Misumi Kimihiro
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cf: TSMGO - I. Akt: Vorhang auf!
Es war einfach immer wieder beeindruckend.
Eine riesige Stadt, mitten in einem noch riesigeren Krater. Allein mit der Frage, wie diese gigantische Delle in die Welt gestanzt worden war, konnte man sich jahrelang beschäftigen. Hatte die Wissenschaft schon eine Antwort gefunden? Ein Felsbrocken aus dem Himmel, ein unheilig-großes Monster, oder einfach nur eine verflucht merkwürdige Laune der Natur?
Doch das war noch nicht alles, denn immerhin lag in dieser kreisrunden Senke eine der bekanntesten Städte nicht nur des Feuerreiches, sondern der Welt: Die Kraterstadt. Der wenig einfallsreiche Name wurde durch etliche Häuser, eine taghelle, kunterbunte Beleuchtung und einen steten Geräuschpegel jenseits von Gut und Böse Lügen gestraft. Die Kraterstadt war viele Wochen im Jahr ein einziges, langes Fest, mit nur kurzen Pausen, um die angesammelten Schnapsleichen und die unbelebten Reste der letzten Feier loszuwerden, damit man bei der nächsten wieder genauso auf den Putz hauen konnte.
Es war fast müßig zu erwähnen, dass Kimihiro bisher nicht sehr oft hier war. Eine Stadt, die eigentlich mehr eine einzige, große Disko war? Alkohol und leicht bekleidete Damen an jeder Ecke, grelle, blinkende und flackernde Lichter, und die gnadenlose Zerstörung jeglicher Natur durch feierwütige Berserker waren drei verflucht gute Gründe für den zartbesaiteten Künstler, die Motive seiner Bilder ganz, ganz weit weg zu suchen. Dennoch war er, vermutlich wie einige andere des Teams bzw. seines Alters, bereits ein- oder zweimal hierher gekommen, um ein bestimmtes Fest zu verfolgen oder Urlaub zu machen. Einfach jeder, der in Konohagakure oder Shirogakure lebte, und den er kannte, war im Laufe seines Lebens einfach nicht voll und ganz an der Partyhauptstadt des Landes vorbeigekommen. Ein Armutszeugnis für die Gesellschaft, ja, aber leider eine Tatsache.
Die Navigation innerhalb der Stadt war für den Künstler somit letztlich kein Problem – bedachte man zudem, dass er sich die Karte des Orts recht gut eingeprägt hatte. Nachdem das Team einige Augenblicke am Rande des hohen Kraters verbracht hatte, um den Blick über die Mittags etwas verschlafen wirkende Stadt zu genießen, ging es recht schnell weiter zu einem der breiten Pfade, die in geschwungenen Serpentinen den Krater nach unten führte. Begrüßt wurden die Shinobi am Ende des Pfades von einigen Vertretern der bereits erwähnten Schnapsleichen-Fraktion, die der Künstler nach einem knappen, leicht angewiderten Blick nicht weiter beachtete – ein paar Schritte zur Seite waren aber nötig, um von deren Odeur nicht aus den Socken gehauen zu werden. So oder so war eine knappe Erklärung des folgenden Plans nötig, ergo wandte sich Kimihiro kurz seinen Kameraden zu.
„Da wir noch genug Zeit haben, bevor hier wie jede Nacht die Hölle los bricht, werden wir, nachdem wir unser Gepäck in dem gebuchten Gasthaus untergebracht haben, direkt dem Daisu Shiata auf gut Glück einen Besuch abstatten. Ein Termin mit Kitsune-san ließ sich nämlich nicht arrangieren, da er laut eigener Aussage ‚zu sehr mit non-trivialen, non-non-theatralen Technizitäten zu tun’ haben soll. Oh, und was ich vergessen habe zu erwähnen: Mit Ankunft hier vor Ort sollte sich jeder einen neuen Namen überlegen. Ein Henge wäre meiner Meinung nach übertrieben, und außerdem verräterisch, wenn eine zufällige Verletzung das ganze aufheben würde. Ein anderer Name dagegen ist… naja, das Minimum.“
Jap, die Freude über den neuen Klienten war ungebrochen, hörte man so auf Kimihiros ironiebelastete Stimme. Leider blieb dem Team jedoch nichts anderes übrig, als vorerst die Eskapaden des vermeintlichen Bald-Mordopfers zu ertragen. Außerdem gab es ja noch etwas Zeit, um sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass dieser Mann nun eine Zeit lang die Befehle geben würde, oder der zumindest glaubte, er könnte den Ninjas Befehle geben. Der Weg zum Gasthaus erstreckte sich nämlich über etwa ein Drittel des Durchmessers des Kraters und führte sie erst über die Hauptstraße, dann durch einige schummrige Gassen, die man nachts besser meiden sollte, direkt vor ein… ja, was eigentlich?
