flieg los“, war alles, was Nicki noch herausbrachte. Alles um sie herum klatschte und jubelte und Nicki stand wie versteinert da und hielt die Kugel einer der mächtigsten Hexen in den Händen. Mit achtzehn Jahren würde sie in den Hexenrat aufgenommen. Es war alles so unfassbar aber wunderschön. Ihr war klar, dass jetzt endlich alles gut war. Tränen des Glücks rannen über ihre Wangen.
Natürlich hagelte es wieder Geschenke, doch dieses Mal von ihrer Oma und ihrem Vater, die extra eingeladen wurden, um diesen Tag gemeinsam mit Nicki zu erleben. Nicki freute sich so sehr, endlich ihre Familie wieder in die Arme zu schließen, die so stolz auf ihr großes Mädchen war. Am liebsten hätte Nicki die beiden mit nach Hause genommen, aber sie wusste, dass auch ihr Vater und ihre Großmutter Verpflichtungen hatten, denen sie nachkommen mussten. Aber ihr war klar, dass sie niemals mehr so lange von ihnen getrennt sein wollte. Jetzt, wo sie das Prüfungsjahr geschafft hatte, konnte sie sich auch die Zeit nehmen, um die beiden zu besuchen oder umgekehrt. Und das machte ihr den Abschied von den beiden etwas leichter. Natürlich wollten ihr Vater und die Großmutter so schnell wie möglich ihren Freund Marek kennen lernen. Sie gönnten Nicki ihr Glück, denn die beiden wussten, dass Nicki es nicht immer leicht gehabt hatte. Nun war doch irgendwie alles gut geworden.
Die Feierlichkeiten dauerten noch einige Zeit, und es gab so viel zu erzählen. Nicki genoss es ein wenig, im Mittelpunkt zu stehen. Aber auch dieses Fest ging vorüber. Gemeinsam mit ihren neu gewonnenen Freundinnen flog Nicki zurück. Am Festland verabschiedeten sich die drei Hexen von Nicki mit dem Versprechen, sie bald zu besuchen.
In Gedanken vertieft und vor sich hinlächelnd flog Nicki weiter zu der Insel, auf der sie ein neues zu Hause gefunden hatte. Schon von weitem fiel ihr ein großes Banner auf, und als sie näher kam, konnte sie lesen, was darauf stand: „Willkommen Nicki!“
Die Bewohner der Stadt hatten eine Feier organisiert. Luftballons, Kuchen, Musik, Tanz, Lagerfeuer und das bis tief in die Nacht.
[FONT=&quot]Nicki war angekommen, nicht nur auf einer Insel, sondern auf ihrer Insel.[/FONT]
 
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