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Von Sternenlicht und Steinen

Kushou Joudan

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Kare-san-sui ~ dt. etwa: Trockene Landschaft

Es war schon immer eine besondere Kunstform der Meditation, einen traditionellen Steingarten anzulegen und zu pflegen. Durch kleinere und größere Steine - immer eine ungerade Anzahl - sowie die Architektur des Gartens wird eine Art "Flussbett" oder "Teichbecken" geschaffen, das mit Kies aufgefüllt wird. Durch präzieses rechen wird ebenjenem Kies dann die typische Wellenform gegeben, das so das Wasser des Flusses oder Teiches symbolisiert. Es "fließt" um die größeren Steinplatten. Eine Kare-san-sui richtig zu gestalten benötigt Sorgfalt und Geduld, Beobachtungsgabe und Vorstellungskraft - Eigenschaften, die ein ausgewogener Mensch aufweisen sollte. Kein Wunder also, dass diese Art der Gartenanlagen sich auch vermehrt bei Tempeln finden, wo sie von Mönchen als eine Art der Meditation gepflegt werden.



Mit den letzten Strahlen der Abendsonne hatte sich auch die Wärme, die an diesen lauen Sommertagen allgegenwärtig war, hinter den Horizont verborgen und würde erst am nächsten Morgen wieder auftauchen. Frische, kühle Luft begrüßte Joudan, als er aus dem Anwesen in den Steingarten trat und hinter sich die Türe wieder behutsam und möglichst leise zuschob.
Erfreut stellte der Blondschopf fest, dass um diese Zeit niemand mehr im Steingarten unterwegs war, so fand er vielleicht ein paar Momente zur Ruhe. Joudan war zwar niemand, der die Gesellschaft anderer scheute, doch nach einem derart ereignisreichen und anstrengendem Tag wie dem heutigen war es selbst für den fröhlichen Händlersspross ein guter Ausklang, einige Minuten lang auszuspannen und die Seele baumeln zu lassen - und dafür bot sich der Steingarten wirklich an. Die Geräusche der Stadt reichten nicht in den Bereich nach hier oben herauf, nur ein paar Grillenherren zirpten lautstarkt und melodisch, um so die Aufmerksamkeit von Weibchen auf sich zu lenken. Schmunzelnd musste Joudan einen Vergleich zwischen dem Balzverhalten der Insekten und dem von Menschen ziehen und fand dabei so manche Parallele.
Der Steingarten war sorgsam und möglichst authentisch angelegt, stellte der Blondschopf fest. (Er bezweifelte aber irgendwie, dass der Daimyo sich selbst darum kümmerte.) Doch die wahre Pracht des Gartens eröffnete sich Joudan erst, als er ein paar Schritte auf der gewienerten Veranda nach vorne lief. Über und vor ihm erstreckte sich ein nächtlicher Himmel, an dem die Sterne so klar und deutlich schienen, wie Joudan es schon lange nicht mehr gesehen hatte. Hunderte und Aberhunderte Sternlein funkelten, gleich Gold und Silber, und machten dem Kushou deutlich, wie klein unbedeutend er doch war. Mit im Staunen halb-geöffnetem Mund hockte der junge Herr sich auf den Knien an den Rand der Veranda und verlor in diesem majestätischen Anblick ein wenig das Gefühl für die Zeit und das, was um ihn herum geschah. So versank Joudan ein wenig in Erinnerungen.


~._.~"~._.~"~._.~"~._.~"~._.~

Aus diesen zerrte ihn sanft ein kaum vermerkbares Rascheln zurück in die Gegenwart nach Shinkusa. Es kam wohl von einem der kleineren Beete, die am Rande des Steingartens gepfalnzt worden waren. In die tiefblaue Nacht hineinblickend versuchte Joudan auszumachen, was das Geräusch verursachte, doch nach einem kurzen Moment war es wieder verstummt. "Bestimmt nur ein Tier..", dachte er sich dabei, legte den Kopf wieder an den Nacken und lehnte sich an einen der dunklen Holzpfeiler, die hier das Vordach festhielten.
Shunsui war schon in Richtung der Herberge gegangen, Joudan würde auch bald aufbrechen. Doch so anstrengend und ereignisvoll der Tag des Händlersspross auch gewesen war fühlte Joudan irgendwie noch nicht das Bedürfnis, schon zu Bett zu gehen. Die vielen Eindrücke, die er im Laufe des Tages gesammelt hatte, schwebten im noch genau so sehr im Kopf herum wie das Rätsel um die verschwundene Prinzessin und... "Mai?" Eine andere Türe des Anwesens hatte sich geöffnet und aus ihr trat die blauhaarige Kunoichi Shirogaures in den Steingarten hinaus.
Mai war wohl das angenehmste, was Joudan heute passiert war. Er hatte sich auf Anhieb gut mit der Blauhaarigen verstanden und die Tour der beiden zum Marktplatz Shinkusas war ein lustiges Unterfangen gewesen. Was sie wohl noch hier suchte? Sie schien sich zumindest im Steingarten nach etwas - oder jemandem - umzusehen. Einen kurzen Moment lang überlegte Joudan, sie einfach in Ruhe zu lassen. Sicher hatte sie ihre Gründe, hier unterwegs zu sein. Doch schnell übernahm Joudans Wunsch, sich noch ein wenig länger mit Mai zusammen zu tun, Überhand. Die Mission würde vielleicht nur noch den morgigen Tag lange andauern und dann würden die beiden sich vermutlich nie wieder sehen. Der Gedanke missfiel Joudan, also wollte er die wenige Zeit, die er noch hatte, gut nutzen.
Kurz wuschelte er sich die Haare zurecht, kontrollierte den Sitz seines Hemdkragens und strich sich die Ärmel seines Mantels gerade, dann wisperte er in ihre Richtung:
"Pssst, Sakaida-san." Der Händlersspross gab sich Mühe nicht zu laut zu sein um Mai damit nicht zu erschrecken. Als er sich sicher war, dass die Kunoichi ihn bemerkt hatte, nickte er ihr höflich zu. Danach zeigte er mit seinem Finger nach oben, gen Firmament. "Wunderschön, oder?"
 

Sakaida Mai

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Es war ein wirklich großzügiges Angebot des Daimyo, die Ninja aus Sora- und Shirogakure in seinem Anwesen nächtigen zu lassen. Nicht nur, dass es praktisch war und Zeit sparte. Vor allem bot die Villa genug Platz und sogar einen Hauch von Luxus. Das war zwar nicht der generische Anspruch von Mai, allerdings genoss sie diesen Umstand dennoch. In diesem Moment saß sie auf einem edlen Stuhl in ihrem zugeteilten Zimmer und erfreute sich an der Tatsache, eines für sich allein bekommen zu haben. Ob die Jungs das gleiche Glück hatten, wusste sie nicht. Dennoch sah sie sich nach einiger Zeit ein wenig verloren in dem einsamen Raum um. Kaum zu glauben, wie lange sie schon auf den Beinen war. Früh morgens hatte sie mit Raku die Pension verlassen und war nach Shinkusa weitergezogen. Die Kunoichi erhob sich und ging die wenigen Schritte zum Fenster. Und nun war es bereits dunkle Nacht. Der heutige Tag war in einer bemerkenswerten Geschwindigkeit vorüber gegangen. Nicht nur, weil die Mission ihn mit Arbeit ausgefüllt hatte. Es lag wohl auch an der angenehmen Gesellschaft. Mai hatte mit vielem gerechnet, als sie erneut auf eine Mission in Zusammenarbeit mit Soragakure geschickt wurde. Aber nicht damit, auf einen wirklich angenehmen, gleichgesinnten Menschen zu treffen.

Etwas bewegte Mai dazu, sich vom Fenster abzuwenden und ein wenig ruhelos durch den Raum zu wandern. Obwohl sie eigentlich erschöpft sein müsste, war an Schlaf noch nicht zu denken. Aber nur in ihrem Zimmer verweilen um auf die Müdigkeit zu warten, wäre auch keine Option. Es würde sicherlich niemanden stören, wenn sie noch ein wenig an die frische Luft gehen würde! Die kühlle Nachtluft würde bestimmt gut tun und später beim Einschlafen helfen. Und wer weiß, vielleicht fielen ihr ein paar Hinweise über die verschwundene Prinzessin in den Schoß? Das wäre wünschenswert..

Auf leisen Sohlen schlich Mai zum Ende des Ganges und schob dort die Schiebetür nach Draußen möglichst langsam und vorsichtig auf. Nachdem sie wieder sorgfältig geschlossen war, wandte sich die Blauhaarige der schönen Anlage zu. Sie rechnete nicht damit, dass um diese Zeit jemand hier war und machte sich daher nicht die Mühe, sich umzusehen. Stattdessen betrat sie jene Areale, welche dafür vorgesehen waren und spazierte ein paar Schritte in Richtung Garten. Wie schön es doch wäre, wenn sie Hime auf ihrem Ausflug nun einfach finden würde! Als wäre dies eine realistische Aussicht, fokussierte Mai sich nun doch auf ihre Umgebung - aber nur für wenige Minuten, denn dann wurde ihr bewusst, wie albern das war. Vielleicht sollte sie doch schlafen gehen! Sie kam bereits auf dumme Ideen.

Pssst, Sakaida-san.

Schon wieder „Psst“? War der alte Mann von heute Nachmittag etwa hier? Oder halluzinierte sie bereits? Fragend wandte sie sich um und erkannte dann Joudan, welcher am Rand der Veranda an einen Holzpfleiler gelehnt saß und sie direkt ansah. Es lagen vielleicht drei, vier Meter Entfernung zwischen den beiden. Sie war so überrascht darüber, ihn plötzlich hier sitzend vorzufinden, dass sie gar nichts sagte. Wie lange war er schon hier draußen? Hatte er sie die ganze Zeit beobachtet? Dann aber deutete er gen Himmel und tat seine Bewunderung für den Sternenhimmel kund. Ihr Blick folgte der Weisung seines Zeigefingers und richtete sich nach oben. Und erst dann fiel ihr dieses beeindruckende Meer aus kleinen Lichtern am dunklen Nachthimmel auf, welches so überwältigend war, dass sie sich noch einmal von Joudan abwenden musste, um die Villa nicht mehr im Blickfeld zu haben. Wie konnte ihr dieser Anblick entgangen sein? Ohne den Blick vom Himmel abzuwenden fand sie endlich ihre Worte wieder: „Ich war so versessen darauf, Hinweise über das Verschwinden der Prinzessin zu finden, dass mir derart Schönes beinahe entgangen wäre.“, stellte sie leise fest. Etwas wehmütiges lag in ihrer Betonung. Wie schade das gewesen wäre, schließlich hatte Mai in aller Regel einen Blick für solch kleine Freuden im Leben. Dann wandte sie sich wieder Joudan zu und lächelte ihn ein wenig verschmitzt an. „Wie lange sitzt Ihr schon hier?

Die eigentliche Intension, die verschwundene Hime zu finden, rückte in den Hintergrund. Was würde Mai jetzt auch noch großartig erreichen? Sie ging näher auf den blonden Shinobi zu, hielt aber dann in ihrer Bewegung inne. Eigentlich hätte sie sich nun einen Moment zu ihm gesetzt. Aber dann fiel ihr ein, dass das vielleicht ein wenig aufdränglich sein könnte. „Ich möchte Euch nicht stören..“, beteuerte sie ihm lächelnd, wenngleich sie durchaus noch ein wenig in seiner Gesellschaft ausharren würde.
 
