Hyuuga Mari
Chuunin
Job: This is Art
„Nee-san, Nee-san! Ohhh, wie toll das ist!“ Wessen Stimme das war? Ganz einfach, eine völlig überdrehte Aiko, die in den Garten gestürmt kam und vor ihrer älteren Schwester begann, aufgeregt zu tänzeln. Mari strich sich mit dem Handrücken über die Stirn, es war noch früh am Morgen, aber bereits jetzt machte sich der Sommer in seiner vollen Pracht bemerkbar. Eine Hitzewelle hatte das Feuerreich erreicht und brachte sämtliche Bewohner zum Köcheln, auch wenn die Hyuuga nicht vorhatte, sich deshalb in ihrem Training beeinflussen zu lassen. Richtig gehört, in genau jenem hatte sich die 15-Jährige befunden, bevor Aiko sie abrupt unterbrochen hatte. Die Frage blieb übrig, was diese Aktion sollte, denn egal wie aufgeweckt die kleine Schwester der Kunoichi auch war, normalerweise störte sie Mari nicht in ihrem Training. Erst danach wieder, wenn es offiziell als beendet erklärt wurde. „Aiko? Was hast du da?“ Nachdem sich die ältere Schwester aus der typischen Stellung für das Jyuuken gelöst hatte, musterten die weißen Augen neugierig das kleinere Mädchen – welches ein Abbild Maris in früheren Jahren hätte sein können. Sie hielt ein Stück Papier in ihren kleinen Händen, auf dem eindeutig mehrere Worte geschrieben standen. Sah ziemlich förmlich aus... Aiko beendete derweil ihre Tanzeinlage, lachte und hielt das Papier in die Höhe, als sei es ein wertvolles Stück Gold. „DAS, liebe Nee-san...“, begann sie dann ihre Ansprache, die helle und freudige Stimme kaum zu unterdrücken. „... das hier ist dein nächster Auftrag! Ohhhh, der ist sooo toll! Ich bin so neidisch!“ Moooooment, was hatte Aiko da eben gesagt? Nächster Auftrag? Warum zum Henker hielt die kleine Schwester den in ihren Händen, hatte ihn gar gelesen? Da hätte doch eindeutig der Name Maris draufstehen müssen, in einem Briefumschlag versiegelt. Ehe die Kunoichi die Information so richtig verarbeitet hatte, machte sie Gebrauch von ihrer überdurchschnittlichen Geschwindigkeit und riss der jüngeren Hyuuga den Zettel aus den Händen, die verwundert in die Luft blinzelte, bis sie realisierte, dass ihr der Brief geklaut worden war. Mari hatte noch gar nicht nachgelesen, da hob sie eine Augenbraue an und sah fast schon strafend auf die Schwester hinab. „Warum liest du meine Briefe?“ Ehrlich, konnte man nicht einmal im eigenen Zuhause genug Vertrauen haben, dass die Privatsphäre beachtet wurde? Aiko verschränkte die Arme auf dem Rücken, senkte den Blick gen Boden und spielte schuldbewusst mit der Spitze ihres Schuhwerks im Gras vor sich. Sie druckste sich vor einer Antwort, denn eigentlich wusste sie, dass Mari so etwas gar nicht mochte. „Gomene.. ich war nur so neugierig..“ Na, tolle Erklärung. Die Braunhaarige atmete durch, fasste sich an die Stirn und sammelte sich wieder. Sie wollte Aiko keinen Vorwurf machen, sie wusste, wie gerne sie auch selbst die Karriere als Kunoichi eingeschlagen hätte. Demnach sahen die weißen Augen wieder in die ebenso weißen der jüngeren Schwester, sie nickte. „Mach es einfach nicht wieder, ja?