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Die Stollen

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Jirokou Shunsui

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Es war sicherlich ein sehr lustiger Anblick in einem alles andere als lustigen Moment, als eine junge Frau mit zerschlissener und staubbedeckter Kleidung das Krankenhaus betrat und nach ärztlicher Hilfe brüllte. Dabei war diese Hilfe nicht für sie selbst bestimmt, vielmehr ging es um den jungen Mann hinter ihr, der sich auf einer schwebenden Papierliege befand. Das Papier war durch das Blut des jungen Mannes längst dunkelrot gefärbt und man konnte ganz deutlich erkennen, woher dieses Blut entstammt – ein großes Loch klaffte im Oberkörper des jungen Mannes. Sogleich wurde der Blondschopf auf einer Trage weggebracht und eine komplizierte Operation konnte beginnen. Es schien einem Wunder zu gleichen, dass der junge Mann diese Wunde und den damit verbundenen Blutverlust überlebt hatte. Die Ärzte und Heiler Yugakures taten ihr Bestes und auch wenn es mehrmals schien, als ob sie den Schwerverletzten doch noch verlieren würden, hatte er es geschafft. Die riesige Wunde in seinem Körper war geschlossen und ausreichend Blut befand sich wieder in dessen Körper. Nach der erfolgreichen OP trat ein Arzt schließlich hinaus und teilte den Anwesenden mit, dass es wohl der Erste-Hilfe zu verdanken war, dass Jirokou Shunsui noch unter den Lebenden weilte. Dank Mais schnellem Eingreifen hatte sie sein Leben gerettet.

Langsam und sachte hob und senkte sich die Brust von Shunsui beim Ein- und Ausatmen. War zuvor sein Atem sehr schwach und stoßartig gewesen, so hatte er wieder seinen gewöhnlichen Rhythmus eingenommen. Nun, natürlich war er nach wie vor schwächlich, was aber eher an der Narkose lag. Die Ärzte hatten ihr Bestes gegeben, jetzt lag es an den Regenerationskräften des Jirokou, ihre Arbeit zu erledigen. In den letzten Stunden hatte sich sein Zustand weiter und weiter verbessert, sodass er mittlerweile aus der Gefahrenzone war – aufgewacht war er trotzdem noch nicht. Was ging in dieser Zeit in seinem Inneren vor? Der Blondschopf war von Dunkelheit umgeben und befand sich in einem schwerelosen Zustand, dem er das Treiben durch den Raum zu verdanken hatte. Wie lange befand er sich bereits hier? Das konnte er nicht abschätzen, aber es fühlte sich wie eine Ewigkeit an. Das Letzte, an dass er sich erinnerte, war das Glücksgefühl, seine Eltern gerächt zu haben. Danach war alles schwarz und finster geworden. Doch auch jetzt konnte er nicht wirklich über Vieles nachdenken, aber es ertönten hier und da Stimmen und er erhielt Rückblicke seiner Vergangenheit. Verschieden Personen aus unterschiedlichsten vergangenen Situationen tauchten vor seinen Augen auf.

„Kushou, Joudan ist meine Wenigkeit. Es ist eine Freude, Euch an solch einem bezaubernd-idyllischen Tag an meiner Seite zu wissen.“ Der Blondschopf aus Soragakure war begrüßte ihn liebenswert, wenn auch hochgestochen. Obgleich Shunsuis Auftreten andere Leute dazu verleitete, ihn zu hänseln, ging der andere Shinobi behutsam mit ihm um. Der Jirokou konnte und wollte nicht glauben, dass ihn sein Kamerad so hintergehen würde, doch wenn dem so war, dann war es eine Lektion, die er fürs Leben mitnehmen und nie wieder vergessen würde…