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Kushou Joudan

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Joudan lächelte verschmitzt darüber, dass Mai den Anblick beinahe übersehen hatte. "Manchmal darf man nicht all zu genau hinsehen, um etwas zu erkennen.", philosophierte er mit weichem Ton und bekam es dabei irgendwie hin, sich mehr in Richtung "verträumt" und weniger in Richtung "geschwollen-heuchlerisch-kitschig" anzuhören. Das lag vielleicht auch daran, dass der Blondschopf wirklich nur ein großer Träumer war.
Joudans Lächeln wurde von Mai erwidert, die hier - im Profil halb-beleuchtet - beinahe zu glühen schien, so kam es dem jungen Herren zumindest vor. Das warme Licht zeichnete ihre Züge weich, tanzte über Wangen, Hals und Lippen, spielte wie Musik mit dem Blau ihrer Haare und Augen. Ein Anblick, wie ihn die großen Poeten nicht hätten besser erdenken können. Wie lange er hier schon saß?
"Gute Frage...", antwortete Joudan und grübelte ein wenig. Vielleicht war es gut, dass der Kushou sich mit Mai unterhalten konnte. Dann blieb ihm etwas mehr zu tun als sie einfach nur zu bestaunen. "Ich fürchte, mich ein wenig im Moment verloren zu haben.", gab er dann schuldbekennend-schulterzuckend zu.
Joudan wusste nicht, welcher günstigen Schicksalsfügung er es zu verdanken hatte, noch einen Moment wie diesen mit Mai geschenkt zu bekommen. Hier, heute Nacht, nachdem beide schon den Dienst quittiert hatten waren sie nun vielleicht nicht mehr Shiro-Kunoichi und Sora-Shinobi sondern nur noch, ganz normal, zwei Menschen auf der selben Ebene, dem selben Stand.

Ein, zwei Schritte ging Mai auf Joudan zu und ein jedes Mal, da sie ihren Schuh auf den Holzdielenboden aufsetzte, schlug Joudans Herz erwartungsvoll und freudig hoch. War sie vielleicht der selben Meinung? Pochte in ihrer Brust auch die Sehnsucht nach Zweisamkeit? Einem Gespräch? Verständnis? Gesellschaft? Nähe? Doch dann blieb sie stehen. Hatte die Blauhaarige es sich anders überlegt oder hatte Joudan zu viel gedeutet? Hatte er es gewagt, sich zu viel zu wünschen? Doch weit gefehlt, ihre Worte verrieten ihr Bedenken. Sie wollte den Blondschopf nicht belästigen. Vermutlich fürchtete sie sich davor, ihn bei etwas unterbrochen zu haben oder wollte sich nicht in das stille Alleinsein hineindrängen, das zu suchen Joudan doch ganz offensichtlich hier hinaus gekommen war. Doch das war eine Angst, die Joudan ihr nehmen wollte.

"Eure Gesellschaft würde mich zutiefst erfreuen, Ihr stört hier ganz und gar nicht.", antwortete er erst, dann reckte er das Kinn und zauberte ein Grinsen auf die Lippen. "Zumindest noch nicht. Und solltet ihr damit je anfangen, werde ich - ganz einfach - panisch das Weite suchen.", gab er scherzend hinterher. "... oder Euch fortschicken.", setzte er noch, gespielt nachdenklich, hinzu und nickte dann, sichtlich zufrieden mit seiner Lösung.
Einladen patschte er sein Pfötchen auf die Holzdielen neben sich und machte Mai so klar, dass sie sich ruhig zu ihm setzen durfte.
"Wollt Ihr nicht ein wenig sitzen? Dann muss ich auch den Hals nicht so sehr verdrehen, um Euch anzusehen.", schlug er der jungen Dame vor.
Joudan deutete Mai als eine rücksichtsvolle Person, die wohl ein wenig leichter in Verlegenheit zu bringen war. So beschloss der Blondschopf, das Opfer einzugehen, sie nicht die ganze Zeit anzusehen. Blickkontakt konnte einschüchternd sein und Joudan wollte vieles, aber Mai zu verschrecken war nicht Teil davon.
"Zweiundzwanzig Jahre.", antwortete er, wie aus dem Nichts auf die Frage, die Mai ihm einige Stunden zuvor gestellt hatte - bevor der alte Herr die beiden unterbrochen hatte. Sein Blick war dabei, den Kopf leicht in den Nacken gelegt, wieder nach oben gerichtet, wo funkelnde Lichter übers tiefblaue Firmament tanzten und Joudan damit immerhin einen Anblick boten, der fast so beeindruckend wie seine Gesprächspartnerin war. "Auch wenn es sich nicht geziemt, eine Dame wie mich nach ihrem Alter zu fragen. Dieser Fauxpas sei Euch aber verziehen.", scherzte er ein wenig und nickte dabei. Er mochte es, wie Mai lachte.
"Meine Schwester, Rin, sie ist jünger als ich. Sie hat schon viel durchmachen müssen. Wir haben nicht die einfachste Familie, müsst Ihr wissen - aber wer hat das schon - und ich sehe es als meine Aufgabe an, über sie zu wachen und ihr ein möglichst..." Joudan rang nach einem Wort - ungewohnt für den Blondschopf - und stockte kurz. "...lebenswertes Aufwachsen zu ermöglichen. Und ab und an gehört da auch ein Mitbringsel dazu." Ob Mai das wohl interessierte? Langweilte der Sora sie mit seinen Familienangelegenheiten? Und wäre es vermessen oder unangebracht, sie nach ihrer Familie zu fragen? "Habt Ihr etwas, oder jemanden, für den Ihr Euch verantwortlich fühlt?", gestaltete er die Frage lieber ein wenig offener. So konnte Mais Antwort so persönlich ausfallen, wie die Blauhaarige das wünschte.
Joudan ertappte sich selbst bei seinen Gedanken. Er bemerkte, wie viel Mai ihm in diesem Moment bedeutete, und er freute sich darüber. Jegliche Gedanken an Fraktionskriege, Politik und verschwundene Prinzessinenen waren aus ihm verschwunden, nur Mai und er waren jetzt noch wichtig. Still lächelte er in die Nacht hinein, war das Leben nicht wundervoll in Momenten wie diesen?
 

Sakaida Mai

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Er hatte sich also im Moment verloren? Ein amüsiertes Lächeln bildete sich in ihrem Gesicht. Die Art und Weise, wie Joudan sich ausdrückte und wie er sich gab, gefiel Mai. Ob er wohl ein Träumer war? Das erinnerte sie kurz an ihren Kumpel Dokúiki Takeo, der sich ebenfalls des Öfteren im Moment verlor und in seinen Tagträumen regelrecht gefangen zu sein schien. Aber glücklicherweise befand sich Joudan im Hier und Jetzt. Für einen kurzen Moment sahen sie einander nur still an. Was er von ihr hielt, konnte Mai nicht erahnen. Darin war sie noch nie sonderlich gut gewesen, weswegen ihr sein Bild von ihr verborgen blieb. Dafür aber war das Bild, welches sie von ihm hatte, ziemlich klar. Mai hatte ihm wohl zu Beginn des Kennenlernens Unrecht getan. Joudan mit Misstrauen zu begegnen war ihr zwar sowieso nicht gelungen, aber es war auch nicht gerechtfertigt gewesen. Der Shinobi schien ein guter Mensch zu sein, welcher keiner bösen Gesinnung folgte oder schlechte Absichten hatte.

Als sie den Abstand zwischen sich und Joudan überwinden wollte und dann doch verunsichert innehielt, bemerkte sie seine Reaktion darüber. Aber wie sollte sie diesen Gesichtsausdruck nun deuten? Unsicherheit? Überraschung? Die Komik der Situation ließ Mai diese Miene fragend spiegeln. Erst als sie erklärte, dass sie ihn nicht stören wollte, kam Licht ins Dunkel. Ein angenehmes Gefühl breitete sich in Mai aus, als Joudan ihr mitteilte, dass er sich sogar über ihre Gesellschaft freuen würde. Sie kannte dieses Gefühl aus längst vergangenen Zeiten, doch wollte sie es lieber auf Sparflamme halten - worauf sie ja so viel Einfluss hatte. Ihr war genauso bewusst wie auch ihm, dass es in aller Wahrscheinlichkeit morgen zum Abschied kommen würde. Und da ihre Wege in schier verschiedene Welten gingen, wollte sie es sich nicht unnötig schwer machen - worauf sie ja so viel Einfluss hatte.

Natürlich hängte er wieder einen seiner Scherze an, in deren Genuss Mai bereits den ganzen Nachmittag gekommen war. Der Gedanke, wie er panisch davonlief, löste natürlich ein Auflachen bei ihr aus. Weggeschickt zu werden weniger, aber sie ließ es sich nicht anmerken. „Ich werde mir Mühe geben, dass es nicht so weit kommt.“, kicherte sie und beobachtete amüsiert seine einladende Geste, welche ihr deutete, dass sie sich zu ihm setzen könnte. „Nicht auszumalen, Ihr würdet euch den Hals dabei verrenken.“, schmunzelte sie gespielt fürsorglich und kam seiner Einladung nach. Während sie vorsichtig neben ihm Platz nahm, merkte sie, dass ein Hauch von Schüchternheit in ihr aufkeimte. Um dies vor sich selbst und vor Joudan zu verschleiern, wandte sie sich ihm lächelnd zu. Trotz des gedimmten Lichts, welches der Kulisse geschuldet war, konnte Mai das außergewöhnliche Grün seiner Augen gut erkennen. Überhaupt ergab sich gerade wohl das erste Mal die Gelegenheit, ihn frei von Aufträgen, Arbeit und der Hektik des Marktes anzusehen. Ihr fiel sogar auf, dass sein helles blondes Haar an den Spitzen etwas dunkler wurde. Es sah gut aus, wie ihm die Haarsträhnen ins Gesicht fielen. Und dann plötzlich: Zweiundzwanzig Jahre.

In der ersten Sekunde lächelte sie ihn ein wenig verwirrt darüber an, doch dann war ihr schnell klar, was er meinte. Stimmt ja, vor vielen Stunden hatte sie ihn nach seinem Alter gefragt! Und nun hatte sie die Antwort bekommen. Mai hatte bereits damit gerechnet, dass er ein wenig älter war, aber vier Jahre hätte sie ihm nicht zugestanden. Doch was Joudan dann von sich gab, ließ Mai blitzschnell die Hand auf ihren Mund pressen, um nicht laut loszulachen. Das wäre um diese Tageszeit nämlich nicht besonders rücksichtsvoll. Allerdings hatte sie auch so noch genug Mühe, sich zurückzuhalten. Noch immer darüber lachend sah sie ihn ungläubig an. Wie kam er nur immer zu solchen Scherzen? „Ihr habt Recht, das war taktlos.“, entschuldigte sie sich schmunzelnd.

Vor vielen Stunden hatte sich Mai außerdem nach Joudans Schwester erkundigt. Es war schön, dass er auch darauf nun zurück kam. Aufmerksam und durchaus gespannt hörte sie ihm zu, als er von Rin erzählte. Ihr Lächeln wich einer ernsten Miene, als er davon sprach, dass sie es aufgrund einer schwierigen Familiengeschichte nicht einfach hatten. Seine kleine Schwester schien ihm sehr viel zu bedeuten, daran bestand kein Zweifel. Mai hoffte inständig, dass es Rin heute gut ging. Aber das war bestimmt der Fall, schließlich schien sich Joudan mit Herzblut um sie zu kümmern. Aber wie ging er mit seiner Familiengeschichte um? Das könnte sie ihn nicht fragen, dafür kannten sie einander wohl zu wenig. Doch noch bevor Mai überhaupt etwas zu seiner Erzählung äußern konnte, stellte Joudan ihr eine Frage. Ob sie sich für jemanden oder etwas verantwortlich fühlt?

Nachdenklich wandte Mai ihren Blick von Joudan ab gen Himmel. Über diese Frage musste sie sich wirklich Gedanken machen. Vor allem, da ihr die Antwort beinahe unangenehm war. Ihre blauen Augen wanderten vom Himmel herab zum Kies. „Nein.“, antwortete sie dann nur leise. Ein wehmütiges Lächeln zierte ihr Gesicht. „Meine Eltern leben in Kumogakure. Seit langem besuche ich sie aber nur noch einmal im Jahr.“ Zum Todestag ihres älteren Bruders, um dessen Grab zu besuchen. „Wie Ihr bereits sagtet: Wer hat schon eine einfache Familie.“ Ihr Blick wanderte vom Kies wieder zum Sternenhimmel zurück. „In Shirogakure lebe ich allein, aber es fühlt sich keineswegs einsam an. Ich bin beruflich ziemlich eingespannt. Und über die Jahre ergaben sich daraus wertvolle Freundschaften.“ Auch wenn die Zeit für diese meist knapp war.