Die Dorfleitung hatte sich etwas dabei gedacht. Irgendwie. Das Haus lag nahe des Zentrums und damit auch nahe des Theaters, was eindeutig sagte: „Ihr seid nicht hier, um zu schlafen, sondern um zu arbeiten!“ So weit, so gut. Dass ein verstecktes Dorf, nicht einmal eines der beiden größten der Welt, jedem seiner Teams das beste der örtlichen Hotels buchte, war auch klar. Vor allem wenn man in eine wahre Tourismusmetropole reiste, in der man wirklich teure Herbergen fand, die keine Kosten und Mühen scheuten, um eine ideale Verknüpfung von täglicher Ruhe und nächtlicher Partystimmung zu finden. Aber… musste es ausgerechnet die einzige, windschiefe Hütte weit und breit sein, deren Farbe man wortwörtlich beim Abblättern zusehen konnte? Gut, das Haus war groß, hatte sicherlich vier Stockwerke, fünf Stockwerke und mochte mit seinen ehemals kunterbunten Ziegeln bestimmt einmal ein Blickfang gewesen sein. Leider war diese Zeit so lange schon vorüber, das man selbst das klapprige Schild, welches das Haus als das richtige markierte, kaum lesen konnte.
Der Wimp… Winsel… nein, doch, Winkel. Der Winkel. Passender Name, ja wirklich.
Kimihiro unterdrückte ein Seufzen – diese Zusammenreißerei würde auf Dauer anstrengend werden – und geleitete sein Team ins Innere des Gasthauses. Dort wurden sie von der Einrichtung beinahe hinterrücks erschlagen: Saubere, samtweiche Teppiche, die kreuz und quer auf dem Boden verteilt waren, Kitsch aus allen Herren Ländern, wohin das Auge sah, darunter Uhren, deren Metallränder absichtlich oder versehentlich in die Länge gezogen um verschmolzen worden waren, sodass der Eindruck von zerfließenden Gerätschaften entstand, und viel zu viele Treppen, von denen einige sogar parallel zum Boden verliefen. Waren sie aus Versehen in eines dieser in lächerlicher Großspurigkeit benannten „modernen“ Gemälde gestolpert, oder…
„Willkommen im Winkel, weine, äh, meine Damen und Herren!“
Achtlos sprang eine verwischte Gestalt blitzartig über den Tresen der Rezeption einige Meter weiter, nur um als schmächtige, hochgewachsene Gestalt kaum einen Millimeter vor Kimihiro stehen zu bleiben. Der Duft abgestandenen Rasierwassers stach ihm so heftig in die Nase, das er sie schon fast bluten fühlte, und das unnatürlich breite Lächeln des Mannes, das im wahrsten Sinne des Wortes von einem Ohr zum anderen reichte, ließ das Sonnenlicht von draußen grell in Kimihiros Augen spiegeln.
„Banto Tashikamaru ist der Name, und ich bin der Besitzer dieses etabilissimosesten Gasthauses der gesamten Kraterstadt!“, säuselte der Besitzer, nur um sich mit einem zwinkern zu Arachino und dem Teamleiter selbst zu ergänzen: „Ihr könnt mich ruhig Tashi-chan nennen, ohohohoho!“
Im Gegenzug lächelte Kimihiro, unfähig, etwas anderes zu machen, wobei das Wort „Niemals“ mehrere Millionen Male in seinem Kopf widerhallte. Doch was hatte er denn erwartet? Windschiefes, buntes Gebäude namens „Winkel“, über die Maßen kitschiges Interieur…
Mit einer galanten Drehung kreiselte der Hausbesitzer dann auch schon wieder zu seinem Tresen, setzte sich mit übereinander geschlagenen Beinen darauf – dem Schicksal sei es gedankt, dass er einen Anzug mit richtigen Hosen trug, obwohl dessen schmieriges Schimmern, welches gut zu den gegellten Haaren und dem gekräuselten Schnurrbart passte, auf Dauer recht irritierend war – und klatschte flink in die Hände. In der nächsten Sekunde fühlte Kimihiro beinahe die Erde beben, als ein Berg von einer Frau sich mühsam unter einem Türrahmen hindurchquetschte. Der Künstler sah ehrfürchtig von den ausgetretenen Turnschuhen hinauf, über das zeltartige Dienerinnenkostüm mitten in das Mondgesicht schlechthin – runde Form, kleine Augen, Knollnase und ein Mund, der für sich genommen ebenfalls einen Mond bildete, genauer eine nach unten geöffnete Sichel. Ja, die Freude der Dame ob ihrer neuen Herren umspülte sicherlich das gesamte Team.