„Lebe! Kämpfe! Auch wenn es scheiße weh tut...! Du musst leben, kapiert?!“ Mit Tränen in den Augen konfrontierte ihn Kaya, nachdem er sie über seine Vergangenheit eingeweiht hatte. Das war das erste Mal gewesen, dass er sich jemandem geöffnet hatte. Sie hatte ihm einen bittersüßen Geschmack auf das Leben gezeigt, welches er hätte haben können, wenn seine Eltern nicht von Sora-Nin ermordet worden wären. Doch letzten Endes erkannte er, dass er den Weg im Licht nicht mit ihr beschreiten konnte. Seine Dunkelheit war omnipräsent und sein Kampf hatte gezeigt, dass er sie zur Erfüllung seines Ziels benötigte. Er musste sie gehen lassen…

„Ich weiß schon lange, dass du ein Lügner bist, Shunsui . Aber weißt du was ... das ist mir gerade völlig egal. Zeig mir doch mal, was du wirklich kannst ... an ihm.“ Kinzoku Kenta hatte scheinbar schon lange hinter seine Fassade geblickt und erkannt, wer und was er wirklich war. Shunsui hielt nicht viel von ihm, aber eines konnte er nicht abstreiten – er hatte recht gehabt. Sowas von recht. Die entfesselte Dunkelheit war damals genau wie beim letzten Kampf aus ihm herausgebrochen und hatte dazu geführt, dass er siegreich aus der Konfrontation gegangen war. Er war ein Lügner gewesen, doch nun würde er sich nicht mehr verstecken…

„Ich verstehe es nicht… du hast all diese Wut, all diesen Zorn, all diese Macht in dir … doch nutzt du sie nicht. Wieso?“ Das dunkle Ebenbild von Shunsui starrte diesen fassungslos an. Dabei hatte er die ganze Zeit über recht gehabt. Seine Wut, sein Zorn, sein Hass. All das waren Waffen, die er sich zu eigen machen musste. Er würde sich nicht von ihnen kontrollieren lassen, oh nein, er würde sie in sich unter Kontrolle halten. Sobald er sie brauchte, würde er sie entfesseln…

„Du bist ein wirklich starker Taijutsuka. Deine Bewegungen waren grandios!“ Izuya sprach ihn grinsend an und lobte seine Stärke. Vor ihm hatte sich der Jirokou nicht zu verstecken gebraucht und war für den angenommen worden, der er war: Ein Nahkämpfer, der seinen Weg unbeirrt bestreiten würde. Er würde nicht so tief fallen und auf Genjutsu oder Ninjutsu zurückgreifen, um sein Ziel erfüllt zu sehen. In ihm hatte er einen Kameraden gefunden, der ihm sicherlich zur Not eilen würde, wenn er ihn brauchte…

„Und von was für einem Problem sprecht Ihr? Etwa, dass Ihr noch ein paar Minuten länger unter der Veranda kleben geblieben wärt? Man kann durch diese Ritzen viel sehen.“ Trocken und mit Witz wies ihn Sakaida Mai zurecht, dass sie ihn längst bemerkt hatte. Doch die junge Frau zeigte sich bereits erfreut ihn zu sehen – etwas, dass er ihr sogar abkaufte. Sie hatte bereits mehrfach bewiesen, dass sie sich um die Menschen um sich herum kümmerte und war ihm auch zu Hilfe geeilt. Tief in ihm schlummerte die abgehackte Erinnerung, die sie bei seiner Heilung zeigte. Er hatte ihr sein Leben zu verdanken…

„Man kann so wenigen Dingen auf der Welt sein echtes Vertrauen schenken, sodass man sich zumindest auf die eigenen Worte verlassen können sollte, oder?“ Die weißhaarige Kunoichi hatte in der kurzen Zeit, in welcher sie sich kannten, bereits einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen. Chinatsu war äußerst direkt, doch sie ging das Leben erhobenen Hauptes an und ließ sich von niemandem herunterziehen. Es war an der Zeit, dass auch er das Schauspiel hinter sich ließ und zu dem stand, was er war…