Lächelnd wandte sie sich wieder Joudan zu. Sie merkte, dass jenes Gefühl, welches doch eigentlich auf Sparflamme laufen sollte, nicht nachgeben wollte. Aber dieser Moment war wirklich schön, das konnte Mai nicht leugnen. Da kam ihr plötzlich etwas in den Sinn: „Zu schade, dass ich mit achtzehn Jahren die Jüngere von uns beiden bin. Als Dame hätte ich den Schritt gewagt, Euch das „Du“ anzubieten. Da Ihr aber das Alter auf Eurer Seite habt, befinde ich mich im Zwiespalt.“, verriet sie ihm vergnügt. Wer hätte heute Morgen noch gedacht, dass Mai mit einem der beiden Shinobi, welche sie innerlich eigentlich auf Abstand halten wollte, in solch angenehmer Zweisamkeit ausharren würde?

Nach einem Moment der Stille und in welchem wohl jeder seinen Gedanken nachhing oder einfach den beeindruckenden Sternenhimmel bewunderte, brach sie die Stille wieder vorsichtig: „Es ist bestimmt schön, einen Teil der Familie bei sich zu wissen. Und für Rin ist es ein großes Glück, dass sich jemand um sie kümmert.“, kam Mai auf Joudans Erzählung vorhin zurück. Sie glaubte, das durchaus für Rin behaupten zu können. Schließlich war sie selbst auch die kleine Schwester eines Bruders gewesen, welcher sich immer um sie gekümmert hatte. „Mein älterer Bruder Daisuke brachte mir früher auch immer etwas mit, wann immer er verreist war.“, erzählte sie Joudan und rang sich zu einem Lächeln durch, wenngleich ihre Augen die Traurigkeit nicht gänzlich verschleiern konnten.
 
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Kushou Joudan

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Dass Mai sich noch ein wenig Zeit nahm und sich zu Joudan setzte, hätte dem Blondschopf sicher ein breites Lächeln ins Gesicht gezaubert, wenn das nicht ohnehin der Standart-Gesichtsausdruck des jungen Herrens gewesen wäre. So blickte er zu Mai, sah zu, wie sie sich setzte, und kicherte dann erheitert auf, als die Blauhaarige auf seine kleinen Scherze einging, indem sie Sorge über Joudans Nacken äußerte und sich selbst dann als taktlos bezeichnete. Erneut fühlte der Genin sich mit der Shiro-Nin auf ganz angenehme Art auf der selben Wellenlänge und damit auch irgendwie mit ihr verbunden.
Nachdem Mai sich gesetzt hatte, blickten die beiden sich für einen kurzen Moment einfach nur gegenseitig an, bevor Joudan das Gespräch wieder aufnahm.
Ihr Augen, das fiel Joudan auf, waren (noch) verhältnismäßig groß. Nicht nur betonte das die besonders reine Augenfarbe, es ließ Mai auch ein klein wenig jünger wirken als sie war. Doch nur äußerlich, denn das Verhalten und Benehmen der blauhaarigen Kunoichi sprachen Bände darüber, dass sie schon ein gewisses Maß an Erfahrung und Reife besitzen musste - wahrlich ein interessanter Kontrast. Innerlich fand Joudan sich damit ab, dass es sich bei seinem Gegenüber nun einfach um eine hübsche, faszinierende Frau handelte und dass er, je öfter und länger er sie ansah, wohl nur noch mehr Schönes an ihr finden würde. Still ermahnte er sich, Mai am besten nicht all zu sehr anzustarren, so verlockend der Gedankengang auch war.
Erneut bedauerte Joudan ein wenig, das dieses Treffen mit Mai wohl nur von kurzer Natur sein würde. Er fand die Blauhaarige sympathisch, wollte sie besser kennenlernen und mehr Zeit mit ihr verbringen, auch wenn er dadurch über diesen Moment gerade nur umso dankbarer war.

Joudans Frage hatte wohl einen etwas wunden Punkt getroffen, denn Mai antwortete ihm nicht sofort sondern schien erst die ein oder andere Sache abzuwägen, ließ sich Zeit mit der Antwort. Das respektierte Joudan, denn immerhin bedeutete es hoffentlich, dass er dadurch nur eine noch interessantere Antwort als "ja" oder "nein" bekommen würde. Also machte er es Mai gleich, legte den Kopf ein wenig in den Nacken um die Sterne zu betrachten und ließ seinen Blick dann langsam wieder senken, um die Schönheit des Steingartens in seiner derzeit unberührten Einsamkeit einzufangen.
Mais Antwort dann verriet viel über die Blauhaarige. Die Situation, nicht mehr bei der Familie zu wohnen, konnte Joudan gut nachvollziehen. Er selbst war ja mit seiner Schwester von Amegakure weggezogen, um Distanz zwischen die beiden und ihre Mutter zu bekommen. Dass er Shintora, seine Großmutter, dadurch nur alle paar Monate sah, schmerzte dem Genin sehr - vor allem jetzt, da es schlecht um ihre Gesundheit stand.
Wie Mai wohl zu ihrer Familie stand? War sie von ihren Eltern weggezogen um Abstand zu gewinnen oder sehnte sie sich nach ihrer Familie? Die Tatsache, dass die Besuche von Mai wohl geringer geworden waren, und auch dass Mai ihre Familie ebenfalls eher als schwierig ansah, sprach leider eher für ersteres - auch wenn Joudan für die Blauhaarigen natürlich nur das Besten wünschte.

Scherzend kam das Thema der Anrede auf, bei dem Mai auch ihr eigenes Alter verriet. Dass sie schon einige Zeit alleine wohnte obwohl sie gerade erst achtzehn Jahre alt war, ließ nicht wenig Respekt in Joudan aufkommen. Einen eigenen Haushalt zu führen war eine große Sache, und das Mai das schon als Jugendliche hinbekommen haben musste, war eine großartige Leistung.
"Bedenkt man, was Ihr und ich schon an allerlei Abenteuern durchstanden haben und wie viele Jahre wir nun schon innig befreundet sind, wage ich zu empfinden, dass das "Du" mittlerweile zwischen Euch und mir angemessener wäre.", scherzte er, auch um die Stimmung nach dem ernsteren Gesprächsthema eben ein klein wenig zu lockern, drehte dann den Kopf und Oberkörper ein wenig zu Mai. "Du darfst mich aber natürlich dennoch gerne weiter Ihr-zen, wenn dir das besser gefällt, Mai.", bot er ihr frech grinsend an und hatte damit dann ganz offiziell ins "du" gewechselt. Man könnte also sagen, dass es ernst zwischen den beiden wurde.

Als Mai dann über ihren Bruder sprach, verdunkelte sich die Stimmung Joudans. Sie sprach von ihrem Bruder wie er von seinem Vater sprechen würde. Das Präteritum von "bringen" ließ eine Geschichte andeuten, die so voller Schmerz und Leid war, dass Joudan Mai noch nicht einmal hätte ansehen müssen, um ihre Gefühlslage zu erahnen. Mai lächelnd und traurig gleichzeit zu sehen, gab Joudan dann aber den Rest. Wer sagte, dass sie sich in ein paar Stunden trennen und dann nie wieder sehen würden? Wer bestimmte über das Schicksal Joudans und Mais? Niemand. Es lag in seinen und ihren Händen. Und Joudan entschloss sich, Mai nicht als eine flüchtige Begegnung abzutun, die man traf und wieder vergaß - das konnte ihm niemand vorschreiben oder nehmen.
Entschlossen, aber dennoch ein Stück weit behutsam, legte Joudan seine Hand auf die von Mai, blickte sie an und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. Keine Worte konnten einen Verlust wieder gutmachen, das kannte er nur zu gut aus eigener Erfahrung. Doch etwas anderes ließ sich mit Worten geradebiegen.
"Du übersiehst etwas.", sprach er leise. "Du hast eine ganz besondere und ganz besonders wichtige Person, für die du verantwortlich bist: Dich selbst. Und, ich hoffe, du erlaubst mir dieses Urteil, du scheinst das sehr gut im Griff zu haben - trotz, oder gerade wegen, einer schwierigen Familie. Das finde ich sehr bewundernswert, Mai. Ich kenne deinen Bruder zwar nicht, aber an seiner Stelle wäre ich ziemlich stolz auf dich!" War Joudan damit ein wenig zu weit gegangen, zu persönlich geworden? Die Fragen und Bedenken keimten erst hinterher in ihm auf. Doch er war froh, gesagt zu haben, was er gesagt hatte, und gehandelt zu haben, wie er es getan hatte. Was gerade passierte fühlte sich gut und richtig an und der Blondschopf bezweifelte, irgendetwas hiervon bereuen zu müssen.
 

Sakaida Mai

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Eigentlich handelte es sich bei Mai um eine überaus aufgeschlossene und kontaktfreudige Person. Sie hatte kaum Scheu, auf ihre Mitmenschen zuzugehen und wusste, diese manchmal auch mit Freundlichkeit zu entwaffnen. Sie fühlte sich immer sehr sicher im Umgang mit anderen. Und dennoch merkte sie, wie in dieser Situation mit Joudan diese unsagbare Schüchternheit in ihr aufkeimte. Zwar ließ sie sich nicht von den immer aufdringlicher aufkommenden Gefühlen in ihrem Innersten verunsichern, aber sie bewirkten dennoch, dass ihre Souveränität ein wenig flöten ging. Hinzukommend war sie sich ihrer gewissen Tollpatischkeit und der Eigenschaft, manchmal schneller zu sprechen, als zu denken, bewusst. Mai hoffte inständig, dass sie möglichst cool bleiben konnte. Dass sie sich nicht lächerlich machte, Unsinn von sich gab oder was sonst noch passieren könnte. Dem letzten jungen Herren, welcher ihr auf diese Art imponiert hatte, wie es Joudan gerade tat, hatte Mai versehentlich ein wildes Tentakelmonster auf den Hals gehetzt. Innerlich schickte sie ein Stoßgebet in den schönen Sternenhimmel, wenigstens an diesem heutigen Abend nicht so ungeschickt zu sein.

Es freute Mai, dass Joudan ihren Wink mit dem Zaunpfahl nicht nur verstanden, sondern auch noch angenommen hatte. Scherzhaft nahm er das indirekt formulierte Angebot des „du“ an und brachte die Blauhaarige damit wieder zum Lachen. Sie wusste nicht, wann sie das letzte Mal so viel gelacht hatte. Joudan war ein sehr humorvoller junger Mann, ohne dabei albern zu sein oder es mit den Scherzen zu übertreiben. Es war angenehm, mit ihm lachen, aber dennoch ernste Gespräche führen zu können. Als Joudan sich Mai ein wenig mehr zuwandte, tat sie es ihm unbewusst gleich. Der Ausdruck „Ihrzen“ entlockte ihr ein amüsiertes Grinsen, doch als er sie dann das erste Mal beim Vornamen nannte, fühlte sie eine angenehme Empfindung in sich entstehen. Ein Glück, dass sie nun über diese förmliche Anrede hinausgekommen waren. „Nein, so mag ich es lieber.“, gestand sie ihm und lächelte ihn glücklich darüber an.

Es entging der aus Kumogakure stammenden Kunoichi nicht, dass ihre Erzählung über ihren Bruder Daisuke die Atmosphäre zwischen ihr und Joudan verändert hatte. Sie konnte nicht erkennen, was gerade in ihm vorging, als sie ihn trotz trauriger Augen versuchte anzulächeln. Hoffentlich hatte sie ihn nun nicht mit dem Auszug aus einer tragischen Geschichte belastet. Sie wusste selbst nicht, wie ihr das von den Lippen kommen konnte. Sie hatte nicht einmal mit ihren engsten Freunden in Shirogakure darüber gesprochen. Der plötzliche Tod ihres Bruders war das dunkelste Kapitel in ihrem Leben. Und wer diese einzigartige Verbundenheit zwischen Geschwistern nicht kannte, könnte diesen Schmerz niemals nachempfinden. Das war der Grund, warum sie Joudan davon erzählt hatte - unabhängig davon, wie gut oder nicht gut sie einander kannten. Doch sein Gesichtsausdruck verunsicherte Mai. War nun doch der Fall eingetreten, vor welchem sie sich zuvor noch selbst gewarnt hatte? Ihrer Unsicherheit nun doch völlig ausgeliefert wandte sie ihren Blick befangen von Joudan ab. Man sollte Menschen, die man noch kaum kannte, wohl nicht solch persönliche Dinge zumuten.