“ Und damit schritt sie an der Kleinen vorbei, zurück in den Wohnraum des Anwesens. Dort angekommen setzte sich Mari, las sich den Brief nun in Ruhe durch, wurde aber wieder von ihrer neugierigen und manchmal auch nervtötenden Schwester unterbrochen, die um das Sitzkissen gesprungen kam und sich Mari gegenübersetzte. „Wer ist denn dieser Himitsu~?“, stellte sie sogleich die erste Frage, und als die Braunhaarige ihr nicht sofort antwortete, folgte sogleich die Zweite. „Verstehst du dich so gut mit ihm wie mit Hei~?“ Was bitte war in Aiko gefahren? Ihr Unterton ließ wirklich eindeutig erkennen, worauf sie anspielte, hatte die Hyuuga es verpasst, wie aus der unschuldigen Schwester ein pubertierender Teenie wurde? Die 15-Jährige setzte ein Lächeln auf, hob die Augenbraue an und erhob sich aus ihrer sitzenden Position. „Ein Kollege. Bevor du dich in die Angelegenheiten anderer Leute einmischst, solltest du dich erst einmal um die eigenen Probleme kümmern.“ Aiko sah verwundert drein, als Mari das Zimmer verließ, sich aber noch einmal umdrehte und sich gegenüber ihrem Familiemitglied sogar zu einem Zwinkern ermutigen ließ. „Was war das denn für ein Junge, mit dem du letztens ein Eis gegessen hast?“ Die Kleine lief rot an – Volltreffer – somit hätte die Kunoichi jetzt erst einmal ihre Ruhe vor der kleinen Nervensäge. Ja, gegenüber der kleinen Schwester war Mari um einiges lockerer, als es die Öffentlichkeit von ihr gewohnt war. Aber war doch auch normal, dass das private Verhalten innerhalb der Familie von jener bei der Arbeit abwich.
Eine Weile später befand sich die Genin mitten im Seiryuu-Bezirk, dort sollte die heutige Aufgabe auch stattfinden. Allgemein hätte man sagen können, dass die Hyuuga verdammt kurzfristig hierher bestellt worden war, doch da sie dies mittlerweile von der Verwaltung ohnehin gewohnt war, beschwerte sie sich nicht. Das Abzeichen hing um ihre Hüften, die Hose bestand aus einer heute weißen Hotpants, das Oberteil aus einem türkisfarbenen Top. Sehr viel luftiger ging es nicht mehr, doch bei der Hitze, die heute herrschte, hatte sich Mari bewusst dagegen entschieden, irgendwelche schwarze Kleidung anzuziehen. Die Haare waren in einem geflochtenen Zopf gebändigt, in ihrer rechten Hand hielt sie eine Wasserflasche, aus der sie immer wieder gierige Schlucke trank. Nun, als es auf den Mittag zuging, war es natürlich noch wärmer als am Morgen. Die Aufgabe bestand darin, einen kleinen Wohnkomplex mit bunten Farben anzumalen? Merkwürdig, normalerweise war es die 15-Jährige gewohnt, dass die Leute Schmierereien entfernt haben wollten, aber gut, wenn sie meinten. Mari war vielleicht nicht die größte Künstlerin, aber ein paar Kritzeleien würde auch sie hinbekommen. Der Job sollte ausgeführt werden – wie Aiko es hatte anklingen lassen – mit dem Partner des letzten Auftrages. Kajiya Himitsu, der emotionale Genin, frisch von der Akademie. Ob er sich hier auch so hineinsteigern würde? Irgendwie ging die Braunhaarige davon aus, weshalb sie gespannt war, was der Tag so alles bringen würde. Nun jedenfalls stand sie auf dem Platz des Krankenhauses und wartete geduldig darauf, dass der Kollege auftauchen würde – er hatte nur noch ein paar Minuten, dann wäre er zu spät. Bevor sich jemand wunderte: Die Genin sollten nicht das Krankenhaus anmalen, sondern sich hier nur treffen. Der eigentliche Auftrag wurde einige Straßen weiter ausgeführt.