Noch hatte er sein Ziel nicht erreicht! Wenn der Jirokou ehrlich war, dann hatte es gerade erst angefangen. Es hatten längst nicht alle Mörder für ihre Taten bezahlt. Das bedeutete eines: Er musste weiterleben und konnte nicht aufhören, ehe er es geschafft hatte, seine Eltern zu rächen. Sie würden noch ein wenig warten müssen, ehe sie wieder mit ihm vereint waren. Langsam öffneten sich die Augen des jungen Mannes und ein Lächeln bildete sich auf seinem Gesicht. Er verspürte im Augenblick größere Schmerzen als je zuvor, aber er war am Leben! Mehr noch, er fühlte sich glücklicher als je zuvor, denn er hatte damit angefangen, sein Schicksal zu erfüllen. Und er hatte noch eine Menge zu tun, ehe es soweit war! Vollends grinsend, schloss der Jirokou die Augen erneut und verfiel in einen tiefen Schlaf, denn sein Körper hatte Ruhe und Zeit nötig, damit er schnell wieder ganz der Alte war und sich weiter seinem Ziel widmen konnte.

@Sakaida Mai @Kushou Joudan @Hasekura Chinatsu
 

Sakaida Mai

Chuunin
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Durch ihre müden Augen beobachtete Mai das Schauspiel zwischen Joudan und Chinatsu, wie sie nach einer Transportmöglichkeit für Shunsui suchten. „Ihr müsst behutsam mit ihm sein“, kam ihr leise über die Lippen, wenngleich den beiden das sicherlich auch so bewusst war. Erschütterungen könnten die notdürftig geschlossene Wunde regelrecht aufplatzen lassen. Doch Chinatsu war nicht auf den Kopf gefallen und konnte sich diese Problematik selbst erschließen, weswegen sie sich für eine Papierfliege entschied. Ein Glück, dass dieses Wunderwerk Shunsui sogar sacht vom Boden nehmen konnte, da es direkt unter ihm geschaffen wurde. Mai blickte mit großer Sorge in Shunsuis Zukunft.. insgeheim hoffte sie, dass er überhaupt noch eine Zukunft haben würde. Wäre es ihr Mitverschulden, wenn nicht?

Die Blauhaarige blickte zu Joudan auf, welcher ihr die Hand reichte. Dankbar nahm Mai diese an und ließ sich auf die wackligen Beine ziehen. Der enorme Chakraverbrauch machte sich bemerkbar und hatte bei ihr eine Art Schwächeanfall verursacht. Zumindest war sie ausdauernd genug, um den Weg zurück nach Yugakure zu schaffen. Ein Lächeln bildete sich auf ihren Lippen und es galt Joudan, als dieser ihr den Mantel umlegte. Stimmt, es war nicht das erste Mal, dass er ihn ihr umgelegt hatte. Die Wärme tat wirklich gut, denn Mai fror in diesen kalten Stollen, seit ihre Energie schwand. Der Plan stand: Während Chinatsu für den Krankentransport Shunsuis verantwortlich war, würden Joudan und Mai nach Takekazu suchen, um dessen Wohlergehen sicherzustellen. Die ältere Kumo-Nin blickte über die Schulter noch einmal zu ihrer Kollegin, welche heute durchaus mit ihren Fähigkeiten beeindruckt hatte. „Pass bitte gut auf dich auf“, bat sie Chinatsu, „Wir treffen uns in Yugakure“ Und so machte sich das Gespann, bestehend aus Joudan und Mai, endlich daran dieses verfluchte Bergwerk zu verlassen.