Umso mehr verwunderte es die junge Frau, als sie plötzlich seine Hand auf ihrer spürte. Überrascht sah sie zu ihm und nahm sein aufmunterndes Lächeln wahr. Obwohl ihre Hände ziemlich kalt waren, glühte ihre Hand förmlich unter dieser Berührung. Zwar bildete sich ein leichtes Lächeln in ihrem Gesicht, doch die Verblüffung war ihr noch immer deutlich anzusehen. Aufmerksam hörte sie ihm zu und nahm dabei wahr, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. Hielt er sie wirklich für eine ganz besondere und besonders wichtige Person? Oder interpretierte sie damit zu viel in diese Aufmunterung? Doch lange konnte sie sich mit dieser Frage nicht beschäftigen, denn Joudan traf einen wunden Punkt. Er wäre stolz auf sie an Daisukes Stelle. Ihr Bruder hatte sie bei dem großen Schritt in ihr heutiges Leben unterstützt, ohne ihn würde sie nun noch immer in Kumogakure sein. Und doch konnte er nicht erleben, wie weit sie es durch ihn geschafft hatte. Das kam ihr so ungerecht vor.. Mai biss unauffällig die Zähne zusammen als sie merkte, dass ihre Augen verdächtig nass wurden. Schnell wandte sie das Gesicht wieder von Joudan ab und konzentrierte sich auf diesen wunderbar ordentlich verlesenen Kies. Möglichst ruhig atmete sie einmal tief durch und war sich dann sicher, die Fassung gewahrt zu haben. Wieder im Vollbesitz ihrer kurzzeitig entlaufenen Emotionen wandte sie sich dem blonden Shinobi aus Soragakure wieder zu. Der Daumen ihrer Hand, welche unter Joudans lag, strich einmal kurz über jene kleine Stelle seiner Hand, welche über diese Haltung gerade so erreichbar war. „Ich danke dir.. wirklich.“, versicherte sie ihm aufrichtig und lächelte ihn wieder an. Dann aber schüttelte sie leicht den Kopf. „Ich muss mich bei dir entschuldigen, Joudan. Es war ungerecht von mir, dir mit Misstrauen zu begegnen.“ Immer und immer wieder hatte sie heute während ihres Aufenthalts auf dem Markt von Shinkusa seine Absichten kritisch hinterfragt, was ihm vielleicht aufgefallen war. Das kam ihr nun so unpassend vor..

Dieser Moment verwandelte sich allmählich. Mai sah ihm in die grasgrünen Augen bemerkte dann erstmals den leicht gelblichen Stich darin. Unbewusst legte sich wieder ein Lächeln auf ihre Lippen. Es war einer jener Momente, welcher wahrscheinlich nur wenige Sekunden andauerte, sich aber wie Minuten anfühlte. Ihre Aufregung und der schnelle Herzschlag lösten so wundervolle und zugleich unerträgliche Gefühle in ihr aus. Würden sie sich nach diesem Auftrag überhaupt noch einmal wiedersehen? Lag Joudan ansatzweise so viel daran, wie ihr in diesen Sekunden? Beinahe lud dieser Moment dazu ein, den Abstand zwischen ihnen weiter zu verringern. Aber das könnte Mai einfach nicht, zu viele Fragen waren offen und zu groß war die Unsicherheit.

Ein lautes Rascheln in unmittelbarer Nähe ließ die Blauhaarige aufgrund der gedanklichen Vereinnahmung durch diesen schönen Moment arg zusammenzucken. Fragend sah sie zur Geräuschquelle und erkannte ein dickes Eichhörnchen, welches so schnell es konnte über den Kies zum nächsten Baum rannte. Erleichtert lachte sie auf und sprach versehentlich etwas aus, was sie eigentlich für sich behalten wollte: „Seit das Wort „Spuk“ in Zusammenhang mit diesem Anwesen gefallen ist, bin ich ein Nervenbündel.“ Musste das nun sein? Hätte sie Joudan aus dem Kontext heraus nicht einfach fragen können, ob er Eichhörnchen mag? Peinlich berührt wich sie seinem Blick aus und blieb mit ihren blauen Augen kurz an seiner Ledertasche hängen. Dort entdeckte sie das Emblem mit vier senkrecht nebeneinader eingravierten Strichen darauf. Lächelnd blickte sie wieder zu ihm und sprach ihn mit aufrichtigem Interesse darauf an: „Du stammst aus dem Reich des Regens? Direkt aus Amegakure oder aus dem Umland?“ Dieses Reich hatte Mai noch nie bereisen können.. „Hat es dir dort gefallen?
 

Kushou Joudan

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Dass Mai ihre Hand nicht panisch unter Joudans wegzog, war schonmal ein gutes Zeichen, empfand der Blondschopf. Seine aufmunternd-gemeinten Worte trieben Mai erst die Röte ins Gesicht und dann die Tränen in die Augen. Etwas Schlimmes musste dem Bruder Mais widerfahren sein und wenn er im selben Gewerbe tätig war wie die Blauhaarige, dann war es auch nicht schwer zu erraten, was denn vorgefallen sein konnte. Die wenigsten Shinobi starben in ihren Betten. Als Joudan Mai so traurig zu Boden blicken sah, dachte er an Rin. Wie es ihr wohl gehen würde, wenn ihm etwas zustoßen sollte? Oder andersrum? Immerhin war Mai nicht dem Alkohol verfallen, misshandelte ihre Umwelt nicht und zerstörte keine Familie, wie eine andere Kunoichi, die Joudan nur zu gut kannte. Zumindest konnte er sich das bei der Sakaida nicht vorstellen. Einen schweren Verlust hinzunehmen und dennoch die meiste Zeit froh und fröhlich zu sein war kein Kunststück, das jedem gelang. Dafür respektierte und bewunderte Joudan seine "Nebensitzerin".
Joudan ließ Mai ihre Zeit. Er hatte ein Gespür dafür, wann es angebracht war, zu reden, und wann es besser war, zu schweigen. Während Mais Blick sich gen Kiesbeet richtete, legte der Blondschopf den Kopf ein wenig in den Nacken. Ob Rin wohl gerade den selben Sternenhimmel betrachtete? Beim Blick in die Weiten zählte Distanz erschrocken wenig. Seine Schwester war jetzt gerade in Amegakure, bei Joudans Großmutter. Sorgenfalten schlichen sich auf die Stirn des Blondschopfes. Hoffentlich ging es der alten Dame mittlerweile besser. Sie war, neben Rin, die einzige...

Joudans Gedanken waren gerade dabei, an einen dunklen, dunklen Ort abzudriften, als Mais zarte Bewegung mit ihren Daumen den Blondschopf wie eine Rettungsleine zurück ins hier und jetzt zog. Er schluckte einmal herb und blinzelte, als Mai sich bei ihm bedankte. Seine Worte schienen ihr wohl etwas bedeutet zu haben. Und das Lächeln der Blauhaarigen wirkte wie ein Zauberspruch, um auch Joudans Lippen wieder zum Grinsen zu bringen. Gerade wollte er etwas erwidern, da fügte Mai noch eine Entschuldigung hinzu. Sie wäre ihm mit Misstrauen begegnet. Wenn Joudan ehrlich war, dann hatte er das im Verlaufe des Tages nicht ganz so wirklich bemerkt. Fast schon tadelte er sich, nicht aufmerksamer ihr gegenüber gewesen zu sein.
"Ach, das war mitnichten ungerecht, sondern - betrachtet man unsere verschiedenen Dorf-Accessoires - schlau und nachvollziehbar.", versicherte Joudan seiner Gesprächspartnerin und wieß dabei mit dem Daumen auf seinen Stirnprotektor, der wie immer seine Ausrüstungstasche zierte. "Es gibt auf beiden Seiten gute und schlimme Leute, möchte man annehmen." Wie schon auf dem Markt kniff Joudan dann erneut die Augen kritisch zusammen und schielte in Mais Richtung. "Für meinen Teil bin ich mir immer noch nicht sicher, inwiefern ich dir vertrauen kann, junges Fräulein." Doch diese Fasade bröckelte schnell von Joudan ab. Seine Mine erweichte, als Mais Blick den seinen traf und der Blondschopf sich für einen unwirklich-langen Moment ganz in ihren verzaubernden Augen verlor.

Wild pochte sein Herz in seiner Brust, sein Atem ging schneller und ganz unmerklich rückte Joudans Oberkörper ein wenig nach vorne, brachte sein Gesicht ein wenig näher an das von Mai. Langsam wanderte sein Blick ein wenig tiefer auf Mais Lippen. "Küss' sie.", rief eine Stimme in ihm, doch Joudan erstickte sie, sobald sie aufkeimte. Sicher, es würde sich gut anfühlen. Aber dann?
Zum Glück verschreckte ein Tier - vermutlich das selbe, das Joudan vorhin schon gesehen hatte - Mai und die Spannung lößte sich aus Joudan, als es auf einmal ein neues Thema gab. Die Blauhaarige schien ein wenig vor Geistern verängstigt zu sein. Das war die Gelegenheit für Joudan, drei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Mit ein, zwei geschickten Bewegungen schüpfte er aus seinem Mantel und legte ihn vorsichtig um Mais Schultern:
"Der ist geisterabweisend. Und er hilft gegen kalte Hände", erklärte er überzeugt. Er zeigte auch Aufmerksamkeit und Zuneigung, aber das war ja nichts, was der Blondschopf Mai auf die Nase binden musste.
Etwas missfiel Joudan jedoch an dieser Aktion. Er hatte dazu Mais Hand loslassen müssen. Schnell berichtigte er diesen Missstand, indem er sie sich wieder schnappte und dieses Mal zwischen seine beiden eigenen Hände nahm.
"Das auch.", gab er keck grinsend hinzu. Dann kam Mai auf Amegakure zu sprechen, sie hatte wohl Joudans Protektor gesehen. An sein Heimatdorf zu denken war für Joudan in den seltensten Fällen angenehm. Kurz blickte er abwesend fast schon durch Mai hindurch, als eine Flut aus Bildern an seinem inneren Auge vorbeizog.




Wolkenkratzer, die den Himmel hinter sich verbargen. Überlaufende Kanaldeckel, die die Schuhe einweichten. Rin und er, die Hände ineinander verwoben, einen Regenschirm gerade so festhaltend. Das kleine Zuhause, von dem Joudan sich nur noch an das Äußere, nicht mehr an die Räume innen erinnern konnte. Das mattschwarze Denkmal, in dem der Name seines Vaters eingraviert war. Tränen, die sich mit Regen vermengten. Eine Tür, die sich schloss und nie wieder öffnen würde. Sonnenblumen, die erschöpft-resignierend den Kopf hängen ließen.