Während der Großteil wohl noch diese… „Dame“ bestaunte, schaltete sich der Hausbesitzer erneut ein: „Beachtet sie gar nicht! Das ist nur Madame Tekken, aber alle nennen sie Hina. Sie freut sich immer, wenn neue Gäste kommen und sich hier einquartieren. Dafür seid ihr jungen Dinger doch sicherlich hier, oder, für ein Zimmer? Oder?“
*Hmm, so fühlt es sich also an, zum Kauf eines Hotelzimmers erpresst zu werden. Spitze.*
Glücklicherweise musste sich die Gruppe nicht erst von den Fäusten des „Kükens“ überreden lassen, denn die Zimmer waren gebucht. Zwei, um genau zu sein, mit jeweils zwei Betten für insgesamt vier…
*…verflucht, stimmt ja.*
Da stand Kimihiro nun, mit vier Kameraden statt dreien, einem menschlichen Abrisskommando, und einem wenig bodenständigen Geschäfts“mann“. Schon wieder so eine dankbare Situation. Ob sich eine der jungen Damen auf ein Sofa verbannen ließ? Ob Banto das genehmigte? Wie viel die Zimmer hier wohl tatsächlich kosteten?
Es half nichts. Verhandlungen mussten her, und zwar Verhandlungen der Art, bei der man sich nicht gern über die Schulter schauen ließ. Zumindest konnte der sowieso schon nervöse Künstler gut darauf verzichten.
Entsprechend trat er ein paar Schritte zu dem Hotelbesitzer, der dieser Annäherung nicht abgeneigt schien, und wechselte einige geflüsterte Worte mit ihm. Es ging ein paar Mal hin und her, bis Banto letztlich in die Hände klatschte.
„Oui Oui, olalala, perfekt, Utayomi-san, wie ich mich freue! Hina, bring unsere Gäste hoch auf ihre Zimmer – die jungen Damen kommen nach 310, der Herr auf 305. Unseren Kunden hier…“, ein folgenschwerer Blick zurück zu Kimihiro, „…werde ich derweile beschäftigen.“ Kimihiro, sichtlich voller… Vorfreude, ergänzte dabei: „Ladet einfach euer Zeug ab, entspannt euch kurz, und dann treffen wir uns wieder hier unten. Eine halbe Stunde dürfte reichen.“ Ein verschämter Blick zu Banto.
*Hoffentlich.*
So war also die erste Hürde geschafft. Hoffentlich. Junko, Kumiko und Itoe konnten nun hinauf in ihr Zimmer und die recht prachtvolle Suite bestaunen, die ihr Teamleiter ihnen ergaunert hatte. Neben Prunk und Pomp in Form von überraschend roten Wänden und eisig glitzernden Akzenten fanden sich hier nämlich drei Betten, oder besser: Ein normales, und ein Ehebett. Viel Spaß bei der Aufteilung, meine Damen.
Arachino indes wurde in ein eher schlichtes Zimmer verfrachtet – wobei, nein, schlicht war nicht das richtige Wort. Die gesamten Räumlichkeiten, vom Badezimmer bis zur Küche, erstrahlten in den Nichtfarben Weiß und Schwarz. Merkwürdige Spiralen bedeckten die Wände, verzweigten sich wie Wurzeln, und zogen sich über Wände, Decken, Böden und die Einrichtung, einschließlich der zwei von einem Nachttisch getrennten Betten.
Was Kimihiro anging? Nun, der wartete im Moment in einem der Hinterzimmer des Erdgeschosses darauf, dass seine Kollegen sich einrichteten, eventuell die spärliche Akte kurz überflogen und dann in die Lobby zurückkehrten. Er selbst saß inzwischen auf einem unbequemen Stuhl und sah dabei zu, wie Banto sich durch seinen Kleiderschrank kämpfte und nach etwas Bequemeren suchte. Dabei spürte der Künstler seinen Zeichenblock so schwer wie nie in seinem Schoße lasten…
Es war einfach immer wieder beeindruckend.