Als die beiden Shinobi durch die stillen Wälder wanderten, genoss die junge Frau die kühle, frische Nachtluft ebenso sehr, wie der blonde Mann aus Amegakure. Hinter ihnen lag ein Horrorszenario. Es gab kein einziges Opfer, welches hätte gerettet werden können. Denn sie alle waren hingerichtet worden, kurze Zeit nach ihrer Entführung. Es war ein Wunder, dass Takekazu noch am Leben war. Beide Teams aber hatten ebenso ein Blutbad angerichtet, das sollten sie nicht vergessen. Die Stimmung war gedrückt, doch für den Moment wollte Mai ihre Taten hinter sich lassen. Sie erinnerte sich an die Worte Joudans, dass Blau zwar ihre Farbe, um ihr Auge herum aber zu viel des Guten sei. Sie lächelte kurz, doch dann schwand dieser Ausdruck wieder. „Joudan.. sag mal..“, begann sie zögerlich. Dann wandte sie sich ihm zu und deutete mit ihrem Zeigefinger auf die Blutergüsse in ihrem Gesicht: „..sieht das sehr blöd aus?“ Ein netter Augenblick folgte, doch die Stille hatte sie bald wieder eingeholt. Mai wusste nicht, wie sie mit Shunsuis Worten umgehen sollte und sie wusste nicht, wie es überhaupt weitergehen sollte. Wann immer die beiden sich sehen würden, wären Anlässe wie die heutige Nacht der Inhalt ihrer Treffen. Was hatten sie erwartet? „Ich fürchte, dass wir sehr naiv waren“, brach sie irgendwann traurig die Stille.

Kurz vor Yugakure dann die erste, große Erleichterung: Der Blitzdoppelgänger konnte seinem Auftrag nachkommen und Takekazu unversehrt zurückbringen. Ein Glücksgefühl machte sich für wenigstens einen kurzen Moment in Mai breit. Zumindest dieser der Teil des Auftrages war geglückt, wenngleich das ein schwacher Trost für all die Angehörigen der Opfer sein würde. „Mir geht es gut, ehrenwerte Shinobi! Ich kann euch gar nicht sagen, wie dankbar ich euch bin. Ich hatte keine Hoffnung mehr, dieses Bergwerk je lebend zu verlassen“, entgegnete Takekazu auf die Ansprache Joudans. Der junge Spross des Daimyō schien kein derartiges Ekel wie sein Vater zu sein. Er wirkte freundlicher und ehrfürchtiger. Gemeinsam brachten Joudan und Mai Takekazu zur Residenz seines Vaters und gaben den geschwächten jungen Mann in die Obhut des Daimyō. Dieser zeigte sich ebenso erleichtert und schien mit der Leistung der Shinobi endlich zufrieden zu sein. Die beiden Shinobi berichteten über die Ereignisse, allerdings hatten sie es eilig, denn sie wollten schleunigst ins Krankenhaus zu Shunsui und Chinatsu.

Dort angekommen trafen sie zunächst auf Chinatsu, zu welcher sie sich sogleich setzten. Nach einer gefühlten Ewigkeit trat einer der Ärzte des Krankenhauses vor die Gruppe und verkündete - zur großen Erleichterung aller - dass es wohl der Erste-Hilfe-Leistung zu verdanken war, dass Jirokou Shunsui noch unter den Lebenden weilte. Als Mai diese erlösenden Worte vernahm, fiel ihr ein Felsbrocken vom Herzen. Sie erhob sich von ihrem Platz und verschränkte - besser gesagt verkrampfte - ihre Arme. Es war in diesem Moment wohl die Erleichterung um Shunsui, die Trauer um all die Opfer, das eigens angerichtete Blutbad, die Ernüchterung um Joudan, die Abgeschlagenheit.. All das veranlasste Mai, sich wortlos von den anderen abzuwenden und schon einmal zurück zur Kaiser-Suite zu gehen. Sie wollte außerdem nicht, dass Chinatsu und Joudan sahen, dass sie mit den Tränen kämpfte. Ihr Leben hatte sich in den letzten Jahren enorm verändert. Hatte auch sie sich verändert?

Am nächsten Tag (Mai musste übrigens sowieso warten, bis jemand die Suite aufgesperrt hatte, da sie ja ihren Schlüssel bei der Entführung verloren hatte) stand der Abschied an. Zumindest die beiden Kumo-Kunoichi würden Yugakure nun verlassen. Shunsui lag noch im Krankenhaus. Wann er die Heimreise antreten könnte stand wohl in den Sternen. Doch das war etwas, was die Kunoichi des Shiroverbundes nichts mehr anging. Der Auftrag war erfüllt und es war an der Zeit, nach Hause zu gehen..

 
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