Herb biss Joudan sich auf die Lippen und schaffte es nicht, sich ein Lächeln abzuringen. "Im Dorf direkt.", erklärte er und hatte mit einem Kloß im Hals zu kämpfen. Sonst war er doch nicht so sentimental? "Wäre nicht mein Wunsch-Urlaubsziel", versuchte er zu scherzen. Doch selbst dem Blondschopf selbst fiel auf, dass er dabei mehr verbittert als erheitert klang. Nun, vielleicht war es ja auch gut mal mit jemandem darüber zu sprechen. Er holte Luft, wollte etwas sagen, fand aber das erste Wort nicht und hielt inne. Ob Mai wohl dachte, dass er jetzt übergeschnappt war? Joudan selbst war sich auf jeden Fall nicht ganz so sicher. Warum musste er sich jetzt über derart Dinge Gedanken machen? Jetzt gerade wollte er nicht traurig sein, er wollte den Augenblick mit Mai genießen. Zweimal blinzelte er, kniff dabei die Augen ein wenig fester zusammen, und atmete tief aus.
Mai sah Joudan ein wenig besorgt an. Sonst fiel es dem Blondschopf immer leicht, es zu verbergen, wenn es ihm schlecht ging, wenn er traurig war. Doch Mai schien ihn durchschaut zu haben. Er sah zurück, hielt ihrem Blick stand. Mai so nah und in einem solch leidenschaftlichen, fast schon intimen Moment bei sich zu haben, verdrängte jeden Kummer, den Joudan noch geplagt hatte. Zu wissen, dass sie jetzt gerade bei ihm war und diesen Augenblick mit ihm teilte, war ein viel zu schönes Gefühl, als dass es den Blondschopf nicht glücklich stimmen konnte. Mai war ein herzlicher und offener und gütiger und fürsorglicher Mensch und Joudan war ihr verfallen, das konnte er jetzt nicht mehr leugnen.
"Ich hoffe, das ist jetzt nicht unangebracht oder so...", warnte er Mai vor. Dann beugte er sich langsam zur Blauhaarigen hinüber und legte seine Stirn an ihre. So nah beieinander konnte er seine Augen sich fast schon in ihren wiederspiegeln sehen. Vorsichtig schob er seine Nase an ihrem Näschen vorbei. Nun waren die beiden so nah beieinander, dass Joudan Mais Atmen auf seinen Lippen spüren konnte. Er war warm, beruhigend. Die letzten Milimeter würde er der Kunoichi überlassen, er wollte ihr ein Angebot machen, nichts aufzwingen. Irgendwas in Joudan war sich aber sicher, dass sie nicht zurückweichen würde. So schloss er die Augen und hoffte, denn mehr blieb ihm nicht übrig.
 
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Sakaida Mai

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Es waren wunderschöne, oftmals lustige aber auch sehr traurige Augenblicke, welche die beiden Shinobi aus den unterschiedlichen Fraktionen gerade teilten. Es musste doch einen Sinn haben, dass sie so unerwartet aufeinander getroffen waren und so vieles teilten. Seien es Geschichten aus der Vergangenheit, der Humor oder aber die Zuneigung. Mai wollte diese innere Diskussion nicht mehr führen, die Contenance um jeden Preis zu wahren und sich über jegliche aufkommende Gefühle hinwegzusetzen. Das war ein Kampf, den sie sowieso verlieren würde. Es lag nicht mehr in ihrer Macht, morgen mit einem Gefühl von Traurigkeit und Enttäuschung nach Shirogakure zurückzureisen. Der einzige Trost könnte die Zeit sein, welche ins Land ziehen würde. Dieser Gedanke war so deprimierend, dass Mai ihn bewusst abschieben musste. Sie sollte den Moment nicht damit verschwenden, darüber zu sinnieren, wie unfair es war, einen tollen Mann kennenzulernen, der als Shinobi in der feindlichen Fraktion tätig war. Allerdings wäre es einfacher, wenn er ein Fiesling wäre..

..stattdessen aber schien er nicht nur ihre kalten Hände bemerkt zu haben, sondern auch die kühle Brise, welche sanft aufzog. Ehe sich die Blauhaarige versah, hatte Joudan ihr seinen Mantel umgelegt, welcher Dank der Tatsache, dass er ihn bis vor wenige Sekunen noch selbst getragen hatte, wunderbar warm war. Amüsiert lachte sie auf, als er von der geisterabweisenden Eigenschaft des Kleidungsstücks sprach, grinste ihn aber dann beinahe herausfordernd an. „Mach dich nicht darüber lustig, sonst wirst du noch heimgesucht.“, warnte sie ihn scherzend. Welch Ironie, wenn man bedachte, was Mai einige Stunden später noch blühen würde. Natürlich hatte auch die Blauhaarige festgestellt, dass jene Hand, welche bis vor wenigen Augenblicken noch unter Joudans gewärmt wurde, nun wieder erkaltete. Im ersten Moment tröstete sie sich über diesen Umstand mit dem Mantel hinweg. Umso heftiger begann ihr Herz vor Freude zu rasen, als er ihre Hand wieder an sich nahm. Mai konnte Joudan nur wortlos, aber nicht minder glücklich anlächeln. Sie merkte, wie sie ihre Finger mit seinen verschränkte. Eine Geste, welche von ihr ausgegangen und welche völlig unbewusst geschehen war. Was war das bloß an ihm? Sie hatte Joudan doch erst heute Vormittag kennengelernt. Wie konnte es nur sein, dass er sie so in seinen Bann zog?

Im Nachhinein betrachtet hätte Mai Joudan nicht nach seiner Heimat fragen sollen. Konnte man den Ort, an welchem man mit einer schwierigen Familie aufwachsen musste, denn mögen? Auch hier wäre es gut gewesen, hätte sie sich ein paar Gedanken um ihre Frage im Voraus gemacht. Doch ihre Nervosität hatte das kaum zugelassen. Nun aber saßen sie wortlos nebeneinander. Während Joudan schier durch sie hindurchblickte, sah Mai ihn besorgt an. Zweifellos hatte sie gerade Erinnerungen geweckt, welche unter Verschluss hätten bleiben sollen. Verunsichert neigte sie den Kopf leicht zu Seite, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Und es war so unpassend, doch gerade fiel ihr auf, wie nah sie beieinander saßen. Doch sie wollte den Gefühlen, welche aus diesem Umstand entsprangen, jetzt nicht verfallen. Stattdessen hatte sie in jener Sekunde die Intension, nach Joudans Befinden zu fragen, als er ihr endlich antwortete.

Allerdings klang er regelrecht verändert. Das erste Mal schien seine Miene keinerlei Freundlichkeit auszustrahlen und allgemein hatten sich seine Gesichtszüge verhärtet. Für einen Moment befürchtete die Kunoichi, ihn durch ihre unüberlegte Frage an seine Erinnerungen verloren zu haben. Nachdem er mitgeteilt hatte, dass er nicht unbedingt gerne dorthin zurückgeht, kam Stille zwischen ihnen auf. Mai konnte ihn so gut verstehen.. Denn jener Ort, an welchem sich hre Wurzeln befanden, war auch keine Heimat mehr. Kumogakure war nichts weiter als das leere Zimmer ihres Bruders. Zwar wusste Mai nicht, welche Bilder Joudan mit Amegakure verband, aber dennoch versuchte sie, ihn aufzufangen: „Ich weiß.. manche Erinnerungen sind so schmerzhaft, dass man sie kaum ertragen kann. Aber man darf sie zum Glück überwinden oder wenigstens für eine Zeit lang hinter sich lassen.“ Zumindest hatte Mai sich so über Wasser gehalten, als es ihr sehr schlecht ging. Die Welt hört sich nicht auf zu drehen. Auch wenn es sich so anfühlt, wenn man in schmerzlichen Erinnerungen gefangen ist. Noch immer war die Blauhaarige nicht ganz sicher, wie sie die veränderte Atmosphäre einschätzen sollte. Aus ihrer Unsicherheit entstand ein entsprechendes Lächeln. Und immerhin schien Joudan sie nun wieder direkt anzusehen, anstatt durch sie hindurch.

Seine folgenden Worte entlockten Mai ein breiteres Lächeln, wobei durchaus ein Fragezeichen in ihrem Gesicht stand. Was meinte er jetzt mit „unangebracht“? Gerade noch freute sich die Blauhaarige, dass Joudan endlich wieder bei sich zu sein schien und wieder gewohnt weiche Gesichtszüge hatte, da schaffte er es erneut, sie aus der Fassung zu bringen. Aber auf eine Art und Weise, wie es zuvor noch nicht der Fall gewesen war. Plötzlich lag seine Stirn an ihrer. Ihr Lächeln entglitt ihr vor Verwunderung und sie sah mit großen Augen in Joudans grasgrüne Iriden. Mai wusste, worauf dieser Augenblick hinauslief. Ihr Herz schlug mit voller Stärke gegen ihren Brustkorb und sie merkte, wie sich ihre Finger um Joudans Hand leicht vor Aufregung verkrampften. Allerdings war keines der aufkommenden Gefühle unangenehm. Im Gegenteil, es fühlte sich schön an. In freudiger Erwartung auf das, was kommen würde, ließ Mai ihn gewähren und schloss die Augen. Allerdings sollte es noch nicht so weit kommen. Zögerte er nun doch? Sie erwischte sich dabei, wie sie dachte, dass es reichlich spät für einen Rückzieher war. Doch hatte sie Joudan bereits soweit kennengelernt, um ihn als Gentleman einschätzen zu können. Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, als sie zu verstehen glaubte, warum er zögerte. Es war ihr in diesen Sekunden egal, woher sie stammten und welche Konsequenzen es haben würde. Alles was Mai wollte, war den letzten Abstand zu überwinden und ihre Lippen sanft auf seine zu legen.

Einen Augenblick lang genoss die Blauhaarige diesen wilden Höhenflug ihrer Schmetterlinge im Bauch. Doch sein Zögern hatte durchaus einen Hauch von Unsicherheit bei ihr hinterlassen, welchen sie nicht ganz ausblenden konnte. Langsam löste sie sich von Joudan, ohne jedoch von ihm abzurücken. Als sie einander wortlos ansahen und jeder sich wohl kurz sammeln musste, lag in ihrem Blick eine Mischung aus Angst, Verunsicherung, erwartungsvoller Miene und dennoch einem leichten Lächeln. Es entstand aus einer Art stillen Einvernehmens, dass sie sich erneut einander näherten. Dadurch konnte Mai sich der Sache sicherer fühlen.. Dieser zweite Kuss nahm ein, zwei Augenblicke länger in Anspruch, als zuvor. Das merkten sie wohl beide. Und dennoch kam der Moment, in welchem sie sich wieder voneinander lösten, vielleicht zu schnell.

Das waren undurchschaubare Sekunden. Mai suchte händeringend nach den richtigen Worten. Was sollte sie jetzt nur sagen? Tausend Gedanken schossen ihr auf einmal durch Kopf. Es wäre furchtbar, wenn es bei diesem Abend bleiben würde. Wenn er zu einer schmerzlichen Erinnerung werden würde, bis sie eines Tages verblasst. Doch andererseits würde Mai es Joudan nicht krumm nehmen. Sie waren zwei erwachsenen Menschen, die eine schöne Zeit verbrachten unter wideren Umständen, wenn man die politische Lage betrachtete. Würde er es dabei belassen wollen, so würde Mai das bemerken und akzeptieren. Und damit würde sie leben. Wenngleich ihr der Gedanke in diesen Sekunden unheimlich weh tat. Aber so war sie nun einmal. Ihr Blick wanderte von seinen Augen herab zu ihren Händen, welche noch immer ineinander verschränkt waren. Ein wirklich bittersüßer Moment.. Mai richtete ihren Blick wieder zu Joudan. Sie lächelte ihn aufrichtig an, doch war deutlich zu erkennen, dass sie unter dieser Ungewissheit im Moment litt. Aber das könnte sie Joudan nicht sagen. Die Angst, sich dadurch zu entwaffnen, war zu groß. „Was machen wir denn jetzt?“, kam es dann leise lachend von ihr, doch das Leid war in ihrem Unterton nicht zu verkennen.
 

Kushou Joudan

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Es waren nur ein, zwei Sekunden, in denen Joudan auf Mais Reaktion wartete, doch sie waren so voller Spannung und Ungewissheit, dass der Blondschopf es kaum ertragen konnte. Als er dann doch endlich Mais Lippen an seinen spürte, explodierte ein wahres Feuerwerk an Emotionen in Joudan. Dass Mai und er eigentlich Rivalen, Kontrahenten sein sollten, war vergessen. Dass sie erst wenige Stunden miteinander verbracht hatten war unwichtig. Nur dieser Moment, dieser Augenblick, in dem sie sich so nahe und vertraut waren, zählte. Und dann war er vorbei.