Eine riesige Stadt, mitten in einem noch riesigeren Krater. Allein mit der Frage, wie diese gigantische Delle in die Welt gestanzt worden war, konnte man sich jahrelang beschäftigen. Hatte die Wissenschaft schon eine Antwort gefunden? Ein Felsbrocken aus dem Himmel, ein unheilig-großes Monster, oder einfach nur eine verflucht merkwürdige Laune der Natur?
Doch das war noch nicht alles, denn immerhin lag in dieser kreisrunden Senke eine der bekanntesten Städte nicht nur des Feuerreiches, sondern der Welt: Die Kraterstadt. Der wenig einfallsreiche Name wurde durch etliche Häuser, eine taghelle, kunterbunte Beleuchtung und einen steten Geräuschpegel jenseits von Gut und Böse Lügen gestraft. Die Kraterstadt war viele Wochen im Jahr ein einziges, langes Fest, mit nur kurzen Pausen, um die angesammelten Schnapsleichen und die unbelebten Reste der letzten Feier loszuwerden, damit man bei der nächsten wieder genauso auf den Putz hauen konnte.
Es war fast müßig zu erwähnen, dass Kimihiro bisher nicht sehr oft hier war. Eine Stadt, die eigentlich mehr eine einzige, große Disko war? Alkohol und leicht bekleidete Damen an jeder Ecke, grelle, blinkende und flackernde Lichter, und die gnadenlose Zerstörung jeglicher Natur durch feierwütige Berserker waren drei verflucht gute Gründe für den zartbesaiteten Künstler, die Motive seiner Bilder ganz, ganz weit weg zu suchen. Dennoch war er, vermutlich wie einige andere des Teams bzw. seines Alters, bereits ein- oder zweimal hierher gekommen, um ein bestimmtes Fest zu verfolgen oder Urlaub zu machen. Einfach jeder, der in Konohagakure oder Shirogakure lebte, und den er kannte, war im Laufe seines Lebens einfach nicht voll und ganz an der Partyhauptstadt des Landes vorbeigekommen. Ein Armutszeugnis für die Gesellschaft, ja, aber leider eine Tatsache.
Die Navigation innerhalb der Stadt war für den Künstler somit letztlich kein Problem – bedachte man zudem, dass er sich die Karte des Orts recht gut eingeprägt hatte. Nachdem das Team einige Augenblicke am Rande des hohen Kraters verbracht hatte, um den Blick über die Mittags etwas verschlafen wirkende Stadt zu genießen, ging es recht schnell weiter zu einem der breiten Pfade, die in geschwungenen Serpentinen den Krater nach unten führte. Begrüßt wurden die Shinobi am Ende des Pfades von einigen Vertretern der bereits erwähnten Schnapsleichen-Fraktion, die der Künstler nach einem knappen, leicht angewiderten Blick nicht weiter beachtete – ein paar Schritte zur Seite waren aber nötig, um von deren Odeur nicht aus den Socken gehauen zu werden. So oder so war eine knappe Erklärung des folgenden Plans nötig, ergo wandte sich Kimihiro kurz seinen Kameraden zu.
„Da wir noch genug Zeit haben, bevor hier wie jede Nacht die Hölle los bricht, werden wir, nachdem wir unser Gepäck in dem gebuchten Gasthaus untergebracht haben, direkt dem Daisu Shiata auf gut Glück einen Besuch abstatten. Ein Termin mit Kitsune-san ließ sich nämlich nicht arrangieren, da er laut eigener Aussage ‚zu sehr mit non-trivialen, non-non-theatralen Technizitäten zu tun’ haben soll. Oh, und was ich vergessen habe zu erwähnen: Mit Ankunft hier vor Ort sollte sich jeder einen neuen Namen überlegen. Ein Henge wäre meiner Meinung nach übertrieben, und außerdem verräterisch, wenn eine zufällige Verletzung das ganze aufheben würde. Ein anderer Name dagegen ist… naja, das Minimum.“
Jap, die Freude über den neuen Klienten war ungebrochen, hörte man so auf Kimihiros ironiebelastete Stimme. Leider blieb dem Team jedoch nichts anderes übrig, als vorerst die Eskapaden des vermeintlichen Bald-Mordopfers zu ertragen. Außerdem gab es ja noch etwas Zeit, um sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass dieser Mann nun eine Zeit lang die Befehle geben würde, oder der zumindest glaubte, er könnte den Ninjas Befehle geben. Der Weg zum Gasthaus erstreckte sich nämlich über etwa ein Drittel des Durchmessers des Kraters und führte sie erst über die Hauptstraße, dann durch einige schummrige Gassen, die man nachts besser meiden sollte, direkt vor ein… ja, was eigentlich?
