Die Tür schwang auf, Itoe trat ein. Zuerst umgab sie Schwärze. Dunkelheit drang aus jeder Pore des Raums und erstickte beinahe jedes Geräusch, denn mehr als ihre eigene, leicht beschleunigte Atmung, vermochte Itoe nicht zu hören. Für den Moment besah sie sich nur dieser Dunkelheit, dachte nicht an Junko oder den Raum oder das Examen, sie achtete nur auf das, was sie sah. Zucker lag in der Luft und Itoe fühlte sich an ihre Kindheit erinnert. Sie schmeckte förmlich die pinke Zuckerwatte, die einem auf dem Jahrmarkt immer auf den Wangen klebte und von denen man nichts als Bauchschmerzen und Karies bekam.
Itoe schritt einige Meter nach vorne. Vorsichtig tappte sie durch die Dunkelheit, konzentriert darauf, auf jedes Geräusch, jede Bewegung zu reagieren. Sie erinnerte sich an den Trainingskampf mit Hyuuga Saki – dort hatte sie blind gekämpft und war damit zwar nicht sonderlich erfolgreich, aber doch... effektiv gewesen. Im Sinne dieses Kampfes aktivierte Itoe nun auch erneut ihr Byakugan – zeitgleich damit gingen plötzlich überall im Raum grelle Scheinwerfer an und Itoe fühlte sich wie auf einer Bühne – alle Lichter waren auf sie gerichtet.
Keine Sekunde später ertönte Jahrmarktmusik von allen Seiten, Papierschlangen schossen von der Decke und aus unzähligen Löchern in der Wand. Itoe schreckte ein wenig zusammen. Sie sah nach links um dieses quietschende Geräusch zu orten, blickte hinter einen schweren, schwarzen Vorhang und erblickte eine alte Frau, die sich in immer wiederholenden Bewegungsmustern über einer Kristallkugel befand. Wie hatte man diese Geräte genannt? Wahrsagemaschinen? Itoe erinnerte sich nur dunkel.
Vor der Hyuuga, an der gegenüberliegenden Wand, befand sich nun die Hauptattraktion dieses Raumes. Der grinsende Schädel hatte seine Zähe kräftig in den Steinboden geschlagen, sodass dieser zersplittert und zerstört worden war. Hieß das, dieser Kopf ließ sich auch anheben? Schließlich musste er mit einiger Wucht herunter gesaust sein. Itoe wagte einen Blick.
In den Nasenlöchern der Fratze (Itoe Arme würden vermutlich hindurch passen), befand sich ein Wirrwarr aus vielerlei Kabeln und Drähten und einige Knöpfe schien es ebenfalls zu geben. Dahinter tat sich ein kleiner Gang auf, der in einem kugelförmigen Raum und einem großen, roten Knopf endete. Die Spielregeln schienen klar zu sein: Drück drauf, wenn du kannst.
Genauso gut konnte dies jedoch auch eine Falle sein, schließlich … Moment, die meisten Teilnehmer konnten weder die Kabel, noch den roten Knopf ausmachen. Also womöglich doch keine Falle, für Itoe lediglich einfacher zu entdecken? Trotz dieses Gedankengangs konnte sich Itoe nicht von jedem Zweifel befreien, weshalb sie sich entschloss, erst einmal diese alte Frau unter die Lupe zu nehmen.
Blöd nur, dass just in diesem Moment Herr Fratze meinen musste, auf Itoe zu reagieren. Dieses Bildnis fixierte sie doch tatsächlich mit seinen Augen, was Itoe so gesehen mehr Angst einjagte als dieser Raum mit den Folterinstrumenten. Der Schluss, dass diese Augen elektrisch gesteuert wurden (dieses Teil lief ganz klar mit Strom), kam jedoch relativ schnell, genügend Kabel waren schließlich vorhanden.
Dieses merkwürdige Kichern, welches gleichzeitig im gesamten Raum ertönte, konnte nur eines bedeuten: Jemand beobachtete sie, steuerte diese Augen und wollte ihr Angst einjagen, mit ihr spielen. Itoe suchte die Umgebung ab, konnte jedoch niemanden entdecken. Deprimierend, zumal ihr dieses Gekicher sogar bekannt vorkam, sie es aber nicht zuordnen konnte.
Sollte er doch zuschauen. Wer auch immer hier am Hebel saß, es kam leicht pervers rüber, so zumindest Itoes Meinung. Nach diesem kurzen Schockmoment raffte Itoe jedoch ihre Nerven wieder zusammen und begab sich zu der Wahrsagemaschine. Wollen wir doch mal sehen, was diese zu sagen hatte.
Itoe stand also vor diesem schicken Glaskasten und besah sich das Gerät, sowie die alte Frau. Eine ganz gewöhnlche Wahrsagemaschine, wie man sie von Jahrmärkten und ähnlichen Veranstaltungen kannte. Man warf ein Geldstück ein und einem wurden die Karten ausgelegt. Was tat unsere Hyuuga also? Richtig, sie zückte ein Geldstück und warf es in den Apparat.
Die alte Frau begann sich zu bewegen, die Kugel leuchtete und kurz darauf wurden aus einem Kartenstapel einige, drei, um genau zu sein, Karten gezogen und verdeckt vor der Frau ausgebreitet. Dann wurde die erste Karte aufgedeckt. Auf ihr befand sich eine schwarzhaarige Frau, sie trug ein weißes Kleid und trat gerade durch den Mund einer riesigen Fratze. Die Parallelen zu diesem Raum und Itoe, mit ihren schwarzen Haaren, waren kaum zu übersehen.
Die zweite Karte wurde aufgedeckt. Die Ränder dieser waren dunkel gefärbt (Blut?) und der Frau war pures Entsetzen ins Gesicht geschrieben, da sie hinter der Fratze von überall Augenpaare anstarrten.
Die dritte Karte zeigte wieder die Frau, dieses Mal lag sie übel zugerichtet auf dem Boden. Blut befleckt war das einst weiße Kleid und alles um die Frau herum versank in Dunkelheit.
Itoe trat einen Schritt zurück und schluckte. Keine Frage, dies hier sollte ihre Zukunft darstellen und ihr Angst machen. Es sollte sie dazu bringen, diese Fratze nicht zu betreten, den Knopf nicht zu drücken, umzukehren. Doch leider konnte Itoe das nicht tun, also ging sie selbstbewusst und mit schnellem Schritt zu der Fratze, vor welcher sie noch einmal kurz pausierte und tief durchatmete.
Sie wusste zwar nicht warum, aber irgendwie störte Junko hinter ihr. Zu wissen, dass dort jemand war, der sie beobachtete, machte die Hyuuga leicht nervös. Egal, sie würde die Chuunin später darauf ansprechen. Vielleicht würde sie ja gehen, wenn man sie höflich darum bat?
Itoe erhob ihre Arme und konzentrierte sich. Sie konnte sich viele Szenarien vorstellen, um allen zumindest im Ansatz vorzubeugen, sammelte sie genügend Chakra in ihren Armen um diese im Falle des Falles mit einer schützenden Schicht zu umgeben. Hoffentlich war das nicht notwendig.
Itoes Herz pochte, als sie die Hände in die Nasenlöcher steckte und sich die Verknüpfungen der Kabel ansah. Das musste einfach ein Mechanismus zur Öffnung irgend eines Durchganges sein. Entschlossen drückte sie die beiden Knöpfe und hielt die Luft an.