Langsam lösten die beiden ihre Lippen voneinander, blieben jedoch nah beieinander sitzen. Die Situation musste für Mai genauso überwältigend sein wie für den Blondschopf. Was hatte das nun zu bedeuten? Und nun? War es ein schöner Moment und würde es bei dem bleiben? Die unterschiedliche Herkunft der beiden schien eine viel zu große Hürde, als dass alles andere als eine einmalige Begegnung als wahrscheinlich war. Doch das wollte Joudan so nicht wahrhaben und innig hoffte er darauf, dass es in Mai ähnlich aussah.
Bestärkend drückte er ihre Hand, die sich mittlerweile mit der seinen verschränkt war. Gerade noch hatte Mai versucht, Joudan ein wenig aufzumuntern. Nun sollte es an Joudan liegen, der Blauhaarigen den Kummer zu nehmen. Das war es, was er gut können wollte. Die beiden blickten sich an und durchlebten einen Moment lang ein wahrhaftes Wechselbad an Emotionen, dann kamen sie sich wortlos erneut näher und küssten sich ein zweites Mal. Der süße Geschmack von Mais Lippen stahl Joudan die Sinne, ließ alles andere erneut in den Hintergrund rücken und machte ihn zum glücklichsten Mann auf Erden. Und dann war es - schon wieder - vorbei.

In Mais Blick spiegelten sich die selben Gedanken, die selben Zweifel, der selbe Zwiespalt, den Joudan schon den ganzen Abend lang in sich trug. Sie hatte es nicht leichter oder schwerer als Joudan. Die Angst und Ungewissheit, die nun langsam aber sicher in beiden aufkeimte, fasste Mai so passend in einer einzelnen Frage zusammen.
"Was machen wir denn jetzt?" Verzweiflung und Ratlosigkeit schwang in ihren Worten mit und traf Joudan wie ein Faustschlag in die Magengrube. Was sollte er denn darauf antworten, hatte er doch selbst dieselbe Frage im Sinn? "Das ist doch offensichtlich.", antwortete er und nickte Mai bekräftigend zu. "Du wirst Shirokage und ich werde Kurokage, wir schließen Frieden und leben glücklich bis ans Ende unserer Tage." Und wenn sie nicht gestorben sind...
Das war das erstbeste, was ihm dazu eingefallen war, denn Joudan hatte keine richtige Antwort auf Mais Frage. Doch legte sich ein gewohnt-weiches Lächeln auf seine Lippen, als er Mai behutsam ein wenig näher an sich heranzog. Die Schulter der Blauhaarigen lehnte nun sanft an der Brust des Blondschopfes.
"Scherz beiseite, Mai. Ich weiß es nicht.", gab er dann zu. Er hatte sich noch vor einer halben Stunde nicht vorstellen können, sich nun in einer derart Romeo-und-Julia-esken Situation wiederzufinden, er wusste nur, dass er für Mai und sich ein anderes Ende wünschte. "Aber ich werde mir schon etwas überlegen." Seine Worte waren bestärkend, bekräftigend. So, als könne selbst diese Herausforderung, diese scheinbar unüberwindbare Hürde, die dem Glück der beiden im Wege stand, nicht seinen Frohmut und seine Zuversicht trüben. Mai und er hatten sich vielleicht nur zweimal geküsst. Sie kannten sich vielleicht erst seit Stunden. Sie teilten vielleicht noch keine gemeinsame Vergangenheit. Doch Mai hatte sich mit ihrer Frage nach der Zukunft der beiden erkundigt. Vielleicht, ganz vielleicht, so hoffte Joudan, lag ihr ja auch etwas daran, diesen wunderbaren Moment nicht heute Nacht verglühen zu lassen wie Sternschnuppen am Himmelszelt.

Vorsichtig lößte Joudan seine Hände von Mais, doch nur um sie behutsam an ihren Wangen vorbeizuschieben und schließlich ihren Hinterkopf in seinen Händen festzuhalten.
"Ich will nicht, dass das zwischen uns zu einer flüchtigen Bekanntschaft verfliegt oder bei einem einzelnen, wundervollen Augenblick bleibt." Joudan sah Mai an und versuchte, eine Regung auf ihrem Gesicht zu lesen. Doch zwischen seinem wild schlagendem Herzen, den Schmetterlingen im Bauch und Träumen und Hoffnungen im Kopf mochte ihm das nicht so recht gelingen.
Doch, wenn Joudan ehrlich zu sich war, dann war das in diesem Moment nicht wichtig. Er musste Mai nicht lesen, wie ein Buch, musste nicht ihre Blicke und Regungen deuten. Musste die Worte, die sie sagte ,und die, die sie nicht aussprach, interpretieren. Denn jetzt in diesem Moment fühlte er sich, als könne er sie einfach so verstehen. Als schlügen ihre Herzen im Takt des selben wundersamen Liedes. So, als würden die beiden an einem Strang ziehen. Joudan wusste, was er selbst nun an Mais Stelle wissen wollte und er konnte voller Überzeugung versprechen:
"Wenn du das auch nicht willst, dann werden wir einen Weg finden und alles wird gut werden." Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen zog Joudan den Kopf der Kunoichi an seinen heran. Wenn Mai fühlte wie er, dann würde das nicht das letzte Mal gewesen sein, dass sie sich so nah kommen würden. Voller Zuversicht küsste er sie, nun ein drittes Mal. Und dieses Mal würde er auf Nummer sicher gehen, dass es nicht zu schnelll vorbei war.
 

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Noch immer lautete die Frage, was sie jetzt tun sollten. War das vielleicht eine voreilige Frage gewesen? Sie setzte durchaus voraus, dass irgendeine Tat oder ein Plan auf diesen gemeinsamen Abend folgen sollte. Im ersten Moment dachte Mai auch, dass Joudan tatsächlich eine Idee hat. Doch sie lächelte ihn nur ungläubig an und hob die Augenbrauen belustigt, als sich diese als scherzhafte Schnapsidee entpuppt hatte. Frieden schließen.. wenn das nur möglich wäre. Wenn das nur in ihren Händen liegen würde! Als der Blonde sie näher an sich heranzog, bemerkte Mai sogleich ein wohliges Gefühl in sich aufsteigen. Was war hier bloß los, dass sie so Hals über Kopf diesem Shinobi verfiel? Jede Vorsicht wurde einfach über Bord geworfen, alle Bedenken und Gedanken um die Zukunft verdrängt. Doch auch dies gelang nur für einen kurzen Moment, denn Joudan gestand sich ein, dass er selbst nicht wusste, was sie nun tun sollten. Als würde sie ihn wieder aufmuntern wollen, setzte Mai gerade zum Sprechen an, doch dann übernahm er diesen Part. Joudan würde sich also etwas einfallen lassen? Die Blauhaarige sah in einen Moment lang überrascht an, dann aber lachte sie schwach auf. „Du bist so zuversichtlich.“, stellte sie lächelnd, aber mit deutlichem Schmerz in der Stimme fest. Natürlich gefiel ihr das und es war auch genau das, was Mai sich zu hören gewünscht hatte. Aber würde es wirklich eine Möglichkeit geben?

Da sie einen Moment lang still nebeneinander gesessen waren, sah Mai fragend zu Joudan, als dieser sich ihr wieder zuwandte. Als seine Hände ihren Hals kurz entlangfuhren, jagte ihr das einen warmen Schauer über den Rücken und sie spürte für einen Augenblick die Gänsehaut an ihren Armen. Er hielt sie sanft am Hinterkopf fest und sah ihr eindringlich in die Augen. Mai weitete diese vor Aufregung unbewusst und konnte Joudan nur stumm, aber erwartungsvoll ansehen. Dann offenbarte er ihr, dass er mehr zwischen ihnen sehen wollte, als nur eine flüchtige Bekanntschaft. Diese Worte waren wie Balsam für die Seele, denn Mai gehörte nicht zu den Menschen, welche derartige Begegnungen einfach als Solche abtun konnten. Doch als wäre ihr Gesicht gelähmt, waren es nur ihre Augen, die glücklich funkelten. Noch immer verarbeitete sie seine Worte, um auch ja nichts missverstanden zu haben. Und so bekräftige Joudan erneut, dass sie einen Weg finden würden, wenn sie es denn beide wollten. Kaum merklich und ohne Worte nickte Mai, ehe sie erneut geküsst wurde. Seine ehrlichen Worte und die Gewissheit, welche die Blauhaarige daraus für sich schöpfen konnte, verliehen diesem dritten Kuss etwas Besonderes. Ob es auch daran lag, dass sie sich länger auf Joudan einlassen konnte?

Aber dennoch drängten sich ihr in diesem wundervollen Moment unsichere Gedanken auf. Diese hatten rein gar nichts mit dem blonden Shinobi zu tun, sondern viel mehr mit ihrem Vorhaben. Sie wollte sich für einen kurzen Augenblick von ihm lösen, allerdings machte sie die Rechnung ohne Joudan. Lächelnd gab sie sich geschlagen und genoss die Nähe zu ihm mit wild schlagendem Herzen und schier verrückten Schmetterlingen im Bauch. Aber..

Hatte er denn gar keine Angst? War er wirklich so unendlich zuversichtlich, dass er gar nicht in Betracht zog, was das für Konsequenzen haben könnte? Würde herauskommen, dass Ninja aus Shirogakure und Soragakure auf dieser Ebene verbunden waren, würde das keinem der beiden Reiche gefallen. Weder Joudan noch Mai wären in ihrer Heimat noch glaubwürdig. Man würde vielleicht befürchten, dass sie über Dorfgeheimnisse sprachen oder dass einer den anderen nur ausspionieren wollte. Jegliches Vertrauen in sie als Shinobi würde verloren gehen. Sie könnten ihre Karriere an den Nagel hängen. Wer weiß, ob sie im schlimmsten Fall sogar um ihre Freiheit oder Unversehrtheit fürchten müssten. Die Blauhaarige musste Joudan darüber aufklären. Sie musste ihm sagen, dass das in gewisser Hinsicht ein Spiel mit dem Feuer werden würde. Sie sollte ihm klar machen, dass sie sich in Gefahr befinden könnten, wenn dieses Bündnis herauskäme. All das wäre nun angebracht!

Aber es war nun einmal Mai, welche sich in dieser Situation befand.

Sie löste sich von Joudan. Allerdings nur, um ihm um den Hals zu fallen. „Ich bin so froh, dass du das gesagt hast!“, gestand sie ihm glücklich. „Lass uns versuchen, einen Weg zu finden!“, stimmte sie ihm zu, genoss die Nähe zu ihm noch einen Augenblick, ehe sie sich sanft wieder von ihm entfernte.
Doch diese Achterbahn der Gefühle wollte an diesem Abend kein Ende nehmen. Denn erneut erlebte ihre glückliche Gefühlslage eine regelrechte Talfahrt. Dies spiegelte sich auch in ihrem Gesicht wieder. Es wäre nicht fair, Joudan so ins Blaue (haha) fahren zu lassen. Sie musste ihm ihre Sorgen mitteilen, damit er das Risiko für sich abwägen könnte. „Hör mal..“, begann sie zögerlich, ehe sie ihm über all das aufklärte, was ihr vorhin in den Sinn gekommen war: Die Gefährdung der Karriere, der sicheren Heimat.. und schließlich musste Mai mit der wohl größten Sorge enden: „..und ich weiß, dass du deine Schwester niemals unnötig in eine missliche Lage bringen wollen würdest. Und sei es nur, dass du ihr nicht mehr in der Form zur Seite stehen könnest, wie du es jetzt kannst.

Eine nicht enden wollende Stille breitete sich aus. Zumindest fühlte es sich so für die Kunoichi an. Obwohl man die Grillen zuvor noch zirpen hören konnte, so schienen sie nun ebenfalls verstummt zu sein - so kam es Mai vor. Nicht einmal die Blätter konnte sie durch den Wind rascheln hören. Lediglich den eigenen Herzschlag nahmen ihre Ohren noch wahr. Schwermütig aufgrund der harten Realität senkte sie den Blick, um Joudan nicht unnötig mit ihren fragenden Augen unter Druck zu setzen..
 