Die Dorfleitung hatte sich etwas dabei gedacht. Irgendwie. Das Haus lag nahe des Zentrums und damit auch nahe des Theaters, was eindeutig sagte: „Ihr seid nicht hier, um zu schlafen, sondern um zu arbeiten!“ So weit, so gut. Dass ein verstecktes Dorf, nicht einmal eines der beiden größten der Welt, jedem seiner Teams das beste der örtlichen Hotels buchte, war auch klar. Vor allem wenn man in eine wahre Tourismusmetropole reiste, in der man wirklich teure Herbergen fand, die keine Kosten und Mühen scheuten, um eine ideale Verknüpfung von täglicher Ruhe und nächtlicher Partystimmung zu finden. Aber… musste es ausgerechnet die einzige, windschiefe Hütte weit und breit sein, deren Farbe man wortwörtlich beim Abblättern zusehen konnte? Gut, das Haus war groß, hatte sicherlich vier Stockwerke, fünf Stockwerke und mochte mit seinen ehemals kunterbunten Ziegeln bestimmt einmal ein Blickfang gewesen sein. Leider war diese Zeit so lange schon vorüber, das man selbst das klapprige Schild, welches das Haus als das richtige markierte, kaum lesen konnte.
Der Wimp… Winsel… nein, doch, Winkel. Der Winkel. Passender Name, ja wirklich.
Kimihiro unterdrückte ein Seufzen – diese Zusammenreißerei würde auf Dauer anstrengend werden – und geleitete sein Team ins Innere des Gasthauses. Dort wurden sie von der Einrichtung beinahe hinterrücks erschlagen: Saubere, samtweiche Teppiche, die kreuz und quer auf dem Boden verteilt waren, Kitsch aus allen Herren Ländern, wohin das Auge sah, darunter Uhren, deren Metallränder absichtlich oder versehentlich in die Länge gezogen um verschmolzen worden waren, sodass der Eindruck von zerfließenden Gerätschaften entstand, und viel zu viele Treppen, von denen einige sogar parallel zum Boden verliefen. Waren sie aus Versehen in eines dieser in lächerlicher Großspurigkeit benannten „modernen“ Gemälde gestolpert, oder…
„Willkommen im Winkel, weine, äh, meine Damen und Herren!“
Achtlos sprang eine verwischte Gestalt blitzartig über den Tresen der Rezeption einige Meter weiter, nur um als schmächtige, hochgewachsene Gestalt kaum einen Millimeter vor Kimihiro stehen zu bleiben. Der Duft abgestandenen Rasierwassers stach ihm so heftig in die Nase, das er sie schon fast bluten fühlte, und das unnatürlich breite Lächeln des Mannes, das im wahrsten Sinne des Wortes von einem Ohr zum anderen reichte, ließ das Sonnenlicht von draußen grell in Kimihiros Augen spiegeln.
„Banto Tashikamaru ist der Name, und ich bin der Besitzer dieses etabilissimosesten Gasthauses der gesamten Kraterstadt!“, säuselte der Besitzer, nur um sich mit einem zwinkern zu Arachino und dem Teamleiter selbst zu ergänzen: „Ihr könnt mich ruhig Tashi-chan nennen, ohohohoho!“
Im Gegenzug lächelte Kimihiro, unfähig, etwas anderes zu machen, wobei das Wort „Niemals“ mehrere Millionen Male in seinem Kopf widerhallte. Doch was hatte er denn erwartet? Windschiefes, buntes Gebäude namens „Winkel“, über die Maßen kitschiges Interieur…
Mit einer galanten Drehung kreiselte der Hausbesitzer dann auch schon wieder zu seinem Tresen, setzte sich mit übereinander geschlagenen Beinen darauf – dem Schicksal sei es gedankt, dass er einen Anzug mit richtigen Hosen trug, obwohl dessen schmieriges Schimmern, welches gut zu den gegellten Haaren und dem gekräuselten Schnurrbart passte, auf Dauer recht irritierend war – und klatschte flink in die Hände. In der nächsten Sekunde fühlte Kimihiro beinahe die Erde beben, als ein Berg von einer Frau sich mühsam unter einem Türrahmen hindurchquetschte. Der Künstler sah ehrfürchtig von den ausgetretenen Turnschuhen hinauf, über das zeltartige Dienerinnenkostüm mitten in das Mondgesicht schlechthin – runde Form, kleine Augen, Knollnase und ein Mund, der für sich genommen ebenfalls einen Mond bildete, genauer eine nach unten geöffnete Sichel. Ja, die Freude der Dame ob ihrer neuen Herren umspülte sicherlich das gesamte Team.