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Kurz spürte Joudan, wie Mai sich wieder im Kusse von ihm lösen wollte, doch ein wenig frech hielt er sie einfach weiter fest und genoss den Moment mit ihr. Und den nächsten auch noch. Ein wohliges Kribbeln breitete sich in dem jungen Herren aus, wärmte ihn von innen heraus und erfüllte ihn ganz und ganz mit Freude. Er hatte es nicht bemerkt aber irgendwann musste er die Augen geschlossen haben. Und sich darauf zu konzentrieren, Mai zu küssen, fiel ihm auf einmal ein klein wenig schwer, denn wieder hatte ein breites Grinsen sich auf seine Lippen geschoben - und die brauchte er eigentlich gerade für etwas anderes.
Als dieser Kuss dann auch sein Ende fand, war Joudan zufrieden. Und auch Mai schien es genossen zu haben, warf sie sich ja regelrecht dem Blonden um den Hals. Vom Hinterkopf hinab wanderten Joudans Hände ein wenig tiefer und schlossen so seine Arme um die Blauhaarige. So aneinander geschmiegt lauschte Joudan den Worten Mais. Sie wollte es mit ihm versuchen. Erleichtert atmete der Händlersspross aus, drückte Mai kurz ein wenig fester an sich heran und nickte nur. Sie sprach ihm aus dem Herzen und dass sie sich dasselbe Wünschte wie Joudan selbst entfachte in ihm erneut dieses merkwürdige Gefühl, dass er in diesem Moment wohl jede Hürde hätte überwinden können.

Doch Mai schien anders zu fühlen. Sie brachte ein wenig Abstand zwischen sich und den Ame-Nin und Joudan gab ihr nur ein wenig schmerzlich den Raum, den sie wollte. Hatte er etwas Falsches gesagt? Doch mit Mais Erklärung nahm Joudan diesen Selbstzweifel.
Ihre Sorgen waren allesamt berechtigt. Zum ersten Mal seit ihrem Kuss fühlte Joudan sich ein wenig auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Vieles hatte er nicht bedacht. Es war nicht nur Distanz, die die beiden trennte, und das wurde ihm nun ein wenig schmerzlich erst klar. Der Genin hatte noch viel vor und wollte noch weit hinaus. Um in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, wollte er der Oinin-Einheit beitreten. Er wollte bei Rin sein und sehen, wie sie zur Erwachsenen wurde. Er wollte seine Freunde, die er mittlerweile in Soragakure gemacht hatte, nicht verlieren. Was, wenn Shunsui ihn für einen Überläufer halten würde? Oder Tamaki? Oder Saki? Herb schluckte er bei dem Gedanken, wie gesichtslose Gestalten Rin in die Mangel nahmen, weil sie mit einem Shiro-Spitzel verwandt war.
Die Lippen Joudans zogen sich zu dünnen Strichen zusammen.
"Hmm..." Ihm war die Stille zwischen Mai und ihm aufgefallen und er konnte sie nicht leiden. Doch der Genin spürte auch, das dies nicht der Moment war, einen kleinen Scherz zu machen oder dergleichen. Ernst war die Stimmung und so musste auch Joudan eine ernste Antwort auf Mais Bedenken finden.
Der Wind um die beiden herum schien gebannt den Atem anzuhalten. Die Sterne blickten erwartungsvoll auf das unwirkliche Paar hinab. Selbst die Grillen waren verstummt um ja nicht zu verpassen, wie sich diese Situation auflösen würde.
Alles, was gesagt wurde, und alles, was nicht ausgesprochen wurde, ließen Joudan in diesem Moment nur zu einem einzigen Schluß kommen. Er war sich nicht ganz wohl damit, doch etwas anderes fiel ihm nicht ein. Und wie er Mai so neben sich sitzen und mit denselben Ängsten kämpfen sah, da konnte er nicht einfach schweigen.
"Meinst du, wir sollen es geheim halten?", hörte er sich fragen. Es war das naheliegendste, aber auch das riskanteste. Er kannte Bücher und Geschichten über verbotene Liebe und die allerwenigsten gingen gut aus. Aber vielleicht würde es ja anders werden? Immerhin waren dieses Mal Mai und Joudan selbst die Autoren dieser Liebesgeschichte.

Und es hätte etwas Spannendes. Verschlüsselte Liebesbriefe, geheime Treffen, das ganze Paket. So etwas am eigenen Leib zu erleben, das geschah nicht jedem. Joudan ließ sich zwar nicht von Nervenkitzel motivieren, doch diesen Gedankengang vor dem inneren Auge wirkte die Geheimnistuerei, die er Mai vorgeschlagen hatte, nicht mehr ganz so unattraktiv.
Joudan ließ Mai ihren Abstand, den durfte sie haben, wenn sie ihn brauchte. Doch der Blondschopf ließ es sich nicht nehmen, erneut nach der Hand Mais zu greifen und sie wieder in seine eigene zu nehmen. Langsam und kontrolliert zog er die kalte Nachtluft in seine Lungen, legte den Kopf in den Nacken und richtete den Blick nach oben, wo Aries gerade erstrahlte.
"Ich gehe nicht gerne vom Schlimmsten aus, Mai.", erklärte er und durchbrach damit die Stille, die sich wieder zwischen den beiden aufgebaut hatte. "Das Schlimmste tritt genau so selten ein wie das Beste. Meist ist es irgendwas dazwischen." Das war vielleicht nur ein schwacher Trost in diesem Moment, doch Mai konnte es auch als verspätete Erklärung auf ihre Feststellung, Joudan sei so optimistisch, ansehen. "Sicher, es ist klug, dass wir uns der Hürden bewusst sind. Doch manchmal ist es nicht all zu gut, nur auf seinen Verstand zu hören." Joudan lehnte sich ein wenig zur Seite an Mai heran. "Manchmal vergessen wir, dass unsere Herzen auch etwas zu sagen haben sollten." Joudan kicherte ein klein wenig. Nun hörte er sich doch kitschig an. Na egal. "Und ich weiß nicht wie es dir geht, aber mein Herz schlägt momentan so laut, dass mein Kopf nicht dagegen ankommen mag." Jepp, schnulzig. Aber das war Joudan gleich, denn was er sagte, stimmte. Er drehte seinen Kopf zu Mai und suchte ihren Blick. "Du hast recht mit all deinen Bedenken, Mai, und wir sollten uns dieser Dinge bewusst sein. Aber ich bleibe dabei: Ich möchte das versuchen... das mit uns." 'Uns' zu sagen fühlte sich schön an.
 
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Sakaida Mai

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Mai hob ihr Gesicht wieder an und sah Joudan einen Moment lang wortlos an. In seinem Vorschlag, ihre Gefühle füreinander geheim zu halten, lag sehr viel mehr, als nur die Idee an sich. Die blauhaarige Kunoichi hatte ihm all die Risiken und all die Gefahren dargelegt. Sie hatte ihn darauf aufmerksam gemacht, dass er auch das Leben von Rin dadurch negativ beeinflussen könnte und dass alles, was sie beruflich erreicht hatten, mit einem Mal zerbrechen könnte. Und dennoch machte er den Vorschlag, dass sie es geheim halten könnten. Vor lauter Verwunderung darüber zeichnete sich nur ein leichtes Lächeln auf ihren Lippen ab. Sie konnte noch gar nicht glauben, dass er das wirklich ernst meinte. Und es schmeichelte Mai sehr, dass sie Joudan diese Risiken wert zu sein schien. Die junge Kunoichi wusste nicht, wie sie das, was zwischen den beiden gerade entstand, überhaupt bezeichnen sollte. Sie mussten einander erst noch besser kennenlernen, um wirklich von den ganz großen Gefühlen zu sprechen. Sie brauchten Zeit und doch würden sie jede Sekunde nutzen müssen, welche sie hatten. Und Mai müsste ihre Blicke, Berührungen und Worte im Zaum halten, wenn die Situation es verlangte.

Zufrieden folgte ihr Blick seiner Hand, als er ihre wieder ergriff. Es schien ihm wirklich ernst zu sein. Das erleichterte Mai und es stimmte sie.. glücklich. Als Joudan sich wieder dem Sternenhimmel zuwandte, überlegte sie für einen Moment lang, es ihm gleich zu tun. Doch stattdessen blieben ihre blauen Augen an ihm hängen und sie betrachtete sein Profil, während sie seinen Worten lauschte. Er hatte wohl recht, es war nicht gerade förderlich, vom Schlimmsten auszugehen. Hatte sie etwa vorhin übertrieben mit ihren Befürchtungen? Doch Mai wollte fair sein und ihm mitteilen, worüber sie sich Sorgen machte. Allein die Tatsache, dass er ihr wieder näher kam, indem er sich zu ihr heranlehnte, ließ ihr Herz erneut schneller schlagen. Auf das Herz hören? Das konnte Mai schon immer besser. Warum nur war sie dann so verkopft gewesen? So war sie doch sonst auch nicht. Und so wollte sie auch nicht sein! Das erste Mal seit gefühlt einer Ewigkeit breitete sich das gewohnte, fröhliche Lächeln in ihrem Gesicht aus. Es war ein unfassbar großes Glück, dass Joudans Herz genauso sehr schlug, wie ihres. Hatte ihre Begegnung vielleicht etwas Schicksalhaftes?

Sie saßen nah zusammen und waren einander wieder zugewandt. Wie so oft schon an diesem Abend hingen ihre blauen Augen an seinen außergewöhnlich grünen Augen. Und dann erlöste er Mai.. Er wollte es also versuchen. Das mit „uns“. Ein Schwarm Schmetterlinge breitete sich plötzlich in ihrem Bauch aus. Die Blauhaarige lächelte Joudan überglücklich an und bemerkte dann, dass sie erstaunlich lange wortlos geblieben war. Das war eher untypisch für die redselige junge Dame, doch der blonde Shinobi hatte es eben geschafft, sie sprachlos zu machen. Deswegen war es nun auch an Mai, ihrem Herzen zu folgen und den Verstand ruhen zu lassen. Anstatt Joudan direkt zu antworten, legte sie ihre Lippen sanft auf seine. Obwohl dem nicht so war, kam es ihr vor, als sei der letzte Kuss bereits viel zu lange her. Selbst als sie sich wieder von ihm löste, ruhte ihre Stirn noch einen Moment an seiner, ehe sie genug Abstand herstellte, um ihn wieder ansehen zu können. „Du hast auch recht.. man sollte nicht vom schlimmsten ausgehen.“, brach sie ihr mittlerweile langes Schweigen und lächelte ihn liebevoll an. „Ich will es auch versuchen. Unbedingt!“, versicherte sie ihm aufgeregt, wenngleich sich in ihr Lächeln ein Hauch von Sehnsucht schlich. Es würde sicherlich nicht einfach werden, das in der Öffentlichkeit geheim zu halten. Und nicht nur dann: Es reichte auch die Anwesenheit eines Kollegen und sie müssten einander wie flüchtige Bekannte behandeln. Aber das war der Preis, welchen beide bezahlen wollten, um das „uns“ zu bekommen. „Dein Herz schlägt also momentan so laut?“, wiederholte sie seine Aussage verschmitzt und machte einfach eine Frage daraus.

Der Wind frischte wieder deutlich auf und ließ die Blätter der Bäume laut rascheln. Wie lange die beiden wohl schon hier draußen saßen? Mai hatte jedes Zeitgefühl verloren. Für einen Augenblick genoss sie erneut den atemberaubenden Sternenhimmel, ehe sie sich wieder Joudan zuwandte. Er saß nur im Hemd in der kühlen Nachtluft, während sie seinen Mantel trug. „Ist dir nicht kalt?“, fragte sie ihn daher aufrichtig, einfach weil es ihr gerade in den Sinn kam.
 