Während der Großteil wohl noch diese… „Dame“ bestaunte, schaltete sich der Hausbesitzer erneut ein: „Beachtet sie gar nicht! Das ist nur Madame Tekken, aber alle nennen sie Hina. Sie freut sich immer, wenn neue Gäste kommen und sich hier einquartieren. Dafür seid ihr jungen Dinger doch sicherlich hier, oder, für ein Zimmer? Oder?“
*Hmm, so fühlt es sich also an, zum Kauf eines Hotelzimmers erpresst zu werden. Spitze.*
Glücklicherweise musste sich die Gruppe nicht erst von den Fäusten des „Kükens“ überreden lassen, denn die Zimmer waren gebucht. Zwei, um genau zu sein, mit jeweils zwei Betten für insgesamt vier…
*…verflucht, stimmt ja.*
Da stand Kimihiro nun, mit vier Kameraden statt dreien, einem menschlichen Abrisskommando, und einem wenig bodenständigen Geschäfts“mann“. Schon wieder so eine dankbare Situation. Ob sich eine der jungen Damen auf ein Sofa verbannen ließ? Ob Banto das genehmigte? Wie viel die Zimmer hier wohl tatsächlich kosteten?
Es half nichts. Verhandlungen mussten her, und zwar Verhandlungen der Art, bei der man sich nicht gern über die Schulter schauen ließ. Zumindest konnte der sowieso schon nervöse Künstler gut darauf verzichten.
Entsprechend trat er ein paar Schritte zu dem Hotelbesitzer, der dieser Annäherung nicht abgeneigt schien, und wechselte einige geflüsterte Worte mit ihm. Es ging ein paar Mal hin und her, bis Banto letztlich in die Hände klatschte.
„Oui Oui, olalala, perfekt, Utayomi-san, wie ich mich freue! Hina, bring unsere Gäste hoch auf ihre Zimmer – die jungen Damen kommen nach 310, der Herr auf 305. Unseren Kunden hier…“, ein folgenschwerer Blick zurück zu Kimihiro, „…werde ich derweile beschäftigen.“ Kimihiro, sichtlich voller… Vorfreude, ergänzte dabei: „Ladet einfach euer Zeug ab, entspannt euch kurz, und dann treffen wir uns wieder hier unten. Eine halbe Stunde dürfte reichen.“ Ein verschämter Blick zu Banto.
*Hoffentlich.*
So war also die erste Hürde geschafft. Hoffentlich. Junko, Kumiko und Itoe konnten nun hinauf in ihr Zimmer und die recht prachtvolle Suite bestaunen, die ihr Teamleiter ihnen ergaunert hatte. Neben Prunk und Pomp in Form von überraschend roten Wänden und eisig glitzernden Akzenten fanden sich hier nämlich drei Betten, oder besser: Ein normales, und ein Ehebett. Viel Spaß bei der Aufteilung, meine Damen.
Arachino indes wurde in ein eher schlichtes Zimmer verfrachtet – wobei, nein, schlicht war nicht das richtige Wort. Die gesamten Räumlichkeiten, vom Badezimmer bis zur Küche, erstrahlten in den Nichtfarben Weiß und Schwarz. Merkwürdige Spiralen bedeckten die Wände, verzweigten sich wie Wurzeln, und zogen sich über Wände, Decken, Böden und die Einrichtung, einschließlich der zwei von einem Nachttisch getrennten Betten.
Was Kimihiro anging? Nun, der wartete im Moment in einem der Hinterzimmer des Erdgeschosses darauf, dass seine Kollegen sich einrichteten, eventuell die spärliche Akte kurz überflogen und dann in die Lobby zurückkehrten. Er selbst saß inzwischen auf einem unbequemen Stuhl und sah dabei zu, wie Banto sich durch seinen Kleiderschrank kämpfte und nach etwas Bequemeren suchte. Dabei spürte der Künstler seinen Zeichenblock so schwer wie nie in seinem Schoße lasten…
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