Kushou Joudan

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So kitschig Joudans Worte auch gewesen waren, sie hatten scheinbar bei Mai Anklang gefunden. Auf den Vorschlag des Blondschopfes hin, es trotz aller Widrigkeiten miteinander zu versuchen, reagierte sie mit einem Kuss. Das musste doch sicher ein gutes Zeichen sein. Gänsehaut bildete sich auf Joudans Armen, als Mai dieses Mal ihre Lippen an die seinen schmiegte. Um seiner Freude Ausdruck zu verleihen, drückte er die Hand der Blauhaarigen ein wenig fester und strich ihr mit dem Daumen über den Handrücken. Dieses Mal schien Mai auf Joudan ein wenig sorgloser zu sein. Als die beiden sich einen kurzen Moment liebevoll in die Augen sahen und Mai ihm ihre endgültige Entscheidung mitteilte, dass auch sie sich auf das... das etwas einzulassen, das sich hier zwischen den beiden jungen Erwachsenen entwickelt hatte.
Mai hatte Joudans Worte aufgegriffen und fragte ihn nun nach seinem Herzen. Das konnte natürlich nicht unkommentiert bleiben.
"Super-Laut!", bekäftigte er seine Worte und gab Mai damit eine passende Antwort. "Mich wundert es, dass sie noch niemand wegen demd Lärmes beschwert hat. So laut." Gespielt besorgt blickte er sich ein wenig um, sah zu den großen, mit Reispapier bezogenen Fenstern, hinter denen großteils gähnende, dumpfe Dunkelheit herrschte. "Das musst du doch hören, oder?", scherzte er, blickte aber weiter in Richtung der Fenster. Was, wenn sie in diesem Moment beobachtet würden. Was, wenn Raku oder Shunsui irgendwo verborgen saßen und lauschten? Ein wenig herb musste der Blondschopf schlucken. Sie trieben kein ungefährliches Spiel.
Joudan hatte sich Gedanken gemacht, wie er und Mai auch nach der MIssion in Verbindung bleiben konnten. Denn das war der nächste Schritt. Sie hatten sich dafür entschieden, zueinander und zu ihren Gefühlen zu stehen, nun musste dieser, etwas abstrakte, Wunsch auch in die Tat umgesetzt werden. Mit der freien Hand griff er nach der Tasche neben sich und kramte darin etwas herum, bevor er ein leeres Siegeltag (solches, wie es für Kibaku Fuda verwendet wurde) und einen in etwas Leinenstoff eingewickelten Kohlestift herauszog. Beides reichte er Mai.
"Ich werde uns einen Mittelsmann oder dergleichen finden. Dem werde ich Briefe für dich zusenden und du kannst ihm wiederum Briefe an mich schicken. Er wird sie weiterleiten, so gibt es keinen direkten Briefverkehr zwischen uns beiden.", erläuterte er seine Idee. Das war vielleicht eine umständliche Lösung, aber es war eine, die er direkt umsetzen konnte. Vielleicht konnte er einen seiner Onkel fragen, ob sie ihm diesen Gefallen tun würden. Die Kushou-Handelsgruppe bat sicher irgendwo oder irgendwie eine Möglichkeit, Post weiterzuleiten. "Wenn du mir deine Adresse aufschreibst, dann werde ich das in die Wege leiten.", versprach er Mai zuversichtlich. "Natürlich bekommst du auch meine Anschrift.", versicherte er seiner... seiner Was-auch-Immer und kramte nach einem zweiten Zettel.

"Ist dir nicht kalt?", hörte er Mai fragen. Tatsächlich, jetzt wo Joudan darüber nachdachte, war es tatsächlich sehr frisch. Er war die letzten Minuten so sehr auf das konzentriert, was sich in ihm abgespielt hatte, dass er sein Frösteln gar nicht mitbekommen hatte. "Doch..", antwortete er wahrheitsgemäß. Der Blondschopf aus Amegakure ertappte sich dabei, wie er sich angenehmer dabei fühlte, ehrlich zu Mai zu sein als den starken Macker zu markieren. Das war ein schönes Gefühl, jemanden gefunden zu haben, dem man sich öffnen konnte. "Aber wenn wir zurück nach drinnen gehen, dann musst du zu deinem Zimmer gehen und ich zurück in meines. Und dann ist der Moment vorbei.", führte er ein wenig wehmütig aus. Das wollte er nicht wirklich. "Und um dir vorzuschlagen, gemeinsam in dieses abgelegene Gartenhüttchen einzubrechen um uns dort gegenseitig zu wärmen, bin ich viel zu anständig.", erläuterte er ein klein wenig verlegen.
Bedachte man, dass die beiden sich wahrscheinlich nun wochenlang, vielleicht sogar Monate lang nicht mehr sehen würden, so war es verständlich, das Joudan den Moment nicht zu Ende kommen lassen wollte.
"Lass uns noch einen kurzen Moment hier sitzen bleiben...", schlug er vor, schlang seinen Arm um Mais Hüfte und zog sie ganz nah an sich ran. Ihr Körper war warm und fühlte sich gut an seinem an. Sein Blick wanderte zur Seite, wo Mai sich nun an ihn anlehnte. Sie war so wahnsinnig schön, das war Joudan nicht erst jetzt aufgefallen. Seine Augen glitten über ihre weichen, doch feinen Gesichtszüge, über die lächelnden Lippen und die funkelnden Augen. Sie war eine richtig hübsche, feine Dame. Neben Mai fiel es Joudan leicht, neben ihrem Anblick den Garten, das Anwesen und den Sternenhimmel einfach zu vergessen. Wenn dieser Moment doch für immer halten könnte...
 
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Mai genoss die Zweisamkeit mit Joudan in dieser kühlen Nacht. Ununterbrochen strahlte sie ihn förmlich an, als er ihr offenbarte, dass sein Herz wirklich laut schlug. Er machte sie an diesem Abend sehr glücklich und sie musste viel mit ihm lachen. Es war wirklich ein Jammer, dass die beiden schon morgen wieder voneinander getrennt wurden. Mai hatte bisher kein glückliches Händchen mit Männern gehabt, von daher hatte sie auch nicht den Anspruch, dass es einfach werden würde. Tatsächlich war ihr bewusst, wie einfach es für Joudan wäre, ein Spielchen mit ihr zu spielen. Sie würde wohl nie erfahren, was er in Soragakure trieb. Und umgekehrt war es ja nicht anders. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich darauf einzulassen und einen kleinen Vertrauensvorschuss zu geben.

Neugierig beoachtete die Blauhaarige Joudan dabei, als er in seiner Tasche herumkramte. Was hatte er nun vor? Mai bekam eine leise Ahnung, als er ihr „Papier und Stift“ gereicht hatte. Eine gute Idee! So wäre zumindest ein wenig Briefkontakt möglich, wenn auch dieses Unterfangen nicht einfach werden würde. Ein Mittelsmann? Mit großen Augen blickte Mai Joudan an, ehe sich ein verschmitztes Grinsen in ihrem Gesicht bildete. „Mach dir keine Sorgen, Joudan. Ich habe das Gefühl, öfter in unabhängigen Reichen zu sein, als in meiner Heimat. Von dort kann ich dir problemlos Briefe zukommen lassen. Du wirst zwar nicht auf den ersten Blick erkennen, dass sie von mir kommen, aber sicherlich auf den Zweiten.“, versicherte sie ihm grinsend. Allerdings wusste sie nicht, wie oft Joudan aus Soragakure kam. War diese Reise ins Reich des Grases eine Ausnahme? Mai war ständig in anderen Ländern, aber wie das für die Shinobi aus der anderen Fraktion war, wusste sie nicht. Von daher würde er vielleicht auf einen Mittelsmann zurückkommen müssen. Fein säuberlich und in akkurater Handschrift pinselte sie ihre Adresse auf das Papier, ehe sie es dem blonden Ninja lächelnd reichte. Sie nahm seine Anschrift ebenfalls entgegen. Das hatte tatsächlich etwas total Spannendes, beinahe prickelnd!

Das schlechte Gewissen war Mai sofort anzusehen, als er zugab, dass auch ihm allmählich kalt wurde. Und sie saß hier mit seinem Mantel, während er fror. Doch er hatte recht mit seinen nachfolgenden Worten. Sobald sie das Anwesen wieder betreten würden, wäre der zauberhafte Moment vorbei und sie müssten einander wie Bekannte behandeln. Sie wollte gerade etwas Tröstendes erwidern, als Joudan von dem Gartenhüttchen anfing. Trotz der Kälte stieg ihr schlagartig die Hitze ins Gesicht. Der kam aber auch immer auf Sachen.. Doch die Rechnung hatte er ohne Mai gemacht: „So? Ich nicht. Lass uns dort einbrechen!“, schlug sie ihm enthusiastisch, aber durchaus ernst gemeint vor. Doch sein entgeisterter Blick ließ ihre Maskerade bröckeln und sie lachte leise über ihren Scherz auf. Als ob sie so etwas tun würde!

Seiner Bitte, noch ein wenig zu verweilen, kam sie sehr gerne nach. Wünschte sie sich schließlich nichts anderes. Mai genoss es, wie Joudan sie an sich heranzog und lehnte sich mit schnell schlagendem Herzen an ihn. Für einen Moment schloss sie sogar ihre Augen und ließ all ihre Gedanken nur noch um ihn kreisen. Um seine Augen, seine Stimme, seinen Duft, seine Wärme, seine Zuversicht. Was sich das Schicksal wohl dabei gedacht hatte, Mai zu diesem Shinobi aus Soragakue zu führen? Sie würde es schon herausfinden. Sie wandte ihr Gesicht in seine Richtung, strich mit ihrer Nasenspitze sanft an seinem Hals entlang nach oben, bis sie ihm einen sachten Kuss auf die Wange geben konnte. Dieser Moment hätte noch eine Ewigkeit andauern können..

Doch es gab eine verschwundene Prinzessin. Es gab zwei Fraktionen und es gab Teamkollegen. Und nicht zu vergessen: Der Wind frischte mehr und mehr auf. Konnte das denn ein Zufall sein? Oder steckte vielleicht ein.. Chamäleon dahinter? Über diesen absurden Gedanken den Kopf schüttelnd griff Mai nach Joudans Hand, ehe sie ein Stück von ihm wegrutschte. Dann erhob sie sich, ohne seine Hand loszulassen und zog ganz sanft daran, um ihm zu deuten, dass er wohl auch besser reingehen sollte. „Auch wenn es schwer fällt.. wir sollten wieder zurück auf unsere Zimmer kehren und versuchen zu schlafen.“, erklärte sie mit einem leichten Lächeln, doch ihre Augen waren traurig. Das wäre es dann wohl erst mal mit der Zweisamkeit..

Sie lösten ihre Hände voneinander, als sie das Anwesen betraten. Zu groß wäre die Gefahr, jemandem auf dem Gang zu begegnen. Als sie vor der Zimmertür von Mai zu stehen kamen, stand die Kunoichi ein wenig unentschlossen vor Joudan. Prüfende Blicke gingen mehrmals nach links und nach rechts durch den Flur, ehe sie sicher sein konnten, allein zu sein. Ein letztes Mal wollte Mai ihm näher kommen, stellte sich auf ihre Zehenspitzen und legte ihre rechte Hand an seine Wange, während sich ihre Lippen berührten. Die Situation ließ nur einen kurzen Kuss zu, sodass sie sich viel zu schnell wieder voneinander lösen mussten. Mai sah ihm betrübt über die Situation in die Augen, das Papier mit seiner Anschrift fest in der linken Hand umschlossen. „Schlaf gut, Joudan.. wir sehen uns morgen.“, verabschiedete sie sich leise von ihm. Das Bedürfnis, ihm erneut näher zu kommen, war unendlich groß. Beinahe wäre sie ihm um den Hals gefallen, doch sie musste stark sein. Schweren Herzens wandte sie sich von Joudan ab und betrat ihr Zimmer, um der Situation zu entkommen.

Ein wenig unbeholfen sah sie sich im Raum um. Sie sollte nicht nur Trübsal blasen, denn dieser Abend hatte überwiegend wundervolle Gefühle in ihr ausgelöst. Und es würde hoffentlich nicht das letzte Mal gewesen sein!


- Off Ende -
 
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